Читать книгу Magische Orte in der Lüneburger Heide - Kirsten Fock - Страница 9

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Der Dom zu Verden

Verden/Aller liegt nicht mehr oder noch nicht in der Lüneburger Heide, doch weil der Dom so beeindruckend ist, habe ich ihn mit aufgenommen. Die Südheide beginnt nur etwa 20 km nordöstlich von Verden. Daher der Abstecher.

Schon bei der Anfahrt auf Verden von Westen erblickt man den Verdener Dom als prägenden Bestandteil der Stadtsilhouette. Er sieht trutzig wie eine Burg aus und erscheint auf den ersten Blick nicht als Kirche. Der quadratische Turm ist nur wenig höher als das riesige alles dominierende Dach des Kirchenschiffs. Die Stadtansicht vom westlichen Allerufer könnte glatt ein Caspar David Friedrich Motiv sein, insbesondere dann, wenn im Sommer auf den Allerinseln die Pferde weiden.

Die Stadt Verden war viele hundert Jahre zweigeteilt. In die eher bürgerliche Nordstadt mit dem Rathaus und Stadtmauer. Angrenzend die Südstadt mit den Fischerhäusern direkt am Allerufer, deren Mittelpunkt der Dom als geistiges, geistliches Zentrum war. Heute ist von der Teilung nichts mehr zu erkennen. Eine Fußgängerzone führt vom Rathaus zum Dom. Hübsche Häuser säumen den Bereich, die Verdener „shopping mall“. Der Platz vor dem Domeingang heißt „Lugenstein“ und dort kann man mit Ausblick auf den Dom Essen und Trinken.

849 wurde der Dom St. Marien und Cäcilia erstmalig urkundlich erwähnt. Natürlich stand noch nicht dieses imposante Gebäude. Zunächst standen dort nacheinander hölzerne Kirchen. Sie wurden jedes mal durch Feuer zerstört. Kurz nach der ersten Jahrtausendwende entstanden in den folgenden zweihundert Jahren Steinbauten. 1290 wurde der Grundstein für den heutigen Dom gelegt. Ursprünglich sollte er eine gotische Kathedrale mit zwei Türmen werden. Nur die Basis des Südturms wurde erbaut und bekam ein Dach. Dieses Dach wurde 1737 durch einen Sturm zerstört und durch das heutige ersetzt.

Im 13. Jahrhundert war Verden schon ein mächtiges Bistum und hatte auch schon mehr als 300 Jahre lang Markt-, Münz- und Zollrecht sowie eigene Gerichtsbarkeit. Es hatte also schon sehr früh Stadtrechte. Geweiht wurde der Dom 1490 nach dem bereits 200 Jahre an ihm gebaut wurde mit einem halbfertigen Turm. Die Träume einer gotischen Kathedrale im Stile des Kölner Doms versanken im Heidesand oder doch im Allerschlick? Vielleicht auch beides.

Da Teile der vorhergehenden Steinkirchen in den neuen Dom integriert wurde, kann man äußerlich verschiedene Baustile erkennen. Der Innenraum enthielt bis ins 16. Jahrhundert etwa 40 einzelne Altäre in kleinen Kapellen wie man es aus anderen Kathedralen kennt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Innenraum komplett umgestaltet und ist seither aus einem Guss. Bei allen Vorgänger-Kirchen blieb der Altar am gleichen Platz. Erst im „Neubau“ wurde der Altar weiter nach Osten verlegt. Ob nun schon 1490 oder erst später, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Wenn ich eine Kirche besichtige und es zulässig ist, trete ich gern einen Augenblick vor den Altar und fühle hinein. Meine Wahrnehmung vor dem Verdener Altar ist nicht erhebend oder das Herz öffnend, sondern sehr irdisch. Etwas zieht mich schwer nach unten. Der heutige Altar stammt von 1830. An dem Platz an dem der Altar in den Vorgängerkirchen stand ist eine Steinplatte im Boden eingelassen. Stelle ich mich dort neben den Holztisch, der über der Bodenplatte steht, so geht mein Herz auf. Es ist warm und schön.

In der dänischen Kirche St. Catharinen in Hjörring habe ich etwas Vergleichbares erlebt. Dort war die erste Kirche irgendwann zwischen 1000 und 1200 gebaut und dann so zwischen 1820 und 1840 wurde sie zu klein für die Bevölkerung. Also bauten sie quer eine größere Kirche an und machten den Altarbereich der alten Kirche zu einer Seitenkapelle. Da der Altar aber am Ende des Langschiffes stehen muss, wurde er umgesetzt. So verlor er die Ostausrichtung. Auch er zog mich nach unten auf die Erde.

Besonders bemerkenswert fand ich in der Seitenkapelle, dass der ehemalige Altarbereich mit einer elektronisch gesicherten Kordel abgesperrt war. Daher konnte ich nur bis an die Absperrung treten, aber dort waren die Energien schon deutlich fühlbar. Reines Herz. Ich hatte den Eindruck auch das war nicht zufällig so.

Beide Altäre, sowohl im Dom als auch in der dänischen Kirche, wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstellt. Ich könnte mir vorstellen, dass es beabsichtigt war den mystischen Vorstellung des Mittelalters ein Ende zu bereiten. Möglicherweise konnten oder wollten die Umbauer die Energien nicht mehr spüren. Es hatte ja gerade die Neuzeit angefangen, ein zerlegtes und mechanistisches Weltbild war entstanden. In einem mechanischen Weltbild ist es doch unerheblich, wo der Altar steht. Sicherlich wollten die Menschen vor 200 Jahren, genauso wie wir heute, modern und fortschrittlich sein. Es war ja eine Zeit voller Entdeckungen und kurz vor dem Beginn der Industrialisierung. Die ganze Gesellschaft war in Bewegung, erste demokratische und freiheitliche Gedanken kamen aus Frankreich in Deutschland an und gewannen schnell Anhänger. Ganz anders wurden vorher solche Plätze gewählt. Die Altvorderen suchten den Platz für den Altar sehr bewusst aus. Die Qualität des Ortes musste stimmen und die Kirche wurde sozusagen drumherum gebaut.

Der Dom hat Sound. Ich arbeitete Ende der 1980er zwei Jahre in Verden und wollte mir immer mal den Dom ansehen. Als ich dann eines Tages eine Postkarte mit der Innenansicht sah, schoss mir nur ein Gedanke durch den Kopf und Körper: „Da kann ich nicht reingehen!“… Ich hab es auch sein lassen, damals. Erst 20 Jahre später habe ich mich dorthin getraut und das auch nur in Begleitung – zu einem Konzert. Dvořáks Stabat Mater gesungen vom Verdener Domchor. Tagelang hatte ich noch mit den Nachwirkungen des Konzertabends zu tun. Die Energien arbeiteten in mir. Mein Bruder erzählte mir, dass es ihn bei seinem ersten Besuch des Doms tatsächlich auf die Knie geworfen hat. Daher musste der Verdener Dom mit in dieses Buch.

Sicherlich gehört eine gewisse Sensibilität dazu, so etwas zu erleben. Ich schätze den Anteil auf maximal 20% der Menschen, die unmittelbar so fühlen – mit anderen Worten für 80% ist es einfach eine sicherlich beeindruckende Kirche, aber mehr auch nicht. Ich bin überzeugt davon, dass auch die 80% etwas davon spüren können, wenn sie daran üben. Jeder Mensch fühlt sogar ständig. Es ist etwas, das uns seit der Geburt innewohnt. Die Intensität ist sicher unterschiedlich und die Bereitschaft das zur Kenntnis zu nehmen und zu benennen sicher auch. Die Orte, die ich hier vorstelle sind alles Orte, an denen man wunderbar üben kann sein Herz zu spüren und vielleicht auch zu öffnen. Auch andere Qualitäten sind an den Orten vorhanden.

Der Eingang zum Dom befindet sich in dem Fachwerkhaus am Lugenstein zu Füssen des Domes. Früher beherbergte es die Domschule. Vorbei am Dombüro betritt man dann einen Säulengang,der bereits zu dem ehemaligen Dormitorium gehört, das den Dom an zwei Seiten umgibt. Durch die romanischen Säulen schaut man in die Reste des ehemaligen Kreuzganges. Als erstes betritt man die Vorhalle des Domes. Von dort aus geht es in die „Krypta“. Das Gewölbe der Krypta wird von einer massiven Säule getragen und beherbergt heute Gedenksteine für die Kriegsopfer. Von der Vorhalle führt eine Treppe hinauf in die Sakristei, die heute ein Raum der Stille ist und zum Gebet oder einer Meditation einlädt. Eine schwere Eichentür führt dann in das nördliche Seitenschiff und man betritt diesen majestätischen Dom und Bischofssitz. Wenige Schritte später öffnet sich mit dem Langschiff dann quasi der Himmel über mir. Rechterhand liegen Informationsmaterialien aus. Ich gehe zunächst ohne Infos in den Dom, zunächst einfach nur Fühlen und Wahrnehmen. Eine Runde zum Einfühlen in das großartige tausendjährige Bauwerk. Erst im zweiten Rundgang füttere ich meinen Verstand mit Daten. So macht es mir einfach mehr Spaß. Einfach mal in einer der Bänke auf der rechten oder linken Seite Platz nehmen und fühlen. Die rechte Seite war über lange Zeit die Männerseite, während die Frauen und Kinder auf der linken Seite sitzen mussten.

Durcheinander sitzen war nicht erlaubt . Dies ist übrigens in allen Kirchen bis ins beginnende 20. Jahrhundert so gewesen. Ein Radiästhet würde jetzt ungefähr sagen: „Ja, das muss so sein, weil es für die Pastoren wichtig war männliche Energien zu bekommen. Wenn die Menschen durcheinander sitzen gelingt es nicht.“

Als ich mich einmal früh am Morgen im Dom ganz allein aufhielt war die Absperrung zur Kanzeltreppe nicht eingehängt. Da konnte ich der Versuchung nicht widerstehen einmal dort hinauf zu steigen. Ich stand also in der Kanzel und sah in das Kirchenschiff hinunter. Hier oben war so eine starke Energie, dass ich beinahe angefangen hätte eine flammende Rede vor den leeren Kirchenbänken zu halten. Hier im norddeutschen Sprachraum sagt man gern an solcher Stelle von Ausschimpfen: „Ich hätte die ganze Gemeinde konfirmieren können.“ Schnell stieg ich wieder hinab. Es war ja niemand zum Konfirmieren anwesend. Nun ja, der Verdener Dom ist keine normale Kirche. Fast Tausend Jahre war er die Hauptkirche eines riesigen und mächtigen Bistums. Bischofssitz. Das Bistum Verden erstreckte sich im Norden bis HamburgHarburg und im Osten bis in die Altmark, fast nach Havelberg. Vor Tausend Jahren war wochenlanges Reisen nötig um von einem zu anderen Ende zu gelangen. Wie so ungefähr alle Kirchen wurde der Dom auch als Begräbnisplatz genutzt. Neben dem westlichen Eingangsportal steht bis heute ein mächtiger Sarkophag des Bischofs Phillip-Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel. Es ist das jüngste und augenscheinlichste Grabmal von insgesamt vier Bestattungen. Bemerkenswert ist auch die Doppeltumba zweier Brüder aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der eine war der letzte katholische Erzbischof von Bremen, Christoph von BraunschweigWolfenbüttel. Sein Bruder Georg war dann der erste lutherische Bischof von Bremen. In der Mitte des ersten Jahrtausends war der Adel nicht besonders mächtig in Niedersachsen. Karl der Große regierte im fernen Aachen. 782 so ist es überliefert, zog Karl gegen die von Widukind geführten Sachsen und ließ 4500 Menschen bei der Mündung der Aller in die Weser bei Verden ermorden. Sie wollten nicht den christlichen Glauben annehmen.

So wird es überliefert. 1934/35 wollte die NSDAP in VerdenDauelsen 4500 Findlinge aufstellen lassen um einen Kult- und Thingplatz, den Sachsenhain, zu errichten. 4500 Findlinge sind es nicht geworden, dennoch stehen dort viele Steine. Seit der Zeit ist der vorher als Held gefeierte Widukind als Held des Widerstands vergessen und stattdessen wurde Karl der Große zum Helden und Einiger Europas gemacht.

Findlinge mit Rillen oder Schälchen sind auch im Sachsenhain zu finden. Dadurch sind wohl einige Megalithanlagen im Verdener Raum unwiederbringlich zerstört worden, ohne jemals irgendwo dokumentiert gewesen zu sein. Ein Kultplatz ist der Sachsenhain nie gewesen. Heute gehören die Gebäude um diese heute noch dastehenden Findlinge der evangelischen Landeskirche und werden für Freizeiten und Seminare genutzt. Meine Tochter sollte dort über ein Wochenende eine Konfirmandenfreizeit verbringen. Gleich nach der ersten Nacht musste ich sie schnell abholen. Sie hatte sich die ganze Nacht übergeben müssen, obwohl sie gesund und munter dorthin gefahren ist. Zuhause angekommen war sie sofort wieder quitschfidel. Es ist einfach so richtig mies dort, im Wortsinn zum Kotzen. Der Sachsenhain ist öffentlich zugänglich und gut ausgeschildert. Also, wer möchte, kann auch ihn besuchen.

So, Karl hat die widerspenstigen Sachsen besiegt. Aus strategischer und machtpolitischer Sicht macht es ja dann auch Sinn, den heiligsten Ort der Sachsen mit einem Dom und Bischofssitz zu überbauen. Das schwächt den Gegner an einer entscheidenden Stelle. Aus meiner Sicht der Ort, an dem bis heute der Dom steht. Möglicherweise ist die Überbauung eines vielleicht viele Tausend Jahre alten Kultplatzes und für die Region zentralen Kraftortes, auch ein Grund für die Vormachtstellung des Bistums Verden, die sogar noch über die Reformation hinaus reichte. Viele Kathedralen wurden inzwischen radiästhetisch untersucht und überall wurden bauliche Maßnahmen zur Energielenkung und Fokussierung auf bestimmte Punkte festgestellt. Die Kanzel des Domes ist so ein Ort der gezielten Energiebündelung.

Schriftlich ist zu einer Überbauung eines Kultplatzes nichts überliefert und Ausgrabungen sind nicht möglich, steht ja ein gewaltiger Dom drauf. Trotzdem hat es für mich eine hohe Wahrscheinlichkeit.

Nach einem Besuch im Dom saß ich im Straßencafe beim Kaffee und plötzlich sah ich statt der modernen Fußgängerzone Kutschen und Fuhrwerke. Frauen in dunklen langen Kleidern mit großen Hüten auf dem Kopf und Körben am Arm gingen durch die Straße. Hunde und Kinder tollten dazwischen herum. Hoppla, ein Zeitsprung.

Und nun zu etwas ganz anderem… Ein Stück vom „Lugenstein“ die „Untere Straße“ hinunter liegt das Domherrenhaus. Früher Wohnstatt und Sitz der Domherren mit barockem Innenhof. Heute ist es ein historisches Museum und einen Besuch wert. Neben Ausstellungen zur Verdener Stadtgeschichte und alten Werkstätten verschiedener Handwerker sind auch Zinnfiguren zu sehen. Im Untergeschoss ist ein Jagdspeer ausgestellt, der vor einigen Jahren in der Nähe des Ortes Lehringen östlich von Verden in einer Lehmgrube zusammen mit Elefantenknochen gefunden wurde. Deren Datierung mittels der C14-Methode ergab dann sensationelle 120.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Lehringen liegt im übrigen an dem Flüsschen Lehrde. Die Lehrde mündet etwas weiter südlich dann in die Aller. Zur Bedeutung der Lehrde für diese Region und Niedersachsen komme ich an anderer Stelle.

Anfahrt:

aus Richtung Bremen

A27 Ausfahrt Verden Nord

einfach der Ausschilderung Zentrum folgen

dann ist der Dom nicht mehr zu übersehen

Aus Richtung Hannover

A27 Ausfahrt Verden Ost, links Richtung Zentrum

Parkplätze gibt es rund um die Fußgängerzone

Magische Orte in der Lüneburger Heide

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