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Vorwort
ОглавлениеEin paar Freunde und ich saßen im Café „Deli Huasi“ von Curahuasi und verspeisten gerade einen leckeren Imbiss. Da löste sich aus einer Gruppe von Menschen am Eingang unvermittelt ein Mann, der wie ein Peruaner aussah, und ging schnurstracks auf mich zu. Ich kannte ihn nicht, kam ihm aber wohl vertraut vor. „Doktor John“, sagte er, ohne die üblichen südamerikanischen Gefälligkeiten vorauszuschicken, „falls Sie wieder einmal ein Buch schreiben sollten, wählen Sie als Titel Auf dem Wasser laufen.“
Sprach’s, drehte sich um und verschwand durch die Tür. Sein Tipp war goldrichtig. Sein Vorschlag, kurz und knackig vorgetragen, machte deutlich, dass er die wahre Tragweite unserer Arbeit bei Diospi Suyana verstanden hatte.
Vielleicht haben Sie schon die kleine Anekdote von den drei Geistlichen gehört, die einen Fluss überqueren mussten. „Jesus hat doch gesagt, dass wir auf dem Wasser gehen können“, rief der katholische Amtsbruder, „also dann mal los!“ Vorsichtig tastend schritt er an der Oberfläche auf die andere Seite. Der Applaus seiner Kollegen tönte bis zum jenseitigen Ufer. Nun war der Protestant an der Reihe. Er nahm Anlauf, spurtete los und landete mit einem großen Bauchklatscher im Wasser. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als Schritt für Schritt auf dem Grund weiterzulaufen. Das Wasser reichte ihm bis zur Hüfte. Triefend nass stieg er schließlich aus den kalten Fluten. Als Letzter schulterte der orthodoxe Priester seinen Rucksack und ging schweigend ohne jegliches Gehabe über den Fluss. Für ihn war die Übung offensichtlich eine reine Routine.
Der Protestant wechselte im Gebüsch verschämt die Kleider und seine Kollegen hatten deshalb etwas Zeit für ein kurzes Schwätzchen. Der Katholik kicherte und flüsterte dem orthodoxen Christen ins Ohr: „Wir hätten ihm fairerweise sagen sollen, wo die Steine liegen!“.
Antwortete der Orthodoxe: „Welche Steine?“
Wenn wir im Vertrauen auf Gott Dinge wagen, die nach unserem gesunden Menschenverstand unmöglich sind – also auf dem Wasser laufen –, wird sich zwangsläufig eines der drei beschriebenen Szenarien abspielen. Wir versuchen es mit einem Trick und verkaufen die Steine im Wasser als Gottes übernatürliches Eingreifen. In Wirklichkeit lässt sich das vermeintliche Wunder aber mit harter Arbeit, Beziehungen, psychologischen Kniffen und anderen Faktoren bestens erklären. Vielleicht gehen wir auch einfach baden, weil Gott nicht eingreift. Entweder es gibt ihn gar nicht oder er hält sich aus unseren Belangen lieber heraus. Ein Schnupfen lässt sich noch verkraften, aber wenn die Gewässer mit Haien verseucht sind, wird es lebensgefährlich.
Wie steht es nun um die dritte Variante? Können wir unter Umständen tatsächlich „auf dem Wasser laufen“? Sprich: Kann man um echte Wunder beten? – Viele Jahre meines Lebens war diese Frage für mich von existenzieller Bedeutung. Mir ging es nie um Sensationshascherei. Ich wollte vielmehr wissen, ob die Aussagen der Bibel bezüglich eines ewigen Wesens, allmächtig und persönlich zugleich, in meinem begrenzten Dasein verifiziert werden könnten. Ich war auf der Suche nach Sinn, Liebe und Hoffnung.
Diospi Suyana ist ein umfangreiches Experiment mit Gott, an dem sich seit zwei Jahrzehnten Menschen aus vielen Ländern beteiligt haben. Die folgenden Geschichten aus diesem Erfahrungsschatz sind gewissenhaft recherchiert und exakt dokumentiert. Das abschließende Urteil, ob wir – also Sie und ich – auf dem Wasser laufen können, liegt bei Ihnen.
Klaus-Dieter John