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Der Schatz im Wörtersee
Vom Leben und Streben des Karl May

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Mein Leben und Streben heißt Karl Mays 1910 erschienene Autobiografie, und man kann ihr genauso wenig trauen wie allen anderen Schriften des vor hundert Jahren in die ewigen Jagdgründe eingegangenen sächsischen Schwadroneurs, ohne den wir Winnetou, Old Shatterhand, Sam Hawkens, Kara Ben Nemsi, Hadschi Halef Omar, den Schut und all die anderen nicht kennengelernt hätten. Die Lebensbeschreibung von Helmut Schmiedt, der ein ausgewiesener Kenner der Materie ist und zudem stellvertretender Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft, bestätigt einerseits das seit Langem bekannte »Bild vom ebenso wirkungsmächtigen wie trivialen Großkomplex Karl May«, lässt aber andererseits keinen Zweifel daran, dass die Beschäftigung mit dem 1842 in Hohenstein-Ernstthal im Erzgebirge geborenen Schriftsteller auch bei Kulturwissenschaftlern inzwischen »hohe Dignität« genießt. Wobei das dem breiten Publikum weniger bekannte Spätwerk in den Vordergrund rückt.

Ein faszinierendes Thema: Aus dem in elenden Umständen aufgewachsenen, oft hungernden Knaben wird ein ziemlich störrischer Seminarist, später ein Vagabund, Betrüger und Zuchthäusler, dann ein eifriger Schreiber und geschickter Verrührer konventionellen Lesestoffs, und schließlich, ab 1880, ein bald von einem Millionenpublikum heiß geliebter »Meister der Illusionen«, der bis ins späte 20. Jahrhundert hinein seine Leser »in einem Maße begeistern wird, wie es keinem anderen deutschen Autor je gelungen ist«. Und am Ende ein wohlhabender und leidlich angesehener, nicht aber unbescholtener Untertan, ein rechthaberischer Stammtischflunkerer und treudeutscher Pantheist, der längst zum Markenartikel geworden ist und ein spannendes Nachleben haben wird – Pierre Brice und Lex Barker lassen grüßen. Eine grundsolide, manchmal ein wenig trockene und insgesamt doch äußerst anregende Dichterbiografie legt Helmut Schmiedt vor, viel Zeitgeschichte und viel Psychologie ist drin und ein wenig Germanistik obendrauf. Wer sie gelesen hat, weiß über Karl May alles, was man heute wissen kann. Die schönste May-Biografie allerdings ist und bleibt ein Roman aus dem Jahr 1980: Swallow, mein wackerer Mustang von Erich Loest.

Helmut Schmiedt: Karl May oder Die Macht der Phantasie. Eine Biographie. München 2011: C. H. Beck Verlag. 368 S.

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