Читать книгу Verteidigung in der Hauptverhandlung - Klaus Malek - Страница 77
(1) Allgemeines
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Das Vorliegen des Ablehnungsgrundes ist grundsätzlich vom Standpunkt des Ablehnenden aus zu beurteilen. Ob der Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist, spielt dabei keine Rolle.[18] Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist somit gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit oder Unvoreingenommenheit störend beeinflusst.[19] Entscheidend ist, ob ein „vernünftiger Angeklagter“[20] Grund zu einer solchen Besorgnis hat, nicht jedoch, ob sich der Richter selbst für befangen hält, oder ob er für Zweifel an seiner Unbefangenheit Verständnis aufbringt.[21]
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Bei der Frage der Befangenheit ist nach herrschender Meinung auch die dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters zu berücksichtigen, wodurch ein zunächst berechtigt erscheinendes Misstrauen überwunden werden kann.[22] Umso wichtiger ist es aus der Sicht der Verteidigung, darauf zu bestehen, vor einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch diese Erklärung zur Kenntnis zu erhalten, um im Rahmen des rechtlichen Gehörs Stellung nehmen zu können.
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Die Ablehnung kann sich immer nur auf einen bestimmten Richter in einer bestimmten Strafsache beziehen,[23] nicht auf ein Kollegialgericht als Ganzes.[24] Möglich ist es jedoch, jedes einzelne Mitglied eines Gerichts abzulehnen, z.B. dann, wenn das Kollegialgericht eine die Ablehnung begründende Entscheidung gefasst hat, ohne dass es dem Beschuldigten möglich wäre zu klären, welche Richter im Einzelnen der Entscheidung zugestimmt haben.[25]
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Kein Ablehnungsgrund kann nach allgemeiner Meinung aus dem Verhalten des Angeklagten selbst hergeleitet werden, da er es ansonsten in der Hand hätte, sich nach Belieben jedem Richter zu entziehen.[26] Dasselbe gilt für Spannungen zwischen dem Richter und dem Verteidiger, die erst im Verlauf des Verfahrens entstanden sind.[27] Die Besorgnis der Befangenheit kann sich allerdings gleichwohl aus Reaktionen des Richters ergeben, wenn diese zu dem auslösenden Anlass in keinem vertretbaren Verhältnis mehr stehen[28] oder sich die Animosität des Richters auch auf den Angeklagten überträgt.[29]