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2 Geneviève

In einem kleinen Ort in der Nähe von Neuf-Brisach knurrte, nicht schnurrte, eine junge Frau vor sich hin. Ihr Name war Geneviève, doch sie wurde nur Geniè genannt. Hier, auf und um den geerbten Hof, den sie einfach La Ferme5 nannten, hatte sich eine bunte Truppe junger Wissenschaftler gefunden, die auf etwas gestoßen waren. Geniè war ein temperamentvolles Mädel, groß, schlank, mit langen schwarzen Haaren und einem lockeren Mundwerk. Wenn sie nicht weiter kam, hatten die anderen ganz schön zu leiden. Auf dem kleinen Anwesen lebten sie zu fünft. Ihre Schwester Marie, von Beruf Mathematikerin, kochte mit Leidenschaft, und fand ihre Ergänzung in Pierre, einem schraubenden Experimentalphysiker. Ihr Bruder Maxim, theoretischer Physiker, war von praktischer Arbeit im Grunde weniger angetan. Das wurde aber akzeptiert, da Geniè sich einen handwerklich veranlagten Italiener, kurz Lodo genannt, geangelt hatte.

Sie hatten sich die Aufgaben geteilt. Geniè kümmerte sich um den Papierkram und die sonstige Verwaltung. So war sie in den Bereich hineingewachsen, Berichte zu schreiben, Wissensbanken zu pflegen und sich um alles Dokumentative zu kümmern. Im Grunde mochte Geniè das, aber manchmal war es auch sehr knifflig zu verstehen, was die anderen von sich gaben. Dann konnte ein wenig Meckern nicht schaden, das befreite die Seele.

Innerlich dachte sie gelegentlich: ‚Immer bin ich der Depp, der die Brut von diesen Ein-, Zwei-, Dreisteins und den anderen Intelligenzbestien ins Normale übersetzen darf.‘ Die Bildschirme, die sie umgaben, waren mit Diagrammen, Formeln und Textwüsten überfüllt. Was ist der Kern?

‚Der Zero-Time-Transmitter im Vergleich zur konventionellen Nachrichtenübertragung durch Funk‘.

Der Titel war einfach.

‚Konventionelle Nachrichtenübertragung durch Funk? Langweilig, aber wie erkläre ich einen Zero-Time-Transmitter?‘, überlegte sie und fertigte eine Liste von Stichwörtern an, um sich durch die wichtigsten Begriffe zu hangeln.

- konventionell: Wie Nachrichtenübertragung heute funktioniert.

- Nachrichtenübertragung: Eine Nachricht wird von A nach B befördert.

- Nachricht: Eine Information, die von etwas ausgeht (Sender) und mit der etwas Anderes (Empfänger) was anfangen kann, das für ein Anderes also eine Bedeutung hat.

- Bedeutung: Voraussetzung ist eine gemeinsame Sprache; Bedeutungen werden Symbolen zugeordnet.

- Information: Das Symbol und seine Bedeutung bilden die Information.

- Symbol: Das Symbol benötigt einen Träger z.B. ein Blatt Papier.

=> Information kann nur bezogen auf einen Träger existieren. Einer Eigenschaft von Materie oder Energie wird eine andere Eigenschaft zugeordnet. Eine Bedeutung wird definiert. Beispielsweise weist der Konstrukteur einer grünen Leuchte eine bestimmte Eigenschaft zu, etwa ‚alles läuft‘. Das kann jemand, der die Verknüpfung von grüner Kontrollleuchte und ‚alles läuft‘ kennt, verstehen; er wird informiert.

Und weiter:

- Funk: Sendung und Empfang von elektromagnetischen (= em) Wellen, die Nachrichten übertragen. Die em-Wellen sind die Träger.

- Senden: Die Nachricht wird auf die elektromagnetische Welle gepackt. Die Welle wird ausgestrahlt.

- Empfangen: Die elektromagnetische Welle wird registriert, die Nachricht wieder herunter genommen und in eine für den Empfänger brauchbare Form wie beispielsweise Sprache umgewandelt.

- wichtig hier: Die Übertragungszeit, elektromagnetische Wellen sind schnell, aber es wird immer Zeit gebraucht. Von der Erde zum Mond brauchen sie etwa 1,3 Sekunden.

- neu: Der Zero-Time-Transmitter, Geräte, zwischen denen die Nachrichtenübertragung unendlich schnell ist. Es wird keine Zeit zur Übertragung der Nachricht benötigt. Damit könnte ein Roboter auf dem Mond von der Erde in Echtzeit gesteuert werden, weil es keine Verzögerungen durch die Laufzeit elektromagnetischer Wellen gibt.

‚Das war es schon‘, dachte Geniè. Schnell noch eine Grafik dazu:


Damit eine Nachricht in dem Moment, zu dem sie der Sender erstellt, gleichzeitig beim Empfänger ankommt, braucht jeder einen Zero-Time-Transmitter (kurz: ZTT). Transmitter heißen sie, weil jedes Gerät zugleich senden und empfangen kann.

‚Wir wissen, wie es geht. War doch einfach. Den Kaffee hab ich mir verdient.‘

Beim Gang in die Küche kam es ihr in den Kopf:

‚Verschränkte Photonen.6 Das muss ich ja auch noch halbwegs allgemeinverständlich in die Köpfe bringen. Im alltäglichen Leben sehen wir die Verschränkung nicht, diese schon etwas unheimliche Verbindung zwischen zwei Lichtteilchen.‘

Geniè wühlte sich durch Texte, stolperte über Physiker wie Einstein und Bohr, aber eine anschauliche Erklärung für das, was hinter dieser wunderlichen Eigenschaft stand, war nicht zu finden.

‚Der Normalverstand schien ungeeignet. Vermutlich waren die höheren Weihen der physikalischen Päpste erforderlich.Aber die schienen sich in der Sache auch nicht alle einig zu sein.‘

Sie beschloss, das nochmals mit den anderen zu diskutieren.

5 ‚La Ferme‘ aus dem Französischen übersetzt bedeutet Bauernhof oder auch Bauerngut.

6 Sind zwei Teilchen so miteinander verbunden, dass eine Zustandsänderung des einen Teilchens direkt eine Zustandsänderung des anderen Teilchens verursacht, nennt man diese beiden Teilchen verschränkt. Dabei spielt weder die Entfernung noch der zeitliche Abstand zwischen den beiden Teilchen eine Rolle. Befindet sich eines der beiden Teilchen in irgendeiner anderen Galaxie und das andere auf der Erde, wird keine Zeit für die Übertragung der Verschränkung benötigt. (Stand 2018)

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