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Kapitel 5 Unser erstes Speisenrestaurant.

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Diese Frage wurde uns von der Inventurgruppe, und am nächsten Tag von unserer Direktorin gestellt. Der Kollege und Freund war nun, aufgrund dieser Minusdifferenz, nicht mehr berechtigt eine Verkaufseinrichtung zu führen.

Er bekam eine Arbeit als Kellner in einem andern Restaurant unseres Betriebes. Während einer Besprechung mit allen beteiligten Fachleuten des Betriebes, entschieden wir uns kurzfristig zur Übernahme dieses Restaurants. Allerdings hatte ich Forderungen als Grundbedingung gestellt, falls wir dieses Restaurant übernehmen. Jahrelang waren die Gast- und Wirtschaftsräume nicht renoviert worden. Die sanitären Anlagen „stanken zum Himmel.“ Sitzmöbel und Tische waren in einem sehr schlechten Zustand, die Gardienen ebenso. Der Gesamteindruck- wenig einladend für die Gäste.

Im Küchenbereich fehlte es ebenfalls an fast allem, was man zur Herstellung von Speisen, Á La Carte, im Restaurant benötigte. Von angemessener Bewirtung und Versorgung interner Familienfeiern, geschlossenen Gesellschaften zu allen möglichen Anlässen, ganz zu schweigen. Selbst Stahlbestecke gehörten nicht zur Serviceausstattung. Die Gäste mussten ihre Speisen mit Aluminiumessbestecken zu sich nehmen.

Ich bekam freie Hand, Geld spielte keine Rolle, musste aber alles selbst organisieren. Handwerker beschäftigen, Gardienen nach unseren Vorstellungen und Wünschen anfertigen lassen und Kühlmöbel besorgen. Ein Großteil der Serviceausstattung galt es neu zu beschaffen und einen Installateur zu finden, der die sanitären Anlagen in Ordnung brachte, sie zum Teil auch erneuern musste. Sogar das Problem mit der Beschaffung von Stahlbestecken konnten wir lösen. Wir hatten in Erfurt eine Bekannte, durch deren Beziehungen unsere zukünftigen Gäste ihre Speisen nicht mehr mit Alubestecken verzehren mussten. Folgendes geschah- Im gewerblichen Großhandel war es mir nicht möglich Bestecke einzukaufen. Vorrangig wurden gastronomische Einrichtungen und Hotels, in denen Westdeutsche Gäste und Besucher verkehrten, beliefert. Von Einrichtungen der Partei, Kreis-Bezirks und Landesverwaltungen, ganz zu schweigen.

Nun gab es eine Regelung die besagte, ausgesuchte Händler bekommen einen Stempel auf dessen Abdruck stand: „Nicht aus dem Bevölkerungsbedarf.“ Was immer das heißen und bedeuten sollte, begriffen hatte das niemand so richtig!

Das Zauberwort „Beziehungen“ löste für mich wieder einmal dieses Problem.

Die besagte Bekannte aus Erfurt arbeitete in einem Fleischereifachgeschäft, sie hatte diese „Beziehungen“. Sie kannte den Verkaufsstellenleiter eines Industriewarengeschäftes, der diesen besagten Stempel im Tresor hatte und daher, unter anderem, keine Probleme beim Einkauf von „gefragten“ Fleisch-und Wurstwaren hatte.

Der Sinn bestand darin, dass, wenn man im Einzelhandel für beispielsweise sein Geschäft, Restaurant oder sonstige betriebliche Einrichtung Waren erwarb, seinem Betrieb eine Quittung mit dem besagten Stempelabdruck vorlegte, bekam man die Einkaufsumme erstattet. Wenn nun aber dieser Stempelaufdruck fehlte, musste man es aus der eigenen Tasche bezahlen.

Meine Bekannte setzte sich mit diesem „Stempelkönig“ in Verbindung, erklärte ihm meine Situation und wie unappetitlich es doch sei, wie zu Kriegszeiten, mit Alu-Essbestecken seinen Hunger stillen zu müssen. Sein wahrscheinlich guter Geschmack erledigte den Rest für mich. Mit einem verschlossenen Briefumschlag, in den ich ein paar „Große Scheine“ gesteckt hatte und meiner Frau, fuhr ich nach Erfurt. Der Deal dauerte keine fünf Minuten. Zuerst übergab ich ihm unter der Hand den Briefumschlag, den er noch nicht einmal öffnete. Wir bezahlten kurz darauf die Kaufsumme an der Kasse. Dann erhielten wir diese wichtige, gestempelte Quittung. Mit ihr in den Händen und mit einem kleinen Wagen, auf dem mehrere schwere Pakete gestapelt waren, verließen wir diesen „Einkaufstempel“ in Richtung unseres Autos. Unseren neuen wertvollen „Schatz“, in Form von Einhundertvierzig Edelstahlbestecken, verstauten wir schnell im Kofferraum unseres Autos. Dann eilten wir beide erwartungsvoll zurück in den Laden. Wir hatten gehofft, er bittet uns zu einem Kaffee und einem Schwätzchen, aber er war wie vom Erdboden verschluckt. Ich ahnte, er war sogleich in sein Büro gegangen und zählte mit zufriedenem Blick das Trinkgeld.

Den Kaffee und einen großen Eisbecher genehmigten wir uns dann später in einer Eisdiele an der „Römerbrücke“. Auch dort gab ich ein, „fürstliches“ Trinkgeld, denn wir wurden sehr zuvorkommend bedient, was in der damaligen Gastronomie der DDR nicht immer eine Selbstverständlichkeit war.

Die notwendigen Mahlerarbeiten im Service-Küchen- und Sanitärbereich erledigten wir selbst. Stammgäste, Freunde und Bekannte, standen uns dabei freundschaftlich und äußerst hilfreich zur Seite.

All meine „Beziehungen“, die ich während unserer Zeit im „Fettnäppchen“ aufgebaut hatte, kamen uns immer noch zu Gute. Alle angefallenen Kosten wurden, unbürokratisch, von meinem Betrieb beglichen.

Nach etwa 14 Tagen konnten wir die Wiedereröffnung unserer neuen Wirkungsstätte bekannt geben. Es fand ein fliegender Wechsel statt.

Der Leitung unseres Betriebes war es unverständlich, was wir in dieser kurzen Zeit erreicht hatten. Wahrscheinlich gehörte das zum Alltag, begründet durch das anhaltende Traumata der Mangelwirtschaft, die diesem Land schon eine Ewigkeit anhing.

Die neuen Aufgaben im Berufsleben machten uns viel Spaß. Wir engagierten uns für das Wohl unserer Gäste, erfüllten, soweit es uns möglich war deren Wünsche und machten uns damit einen guten Namen. Bereits nach kurzer Zeit sprach sich in der Stadt das gute Niveau unseres Restaurants herum. An den Wochenenden war es ohne Vorbestellung kaum möglich einen Sitzplatz zu ergattern.

Uns erfüllte das mit Stolz, wir waren scheinbar den richtigen Weg gegangen.

Im ersten Jahr nach der Übernahme dieses Restaurants, erhöhten wir den Bruttoumsatz von zuvor 230 000.- Mark, auf etwa 310 000.- Mark.

Damit hatten wir nicht gerechnet.



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