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2.3 Standortmarketing

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Das Marketing hat im Laufe der letzten Jahrzehnte eine zunehmende strategische Bedeutung bekommen. Ihm kommt die entscheidende Rolle als Kontaktfunktion zu den Kunden/Zielgruppen und allen anderen Stakeholdern (360-Grad-Marketing) zu. Marketing ist eine bzw. die zentrale Führungsfunktion und damit Kernaufgabe der Standorte. Dies wird auch anhand einer Marketingdefinition der American Marketing Association (AMA) deutlich, die Marketing um die Jahrtausendwende so beschrieb:

• Marketing umfasst die Planung, Realisierung und Kontrolle

• der Gestaltung, Preispolitik, Kommunikation und des Vertriebs,

• von Ideen, Gütern und Dienstleistungen,

• die der Befriedigung von Bedürfnissen bzw. des Bedarfs von Einzelpersonen

• und Organisationen dienen,

• um daraus Austauschprozesse zu begründen oder diese zu erleichtern bzw. zu verbessern.

Seit 2004 vertritt die AMA eine umfassendere Sichtweise, die dem Führungsanspruch des Marketings im Unternehmen bzw. einer Organisation gerecht wird. Danach ist Marketing weitgehend mit Management gleichzusetzen, es ist:

• eine Führungsfunktion und

• ein Prozessinstrumentarium

• zur Schaffung, Kommunikation und Lieferung von Werten für die Kun-den/Abnehmer und

• zum Management (bzw. zur Pflege) von Kundenbeziehungen

• zum Vorteil der (marketingtreibenden) Organisation und ihrer Stakeholder (Wiesner 2016b, S. 35)

Bruhn und Meffert halten Beziehungsmarketing mit einer Fokussierung auf die Kunden- und Stakeholderbeziehungen für besonders wichtig: »Relationship Marketing umfasst sämtliche Maßnahmen der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle, die der Initiierung, Stabilisierung, Intensivierung und Wiederaufnahme sowie gegebenenfalls der Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu den Anspruchsgruppen – insbesondere zu den Kunden – des Unternehmens mit dem Ziel des gegenseitigen Nutzens dienen.« (Meffert, Bruhn, Hadwich 2018, S. 44). Dies gilt gleichermaßen für das Standortmarketing, wobei die Stakeholder meist eine noch größere Bedeutung haben.

360-Grad-Marketing bietet eine umfassende Marketingperspektive und bedeutet für Standorte eine strategische und koordinierende Führungsaufgabe mit konsequenter Ausrichtung der gesamten Organisation auf die Erwartungen der Kunden und anderer Stakeholder (Wiesner 2020, S. 40). Mittels normativem, strategischen und operativem 360-Grad-Marketing lassen sich die (Geschäfts-)Beziehungen zu den Kunden und anderen Stakeholdern zum gegenseitigen Nutzen der Beteiligten gestalten und pflegen. Die Identifikation der internen und externen Stakeholder und deren Bedürfnisse ist daher für die Handelnden des Standortmarketings von besonderer Bedeutung ( Abb. 2-17).


Abb. 2-17: Stakeholderbeziehungen (Quelle: In Anlehnung an DIN ISO 26000:2011, Wiesner 2020, S. 41)

Beim Standortmarketing (auch Place oder Location Marketing) muss insbesondere der Bedeutung des »Faktors Mensch« und einer umfassenden Stakeholderkommunikation Rechnung getragen werden. In der aktuellen Sichtweise der AMA werden verschiedene Stakeholder benannt und die Öffentlichkeit mit einbezogen. Dadurch erhalten das interne sowie das interaktive dialogorientierte Marketing eine wichtige Bedeutung.

Nur im ausgewogenen und stabilen Zusammenwirken mit den internen Zielgruppen entsteht in der Außenwirkung das gewünschte Bild des Standorts (Place-Image), das die (potenziellen) Kunden und andere Stakeholder ansprechen soll. Diese bewerten dann Angebot und Image anhand aus ihrer Sicht relevanter Kriterien. Eine eindeutige Positionierung und ein klares Markenprofil/-image helfen, das komplexe Bündel vernetzter Einzelleistungen des Standorts zu erfassen.

Die angebotenen Leistungen und Marken sollten auch von kritischen Stakeholdern zu akzeptieren sein. Standorte, die auf Dauer erfolgreich agieren wollen, sollten also ihr Marketing nicht ausschließlich auf ihre Kunden als wichtigste Stakeholdergruppe fokussieren, sondern rund um die Organisation alle relevanten Stakeholdergruppen erfassen und mittels 360-Grad-Marketing ansprechen, wie dies bereits heute viele tun. Unter Umständen ist es notwendig auch die Kunden der Standortkunden (indirekte Kunden) in die Betrachtung einzubeziehen. Daher muss sich jeder Standort so positionieren, dass ggf. auch das Interesse indirekter Kunden geweckt wird. Ein klares und attraktives Image trägt dazu bei, im Wettbewerb hervorzustechen und auf sich aufmerksam zu machen. Ein profiliertes Image, eine attraktive Marke oder eine interessante Botschaft dienen der Unterscheidung von Konkurrenzstandorten ( Abb. 2-18).


Abb. 2-18: 360-Grad-Marketingbeziehungen der Standorte (Quelle: Wiesner 2020, S. 42)

Grundsätzlich kann es verschiedene Marken für verschiedene Angebote geben (ähnlich wie auf Unternehmensebene für Leistungsgruppen oder Einzelleistungen), wenn damit unterschiedliche Zielgruppen besser angesprochen werden können. Ein umfassendes Standortmarketing einschließlich Tourismus-, Kultur-, Kongress- oder City-Marketing muss möglicherweise eine differenzierende Markenkommunikation anwenden, auch wenn alle Aspekte für Kunden wichtig sind. Eine Dachmarke mit Submarken hilft in diesem Fall, sofern ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind.

Für Standorte erweist sich die zunehmende Filialisierung in Handel und Gastronomie sowie die vermehrten Franchise-Betriebe als zunehmend problematisch: Das Bild großer Ketten führt zu einem uniformierten Image und Angebot der Innenstädte. Der lokale oder regionale Einzelhandel leidet zudem unter dem Druck der Märkte auf der »grünen Wiese« und des Internetangebots, so dass Innenstädte weiter veröden. Die Corona-Pandemie mit stark steigendem Online-Handel hat diesen Trend 2020/21 noch verstärkt.

Der demografische Wandel bringt eine ältere und kinderarme Bevölkerung mit sich, die veränderte Wohn-, Sozial-, Mobilitäts- und Service-Anforderungen hat. Dies schafft oft eine hybride Wohnverteilung, so dass einige Standortbereiche angesichts vieler Leerstände veröden, andere bei gleichzeitig kräftig steigenden Mieten besonders gefragt sind. Die Corona-Pandemie wird weitere Auswirkungen haben: Aufgrund des Erfolgs von Homeoffice könnte der Bedarf an Büroimmobilien und Coworking Spaces sinken. Angesichts sozialer und Hygienebedenken wird auch der Bedarf an Sharing-Angeboten sinken (z. B. Airbnb).

Neue Technologien und ein verändertes Konsum- und Kommunikationsverhalten verursachen Probleme, schaffen aber auch neue Möglichkeiten in der Infrastrukturentwicklung. Die Energiewende und der Klimawandel erfordern zusätzlich umfassende Mobilitäts- und Energieversorgungskonzepte und -maßnahmen. Standortansässige Unternehmen müssen zur Bestandssicherung auch international wachsen und sich vernetzen, wenngleich die Pandemie wieder eine Rückbesinnung auf regionale Partner mit sich bringt. So werden Innovationfähigkeiten, Services, flexible und mobile Technologien und Angebote zu zukünftig zentralen Standortstärken und -erfordernissen.

Um erfolgreich zu sein bedarf es detaillierter Standortanalysen und wirtschaftsstruktureller Untersuchungen, Image- und Sozialraumanalysen, Potenzial- und Wettbewerbsanalysen, die mittels Szenariotechniken zu realistischen Zukunftsbildern führen können ( Kap. 5.1). Die Konzeption lokaler Leitbilder und strategische Masterpläne können die Basis für die Erstellung von Standortplänen sein (Netzwerke, Cluster, City-Marketing…), um hier die Attraktivität und die Lebensqualität im Standort zu steigern. In diesem Sinne verlangt Standortmarketing nach einem effektiven Organisationsrahmen.

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