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2.4 Organisationsformen des Standortmarketings
ОглавлениеStandorte stehen im Wettbewerb um investierende Unternehmen, Gründer, Institutionen, Hochschulen und Arbeitskräfte, geschäftlich und privat Reisende, Bürger, Besucher und Talente. Eine Attraktivitätssteigerung wird vielfach zur Überlebensfrage, daher wird die eigentlich freiwillige kommunale Aufgabe des Standortmarketings unverzichtbar. Doch häufig fehlt hier das Bewusstsein für ein professionelles Management.
Standorte sollten daher strategisch geführt, professionell gemanagt und mittels 360-Grad-Marketing unverwechselbar präsentiert werden. Es bedarf i. d. R. kooperativ handelnder Institutionen (im Sinne einer Governance), die vorhandene Einzelleistungen bzw. Angebote ausbauen, vernetzen und zielgruppengerecht bündeln. Erst zielgerichtete und nachhaltige Marketingaktivitäten lassen einen Ort oder eine Region bei den Zielgruppen als homogene Leistung mit einem bestimmten, klaren Profil (nachhaltiges Image) und ggf. einer Marke erscheinen. Auf den unterschiedlichen Standortebenen (Nation, Land, Region, Stadt) bilden sich i. d. R. eigene Identitäten, die sich im Marketing nutzen lassen, um jeweils Standorte zu profilieren. Allerdings bilden sich beispielsweise auf der Ebene der Bundesländer nicht immer konsistente Identitäten. So wird sich kaum jemand als Nordrhein-Westfale oder Baden-Württemberger bezeichnen, eher schon als Schwabe, Badener, Rheinländer oder Westfale. Und selbst in Bayern haben viele (Unter-, Ober-, Mittel-)Franken ein Problem, sich mit ihrem Bundesland zu identifizieren, zumal auch außerhalb Bayerns weitere Franken leben.
Es zeigt sich, dass Standorte nicht notwendigerweise mit Verwaltungseinheiten deckungsgleich sind. Vorrangig kommt es auf die landschaftliche, wirtschaftliche, kulturelle oder touristische Gemeinsamkeit bzw. Verbindung dieses Gebietes an, um von außen als Einheit wahrgenommen zu werden. Standorte entstehen also in der Vorstellung bzw. Wahrnehmung der Zielgruppen losgelöst von fixen Regionalgrenzen. Sie reflektieren also eine externe Sicht und nicht unbedingt lokal- oder regionalpolitische Interessen. Daher sind auch interkommunale Kooperationen sinnvoll. Standorte müssen sich dabei stets an ihren jeweiligen potenziellen Zielgruppen/Kunden (Unternehmen, Gründer, Touristen, Geschäftsreisende) ausrichten. Cluster und (Branchen-)Spezialisierungen sind Ausdruck einer aktiven Gestaltung eines (auch touristischen) Standorts.
In Abbildung 2-10 wurden verschiedene denkbare Organisationsformen des Standortmarketings aufgeführt und in Kapitel 2.2 kurz angesprochen. In der Praxis verantwortet recht häufig die jeweilige Verwaltung das Standortmarketing. In diesem Fall gibt es neben den externen Stakeholdern auch mächtige interne Stakeholder mit intransparenten Einflüssen. Auch binden Verwaltungen interessierte Stakeholder oft nicht oder nicht ausreichend in ihre Aktivitäten ein und verschenken damit Potenziale.
Aus diesem Grund sind selbständige Standortmarketing-Organisationsformen erstrebenswert, in denen die unterschiedlichen Akteure und ihre Interessen (auch der Verwaltung und Politik) gebündelt werden können. In den Aufsichts- und Fachgremien sowie als Teilhaber können viele Stakeholder eingebunden werden ( Abb. 2-12). Die Führungsverantwortung liegt entweder bei einem (Vereins-)Vorstand, der Personen ganz unterschiedlicher Stakeholdergruppen umfasst, oder einer Geschäftsführung. Aufsichtsräte können die strategische Richtung bestimmen, aber nicht das Tagesgeschäft. Je mehr und je größer diese Gremien, desto schwieriger ist es, ein wirklich klares und erfolgversprechendes Standortprofil mit einer Unique Place Proposition (UPP), Unique Local Proposition (ULP) oder Unique Regional Proposition (URP) aufzubauen, ein attraktives Leistungsbündel zu schnüren und beides an die unterschiedlichen Zielgruppen zu kommunizieren.
Aufgrund der umfangreichen und heterogenen Struktur der Standortakteure ist es unerlässlich, eine Institutionalisierung in Form eines sich selbst organisierenden lokalen/regionalen Netzwerks (Place/Local/Regional Governance) als Marketing- und Managementinitiative vorzusehen. Die Potenziale eines Standorts entfalten sich erst durch ein konstruktives Zusammenspiel aller Akteure in möglichst einfachen und übersichtlichen Strukturen (Saretzki/Wöhler 2013, S. 46).
Unter Governance werden »alle Arten kollektiver, selbstorganisierender Regelung komplexer gesellschaftlicher Sachverhalte zwischen voneinander unabhängigen, sowohl staatlichen als auch halb- und nicht-staatlichen Akteuren im Rahmen einer konsens- und kommunikationsbasierten Integration unterschiedlicher formeller und informeller Steuerungs- und Koordinationsmechanismen« (Saretzki/Wöhler 2013, S.38) verstanden. Der Governance-Ansatz im Standortmarketing beruht auf einer interessengesteuerten Kooperation und Interaktion der Akteure i. d. R. unter politischer Führung. Wesentliche Aufgaben einer Standort-Governance sind die Gestaltung der Projekt- und Netzwerkarbeit sowie die Festsetzung von Handlungsschwerpunkten. Die Arbeit zielt darauf ab, vorhandene Potenziale des Standorts zu erkennen, optimal zu erschließen und aufgabengemäß zu nutzen: Um erfolgreich zu sein, muss es im Zusammenwirken mit allen Leistungsträgern immer wieder gelingen, das Angebot des Standorts attraktiv zu gestalten und die gewünschten Kunden- und Stakeholdergruppen zu überzeugen. Daher müssen
• die vorhandenen Stärken bei den harten und insbesondere den weichen Standortfaktoren gesichert und ständig verbessert,
• die Schwächen des Standorts im notwendigen Umfang kompensiert,
• ausreichende Ressourcen an Mitwirkenden und Finanzmitteln beschafft sowie
• ein strategisches und professionelles 360-Grad-Marketing betrieben werden.
Manche Landesregierungen fördern den Aufbau solcher Netzwerkorganisationen, die neben der Wirtschafts- und Gründungsförderung sowie der Investitions- und Exportförderung auch das Tourismus- bzw. Destinationsmarketing, das Messe- und Kongressmarketing und weitere Aktivitäten zur Verbesserung der weichen Standortfaktoren organisieren. Dies entspricht einem ganzheitlichen Standortmarketing-Ansatz ( Kap. 3).
Standortmarketing, Wirtschafts- und Außenhandelsförderung werden in Deutschland wie in vielen anderen Staaten bereits auf der nationalen Ebene betrieben, wie z. B. durch die staatliche Germany Trade & Invest (GTAI). Die zum Bundeswirtschaftsministerium gehörige GTAI bietet deutschen Unternehmen eine umfangreiche Außenwirtschaftsberatung (Auslandsmärkte, Messen, Vorschriften…) und ist für die Gewinnung von Investitionen in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich. Die GTAI unterstützt dabei potenzielle ausländische Investoren mit ausführlichen Informationen, Beratungsangeboten oder Begleitung des Projektmanagements während des gesamten Ansiedlungsprozesses. Das BMWi und die GTAI sind wesentliche Partner des Netzwerkes iXPOS (www.ixpos.de), in dem alle Akteure der deutschen Außenwirtschaftsförderung zusammenarbeiten: Ministerien und Fördergesellschaften von Bund und Ländern, Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, die IHKn und Ländervereine, Organisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sowie Finanzierungsinstitutionen ( Abb. 2-19). Die Deutsche Zentrale für Tourismus ist ein vom Deutschen Tourismusverband gegründeter Verein, der im Auftrag des BMWi Deutschland als Reiseziel vermarktet. Die Arbeit der DZT wird finanziell zu 75 % vom BMWi getragen.
All diese Aktivitäten tragen zu einem im Zeitablauf relativ stabilen Image bei, das sich kurzfristig kaum verändern lässt. So hat die Marke »Made in Germany« seit mehr als 100 Jahren einen von technischen Erzeugnissen geprägten guten Ruf, der sich allenfalls langfristig ändern lässt. Aber lässt sich das bekannte Markenzeichen ohne weiteres auch für Dienstleistungen, Bildungs- und Tourismusangebote nutzen? »Made in Germany« basiert auf Qualität und Zuverlässigkeit – eine emotionale Note fehlt weitgehend.
Abb. 2-19: Beratungsdienstleistungen der Germany Trade & Invest (Quelle: GTAI 2019)
Die Standortagentur Österreichs (Invest in Austria) ist die Austrian Business Agency (ABA) – Österreichische Industrieansiedlungs- und WirtschaftswerbungsgmbH, die zum Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) gehört und von der Wirtschaftskammer unterstützt wird. Sie ist u. a. auch für Investitionen und Qualitätsverbesserung im Tourismussektor zuständig und begleitet die digitale Transformation mit der »Digitalisierungsstrategie für den Tourismus« (ABA 2020).
In der Schweiz ist die Förderung der Wirtschaft vor allem Aufgabe der Kantone, die sich überwiegend in überregionalen Standortmarketing-Organisationen zusammengeschlossen haben (Basel Area, Greater Zurich Area…). Die Switzerland Global Enterprise (S-GE) fördert im Auftrag der Schweizer Bundesregierung (Staatssekretariat für Wirtschaft SECO) und den Kantonen ausländische Investments in der Schweiz und unterstützt Schweizer Unternehmen, ihr internationales Geschäft zu steigern (S-GE 2019).
Auf (über-)regionaler Ebene können meistens einige der nationalen Standortbedingungen mit beeinflusst oder sogar konkret ausgestaltet werden, wie z. B. in Deutschland über die Ländersteuern und -abgaben, staatlichen Auflagen/Förderungen für Betriebe oder das Baurecht. Länder-Infrastrukturen sind zwar meistens Teil nationaler Strukturen, sie können aber auch regional ausgestaltet oder gefördert werden. In Deutschland wird die Wirtschaftsförderung vor allem durch die Bundesländer getragen. Finanziell engagiert sich insbesondere die Bundesregierung, doch werden wichtige Aufgaben als Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern abgewickelt. Die konkrete Durchführung der Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderungsmaßnahmen wird i. d. R. Landesministerien oder speziellen Standortinitiativen übertragen, von denen im Folgenden einige beispielhaft vorgestellt werden.
In Nordrhein-Westafalen gehört die Förderung von Wirtschaft und Tourismus zwar zum Aufgabenbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, doch gibt es keine gemeinsame Steuerung der Wirtschaftsförderung sowie des Standort- und Destinationsmarketings. Allerdings existiert seit 2019 eine Industrie Vision ( Kap. 4.1). Das NRW-Ministerium betreibt zwar eine gezielte Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung mittels diverser Förderprogramme, für Ansiedlungen ist allerdings die Tochtergesellschaft NRW.INVEST GmbH zuständig, deren alleiniger Gesellschafter das Land NRW ist. Diese unterhält zehn internationale Tochtergesellschaften und Außenbüros, informiert Interessenten über den Standort NRW und berät in allen Fragen der Investition oder Ansiedlung (Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW 2020).
Bereits seit 2011 werben NRW und NRW.INVEST gemeinsam mit regionalen Partnern international um Investitionen. Der Slogan »Germany at its best: Nordrhein-Westfalen« ( Abb. 2-20) der Standortmarketingkampagne baut dabei auf das weltweit starke Image Deutschlands und positioniert NRW als Investitionsstandort Nr. 1 in Deutschland (NRW.INVEST 2020a). Bis 2010 warb NRW.Invest zusammen mit dem Wirtschaftsministerium und dem Tourismus NRW e. V. mit dem Motto »We love the new…« in einer internationalen Standortkampagne für NRW.
NRW.INVEST fördert auch die Tourismusbranche, zumal der Tourismus eine Doppelfunktion erfüllt: Die Branche erzielt in NRW mit fast 7 % eine beachtliche Wertschöpfung an der Wirtschaftsleistung und erhöht gleichzeitig die Attraktivität des Arbeits- und Investitionsstandorts NRW insgesamt (NRW.INVEST 2020b).
Abb. 2-20: Logo und Slogan der NRW-Standortkampagne (Quelle: NRW.INVEST 2020a)
Das NRW-Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie verantwortet direkt und über das Tochterunternehmen NRW.Invest das Standortmarketing bis zu einer Förderung der Tourismuswirtschaft. Als Mitglied und wesentlicher Finanzier des Tourismus NRW e. V. besteht auch die Möglichkeit zur Mitgestaltung des Destinationsmarketings.
Das Land Sachsen-Anhalt bündelt alle seine Standortaktivitäten in der Investitions- und Marketinggesellschaft mbH (IMG), die als Dienstleister im Auftrag des Landesministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung tätig ist. Die IMG vermarktet den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt, begleitet Neuansiedlungen und Investitionen ansässiger Unternehmen und ist gleichzeitig verantwortlich für das Tourismusmarketing im In- und Ausland (IMG 2020).
Die Hamburg Marketing GmbH (HMG) ist seit 2010 die zusammengeführte Marketingagentur, die für die Stadt und die Metropolregion arbeitet und die Bereiche Wirtschaft, Tourismus, Kultur und Stadtleben umfasst. Gesellschafter der HMG sind die Freie und Hansestadt Hamburg zu 75 %, die Handelskammer Hamburg zu 15 % sowie die beteiligten (Land-)Kreise und kreisfreien Städte aus Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit insgesamt 10 %. Die HMG fungiert dabei auch als Holding für die Gesellschaften Hamburg Tourismus (HHT) und Hamburg Invest (HMG 2020).
Die HMG steuert verantwortlich die Marke Hamburg. Sie verzahnt ihre Aktivitäten mit der Tochtergesellschaft (HHT), um die positiven Standortfaktoren der Metropolregion Hamburg herauszustellen. Gesellschafter der HHT sind die HMG mit 51 %, der Tourismusverband Hamburg e. V. zu 29 %, der DEHOGA Hamburg e. V. zu 10 % und die Handelskammer Hamburg mit 10 % (HMG 2020).
Die HHT vermarktet die Metropolregion Hamburg als Reise-, Messe- und Kongressdestination und steigert ihren Bekanntheitsgrad. Sie leistet auch einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität, unterstützt die Weiterentwicklung Hamburgs als tolerante und lebenswerte Metropole und stellt den Buchungsservice Hamburg Travel bereit. Für die Vermarktung von Tagungen und Kongressen ist das Hamburg Convention Bureau verantwortlich.
Die Hamburg Invest unterstützt heimische und externe Unternehmen bei Expansions-, Restrukturierungs- oder Investitionsprojekten. Sie treibt die Entwicklung von Zukunftsbranchen insbesondere in den Sektoren Erneuerbare Energien, Logistik, Luftfahrtindustrie, maritime Industrie, Medien, IT und Telekommunikation voran und vernetzt die Akteure. Gesellschafter der Hamburg Invest sind die HMG mit 51 %, die Handelskammer Hamburg mit 35 % und die Handwerkskammer Hamburg zu 14 % (HMG 2020).
Damit steuert die HMG sowohl das Standort- als auch das Destinations- und Kulturmarketing aus einer Hand, bindet dabei auch wichtige Stakeholder wie die Handels- und Handwerkskammer, den DEHOGA und den Tourismusverband Hamburg mit ein. Wesentliche Geldgeber des umfassenden Standortmanagements sind die Stadt Hamburg, weitere Städte und Kreise der Metropolregion sowie die Handelskammer Hamburg.
Bremen bündelt seit 2018 mit den Städten Bremen und Bremerhaven die Marketing-, Standort- und Tourismusaktivtäten in der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Deren wichtigste Tätigkeitsfelder sind die Betreuung bereits ansässiger Firmen, die Gewinnung neuer Unternehmen und Investoren, das Management der Bremer Technologie- und Gründerzentren, die Umsetzung der Förderprogramme, klassisches und Online-Marketing (Marke) sowie Tourismusförderung und -werbung. Unterstützt wird die WFG ideell, fachlich und materiell von Unternehmen, die im Verein »Unternehmen für Bremen e. V.« zusammengeschlossen sind (WFB 2020).
Gelegentlich finden sich auch länderübergreifende Standortkooperationen, wie beispielsweise die »Doppelstadt« Frankfurt (Oder) und Słubice, die 2016 das Kooperationsprojekt »NachbarschafftInnovation – Gemeinschaft als Erfolgsmodell« aus der Taufe hob, um den Standort an der deutsch-polnischen Grenze zu stärken. Auch Görlitz fördert seit 2007 mittels der Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH den Wirtschaftsstandort durch Standortmarketing, Wirtschaftsförderung und Tourismusmanagement.
Die Vierländerregion Bodensee hat ebenfalls eine überregionale und länderübergreifende Wirtschaftsförderung aufgebaut. Die Regionalen Gebietskörperschaften, Banken und Institutionen der beteiligten Länder Deutschland, Schweiz, Österreich und Liechtenstein unterhalten die Bodensee Standort Marketing GmbH (BSM GmbH) als überregionale Ansprechpartnerin für die Wirtschaft der internationalen Vierländerregion Bodensee (VLRB). Sie bietet Standort-Beratung, Investorenservices, Ansiedlungsberatung sowie Vermittlung von Gewerbeimmobilien in einer Region mit hoher Lebensqualität, attraktiver Umgebung und hohem wirtschaftlichen Potenzial als »Hot Spot« Europas der Branchen Umwelttechnologie, Biotechnologie, Nanotechnologie, Luft- & Raumfahrttechnologie und Tourismus. Es ist beabsichtigt, gemeinsam mit Partnern die VLRB im internationalen Wettbewerb der Regionen als begehrenswerten Wirtschaftsstandort zu positionieren (BSM 2020).
Auf lokaler Ebene können nur einige der nationalen und regionalen Standortbedingungen beeinflusst oder konkret ausgestaltet werden, wie z. B. bei der Gewerbesteuer, den anderen Kommunalsteuern und -abgaben, den Gebühren, staatlichen Förderungen für Betriebe. Lokale Infrastrukturen als Teil überregionaler Strukturen können z. T. ausgestaltet oder gefördert werden, wie beispielsweise beim Breitbandausbau oder dem Mobilfunk. Doch im Standortmarketing bieten sich vielfältige Chancen.
Regionale oder lokale Standorte können insbesondere die »weichen« Gegebenheiten bestimmen. Zu diesen zählen das regionale Flair, Erholungs- und Kulturangebote, Veranstaltungen und Events, Wohn- und Betreuungsangebote, Bildungs- und Wissenschaftsangebote, Sport- und Freizeitangebote, Gastronomie und Hotellerie, Einkaufs- und Gesundheitsangebote, eine niedrige Kriminalitätsrate, hohe Gastfreundschaft und Offenheit, Netzwerke oder Cluster, Gründungsförderung oder der Effizienzgrad der regionalen Verwaltung ( Abb. 2-8). Gerade Kreise oder Städte bieten die unterschiedlichen Beratungs- und Unterstützungsleistungen (in unterschiedlicher Gestaltung) an und können diese daher vorrangig zur Profilierung des Standorts nutzen.
In Würzburg übernimmt beispielsweise der städtische Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Standortmarketing die klassischen Aufgaben der Wirtschaftsförderung: Information und Beratung, Verkauf von Gewerbegrundstücken, Betreuung ortsansässiger Unternehmen und externer Unternehmensansiedlungen, Profilierung und Steigerung der Attraktivität des Hochschulstandorts Würzburg. Desweiteren hat der Fachbereich die Geschäftsführung des Innovations- und Gründerzentrums Würzburg inne, vertritt die Unternehmensinteressen innerhalb der Verwaltung, betreibt eine Gewerbeimmobilienbörse, fördert und pflegt Netzwerkstrukturen innerhalb und außerhalb des Wirtschafts- und Wissenschaftsraums Würzburg (Würzburg 2020-1).
Das Stadtmarketing ist ebenfalls in der Wirtschaftsförderung der Stadt Würzburg angesiedelt. Es hat die Aufgabe Maßnahmen zu initiieren und koordinieren, die die Attraktivität Würzburgs als Einkaufsstadt und die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt steigern. Der Fachbereich betreibt auch die Würzburger Aktivitäten Auf Facebook, Twitter, Google+ und Instagram.
Der städtische Eigenbetrieb Congress – Tourismus – Würzburg (CWT) wirbt weltweit für das touristische Angebot Würzburgs. Zum Leistungsportfolio gehört die Förderung des Tourismus und Geschäftsreiseverkehrs, Kongresse und Tagungen sowie die Information und Betreuung von Besuchern. Der CTW versteht sich als Dienstleister rund um den Würzburger Städte- und Tagungstourismus, vernetzt die Würzburger Tourismusbranche und ist Ansprechpartner für alle Veranstaltungen im CCW – Congress Centrum Würzburg (Würzburg 2020-1). Eine Tourist Information & Ticket Service rundet die Services der Stadt ab, die alle Leistungen des Standortmarketings in Eigenregie erbringt, womit der Einfluss des Stadtrats und seiner Politiker dominant ist. Gleichzeitig ist eine Vernetzung mit relevanten Stakeholdern angestrebt, aber nicht institutionalisiert.
Im Jahr 2001 gründeten die Stadt Hannover und ansässige Firmen die Hannover Marketing Gesellschaft (HMG) als Public Private Partnership. 2008 wurde daraus die Hannover Marketing und Tourismus GmbH (HMTG) gegründet, an der die Landeshauptstadt und die Region Hannover zu jeweils je 25 % beteiligt sind. Regionsansässige Unternehmen und Organisationen, wie die Deutsche Messe, die Stadtwerke, der Zoo, der Flughafen, der Dehoga oder die Citygemeinschaft Hannover halten die anderen 50 % ( Abb. 2-21). Die HMTG, zu der ein Kongressbüro (HannoverKongress) und eine Veranstaltungs-GmbH gehören, ist inzwischen für die touristische, überregionale und internationale Vermarktung der Region Hannover mit ihren 21 Städten und Gemeinden zuständig (Hannover.de). Sie trägt so zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts, der Einkaufsmetropole sowie des Messe- und Kongressstandorts bei. Seit 2014 ist Hannover UNESCO City of Music und bewarb sich (vergeblich) um den Titel der »Kulturhauptstadt Europas 2025«. Die Wirtschaftsförderung der Stadt und Region wird in der hannoverimpuls GmbH und dem Wirtschaftsförderungsportal »Wirtschaftsfoerderung-Hannover.de« gebündelt (hannoverimpuls 2020, Hannover.de 2020).
Abb. 2-21: Entwicklung der Hannover Marketing und Tourismus GmbH (Quelle: HMTG-Pressepräsentation 2019)
Seit 2020 bündelt auch Emden seine Marketingaktivitäten in der Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing Emden GmbH, um sich als Hafenstadt mit innovativen Hochschulstandort und überregional bekannten Kultureinrichtungen zu profilieren. Die Wirtschaft & Marketing Soest GmbH sieht sich zugleich als Standort-Lotse, Berater, Förderer, Mittler und Veranstalter.
In der Stadtverwaltung der Bundesstadt Bonn ist das Amt für Wirtschaftsförderung im Dezernat der Oberbürgermeisterin angesiedelt, ebenso wie das Presseamt mit dem Marketingservice, welcher für das Stadtmarketing und die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich zeichnet. Das Amt für Wirtschaftsförderung umfasst die Bereiche Liegenschaften und Standortentwicklung, die Regionalagentur Bonn/Rhein-Sieg, das Service Center Wirtschaft, die Stabsstelle Wissenschaft, das Kompetenzzentrum Frau & Beruf Bonn/Rhein-Sieg sowie die Bonn-Information mit Gästeservices (Bonn 2020).
Die Stadt Bonn ist u. a. an Tourismus & Congress GmbH Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler zu 38,5 % beteiligt. Sie hält jeweils 100 % der Bonn Conference Center Management GmbH, des Theaters der Bundesstadt Bonn sowie der Stadtwerke Bonn GmbH (SWB). Über die SWB hält die Stadt u. a. indirekte Beteiligungen an der Flugplatz-Gesellschaft Hangelar mbH zu knapp 50 % sowie zu etwas mehr als 6 % an der Flughafen Köln/Bonn GmbH (Bundesstadt Bonn 2019, V).