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Flugmanöver
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Diese verdammte Alarmsirene, die ihnen empfahl, sofort Not zu landen, wollte seit dem Start einfach nicht aufhören zu piepen. Sie hatten schon jetzt genug Stress, sich bei dem Sturm in der Luft zu halten, dass dieses nervige Piepen nur noch störte. Überall waren Wolken, das GPS funktionierte nicht und sie mussten mit Landkarten ihre Flugrichtung bestimmen. Wie im Mittelalter. Unter den Umständen war es wirklich wahnsinnig gewesen, überhaupt zu starten. Alexander hielt den Steuerknüppel mit aller Kraft fest, während sein Kopilot, der sich als Sayid vorgestellt hatte, die ganze Zeit Knöpfe drückte, von denen der Physiker zugeben musste, dass er kaum noch wusste, wofür die waren. Immerhin kamen sie irgendwie vorwärts, auch wenn sie wie ein Blatt im Wind hin und her geschaukelt wurden.
Piep! Piep! Piep!
»Hast du einen Hammer, um den verdammten Alarm auszuschalten?«, fragte Alex verärgert. Das Headset in seinem Helm übertrug seine Stimme zu seinem Kopiloten. Dieser ging auf seine Frage jedoch gar nicht ein. »Was für eine Stadt ist das unter uns?«
»Mannheim«, antwortete Sayid. Einen Moment überlegte Alex, ob er hier notlanden sollte. Die Chancen, hier ein Krankenhaus mit einem funktionierenden und freien OP zu finden, schienen jedoch auch nicht sonderlich gut zu sein. Das Erdbeben hatte die Stadt ebenfalls getroffen. Viele Gebäude waren eingestürzt oder standen in Brand. Von hier oben konnten sie Dutzende Einsatzwagen der Rettungskräfte sehen, die mit Blaulicht durch die Stadt fuhren. Saarbrücken war weiter weg und die Wahrscheinlichkeit, dass diese Stadt weit genug vom Epizentrum entfernt war, sah wesentlich besser aus.
»Was ist das denn?«, fragte sein Kopilot mit überraschter Stimme und deutete nach vorne. Alex hob den Kopf und sah von der Stadt auf. In den Wolken, nur etwa hundert Metern vor ihnen, waren zwei helle Lichter, die so stark blendeten, dass sich die beiden Männer die Sonnenschutzvisiere ihrer Helme herunterklappten.
»Ich verlangsame!« So gut es ging, brachte der Physiker den Hubschrauber in der Luft zum Stehen. Doch die beiden Lichter näherten sich weiter. Der Abstand hatte sich bereits halbiert und nun konnten sie die Umrisse der Flugobjekte erkennen. Die Scheinwerfer waren an der Unterseite angebracht. Alexander schätzte die Objekte etwa auf 6 Meter Breite und 20 Meter Länge. Sie hatten einen sechseckig geformten Rumpf und ein vorne abgerundetes Cockpit. Zu seiner Verwunderung konnte er nirgendwo Propeller, Düsen oder sonstige Triebwerke erkennen. Was waren das für Maschinen?
»Hier spricht Leutnant Lewandowski vom Taktischen Luftwaffengeschwader 72. Wir geben Ihnen Geleitschutz!« Alex sah seinen Kopiloten kurz verwundert an, als der Funkspruch vorbei war, doch Sayid wirkte genauso ratlos wie er. Geleitschutz? Waren sie im Krieg?
»ACHTUNG!« Sayids Ruf kam eine Millisekunde nachdem der Physiker der Europäischen Weltraumbehörde bereits reagiert hatte. Er verlangsamte für einen kurzen Moment die Maschinen und ließ den Helikopter damit für eine Millisekunde nach unten stürzen und drastisch an Höhe verlieren. Im letzten Moment. Die unbekannten Flugobjekte hatten irgendein Waffensystem aktiviert. In der ersten Sekunde hatten sie nur ein heller werdendes rotes Licht am Bug einer der Maschinen erkennen können. Dann schoss ein roter Strahl, der aussah wie ein zielgerichteter Flammenwerfer auf sie zu. Der Strahl hörte abrupt auf und verflüchtigte sich außerhalb ihres Sichtfeldes. Nur eine Sekunde später – die Ereignisse überschlugen sich – flog eine Rakete mit einer rasenden Geschwindigkeit an ihnen vorbei und traf eines der fremden Flugobjekte. Eine Explosion über der Stadt folgte und sofort dahinter flogen zwei Kampfflugzeuge der Rakete folgend über ihnen hinweg. Kurz vor den Feuer speienden Maschinen zogen sie hoch und waren nicht mehr zu sehen. Der andere Raider ignorierte die Eurofighter und hielt direkt auf den Hubschrauber zu.
»Scheiße!«, fluchte Sayid und sah panisch zwischen dem Physiker und den Fremden hin und her. Alex schaltete sofort und neigte die Nase seines Helikopters nach unten. Intuitiv scherte er im richtigen Moment nach rechts aus. Sayid (und hoffentlich auch Natalie auf der hinteren Bank) hielten sich fest, als ihr Hubschrauber fast seitlich zwischen zwei Hochhäusern flog. Direkt neben ihnen donnerte eine weitere Feuersäule vorbei, die unter ihnen die Straße getroffen haben musste.
Alexander flog noch tiefer, als er den Hubschrauber wieder gerade lenkte. Er konnte es also doch noch! Mit einem Affenzahn – und weit über der erlaubten Geschwindigkeitsbegrenzung – flog er nur etwa 10 Meter über einer Hauptstraße und überholte einen Löschzug der Feuerwehr.
»Er ist direkt hinter uns!!« Sayid hielt den Feind im Rückspiegel im Blick.
»Sag Bescheid, wenn er wieder …«
»BESCHEID!« Augenblicklich scherte Alex nach links aus und der nächste Feuerstrahl verfehlte sie nur um knapp einen halben Meter.
»Achtung!!«
Fuck! Sie flogen genau auf ein mehrstöckiges Gebäude zu. Alexander hielt noch eine Millisekunde weiter nach links, um kurz danach scharf nach rechts zu lenken und so zwischen zwei hohen Bürogebäuden durch zu fliegen. Der lauten Explosion nach zu urteilen, hatte ihr Verfolger in diesem Moment wieder geschossen und eines der Gebäude getroffen. Riesige Flammen blendeten den Physiker sogar durch die Rückspiegel.
»Halt dich fest! Ich versuche etwas!!«
Jetzt hatte Alexander wirklich Angst, dass das seine letzten Worte waren, aber sie hatten nur noch zwei Sekunden Zeit. Wenn er richtig gezählt hatte, schoss der Raider mit einem Abstand von 4 bis 5 Sekunden. Deckung hatte er hier nirgendwo. Sie flogen über ein Viertel mit flachen Einfamilienhäusern. Die Flieger der Luftwaffe würden hier nicht riskieren, einen Schuss abzugeben. Alexander flog also eine scharfe 180-Grad-Wende und es funktionierte. Ihr Verfolger schien dadurch kurz die Zielerfassung verloren zu haben und feuerte nicht. Doch das brachte ihm höchstens 3 Sekunden. Alex richtete den Helikopter wieder geradeaus, als sie genau auf den Feind zusteuerten.
»Was machst du??«, brüllte Sayid als er, genau wie Alexander, erkennen konnte, dass ein neuer roter Punkt am Bug des Raiders aufleuchtete. Aber er durfte nicht feuern! Der Physiker steuerte den Helikopter genau auf Kollisionskurs. Er hatte einen solchen Schwung und so eine Beschleunigung, dass ein Treffer ihn nicht aufhalten konnte. Und wer immer diese Angreifer waren, sie wussten das hoffentlich auch und wichen aus, statt zu schießen.
Taten sie aber nicht! Im letzten Moment merkte der Physiker, dass seine Idee Murks war, und scherte zur Seite. Der Feuerstrahl streifte den Helikopter und mit einem Mal wurde es unfassbar heiß. Sie wurden so stark durchgeschüttelt, dass er für einen Moment dachte, die Kontrolle verloren zu haben. Der Alarm wurde nun noch lauter und der Motor machte beunruhigend ungleichmäßige Geräusche. Ohne abzubremsen, flogen sie knapp an dem Raider vorbei und steuerten wieder genau in die Lücke zwischen den beiden Bürogebäuden. Alex wusste nicht, wie lange das unbekannte Flugobjekt benötigte, um sich einmal umzudrehen, aber er rechnete mit dem Schlimmsten. Mit einem Affensatz und endlich etwas Rückenwind sauste der Helikopter denselben Weg zurück über der Hauptstraße, den er eben genommen hatte. Innerlich zählte Alexander immer wieder bis vier und scherte dann in eine Richtung aus, um dem nächsten Feuerstrahl auszuweichen. Verdammt! So viel Glück konnte nicht ewig anhalten. Jede Sekunde würden sie von diesem Teil gebraten werden! In seiner Verzweiflung schaltete der Physiker auf das Funkgerät.
»Unidentified flying object, stop firing us! We are a civilian patient transport!«
Ein weiterer Angriff mit Feuer war die Folge, die sie an derselben Stelle streifte, wie zuvor. Erneut wurden sie durchgeschüttelt und es roch bedrohlich nach Rauch. Verdammt! Direkt vor ihnen machte der Physiker ein Hochhaus aus, das in einem 45 Grad Winkel umgestürzt auf einem Fabrikgebäude zum Stehen gekommen war. Alex hoffte inständig, dass dieses Gebäude bereits evakuiert war, denn eine bessere Idee hatte er jetzt nicht. Das Gebäude war in der Dunkelheit nur schwer zu erkennen und der Physiker hielt direkt darauf zu.
»Was hast du vor?«, fragte Sayid. Nachdem der letzte Plan schon in die Hose ging (obwohl sie nur dadurch zumindest noch am Leben waren), wollte Alexander jetzt nicht sagen, er solle ihm einfach vertrauen. Stattdessen sagte er gar nichts und zog einfach im letzten Moment schräg hoch. Fast so weit, dass er die Kontrolle über den Helikopter verlor.
»Ahhhh!!«, brüllte sein Kopilot panisch und hyperventilierte, während sie unter sich eine Explosion hören konnten. Schließlich waren sie endlich hoch genug, um über dem umgestürzten Wolkenkratzer hinwegfliegen zu können. Sofort warf Alex einen Blick in den Rückspiegel und erkannte, dass das Gebäude nun lichterloh in Flammen stand. Doch der Raider war nirgendwo mehr zu sehen.
»Ist er …«
»Er ist mit dem Gebäude kollidiert!«, jubelte der Physiker.
»JA!«
Alex stabilisierte den Flug und gewann wieder an Höhe. Einen Moment brauchten sie nun alle, um durchzuatmen. Kurz warf der Physiker einen Blick über die Schulter und sah nach Natalie. Es war so grotesk, dass sie immer noch von der Eisenstange durchbohrt dort saß und nur schwach die Augen aufhalten konnte. Immerhin war ihre Blutung vorerst gestoppt, aber sie brauchte sofort professionelle Hilfe. Da zählte jede Minute und so nahm er wieder Kurs in Richtung Südwesten auf.
»Das war ja unglaublich!«, lobte Sayid. »Wo hast du gelernt, so zu fliegen?«
Der Physiker lächelte und versuchte sich, mit der Hand unter dem Helm den Schweiß von der Stirn abzuwischen, bevor er das Funkgerät wieder einschaltete.
»Leutnant Lewandowski, können Sie uns noch hören?«
»Positiv!«, schallte es sofort aus ihren Headsets. »Das war eine echte Will Smith Aktion. Haben Sie mal über eine Karriere bei der Luftwaffe nachgedacht?«
Alex lachte auf. Sein heimlicher Traum war es immer gewesen, Astronaut zu werden und zu den Sternen zu fliegen. Helikopter und Flugzeuge waren für ihn nur die erste Stufe gewesen und das Physik-Studium und der Job bei der Europäischen Weltraumbehörde die zweite. Nun fragte er sich, wer diese Angreifer waren und wie ihre Maschinen funktioniert hatten. Vermutlich waren das streng geheime Militärprojekte eines anderen Landes gewesen.
Auf ihrem Flug weiter nach Saarbrücken ließen sie Mannheim in der Dunkelheit hinter sich. Die beiden Eurofighter waren zu schnell für sie, flogen immer wieder an ihnen vorbei und machten dann eine Wende. Sie blieben einfach in der Nähe und sorgten dafür, dass sie sich sicher fühlen konnten.
»Leutnant?«, fragte der Physiker über Funk. »Wissen Sie mehr darüber, was hier los ist? Wer waren diese Angreifer?«
»Unbekannt«, antwortete der Soldat der Luftwaffe. »Wir kennen nur unsere Befehle.«
»Und das Erdbeben? Wissen Sie, wo das Epizentrum war?«
Einen kurzen Moment schwieg der Leutnant.
»Überall«, antwortete er schließlich. »Jede Stadt, die wir überflogen haben, war davon betroffen.«
»Überall …«, wiederholte Alexander und wurde nachdenklich.