Читать книгу Wolfes Schuld - Kristin Veronn - Страница 13

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Heut' biste recht blass, Kind. Drückt dich des Nachts der Alb?« Elin sog hörbar Luft ein, bevor sie auf Alminas Anteilnahme ehrlich antwortete.

»Nein, ich fürcht' mich vor allem bei Tage, denn sie suchen unaufhörlich...« Seit jenem Morgen, an dem die Gefolgsleute erstmals zur Befragung über die Dörfer geritten waren und Elin noch im Fieber lag, zogen Fußtruppen entlang der Hauptstraße und durch die bewaldeten Gebiete, zumeist mit Hunden, die auf die Fährte des Vermissten gebracht werden sollten.

»De Köter hab'n gelernt, 'ne Sau oder 'nen Bock zu wittern, se sind nich' zum Jag'n von Mensch'n gemacht. Beruhig' dein Herz und wart' ab. Ich bin sicher, nix wird gescheh'n.« Diese Einschätzung sollte Elins Zuversicht stärken, doch es war nicht mehr als ein vage Hoffnung. Das Herz der jungen Frau schien schwerer als in den ersten Tagen. Womöglich kehrten böse Erinnerungen zurück. Obschon sich ihr Wohlsein merklich besserte, war es ein Glück, dass Elin keinen Spiegel besaß, da die Schwellungen in ihrem Gesicht weiterhin sichtbar waren. Es schmerzte Almina sehr, ein hübsches Mädchen derart verunstaltet zu sehen. Noch immer grübelte sie, warum sie Elin von dem Wolf erzählt hatte, und niemandem zuvor. Sie entschied, dass sie es getan hatte, um Elins Vertrauen zu gewinnen. Nur zu gern wollte Almina wissen, was in jener Nacht wirklich geschehen war. Rees weilte zur Stunde in Hencod. Vogt Siorus hatte schlimme Undichtigkeiten am Dach der Zehntscheune entdeckt und es bedurfte jeder kräftigen Hand, die anpacken konnte, den Schaden schleunigst zu beheben. Almina versuchte, Elin auf andere Gedanken zu bringen.

»Warum konnteste nich' in Cardigan bleib'n? Erzähl's mir - vielleicht hilft's, wenne dich jemand anvertraust.« Almina meinte es so wie gesagt, und nicht nur, um ihren Wissendrang zu verschleiern. Eine Weile blickte Elin sie traurig an. Almina lockte sie mit Mutmaßung. »Is war doch nich' nur weg'n des Brotherrn?«

»Nein.« Betrübt senkte Elin den Blick. »Obgleich die Leute immer tuschelten, wenn wir vorübergingen. Denn bis zuletzt hatt' er jeden, der sich mit mir vermählen wollte, abgelehnt. Da ich seine Ziehtochter war, konnt' er entscheiden, wem er mich zur Frau geben würde.«

»Der wollt' dich nich' hergeb'n - da du ihm das Bett gewärmt hast.« Elin sah sie schuldbewusst an. »Wie lang ging's denn?«

»Vier Winter.«

»Bei Gott! Solch Eigensucht zeugt von schlecht'm Wesen und sollt' bestraft werd'n!«

»Er is' nich' schlecht, Almina. Im Grunde is' er herzensgut!«

»Kam er oft in deine Kammer?«

»Anfangs schon - später wurd's weniger.« Elin stockte. »Und nach dem Unglück kam er gar nicht mehr.« Almina merkte auf.

»Nach welch'm Unglück?«

»Du musst wissen, ich half dem Apotheker seit geraumer Zeit. Seine Tochter war meine gute Freundin, aber nach ihrer Vermählung ging sie fort von Cardigan, und ihr Vater bat mich, auszuhelfen, da ihn allmählich sein Augenlicht verließ.« Almina lauschte gespannt. »Eines Tages gab ich einer Schwangeren ein harmloses Kraut, so wie auf dem Fläschchen vermerkt, denn sie klagte über frühzeitige Krämpfe. In der Nacht drauf verstarb die Frau - und mit ihr das Kind.« Mit geweitetem Blick hob Almina bestürzt die Brauen. »Da die Frau mit jenem vermählt war, der zuletzt um meine Hand gebeten hatte, weckte es bei den Leuten Furcht und Argwohn, dass ich's mit Absicht tat.«

»Gewiss sah'n se darin 'ne scheinbar missgünst'ge Tat - womöglich durch Hexerei.« Almina nickte langsam. »Und so geriet dein Leumund gefährlich ins Wanken.« Elin war den Tränen nahe, Almina fasste sie liebevoll bei der Hand. »Welch leidvolles Schicksal du armes Ding doch zu trag'n hast.«

Elin bemühte sich, zu lächeln. Doch plötzlich horchte sie erschrocken auf, als von fern das Gebell aufgeregter Hunde in die Stube drang. Das beängstigende Geräusch ließ Elin aufspringen und zur Tür hinken. Almina stemmte sich von der Bank und schlurfte ihr nach.

Draußen vorm Haus war der Lärm weit deutlicher zu vernehmen. Beklommen blickte Elin zum Wald hinauf, wo das Bellen durch das frische Grün hinter dem Bachlauf hallte und sich stetig näherte. Kurz bevor die Tiere in Sicht kamen, war lautes Rascheln zu hören, an einer seichten Stelle peitschten sie durchs Wasser, stoben just auseinander und jagten bedrohlich zum Hof hinunter. Einer von ihnen hielt unmittelbar auf Elin zu und sprang dicht vor ihr hechelnd hin und her, unterbrochen von lautem Kläffen. Es war ein wunderschöner Jagdhund mit geflecktem Fell und klugen Augen. Mitten unter den Männern, die den Hunden über die Wiese folgten, erkannte Almina den Burschen, der vor wenigen Tagen auf dem Hof Fragen gestellt hatte. Bei einer Plauderei mit Inara, jener Magd aus Hencod, die ernsthaft mit Junker Raven verbandelt war, hatte Almina erfahren, dass dieser Junker namens Cole in der Tat der Bruder des verschwundenen Ritters war. Diesmal war seine Miene erhitzt vom strammen Marsch und zwischen seinen unselig gewachsenen Ohren lag ein widerliches Grinsen. Die Augen aufgerissen auf jenes Geschöpf geheftet, das nur als grauenvolle Bestie erscheinen konnte, war Elin schreckensbleich zu Stein erstarrt. Dem Junker entlockte ihre missliche Lage gehässige Freude und gab ihm das Gefühl von Überlegenheit, nach der sein kleiner Geist zu dürsten schien. Als er näher trat, erklang sein hämisches Lachen.

»Dann bist du also die Magd!« Er betrachtete sie einen Moment. »Bei der Angst, die du zeigst, wundert's nicht, dass Hunde dich anfallen. Selbst ich kann sie riechen. Anscheinend bist du dabei auch noch auf's Gesicht gefallen!« Zwei Waffenknechte lachten im Vorübergehen laut auf. Die übrigen waren bereits am Hof vorbei und liefen am Rande des gepflügten Feldes nach Süden.

Eine kurze Weile ließ Cole den Hund toben und genoß das Entsetzen in Elins Blick. Almina musste sich auf die Zunge beißen, dem Widerling keinen Verweis zu erteilen. Mehr, als den ungehobelten Kerl mit einem Blick der Missbilligung zu strafen, erlaubt sie sich nicht. Nur ein falsches Wort konnte das sichere Geschick gefährden, das ihnen bislang gewogen war.

Kurz wandelte sich seine Miene und beinahe wehmütig sprach er mehr zu sich selbst. »Dein Haar - solch' Farbe gibt's nicht oft...«

Hiernach befehligte er sein Tier laut und eisern und hob zur Betonung drohend jenen Stock, den er bei sich trug.

»Schluß jetzt, Hunter, bei Fuß!« Der Hund jaulte kurz auf, trollte sich mit eingeklemmtem Schwanz zu seinem Herrn und blieb still. Mit einer übertriebenen Verbeugung verspottete Cole den niederen Stand der Frauen zum Abschied, pfiff dann schrill durch die Zähne und wies den Hund an, zu den Gefährten am Hang aufzuholen. Das Tier jagte freudig los und Cole folgte ihm, ohne sich nochmals umzudrehen. Als er genügend entfernt schien, trat Almina an Elin heran und legte mitfühlend den Arm um sie. Der Leib der jungen Frau zitterte erbärmlich und die Erlösung der Pein trieb ihr Tränen über die Wangen. Dem Junker schickte Almina einen bösen Blick in den Rücken, voll Zorn und Abscheu, und nicht zum ersten Mal wünschte sie, eine derart schlechte Seele Kraft eines Zaubers verfluchen zu können.

»Komm' Mädchen, geh'n wir rein, 's gibt nu 'ne warme Suppe, da wird's rasch besser.« Wie ein Kind führte sie Elin zur Tür und warf einen letzten Blick auf die Horde, die am flachen Hang immer kleiner wurde. »Wenn se so durch's Gebüsch hetz'n, werd'n se eh nix find'n.«

*

Zum Ende des Ostermonds nutzte Rees die regnerischen Tage, um bei mildem Wetter die Saat des Hafers auszubringen. Obgleich die Wunde an ihrem Bein gut heilte, war Elin anfangs nicht in der Lage, ihm bei solch ausdauernder Arbeit zu helfen. Stattdessen kümmerte sie sich um all jenes, das ohne lange Wege und Anstrengung in der Nähe des Hauses getan werden musste. Sie fütterte die Hühner, molk die Kuh, verarbeitete Milch zu Butter und backte Brot in dem kleinen Ofen hinter dem Haus. Ohne sein Zutun sorgte sie beim Geschirr und in der Vorratshaltung für Ordnung und bereitete am Abend den Tisch für eine Mahlzeit. Wachsam verfolgte Rees, wie Elin sich mit jedem Tag erholte und die Schwellungen aus ihrem Gesicht verschwanden. Zuerst ging sie nur im Haus umher, später sah er sie auf der Wiese umherschweifen oder vor der Tür auf dem alten Baumstumpf sitzen und in die Abendsonne blinzeln.

Elins Antlitz war mit der Schönheit Merediths nicht zu vergleichen. Ihr Mund war ein wenig zu breit, die Nase zu spitz und ein flüchtiger Blick hinterließ die Erinnerung an ein unbedarftes Mädchen. Aber für Rees lag dahinter etwas verborgen, das ihr wahres Wesen verriet und den ersten Anschein Lügen strafte. Im Tun stets besonnen blickte sie ernst und besaß bei manchem eine ganz eigene, sinnliche Art, die Rees mit zunehmend liebenden Blicken beobachtete. Ihm gefiel, wie sie an den Kräutern roch und zärtlich darüber strich, bevor sie diese in winzige Stückchen schnitt und mit dem Brotteig vermengte. Oder er lauschte dem leisem Wohlklang ihrer Stimme, wenn sie dem Rindvieh beruhigend über den Hals streichelte, sodass es beim Melken nicht länger bockte. Zugleich hockte ihm eine merkwürdige Furcht im Gewissen, die ihn ernsthafte Gefühle verleugnen ließ. Gleichwohl hatte sich seine Seele längst in der ihren gefunden, auch wenn Rees sich wand und dagegen hielt.

Eines Morgens fand er Elin mit seinen Hemden über dem Arm hinterm Haus, wo sie in einem blank geschrubbten Trog mit Seifenkraut und Lavendel einen warmen Kräutersud zum Waschen bereitet hatte.

*

Rees besaß drei Hemden: das beste, welches vom Liegen in der Holztruhe Löcher bekam, da er es fast nie trug, und zwei weitere aus grobem Leinen für die tägliche Arbeit. Eines davon trug er jeweils am Leib, das andere lag für einen gelegentlichen Wechsel schief gefaltet obenauf in der Truhe. Wenn er manchmal des Abends der Meinung war, jenes Hemd, das er den Tag über mit seinem Schweiß getränkt hatte, wäre nun wahrlich schmutzig genug, warf er es tropfnass über das Seil an der Hauswand, nachdem er es kurz durch das Wasser im Bach gezogen hatte.

Wie Rees begriff, was Elin vorhatte, trat er unwirsch heran und wollte die Hemden fortnehmen, doch Elin hielt sie fest. Der Stoff war bereits nass, da sie die Hemden zuvor aufgekocht hatte.

»Ich werd' sie waschen.« Ihr Tonfall war sanft, da sie seinen Unmut erkannte. Mit finsterem Blick schüttelte er den Kopf. Sie wandte ihren Blick nicht aus dem seinen und hielt fest.

»Sie sind nich' richtig sauber.« Ihre Stimme klang bestimmter. Rees zog stärker an dem Stoff, keiner von beiden ließ los.

»Herrgott, sie stinken erbärmlich«, rief Elin aufgebracht, denn sie wußte nicht, wie sich anders gegen seinen Sturkopf durchsetzen sollte. »Du bemerkst es vielleicht nich', aber ich sitz' jeden Tag neben dir bei Tisch.«

Der Ausdruck auf seinem Gesicht wandelte sich in Erstaunen. Die Worte schienen in ihm nachzuwirken. Sein Griff gab nach, sie zog das Leinen aus seinen Händen und begann sofort, den Stoff einzutauchen. Durch ihr geschäftiges Treiben, die Hemden im Wasser zu wenden, gab sie ihm zu verstehen, dass die Sache für sie nun geregelt war. Den Blick auf ihr Tun geheftet, wandte Rees sich unsicher zum Gehen. Als Elin ihm über die Schulter nachblickte, konnte sie beobachten, wie er auf seinem Weg zum Feld mit gebeugtem Kopf versuchte, sein Hemd möglichst unauffällig zur Nase zu ziehen. Ein liebevolles Schmunzeln huschte über ihre Züge.

*

Da Elin beschlossen hatte, zu bleiben, musste Rees sich etwas einfallen lassen, was die Schlafplätze betraf. Es begann damit, dass er das Dach ausbesserte. Einige Male kletterte Rees derart waghalsig außen zwischen dem Geflecht herum, dass sie Angst bekam, er könne hinabfallen. Dann wieder verschwand er über die schmale Stiege nach oben, schleppte Holz, Stroh und Leinensäcke hinauf, und Elin hörte ihn dort hämmern und rumoren. Nach einigen Tagen stand er freundlich lächelnd neben der Stiege und lud sie mit einer Geste ein, hinaufzusteigen und das vollendete Werk zu betrachten.

Das Strohgefecht des Daches war vollständig abgedichtet und auf beiden Schrägseiten befand sich in Schulterhöhe je eine kleine Luke, deren hölzerne Abdeckung nach außen aufgestellt werden konnte, wenn Licht oder frische Luft einströmen sollte. Das Schönste jedoch war ein Lager, das geschützt im Halbdunkel an der Längsseite gegenüber der Stiege stand. Für die Strohsäcke hatte Rees eine Art Rahmen aus Holz gefertigt, sodass es fast wie ein richtiges Bett aussah. Daneben stand eine dunkle Truhe, gefegt und mit Leinen ausgelegt. Die Gegenstände, die sich zuvor darin befanden, lagen gestapelt in der Ecke neben der Stiege.

»Is' das für mich?« Ein breites Lächeln zeichnete sich auf sein Gesicht.

»Das is' wundervoll!« Elin lief hinüber und warf sich auf das weiche Schaffell. Durch ihre kindliche Freude wurde sein Lächeln zu einem stillen Lachen. Sie sahen einander an und wurden mit einem Mal beide sehr wachsam. Bedächtig stand Elin auf, schritt zu ihm hinüber und blickte scheu in seine ruhigen Augen. Im dämmrigen Licht des Gebälks war ihre Farbe von solch dunklem Grün wie nebelfeuchtes Moos. Rees legte den Kopf leicht schief. Elins Stimme klang sehr leise.

»Ich dank' dir.« Sogleich merkte sie, wieviel Gefühl sie in die Worte gegeben hatte. Es war nicht bloße Dankbarkeit für den Moment, sondern für alles, das Rees getan hatte. Auch er schien dies zu spüren. Unversehens stand er sehr dicht und sein Blick streichelte ihr Gesicht. Die ungewohnte Nähe erschreckte sie, entsetzliche Angst kroch in ihre Brust und focht gegen das Wohlbehagen, das dieses Nahsein zugleich entfachte. Sie konnte sich nicht regen. Rees war bereits im Begriff, mit der Hand ihre Wange zu berühren, als lautes Rufen sie unsanft aus der zärtlichen Begegnung riss.

»Is' denn keiner Zuhaus'?« Aus der Stube klang Alminas Stimme zu ihnen herauf. Elin zögerte, bevor sie antwortete.

»Doch, wir sind hier oben. Komm' und schau', was Rees vollbracht hat.« Enttäuscht trat Rees just einen Schritt zurück. Elin fühlte sich auf traurige Weise erleichtert. Sie hätte seine Hand auf ihrer Haut kaum ertragen, und sie zweifelte, ob sie diesen bärtigen Mund je würde küssen wollen. Sie ging zur Stiege und blickte hinab. Almina stapfte ihr einige Stufen entgegen, nur so weit, um über den Rand der Öffnung schauen zu können. Schweigend betrachtet sie die Veränderungen und murrte schließlich: »Womit's deutlich wird, dass ihr euch weigert, gegen jedwed'n Verstand und Vorsicht!« Elin musste über die Worte der Alten lächeln, doch als sie zu Rees hinüberblickte, hielt er sein Gesicht abgewandt.

*

Später des Tages weilten die Frauen in der Stube, Rees war hinaus aufs Feld gegangen. Almina hatte geholfen, den Saum des braunen Wollkleids zu markieren, damit Elin die Rocklänge kürzen konnte, denn alle Gewänder, die Almina ihr gebracht hatte, waren zu lang, in Rock und Ärmeln. Nun lag das Gewand ausgebreitet auf dem Tisch, wo Elin den Stoff schneiden wollte.

»Nich' läng'r als notwendig sollteste in unsrer Gegend bleib'n.« Strenge lag in Alminas Worten. Ohne aufzublicken schüttelte Elin den Kopf. »Ich hab' kein Geld, um fortzugehen.«

»Landmann Sherwin sucht für'n Sommer 'ne Magd, und 'ne Bleibe würd' ich dir stell'n - da bräuchteste nix für zahl'n. Hättest bald ausreichend zusamm'n, um bis Pembroke zu geh'n.«

»Nein, ich hab's versprochen, ich werd' Rees helfen.«

»Er würd's versteh'n - aber, du - du willst einfach nich'...« Elins Antwort war Schweigen. Almina machte eine unwirsche Geste.

»Dann schneid' wenigstens dein Haar, und verberg's unter'm Tuch. De Farbe brennt sich ins Gedächtnis von jed'm, der's mal geseh'n hat.« Elin sah sie entsetzt an.

»Mein Haar schneiden?! Niemals!« Entrüstet sprang sie auf. »Niemals werd' ich mein Haar schneiden!» Almina senkte den Blick und schüttelte verständnislos den Kopf.

*

Nach langem Tagwerk saß Elin schweigend neben Rees bei Tisch. Da er sich vor den Mahlzeiten lediglich rasch bekreuzigte anstatt die Hände zum stillen Gebet zu falten, tat Elin es ihm gleich, da sie fürchtete, dass er eine fromme Danksagung ihrerseits nicht gutheißen würde. Zur Messe am Sonntag ging er auch nur, wenn beim folgenden Lehnshof wichtige Arbeiten zugeteilt wurden. Wie häufig gab es diesen Abend eingedickte Suppe, dazu geräucherten Käse mit altem Brot. Rees schien zu merken, dass Elin aus irgendeinem Grunde verstimmt war. Als er seine Mahlzeit beendet hatte, stand er auf, griff zwischen das Stroh seines Lagers und setzte einen dunklen Lederbeutel vor Elin auf den Tisch. Dem Klang nach zu urteilen befanden sich darin genügend Münzen, um den Hof am nächsten Morgen zu verlassen. Verwundert blickte sie ihn an und fragte aus erster Regung, obgleich sie mehr als ahnte, was es bedeutete.

»Was is' das?» Mit unergründlichem Blick starrte Rees auf das Holz des Tisches. Elin hatte sehr wohl verstanden.

»Du hast gelauscht, was wir gesprochen haben.« Noch immer regte er sich nicht. Elin war verletzt. Rees konnte nicht wirklich wollen, dass sie ging. »Du willst, dass ich geh'! Du fürchtest um dein Wohl!«

Daraufhin traf sie sein Blick, voll gerechtem Zorn. Elin wusste sehr gut, dass er nur um ihr Wohl besorgt war. Just schämte sie sich für das Gesagte. Um sich seiner Verdrossenheit zu entziehen, erhob sie sich abrupt und räumte mit unwirschen Bewegungen den Tisch ab, indes sie sprach.

»Das werd' ich niemals annehmen! Du hast bereits mehr für mich getan, als ich dir je vergelten kann. Ich werd' bleiben, und damit genug der Sache. Wenn der Sommer vorüber is' und die Ernte eingebracht, dann kannst du mir geben, wie's braucht, um bis Pembroke zu gehen.«

Wolfes Schuld

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