Читать книгу Und sie dreht sich doch! - Kurt Bangert - Страница 24

„OUT OF AFRICA“: DER AUFTRITT DES MENSCHEN

Оглавление

Achtzehn Prozent der Deutschen – und ein sehr viel höherer Anteil der Amerikaner – sind nach der im letzten Kapitel zitierten Umfrage der Meinung, die irdische Schöpfung sei innerhalb einer Zeitspanne von nicht mehr als 10.000 Jahren erfolgt. Viele dieser Zeitgenossen glauben also nicht an einen über viele Millionen und Milliarden von Jahren sich hinziehenden Evolutionsprozess vom primitiven zum höheren Leben, sondern daran, dass Gott, statt sich der biologischen Entwicklung zu bedienen, die Pflanzen und Lebewesen quasi in einem einmaligen Schöpfungsakt mehr oder weniger so geschaffen hat, wie sie heute existieren. Sie mögen sich zwar innerhalb ihrer Arten zu unterschiedlichen Rassen entwickelt haben, aber Gott habe sie, so diese Auffassung, „nach ihrer Art“, wie die Bibel sagt, vollständig erschaffen. Demnach wurde der von Gott gemachte Mensch als ein junger Erwachsener erschaffen, dem man nicht hätte ansehen können, dass er kaum einen Tag alt war. Auch die Tiere und Pflanzen seien so erschaffen worden, als hätten sie schon eine Reihe von Jahren hinter sich. Die Bäume, so meinen die Befürworter dieser Denkrichtung, hätten bereits Jahresringe aufgewiesen, obwohl sie gerade erst entstanden seien. Sogar die Sonne und die Sterne sollen auf diese Weise erschaffen worden sein – in einem Zustand, als hätten sie schon Milliarden von Jahren ihrer Existenz hinter sich. Das Universum, obwohl gerade erst ins Dasein gerufen, hätte den Eindruck erweckt, als existierte es schon seit unvorstellbar langer Zeit.

Die Fragwürdigkeit, um nicht zu sagen: Absurdität dieser „kreationistischen“ Auffassung liegt zum einen in der ihr zugrunde liegenden, theologisch äußerst bedenklichen Verbalinspirationslehre mit ihrem Anspruch einer irrtumslosen Bibel, eine Auffassung, die bei einer sorgfältigen Beschäftigung mit den biblischen Texten nicht zu halten ist; zum anderen in einer mechanistisch verstandenen Schöpfungslehre, bei der man Gott quasi vorschreibt, wie er die Welt erschaffen haben musste, statt dies Gott selbst zu überlassen, um dann durch die empirische, naturwissenschaftliche Erforschung die wahren Zusammenhänge der Weltentstehung ans Tageslicht zu fördern.

Wenn die Vorstellung stimmte, Gott habe Gestirne, Pflanzen, Tiere und den Menschen so erschaffen, als hätten diese schon viele Jahre und Jahrmillionen existiert, könnte man mit der gleichen Plausibilität, mit der die Kreationisten einen einmaligen Schöpfungsakt begründen, willkürlich behaupten, Gott habe uns alle erst gestern erschaffen und uns dabei aber mit Erinnerungen ausgestattet, die uns vorgaukelten, bereits viele Jahre gelebt zu haben. Niemand könnte diese wahnwitzige Behauptung entkräften, denn alles, was dagegen spräche (wie die Jahresringe der Bäume, die modernen Datierungsmethoden, oder unsere eigenen Erinnerungen), würde genauso gut für diese absurde These sprechen. Man müsste dabei allerdings einen unerhört hinterlistigen Schöpfergott postulieren, der aus welchen Gründen auch immer ein boshaftes Interesse daran hätte, uns Menschen – was die Datierung unserer Entstehung und der Entstehung unserer Welt und des ganzen Universums beträfe – gehörig hinters Licht zu führen. Der kreationistische Gott müsste also ein arglistiger Gott sein.

Die Verfechter der Verbalinspiration und der damit verbundenen Irrtumslosigkeit der Bibel nehmen den Schöpfungsbericht wortwörtlich und glauben, dass Adam und Eva als erstes Menschenpaar tatsächlich so erschaffen wurden, wie es uns der biblische Bericht von Gen 2 erzählt – und das vor nur wenigen tausend Jahren.

Viele Kreationisten berufen sich dabei auf alte Zeitrechnungen. Die traditionelle jüdische Zeitrechnung beispielsweise datiert die Schöpfung ins Jahr 3761 v. Chr., während der irische Bischof Usher im 17. Jahrhundert die Schöpfung auf das Jahr 4004 v. Chr. legte, ein Datum, das Generationen von Christen im angelsächsischen Raum nachhaltig beeinflusst hat, weil Ushers Daten von der weit verbreiteten King James Bibelübersetzung übernommen wurden. Von daher gehen auch heute noch viele fromme Bibelgläubige davon aus, Adam und Eva seien vor ca. 6000 Jahren erschaffen worden.

Und sie dreht sich doch!

Подняться наверх