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1.7.8 Mystik
ОглавлениеMystik ist ein Begriff mit unklaren Konturen.1 Laut DUDEN ist Mystik eine
„besondere Form der Religiosität, bei der der Mensch durch Hingabe u. Versenkung zu persönlicher Vereinigung mit Gott zu gelangen sucht; vgl. Unio mystica.“2
Mystisch sind Erfahrungen unmittelbarer Gottesbegegnung und klarster Erkenntnis. Mystik ist, so betrachtet, eine intensive Form der Spiritualität. Mystische Erfahrungen sind wie Wunder unverfügbar, nicht reproduzierbar und setzen eine religiös-mystische Optik auf die Wirklichkeit voraus. Auch Wunder haben eine mystische Dimension: das Einswerden zwischen menschlichem Gebet, Glauben und Hoffnung mit der erbarmenden, liebenden Zuwendung des göttlichen Wundertäters. Das Einswerden mit Gott setzt die Aufhebung der Grenze zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt voraus. (Traum-)Vision und Audition, Ekstase, Glossolalie, Prophetie, Inspiration, Gebete und Askese sind Wege dorthin.
Okkulte Kontaktaufnahme mit jenseitigen Mächten wie Engeln, Dämonen oder den Geistern Verstorbener gehört nicht zur Mystik. Der mystische Kontakt beschränkt sich im NT auf Gott oder den erhöhten Christus, der als Einziger autorisierte Auskünfte über Gott machen kann (Joh 1,18).3 – Mystik ist auch eine Facette apokalyptischen Denkens. Entrückungen und Himmelsreisen sorgen für mystische Erfahrungen (Paulus: 2 Kor 12,1–4; Johannes: Apk 4ff.). Entrückt in die göttliche Sphäre, bekommen die Visionäre Einsicht in jenseitige oder zukünftige Vorgänge. Das Gesehene muss zum Teil von Deuteengeln entschlüsselt werden und unterliegt der Geheimhaltung; nur zu bestimmten Zeiten und an ausgewählte Adressaten darf es veröffentlicht werden.