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Kapitel VI Beim Polizeipräsidenten 10.00 Uhr

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„Neu aufrollen? Herr Schmitt sind sie sich eigentlich bewusst, was das bedeutet?“

Frank Schmitt war klar, dass sein Gespräch mit dem Polizeipräsidenten nicht einfach werden würde.

„Ich sehe schon die Zusammenhänge, aber aufgrund eines Pizzakartons, einen fünf Monate alten Fall wieder aufzunehmen, halte ich für indiskutabel. Was versprechen sie sich eigentlich davon? Sollen wir etwa eine Sonderkommission einrichten? Vielleicht sogar alle Einwohner von Vohwinkel befragen?

Glauben sie nicht, dass alle Spuren nach solch einer langen Zeit kalt sind?“

„Herr Polizeipräsident, es soll ja gar keine große Sache werden, ich dachte, ich forsche einfach noch mal nach, befrage einige Zeuge, sammle Informationen und ...“

„Glauben sie nicht, dass sie hier gebraucht werden?“ unterbrach ihn der Polizeipräsident „Eben habe ich die Nachricht erhalten, dass einer unserer Kollegen auf der Beyenburger Straße von einem Auto angefahren wurde, offensichtlich Fahrerflucht, hierbei könnte ich jeden Mann gebrauchen. Na gut, dass könnte auch das KK 4 übernehmen, da es sich hierbei um einen Unfall handelt. Was meinen sie, was die Presse dazu sagen würde?“

„Ich könnte die Ermittlungen ganz diskret durchführen, vielleicht unter den Vorwand, dass wir in einer Drogengeschichte ermitteln?“

„...und wer soll ihnen dabei helfen, sie wissen doch, wie teuer ein Stab ist?“

„Ich hatte mir das so vorgestellt, ich greife lediglich auf Herrn Meier und den Bezirksbeamten Herrn Vierlings zurück. Ich würde mir noch einmal ein Bild vom Tatort und den Tatumständen machen. Ein paar Befragungen durchführen.“

Der Polizeipräsident stand auf, schaute aus dem Fenster und wippte auf den Füssen hin und her. Er ging zu seinem Wandregal und nahm einen alten Fußball herunter. Sein ganzes Büro war voller Fußballkram. Dann ging er wieder zum Fenster, schaute heraus und knetete den Ball in den Händen.

Schmitt wusste, dass er jetzt warten musste.

Nach ein paar Minuten unterbrach der Chef die Stille.

„Na gut, sie führen ihre Ermittlungen in aller Stille durch, halten sie den Ball flach“, der Polizeipräsident sprach häufig in Fußballbildern, „und wenn sich ihr Verdacht erhärtet, dann verständigen sie mich sofort. Bis dato bleibt alles wie es ist.“

Nach diesem schweren Gespräch ging Frank Schmitt in aller Seelenruhe zu seinem Büro. Dort angekommen bat er seinen Assistenten zu sich, dieser zeigte auch an diesem Tag, dass er bei der Wahl seiner Kleidung eine nicht ganz glückliche Hand hatte. Eigentlich war an seiner Kleidung nicht viel auszusetzen. Er trug eine Cordhose und ein Hemd. Eigentlich eine ganz normale Kombination, wären da nicht diese Farben gewesen. Die Cordhose war rot, sein Hemd gelb, dazu trug er blaue Turnschuhe und unter dem Hemd konnte man ein grünes T-Shirt erahnen. Schmitt dachte, wenn er jetzt noch eine rote Pappnase aufsetzt, dann könnte er als Clown bei jedem Kindergeburtstag auftreten.

„Charly, wir müssen uns zusammensetzen. Ich will den Fall Dimitri Smirnow neu aufrollen“

„Hab ich mir schon gedacht, ich wusste auch, dass du dein Anliegen beim Alten durchsetzen wirst, deshalb habe ich alle Akten und Asservate schon zusammengestellt. Des Weiteren habe ich dir die Handynummer von dem Bezirksbeamten Ralf Vierlings rausgesucht.“

„Charly, ich bin enttäuscht“ flachste Frank Schmitt „ich hatte eigentlich erwartet, dass du mir die Handynummer plus Aufenthaltsort des Täter auf den Tisch legst.

Wie ich dich kenne, hast du dir schon ein Bild von dem Fall gemacht. Was schlägst du vor, wie wir vorgehen sollen?“

„Ich denke, dass wir ein Flussdiagramm vom Tatverlauf erstellen sollten.“

„Hiernach versuchen wir die strittigen Fragen zu klären“ ergänzte Schmitt. „Das Flussdiagramm erstellen wir alleine. Wir nehmen keinen Profiler dazu, der Alte will, dass wir den Ball flach halten.“ Charly Meier musste bei dem Ausdruck grinsen und fügte hinzu:

„Und vor dem Spiel ist nach dem Spiel“ Sie mussten beide herzhaft lachen, jeder hätte noch weitere Zitate aus dem Sprachschatz des Polizeipräsidenten beisteuern können, doch sie beließen es dabei und konzentrierten sich auf ihre Arbeit.

Meier ging zum Flipchart.

„Handelte es sich um einen oder um mehrere Täter?“

„Ich denke, es handelte sich um einen Täter, vielleicht zwei. Bei der Befragung der Hausbewohner ist niemanden etwas aufgefallen. Es war noch nicht so spät am Abend. Wären es mehr gewesen, dann wäre das jemandem aufgefallen. Auch die Spuren am Tatort deuten auf einem hin. In der Wohnung waren praktisch keine Spuren. Je größer die Täterzahl ist, desto auffälliger sind die Spuren. Nein, je länger ich darüber nachdenke, es muss sich nur um eine Person handeln.“

„Kannte der Tote den Täter?“

„An der Tür waren keine Einbruchsspuren, auch in der Wohnung war alles akkurat, nichts deutete auf einen Kampf hin. Natürlich konnte sich der Täter unter einem Vorwand Zutritt verschafft haben, zum Beispiel, er wolle eine Pizza liefern“ Schmdtt musste unweigerlich an den Kommissaranwärter in seinem Seminar denken.

„Entschuldige, Schmidti, das glaube ich nicht. Wenn ein Fremder in meine Wohnung eindringt und mich versucht zu töten, dann wehre ich mich. Aber laut Obduktion gab es keinen Hinweise, auf Fremdeinwirkung Hämatome oder Ähnliches, und Smirnov war jung, kräftig und ein Russe, von dem man weiß, dass sie eine harte Erziehung bekam. Ich denke, der Tote kannte seinen Mörder und hat ihn reingelassen. Vielleicht hatte der Mörder eine Pizza bestellt oder er hatte einfach eine Pizza mitgebracht.“ Carly zog einen langen Pfeil schrieb das Wort Pizza auf und machte ein Fragezeichen dahinter.

„Wir müssen auf jeden Fall die Pizzaboten abchecken, ob sie vielleicht an dem fraglichen Abend eine Lieferung gemacht haben oder ob ihnen etwas aufgefallen ist.“

„Und noch etwas, Smirnov ist an einer Überdosis Heroin gestorben, warum hat er sie sich freiwillig verpasst? Es wäre doch auch möglich, dass er mit jemanden anderem Heroin ausprobieren wollte und dann beim erstenmal starb. Oder jemand ihm in Mordabsicht den Schuss gesetzt hatte.“

„Wenn ich es mir recht überlege, stimmt ein weiteres Detail an diesem Tatort nicht. Warum hatte er eine Crackpfeife und noch ein paar Crack-Bubbles dabei? Sicher, viele Abhängige werfen sich alle möglichen Drogen ein, aber ich habe noch nie gesehen, dass ein Crackabhängiger sich erst einen Schuss setzt und später das Crack raucht. Es ist immer umgekehrt. Ich bin mir mittlerweile sicher, dass die Drogen lediglich eine fingierte Spur waren, um das Opfer zu diskreditieren.

Damit wäre auch die Frage geklärt, ob es sich nur um einen Drogenunfall handelte. Auch die Gesamterscheinung der Wohnung deutet eher darauf hin, dass jemand keine Spuren hinterlassen wollte.

Was hat dir der Lehrer, Herr Büttgenbach, damit gesagt? Er wollte und konnte ausschließen, dass Dimitri in ein paar krumme Dinger verwickelt war. Vielleicht musste er sterben, weil er auspacken wollte.“

„Das halte ich für relativ unwahrscheinlich, Charly. Wenn jemand ein Exempel statuieren will, dann lässt er das nicht als Drogenunfall aussehen, sondern er exekutiert sein Opfer öffentlich, als Warnung für andere. Ich habe vielmehr das Gefühl, dass es sich hierbei um ein persönliches Motiv handelt. Es ist auch, so meine ich, kein Eifersuchtsdrama, dafür ist der Täter zu planmäßig vorgegangen, auch eine Affekthandlung ist damit auszuschließen. Das genaue Motiv ist noch offen.“

„Wir wissen aber, dass der Täter über detaillierte Informationen verfügte. Er oder sie kannte nicht nur die Adresse des Opfers, sondern er oder sie kannten auch seine Lebensgewohnheiten. Damit meine ich, wann er in seiner Wohnung war oder welches Umfeld er hatte. Der Täter musste sein Werk von langer Hand geplant haben. Er oder sie musste die Drogenaccessoires besorgen und den Tatort mit den Spuren präparieren. Eine weitere Frage stellt sich mir gerade. Wenn Dimitri Smirnov tatsächlich keine Drogen genommen hat, wie kommt dann die Spritze mit dem Heroin in seinen Arm? Ich meine, wenn ich keine Drogen nehme und jemand versucht mir eine Spritze zu setzen, dann wehre ich mich doch nach allen Kräften. Ein Kampf hat aber nicht stattgefunden.“

„Vielleicht war Dimitri gar nicht mehr in der Lage sich zu wehren? Der Täter hat ihn eventuell vergiftet oder betäubt. Wir haben ja keine große Obduktion gemacht, weil die Sachlage eher nach Routine aussah. Ich glaube auch nicht, dass wir nach so langer Zeit herausbekommen, wie der Täter Dimitri ruhig gestellt hat. Der Täter musste aber auch das einplanen. Das heißt, er oder sie hat sich auch darum kümmern müssen. Es handelt sich also um eine intelligente und gut organisierte Person.“

„Und diese Person ist nicht selbst drogenabhängig, sonst wären die Crack-Bubbles nicht am Tatort geblieben. Die Vorbereitungen zu diesem Mord haben Zeit gekostet. Der Täter musste Dimitri unversöhnlich gegenüber gestanden haben. Auch die Durchführung der Tat deutet auf einen exakten Plan hin. Der Mörder geht zu seinem Opfer in die Wohnung, man begrüßt sich... und dann betäubt er sein Opfer und bringt es um.

Die gesamte Planung der Tat zielte darauf ab, dass die Polizei von einem Drogenunfall ausgeht. Ein anderer Mord, meinetwegen mit dem Messer verübt, wäre doch eigentlich viel einfacher gewesen. Unsere Zielperson hat Angst, dass wir in Dimtri Smirnovs Umfeld oder Biografie herumschnüffeln. Ich bin mir sicher, dass wir den Täter in seiner Vergangenheit oder seinem Bekanntenkreis finden. Charly, ich würde vorschlagen, dass du mit seinem Ex-Lehrer redest, während ich mich um seine Familie kümmere. Die Freunde kann der Bezirksbeamte Ralf Vierling übernehmen.“

„Ja, aber in einer Sache liegst du falsch. Dimitri wurde nicht durch die Pizza betäubt, er hatte schließlich nichts davon gegessen. Ich denke der Pizzakarton war eher eine Art Accessoire.

Ich fände es besser, wenn du dich um den Pauker kümmern würdest, schließlich kennst du ihn vom Polizeisportverein. Ich kümmere mich um das familiäre Umfeld.“

Laurentius, Schmidtis 2. Fall

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