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Kapitel I Der Drogentote
Оглавление„Morgen Schmidti“.
Eigentlich hasste es Kommissar Frank Schmidt, wenn die Kollegen ihn Schmidti nannten, doch der Beamte am Eingang des Polizeipräsidiums war ein alter Sportkamerad. Mit ihm hatte Schmidt ein paar Jahre im Polizeisportverein Ju-jutsu trainiert. In gemäßigtem Tempo ging er die Treppe herauf. Bevor er in seinem Büro ankam, machte er halt am Kaffeeautomaten und zog sich einen Capuccino. Kaum hatte er die Tür zu seinem Büro geöffnet, da klingelte auch schon das Telefon.
„Kommissariat 10. Hauptkommissar Schmidt am Telefon, was kann ich für sie tun?“
„Hallo Schmidti! Ich bin es, Caroline. Du warst doch gestern bei dem russischen Junkie dabei, ich glaube da stimmt was nicht.“
Dr. Caroline Schwarzbach, von Beruf Pathologin, arbeitet von Fall zu Fall mit dem Mordkommissariat zusammen. Da es in Wuppertal aber höchst selten Mordfälle gab, verdiente sie ihre Brötchen als Unfallchirurgin im Klinikum Barmen.
Am gestrigen Tag hatte sie den Auftrag bekommen einen russischen Drogentoten zu begutachten. Schmitti hatte die Untersuchung vor Ort übernommen. Laut Dienstanweisung musste jeder Drogentote dem Pathologen zur Ansicht überstellt werden. Kommissar Schmidt tat dies und hielt es ansonsten aber für einen Routinefall, eben ein ganz „normaler“ Drogentoter, wie es in Wuppertal 3- bis 4-mal pro Jahr vorkommt.
„Och, Caroline. Was soll denn schon sein? Ein Russe hat sich eine Überdosis verpasst, weiter nichts.“ sagte Schmidt.
„Frank, mich macht nur stutzig, dass ich keine weiteren Einstiche gefunden habe.“
„Hast du denn auch schon an den Beinen und zwischen den Zehen geschaut?“
„Ja, natürlich“ Caroline Schwarzbach klang ein wenig eingeschnappt. „Und ich habe auch sonst keine Anzeichen auf Drogenmissbrauch gefunden.“
Schmidt dachte an den gestrigen Tag zurück, als man den Toten in seiner Wohnung gefunden hatte. Der Zustand der Wohnung hatte ihn überrascht.
Normalerweise waren die Wohnungen von Drogensüchtigen stark verschmutzt, diese machte jedoch einen adretten, wohnlichen Eindruck. Außer einem halbvollen Glas Cola und einem leeren Pizzakarton war überhaupt kein Unrat zu finden.
„Tja, mmh, es könnte ja der erste Versuch gewesen sein.“
„Kann sein Schmidti, aber wie gesagt, ich habe auch sonst keine Anzeichen für Drogenmissbrauch in seinem Körper gefunden. Und die Crack-Pfeife, die du mitgeschickt hast, war vor Monaten das letzte Mal im Einsatz.“ Schmidti hatte bei seiner Tatortbesichtigung, in der linken Hosentasche des Opfers eine kleine Crack-Pfeife nebst zwei Crack-Bubbles gefunden.
„O.K. Caroline. Schick mir bitte deinen Bericht. Ich mach mir ein paar Gedanken dazu. Bis dann.“
Der Kommissar stand auf und goss erst mal sein Bonsaibäumchen. Er liebte eigentlich Pflanzen und bewunderte Menschen, die mit ihnen umgehen konnten. Die meisten seiner Pflanzen überlebten in der Regel nicht die ersten zwei Monate, entweder goss er sie zu wenig oder zu viel. Sein jetziger Bonsai war aber schon über vier Monate alt und es schien, dass es sich um ein besonders widerstandsfähiges Exemplar handelte.
Als er an der Pflanze rumfummelte, ließ er sich die gestrige Szenerie noch einmal durch den Kopf gehen. Am Ende seiner Überlegungen rief er den Bezirksbeamten von Vohwinkel, Ralf Vierlings, an und verabredete sich zu einer erneuten Ortsbesichtigung.
Das Haus, vor dem er sich mit Vierlings traf, war in einem guten Zustand und lag etwa 50 von der Schwebebahnhaltestelle Bruch entfernt. Schmidt ärgerte sich darüber, dass er keinen Parkplatz gefunden hatte. Zu guter Letzt hatte er seinen BMW einfach auf dem Lidl-Parkplatz abgestellt, was ihm 10 Minuten Verspätung einbrachte.
Ralf Vierlings wartete vor dem Haus und grinste. „Morgen, Schmidti, ich hab die Schwester des Toten erreicht, sie wohnt gleich gegenüber, wenn wir wollen, können wir nachher zu ihr. Der Tote ging bis vor einem Jahr auf die Hauptschule Vohwinkel. Ich hab schon mit Herrn Büttgenbach geredet, im Übrigen ein alter Schulfreund von mir, auch dort können wir vorbei, wenn wir wollen“.
Kommissar Schmidt mochte Ralf Vierlings, auch wenn seinen Art mitunter etwas gewöhnungsbedürftig war, man konnte sich auf ihn verlassen und er packte sofort mit an.
„Morgen, gute Arbeit. Dann lass und mal hoch gehen.“
Die Wohnungsbegehung und auch das Gespräch mit der Schwester des Toten brachten keine weiteren Erkenntnisse, also entschlossen sich die beiden Polizisten zu einem Besuch bei der Hauptschule.
Die Hauptschule Vohwinkel war in einem Betonklotz aus den 70er Jahren untergebracht, der gleichzeitig vom Gymnasium Vohwinkel genutzt wurde. Alles wirkte grau in grau, ein wenig erfreulicher Anblick, bei dem man seine Zweifel hatte, ob sich der Architekt den Werbespruch der Betonhersteller – „Beton – es kommt drauf an, was man draus macht- “ wirklich zu Herzen genommen hatte.
Der Schulleiter war so freundlich sein Büro für das Gespräch mit dem Lehrer Büttgenbach zur Verfügung zu stellen, auch das hatte Vierlings organisiert.
`Jetzt fehlen nur noch Brötchen, eine Tasse Kaffee und eine Ganzkörpermassage. Ob das Ralf Vierlings auch organisieren kann?´, dachte Schmidt.
Herr Büttgenbach saß schon am Tisch und begrüßte die beiden Polizisten freundlich. Er war um die 40 Jahre alt und trug ein Sportdress, offensichtlich war er Sportlehrer Er hatte sehr kurze Haare. Insgesamt wirkte er wie ein Sportausbilder bei den US-Marines.
„Tja, das mit Dimitri finde ich sehr traurig. Ein intelligenter Schüler, kam von dem Gymnasium drüben“ eröffnete Herr Büttgenbach das Gespräch und zeigte mit dem Finger zur Wand.
„Dass er sich eine Überdosis injiziert hat, wer konnte das ahnen. Sicher, es gab Gerüchte, dass er in schlechte Kreise geraten ist, aber daran hätte ich nie gedacht. Und...“
„Lars, entschuldige, dass ich dich unterbreche, was meinst du mit schlechten Kreisen?“ unterbrach Vierlings.
„Er kam immer seltener zur Schule und es ging das Gerücht, dass er als Kleindealer unterwegs war.“
„Kennen sie genau den Freundeskreis des Toten?“ erkundigte sich Schmidt.
„Nein, so genau wissen wir nicht Bescheid. Es waren auf jeden Fall keine Ex-Schüler von uns, dass hätten mir meine Schüler bestimmt gesagt, ich kann mich aber gerne noch mal umhören.“
„Ich denke, dass wird nicht nötig sein, aber schaden kann es nicht. Was war Dimitri für ein Typ? Ich meine, war er verschlagen oder könnte er der Mafia angehören? Ich meine, so als Kleinmafioso.“
„Kann sein. Wir können unseren Schülern nur vor den Kopf gucken. Auf jeden Fall war er hochintelligent, hatte aber einen Hang dazu, andere zu ärgern oder besser gesagt zu mobben.“
„Herr Büttgenbach, können sie das näher erklären.“
„Tja, er bekam zum Beispiel eine Klassenkonferenz, weil er einen Schüler mit Worten so oft fertig gemacht hatte, dass dieser Schulangst bekam. Oder eine Kollegin ist der ernsthaften Überzeugung, dass Dimitri sie über Monate per Telefon ärgerte. Freilich, etwas Eindeutiges nachweisen konnte ihm niemand. Er war halt intelligent.“
„Ich denke das reicht,“ sagte Frank Schmitt, „falls wir Fragen haben, können wir sie noch mal kontaktieren?“
„Sicher, im Übrigen kennen wir uns vom Polizeisportverein. Ich bin dort in der Schwimmabteilung und meine, Sie schon des öfteren in die Sporthalle gelassen zu haben, weil sie ihren Schlüssel vergessen hatten.“
Schmidt mochte ihn schlagartig nicht, auch wenn ihm jetzt sein Gesicht bekannt vorkam. Ralf Vierlings saß dabei und grinste nur.
Eine halbe Stunde später saßen die beiden Polizisten in der Wache Vohwinkel bei einem Kaffee zusammen.
„Frank, ich habe genau gemerkt, dass du Lars nicht leiden kannst, weil er auf deine Vergesslichkeit anspielte, nimm es ihm nicht Übel, er ist eigentlich ein netter Kerl und leistet eine gute Arbeit an der Schule, du weißt doch wie schwierig es...“
„Ja. ja, ist schon gut, er hätte mich nur noch zum Abschied Schmidti nennen müssen, dann...“
„So hat er dich genannt, als ich in der Schule angerufen habe, er kannte dich offensichtlich nur unter diesem Namen.“
„Was hältst du von der Geschichte? Ich denke, dass es sich um einen ganz gewöhnlichen Drogentoten handelt. Eben ein junger Mann, der zum erstenmal Heroin ausprobierte und leider die Dosis zu hochgewählt hat.“