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SASKIA KNISPEL DE ACOSTA,

WIE STEHT’S UM UNSEREN PLANETEN?

Saskia Knispel de Acosta ist Klimafolgen-Forscherin und arbeitet hauptamtlich bei den Scientists for Future. Vor ihrem Studium machte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und hat fünf Jahre das Restaurant eines 5-Sterne-Hotels geleitet. Saskia kennt sich also sowohl in Sachen Klimawandel als auch in der Küche bestens aus. Im Interview klärt sie über wissenschaftliche Zusammenhänge auf – und darüber, welche Rolle Essen bei all dem spielt

LEA:

SASKIA, ALLE WELT SPRICHT VOM KLIMAWANDEL. KANNST DU MIR ERKLÄREN, WAS GENAU DAMIT GEMEINT IST?

SASKIA KNISPEL DE ACOSTA

Als Klima bezeichnet man die Statistik des Wetters über mehrere Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte. Wenn man bei Aufzeichnungen der Wetterdaten einen langfristigen Trend erkennt, dann spricht man von einem Klimawandel – ein sehr komplexes Thema, das jede*n Einzelne*n ganz direkt betrifft.

WAS GIBT ES ZUM AKTUELLEN KLIMAWANDEL ZU SAGEN?

Erstens: Er ist real. Zweitens: Wir Menschen sind die Ursache. Drittens: Er ist sehr gefährlich. Viertens: Die Fachleute sind sich einig. Fünftens: Wir können noch etwas tun, um ihn aufzuhalten.

SEIT WANN WANDELT SICH DAS KLIMA DENN SO SIGNIFIKANT?

Naja, das einzig Konstante am Klima ist sein ständiger Wandel. Stell dir unsere Erde als System vor. Dieses Hauptsystem hat fünf große Subsysteme: Atmosphäre, Hydrosphäre, Geosphäre, Kryosphäre und Biosphäre. Alle diese Teilsysteme wandeln sich selbst ständig um, stehen miteinander in Wechselwirkung und sind hochkomplex. Klimawandel, auch sehr schneller, fand immer statt. Der, den wir aktuell beobachten, zeichnet sich durch einen weltweiten Temperaturanstieg aus, dieser begann etwa 1870. Mit dem zweiten Weltkrieg wurde der Anstieg steiler und seit etwa 20 Jahren schnellt er extrem rasant in die Höhe, in einer Geschwindigkeit, in der sich weder Mensch noch Natur anpassen können. Die letzten fünf Jahre waren weltweit die wärmsten seit Beginn der Messaufzeichnung.

LEA:

WER ODER WAS SIND DIE GRÖSSTEN VERURSACHER DES KLIMAWANDELS?

SASKIA KNISPEL DE ACOSTA

An erster Stelle stehen Landnutzung, Industrie und Energieverbrauch. Letzterer stützt sich vor allem auf fossile Energiequellen, also auf Kohle, Erdöl, Erdgas. Und da die Nachfrage nach Energie weltweit permanent wächst, steigt auch der Ausstoß von Treibhausgasen. Was wir brauchen ist ein Umstieg auf CO2-ärmere Brennstoffe, eine effizientere Energieübertragung und -verteilung und einen Umstieg auf erneuerbare Energien. Dann ist da wie gesagt noch die Industrie und natürlich die Intensiv-Landwirtschaft, die ebenfalls stark ins Klima eingreift. Zum einen direkt durch Treibhausgase wie Methan und Lachgas aus der Tier- und Pflanzenproduktion. Zum anderen durch Veränderung der Erdoberfläche: Da, wo mal Wald war, sind jetzt Ackerflächen. Da, wo es biologische Vielfalt gab, sind Monokulturen. Das Fazit ist also: Der Hauptverursacher des heutigen Klimawandels ist der Mensch.

UND WELCHE ROLLE SPIELT ESSEN DABEI KONKRET?

In erster Linie ist unser Fleischverbrauch viel zu hoch. Neben dem Methanausstoß, der bei der Tierhaltung entsteht, ist vor allem die Produktion von Soja, Palmöl und Mais problematisch. Nicht als Nahrungsmittel für Menschen, sondern als Futter für die Intensiv-Viehzucht. In Folge wird der tropische Regenwald abgeholzt, so kann in Europa, Nordamerika und China Fleisch billig produziert und konsumiert werden. Die Landwirtschaft trägt daher Verantwortung und hat die Chance, dem Klimawandel direkt entgegen zu wirken. Von den zehn Tonnen CO2, die jede*r Deutsche pro Jahr im Schnitt verursacht, stammt ein Fünftel aus der Ernährung. Lebensmittel tierischen Ursprungs machen dabei über ein Drittel des gesamten Verzehrs aus. Um die Landwirtschaft klimaverträglicher zu machen, müsste also die Erzeugung von Fleisch- und Milchprodukten reduziert werden. Wichtig zu wissen: Die ökologische Landwirtschaft produziert rund ein Fünftel weniger Treibhausgase als die konventionelle.

WAS MUSS SICH AUF WIRTSCHAFTLICHER UND POLITISCHER EBENE ÄNDERN?

Auch bei wachsender Erdbevölkerung ist eigentlich genug für alle da. Wir müssen allerdings über die Art und Weise nachdenken, wie produziert und konsumiert wird. Die oberste Priorität sollte dabei die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens haben. Politik und Wirtschaft brauchen mehr Entschlossenheit im Kampf gegen die Erderwärmung, sie benötigen den Willen und den Mut, wirksame Klimaschutzgesetze zu verabschieden, den Kohleausstieg voranzutreiben und einen wirksamen CO2-Preis einzuführen. Ein großes Problem ist zudem, dass wir zu viel wegwerfen. Das liegt daran, dass in der Produktion von Waren nur auf die unmittelbaren Herstellungskosten geachtet wird, nicht aber auf die Folgekosten, etwa durch den Treibhausgasausstoß. Gleiches gilt für den Transport: Die Online-Handelsgiganten entsorgen zurückgegebene, funktionsfähige Produkte, statt sie zu recyceln oder, nach Überprüfung, neu zu verpacken. Hier braucht man andere politische Regelungen, die für alle Produzent*innen und Konsument*innen gelten.

WIE KÖNNEN EINZELPERSONEN AM MEISTEN BEWIRKEN?

Ich bin ganz ehrlich: Ohne staatliche Regelungen, ohne eine Politik, die auf Nachhaltigkeit pocht, wird es nicht gehen. Aber auch wir als Einzelne können durch umweltbewusstes Verhalten unseren Planeten entlasten. Am wichtigsten ist genau hinzuschauen. Wo kommt mein Essen her? Am besten frische Produkte mit geringem Verarbeitungsgrad kaufen, Tiefkühlkost meiden. Obst und Gemüse saisonal einkaufen, Freilandware bevorzugen. Regionale Erzeugnisse auswählen, per Flugzeug importierte Nahrungsmittel im Supermarktregal liegen lassen. Und wenig bis gar kein Fleisch verzehren. Rindfleisch zum Beispiel ist dreimal klimaschädlicher als Schwein oder Geflügel. Und vor allem: Die Einkäufe zu Fuß oder per Fahrrad erledigen. In Sachen Kleidung mag „einmal tragen und dann zurückgeben“ zwar cool sein, aber uncool ist, den damit verbundenen Material- und Energieverbrauch zu vergessen. Immer dran denken, dass das, was wir essen, wie wir uns fortbewegen und was wir tragen, Energie und Material kostet. Das Gute ist: Man muss eigentlich auf nichts verzichten, denn für fast alles gibt es gute Alternativen.

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