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VATER-TOCHTER-GESPRÄCH,

Koral ist mein Papa. Und zufällig auch Koch! Er hat mir geholfen, die Rezepte in diesem Buch zu kreieren. Zur Vorbereitung haben wir uns zusammengesetzt und ein bisschen gequatscht – über die Zukunft unseres Planeten, politisches Engagement und klimafreundlichen Genuss

SAG MAL LEA …

PAPA:

… WIE STELLST DU DIR REALISTISCH DIE ZUKUNFT VOR?

LEA:

Aus pessimistisch-realistischer Sicht werden sich Umweltkatastrophen häufen, Menschen werden ihre Lebensgrundlage und ihr Zuhause verlieren und müssen fliehen oder hungern, damit wir hier im Westen noch ein einigermaßen gutes Leben führen können. Doch irgendwann wird auch das zusammenbrechen und wir, die in den wirtschaftsstarken Regionen leben, werden die Katastrophen ebenfalls zu spüren bekommen. Und die Politiker*innen werden wie gewohnt so lange alles zerreden, bis es irgendwann zu spät ist. Aus dieser Perspektive sieht meine Zukunft also aufgrund des Klimawandels eher dunkel aus. Andererseits wird auch fast nur über die schlechten Dinge berichtet – obwohl es eigentlich so viele neue Ideen und positive Entwicklungen gibt. Ich glaube, diese Form der Negativ-Berichterstattung verschlimmert unser Weltbild. Eigentlich habe ich Hoffnung, dass wir das wieder hinkriegen mit unserem Planeten. Wovon alles abhängt ist das Handeln bzw. Nicht-Handeln der Menschen.

WIE KÖNNTE MAN DIE ZUKUNFT DENN DEINER MEINUNG NACH BESSER GESTALTEN? WAS SIND DIE WICHTIGSTEN MASSNAHMEN?

Schwierig zu sagen, aber ich denke, dass wir radikale Veränderungen auf allen Ebenen brauchen. Eigentlich braucht es ein komplett neues System, das nicht auf Ausbeutung und Kapitalgewinnung basiert, sondern sich für das einsetzt, was wirklich wichtig ist. Ein System, das gegen die extreme Ungerechtigkeit und den Hass in dieser Welt arbeitet – statt zu befeuern. Ich glaube, eigentlich müssen wir wieder einen Kreislauf herstellen, in dem Mensch und Natur gleichwertig sind. Dann würden wir nämlich aufhören, die Natur auszubeuten. Sonst werden wir doch immer wieder an einen Punkt kommen, an dem es nicht länger funktioniert. Oder?

PAPA:

ICH STIMME DIR ZU. GLAUBST DU, DASS WIR MIT VERÄNDERUNGEN IM KLEINEN ANFANGEN SOLLTEN, ALSO MIT UNS SELBST? ODER BRAUCHT ES EINE KOLLEKTIVE MASSENBEWEGUNG, UM DIE WELT WIRKLICH ZU VERÄNDERN?

LEA:

Im Prinzip ist das ja dasselbe. Eine Massenbewegung entsteht durch ganz viele einzelne Handelnde. Es gibt natürlich auch Veränderungen, die auf politischer Ebene eingeleitet werden müssen und nicht nur durch die Taten von Bürger*innen bestimmt sind. Und diese politischen Entscheidungen sind auch wichtig, genau wie ganz viel Bewegung in einer großen Masse. Überall auf der ganzen Welt – aber vor allem bei uns im Westen – muss ein Umdenken stattfinden. Denn die vielen kleinen Schritte bringen erst dann was, wenn alle mitmachen.

MEINST DU, DASS DIE UMWELTBEWEGUNG UNTER EUCH JUGENDLICHEN EINE MODEERSCHEINUNG IST?

Die Frage habe ich mir auch schon manchmal gestellt. Aber eigentlich sieht man doch, dass das Thema erst durch uns Jugendliche in letzter Zeit so weit in den Vordergrund rücken konnte – und sich dadurch vergleichsweise schon so viel verändert hat. Außerdem geht die Bewegung jetzt bereits über zwei Jahre, viel länger als Trends normalerweise dauern. Mein Eindruck ist, dass sich immer mehr Jugendliche Gedanken machen, weil sie merken, dass ihre eigene Zukunft vom Umgang mit dem Klimawandel abhängt. Es gibt bestimmt auch welche, die einfach nur mitlaufen, was ich schade finde, aber bestimmt normal ist. Und natürlich sind da auch immer noch viele Jugendliche, die auf dieses Thema einen Scheiß geben. Aber das ist bei Erwachsenen ja offensichtlich auch so.


SAG MAL PAPA …

LEA:

… WENN WIR UNS DARÜBER UNTERHALTEN, WAS IN DER WELT SO SCHIEFLÄUFT, FRAG ICH MICH MANCHMAL: HAT SICH DEINE GENERATION, ALS IHR IN MEINEM ALTER WART, GEDANKEN ÜBER DAS KLIMA GEMACHT? UND WAS HATTET IHR SONST FÜR THEMEN?

PAPA:

Ich glaube, dass jede Generation ihre Themen hatte, hat und haben wird. Die eine mehr, die andere weniger. Als wir jung waren, war das erste Mal vom Ozonloch die Rede. Die Klimakatastrophe deutete sich also vage an, aber eine größere Menge an Leuten, die sich darüber Gedanken gemacht hat, gab es nicht. Vor allem keine Jugendlichen. In den 1980ern und 1990ern waren die Themen Welt- und Kinderhunger, besonders in Afrika, sehr präsent. Dann kam AIDS als tödlicher Virus. Dazu große Kriege im Nahen Osten und im Balkan. Ich persönlich habe mich auf politischer Ebene hauptsächlich für Themen wie ungerechte Verteilung und unethische Profitgenerierung interessiert. Da es zu der Zeit noch kein Internet und somit auch keine sozialen Medien gab, haben wir uns analog und lokal ausgetauscht. Alles, was global los war, haben wir durch Zeitungen und das Fernsehen erfahren.

LEA:

DURCH WELCHES GRUNDVERHALTEN DER MENSCHEN, GLAUBST DU, ENTSTEHEN SOLCHE KRISEN – UND MIT WELCHEN TATEN KANN MAN IHNEN ENTGEGENWIRKEN?

PAPA:

Der Mensch ist die einzige Spezies, die durch ihre Intelligenz bewundernswerte Dinge erschaffen und sich enorm schnell weiterentwickeln kann – aber leider auch dazu in der Lage ist, aus niederen Motiven andere Lebewesen und sogar die eigene Spezies zu quälen und zu töten. Der Mensch ist gierig, nimmersatt und egoistisch. Wenn er aufhören würde, kurzsichtig und impulsgetrieben zu handeln, wenn er sich von seinem Konsumverhalten befreien würde, wenn er sich auf ein nachhaltiges Miteinander von Mensch und Natur fokussieren würde, wenn er in der Lage wäre, allen anderen Lebewesen auf Augenhöhe zu begegnen, wenn er aufhören würde, sich als alleiniger Besitzer der Weltkugel zu sehen, dann könnte der Mensch entgegenwirken.

Mein Credo: Demut zeigen, dankbar sein für dieses Wunder, auf dem wir leben.

FÜR DEN MENSCHEN IST ES EINFACHER, ALLES ZU LASSEN, WIE ES IST, AUCH IN DER KÜCHE. TROTZDEM MUSS SICH JA ETWAS VERÄNDERN. WIE LÖST MAN SICH VON ALTEN GEWOHNHEITEN?

Das ist wahr, wir Menschen sind Gewohnheitstiere und verlassen nur ungern unsere Komfortzonen. Man denke nur ans Thema Fleischkonsum. Oder die enorme Lebensmittelverschwendung. Es wird einfach konsumiert ohne zu reflektieren, was unser maßloser Genuss für Konsequenzen hat. Ich denke, es fehlt an Wissen und Information. Ein Steak in die Pfanne zu hauen oder eine TK-Pizza in den Ofen zu schieben ist einfach. Aber aus einer bunten Welt an Zutaten – Obst, Gemüse, Nüsse, Getreide usw. – leckere Kombinationen zu kreieren, erfordert deutlich mehr. Ich bin davon überzeugt: Wenn man sich mit der Sache beschäftigt und diese weite kreative Welt des Kochens mit ihren unendlichen Möglichkeiten entdeckt, sowie bereit ist, ein wenig Zeit zu investieren, wird man sehr glücklich.

WIE BIST DU ÜBERHAUPT ZUM KOCHEN GEKOMMEN? WAS IST DIR BEIM KOCHEN UND ESSEN WICHTIG?

Ich war schon ziemlich früh an Essen interessiert. Die verschiedenen Geschmäcker, die Kunst der Zubereitung, der Genuss. Essen ist immer sehr zentral in meiner Familie gewesen, weil es uns mehrmals täglich an einem Tisch zusammengebracht hat. Wir hatten zudem oft Gäste und meine Eltern besaßen Restaurants. Viele gute Erinnerungen und Gespräche haben am Esstisch stattgefunden. Unsere Großeltern und Eltern standen permanent am Herd und sind echte Genießer*innen. Das prägt. Der Akt des Kochens ist für mich kreative Beschäftigung und eine Form der Meditation zugleich. Was danach passiert, finde ich aber ebenso wichtig: Das Gekochte gemeinsam zu essen, es zu genießen, es zu teilen. Der Austausch, der dabei stattfindet, bedeutet mir viel. Und ich liebe es, Gastgeber zu sein. Die Leute glücklich und satt zu machen, macht mich auch glücklich und satt.

LASSEN SICH GENUSS UND KLIMAFREUNDLICHES ESSEN MITEINANDER VEREINEN?

Klar. Klimafreundliches Essen bedeutet keine Einschränkung, sondern Respekt vor Mensch, Tier und Natur. Ich denke, es steigert sogar den Genuss, wenn man weiß, dass man etwas Leckeres zubereitet hat, ohne dafür etwas zerstört zu haben. Zu verstehen, dass alles auch im Miteinander funktionieren kann – bewusst, ressourcenschonend, voller Genuss – ist eine sehr schöne Erfahrung.

MEINST DU, BÜCHER WIE DIESES KÖNNEN WIRKLICH ETWAS VERÄNDERN?

Ich bin mir sicher, dass Bücher wie dieses etwas verändern können. Vor allem, weil sie den Fokus nicht auf das Schlechte legen, sondern positiv geladen sind. Ich denke, es motiviert Menschen, wenn sie begreifen, dass sie mit kleinen Veränderungen Großes bewirken können. Dieses Buch gibt dafür viele Impulse, ohne dabei mit dem Finger auf andere zu zeigen oder belehrend zu sein. Sondern: mit Freude und Genuss für die Umwelt einzustehen, etwas Gutes zu tun – für sich, für andere, für den Planeten.

Umessen

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