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Kapitel 4

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Mit quietschenden Bremsen hielt der Zug am Freitag am Berliner Hauptbahnhof an. Greta hatte einen sehr frühen Zug genommen, um möglichst viel von dem Tag zu haben. Ein Taxi brachte sie zum Hotel.

Als sie den Mann in Livree vor der Tür stehen sah, war ihr erster Impuls, auf dem Absatz kehrtzumachen und wieder in das Taxi zu steigen. Sie hatte hier wirklich nichts verloren. Das war ganz und gar nicht ihre Welt. Aber der hochgewachsene Mann ignorierte ihr Zögern und öffnete ihr die messingfarbene Tür. Also trat sie ein und erlebte eine Zeitreise. Mit einem Schlag fühlte sie sich siebzig, achtzig Jahre in der Zeit zurückversetzt. Das Adlon war vor einigen Jahren an dem Platz neu errichtet worden, an dem es früher einmal gestanden hatte, nur wenige Meter vom Brandenburger Tor entfernt. Dabei hatte man seinen ursprünglichen Charme und Glanz erhalten.

Sie sah sich in der großen Eingangshalle um. Ihre Blicke schweiften nach oben zu der riesigen Glaskuppel, die alles in ein angenehmes Licht tauchte. Mehrere quaderförmige Säulen aus weißem Marmor trugen die Galerie, von der aus man nach unten in die Lobby blicken konnte. Glänzende Marmorböden, ein Brunnen, dazu gemütliche Sitzmöbel, die aus einer anderen Zeit zu stammen schienen, rundeten das Bild ab. Hier also hatte schon die Crème de la Crème, von Caruso über Thomas Mann bis zum Kaiser persönlich, ihren Kaffee getrunken, wie Greta aus einer TV-Dokumentation über das berühmte Hotel wusste, die sie vor einer Weile zufällig angeschaut hatte. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, einmal selbst hier einzuchecken. Sie war beeindruckt und fragte sich, ob sie sich wirklich ein Zimmer für zwei Nächte in diesem Nobelhotel leisten könnte. Aber für einen Rückzieher war es jetzt zu spät, und außerdem nahm sie an, dass Connor die Hotelrechnung übernehmen würde.

An der Rezeption nannte sie ihren Namen und ergänzte, dass ein Zimmer für sie reserviert sei.

»Mr. O’Bannion erwartet Sie schon in seiner Suite«, meinte der Hotelangestellte leise und beugte sich dabei über den Tresen. Offenbar wollte er verhindern, dass jemand den Namen mitbekam. »Einen kleinen Augenblick, ich rufe jemanden, der Sie nach oben begleitet.«

Sie sah sich um und registrierte, dass die Gäste durchweg gut gekleidet waren, auch wenn sich scheinbar ein paar Touristen in Outdoor-Klamotten daruntergemischt hatten, die einmal einen Blick in das Nobelhotel werfen wollten. Greta hatte das Gefühl, dass man ihr ebenfalls ansah, dass sie eigentlich nicht hierher gehörte.

Ein Page kam, nahm ihr Gepäck und bat sie, ihm zu folgen. Sie fuhren mit dem Aufzug in den fünften Stock und gingen dann einen Gang entlang. Der Page öffnete eine der vielen Türen und ließ ihr den Vortritt. Das Zimmer war luxuriös und im charmanten Stil der 1920er-Jahre gehalten. Eine wundervolle Stuckdecke harmonierte mit einer gelb-in-gelb gestreiften Tapete. Kleine grüne Sessel verliehen dem Ganzen Gemütlichkeit und passten hervorragend zu den Möbeln und Türen, die in dunklem Holz gehalten waren. Ja, hier wird es sich die nächsten zwei Tage aushalten lassen, dachte Greta.

»Mr. O’Bannion ist nebenan«, sagte der Page und deutete auf eine Verbindungstür zum Nachbarzimmer. Sie gab ihm fünf Euro und dankte ihm. Der Mann ging hinaus und ließ sie allein.

Ihr Herz begann schneller zu schlagen, sie war aufgeregt. Sie rieb die feuchten Hände aneinander und überlegte, ob sie anklopfen sollte. In diesem Moment hörte sie jedoch bereits ein leises Klopfen an der Zwischentür.

Sie öffnete … und da stand er … in verwaschenen Jeans und T-Shirt. Er passte in seinem Outfit überhaupt nicht in diese noblen Räume. Irgendwie erleichterte sie das.

»Da bist du ja«, sagte er leise und lächelte sie an.

Sie lächelte ebenfalls, nickte und schaute verlegen zur Seite. Ein wenig hatte sie Angst vor dieser Begegnung gehabt, denn eigentlich waren sie Fremde. Wie sollte sie ihn begrüßen?

Aber Connor fasste sie einfach an den Händen und küsste sie wie selbstverständlich auf die Wange, wie er es beim Abschied vor dem Hyatt getan hatte. »Gefällt dir dein Zimmer?«

»Es ist grandios.« Sie schaute sich um.

»Es freut mich, dass es dir gefällt. Hattest du eine gute Reise?«

»Ja, es hat alles prima geklappt.«

»Wenn du dich erst ein bisschen ausruhen willst …«

»Nein, nein«, beeilte sie sich zu sagen, »ich möchte etwas von der Stadt sehen.«

»Gut, dann gehen wir los, wenn du so weit bist.«

Als Greta mit dem Auspacken ihres Koffers begann, ließ er sie allein.

Nach einer Weile kam er mit seiner Jacke über dem Arm, seiner Kappe und der Ray-Ban in der Hand zurück. Er setzte sich auf das Bett und schaute ihr dabei zu, wie sie die letzten Teile im Schrank aufhängte. Sie spürte seine Blicke im Rücken und fühlte sich dabei nicht gerade wohl. Sie musste an ihr Gespräch im Café denken. Männer schauen Frauen ständig an … Wo schaute er jetzt hin?

Sie drehte sich um und sah ihm direkt in die blaugrünen Augen. Er zog die Augenbrauen hoch und setzte einen unschuldigen Blick auf.

»Äh, ich bin so gut wie fertig. Wo wollen wir als Erstes hingehen?«, fragte sie, um ihn von sich abzulenken.

»Zuerst zum Brandenburger Tor, das ist hier gleich vor der Tür.« Es klang lustig, wie er mit seinem amerikanischen Akzent Brandenburger Tor aussprach.

»Ist mir nicht entgangen«, antwortete Greta und zog einen Mundwinkel nach oben.

»Dann dachte ich an den Reichstag, das Charlottenburger Schloss und die Ruine der Gedächtniskirche. Wir können den Fernsehturm hinauffahren und Berlin von oben betrachten. Und die Museumsinsel soll sehr interessant sein.«

»Stopp! Das schaffen wir niemals alles«, stöhnte sie und lachte.

»Ich möchte aber noch zur East Side Gallery. Da steht noch ein Teil der alten Berliner Mauer mit vielen Graffiti.«

»Das klingt ja nach Stress.« Greta seufzte.

»Was dachtest du denn?«, entgegnete Connor lachend. »Wir wollen hier doch kein gemütliches Wochenende verbringen.«

»Eigentlich hatte ich mir genau das vorgestellt.«

Sie beschlossen, die Gegend zunächst zu Fuß zu erkunden. Das Wetter spielte mit: Es war sonnig und für das Berliner Klima ziemlich warm für die Jahreszeit. Sie traten aus dem Hotel und mussten nur ein paar Schritte gehen, bis sie vor dem Brandenburger Tor standen.

»Es handelt sich um ein klassizistisches Bauwerk, das Ende des achtzehnten Jahrhunderts erbaut worden ist«, las Connor aus einem englischen Reiseführer vor, den er im Hotel ausgeliehen hatte.

»Was hältst du davon, eine Stadtrundfahrt zu machen?«, schlug sie vor und zeigte auf einen Touristenbus, der direkt hinter dem Brandenburger Tor angehalten hatte.

»Gute Idee«, stimmte Connor zu.

Sie stiegen in den roten Hop-on/Hop-off-Bus und setzten sich im oberen offenen Deck in die letzte Reihe. Connor überließ Greta den äußeren Platz, lehnte sich entspannt zurück und legte den Arm auf Gretas Sitzlehne. Ihn so nah neben sich zu spüren, machte sie nervös.

Die englischsprachige Bustour brachte sie zu einem Teil der vielen Highlights, die Berlin zu bieten hatte. Greta liebte es eigentlich, Städte zu Fuß zu erkunden, ihren Puls zu spüren, in sie einzutauchen. Aber mit Connor war die Bustour genau das Richtige. So konnte sie sich einerseits auf die Sehenswürdigkeiten konzentrieren, die sie das erste Mal live sah, und gleichzeitig Connor ihre Aufmerksamkeit schenken. Während sie durch das Regierungsviertel und Berlin-Mitte gefahren wurden, diskutierten sie eine Weile darüber, ob die Melange aus alten und modernen Gebäuden wirklich gelungen war. Dann bog der Bus auf die beliebteste Flaniermeile der Berliner ab, den dreieinhalb Kilometer langen Kurfürstendamm, und fuhr langsam an den prachtvollen Gebäuden vorbei. Der Ku’damm war die Hauptschlagader der Stadt, hier hatten einst die Superreichen des Kaiserreiches gelebt, erfuhren Connor und Greta aus dem Lautsprecher. Im Kontrast dazu zeigte sich der Potsdamer Platz mit seinen markanten Hochhäusern, den sie anschließend ansteuerten. Als der Bus stoppte, stiegen Connor und Greta aus, um sich die futuristische Architektur des Sony Centers mit dem spektakulären Dach, das an eine Blume erinnert, anzuschauen, in einem der Cafés einen Espresso zu trinken und sich die Füße zu vertreten.

Sie nahmen einen der nächsten Hop-on/Hop-off-Busse und fuhren am Checkpoint Charlie vorbei zum Gendarmenmarkt. Greta merkte, dass Connor nicht mehr bei der Sache war, und ihr ging es ähnlich. Außerdem drehte sich eine Frau immer wieder zu ihnen um und musterte sie neugierig, was Greta unangenehm fand. Connor schien es ähnlich zu gehen.

Als sie schließlich zum Alexanderplatz kamen, stand Greta die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Er präsentierte sich als urbaner Ort, der offensichtlich alle Bausünden der Nachkriegszeit in sich vereinte. Der Bus hielt am Fernsehturm und Connor schlug vor, nochmals auszusteigen. Greta nickte zustimmend.

Als sie auf der Straße standen, zeigte er auf den Aussichtsturm und sagte: »Lass uns hochfahren und den Ausblick genießen.«

Sie mussten nicht allzu lange anstehen und niemand in der Menge nahm Notiz von ihnen. Als sie an der Reihe waren, fuhren sie die über zweihundert Meter mit dem Aufzug in nur vierzig Sekunden nach oben. Auf der Panoramaplattform liefen sie einmal rundherum und schauten hinunter auf die Stadt, die sich unendlich auszudehnen schien. Der Ausblick war magisch.

»Komm, ich mache ein paar Fotos von dir«, sagte Connor und zückte sein Handy.

»Oh nein, bitte nicht!«, lachte Greta.

»Na los, stell dich da hin«, dirigierte er sie in die richtige Position.

Er knipste sie ein paarmal und kam dann zu ihr, um sich neben sie zu stellen. Dann schoss er ein paar Selfies von ihnen zusammen. Er neigte sich zu ihr und Greta erkannte den Duft seines Eau de Toilette wieder. Sie atmete tief ein, um ihn besser in sich aufzunehmen, und genoss den männlichen Duft. Wie gut er riecht, dachte sie insgeheim.

Nach einer Weile in zugiger Höhe wollte Greta gern etwas trinken. Sie hatten Glück und bekamen in dem Restaurant, das eine Etage über der Panoramaplattform lag, einen Fensterplatz. Sie bestellten zwei Espresso und Wasser und hatten zum ersten Mal die Gelegenheit, völlig ungestört miteinander zu reden.

»Und, wie war deine Woche?«, begann Greta unverfänglich ein Gespräch.

»Viele anstrengende Interviews mit den immer gleichen Fragen. Die Fernsehshow war lustig. Der Moderator ist ja ein verrückter Typ.«

»Ja, er ist ein bisschen crazy, aber das kommt bei den Leuten gut an. Kanntest du irgendjemand von den anderen Gästen?«

»Nur Belinda, die Sängerin. Alle weiteren Talkgäste kamen aus Europa, ihre Namen hatte ich noch nie gehört. Ich bin einfach viel zu selten hier. Das sollte ich unbedingt ändern«, sagte Connor und zwinkerte ihr zu.

Greta wusste nicht, wie sie das verstehen sollte, und lachte verlegen. »Wer war eigentlich der Kerl, der nach der Show an dein Telefon gegangen ist?«

»Das war Carl, mein Manager und Freund.«

»Er hatte es anscheinend ziemlich eilig, denn er hat beim ersten Mal einfach aufgelegt.«

»Ehrlich? Wahrscheinlich hatte er gerade Stress. Er ist immer überbesorgt, dass alles klappt, und manchmal ist er ziemlich hektisch.«

»Wo ist er jetzt?«

»Schaut sich die Stadt an und trifft sich noch mit ein paar Leuten. Ich musste ihn überreden, mich aus den Augen zu lassen. Weil er irgendwann einmal bei einem Sicherheitsdienst gearbeitet hat, spielt er sich gerne als mein Bodyguard auf.« Connor sagte das offensichtlich im Spaß, denn Greta hatte das Gefühl, dass er viel von Carl hielt.

»Werde ich ihn kennenlernen?«

»Klar. Morgen hat er dir erst einmal seinen Platz für die Preisverleihung überlassen.«

»Wirklich? Heißt das, er kann nicht mitgehen?«

»Doch, er wird Backstage sein. Er hat nur keinen Platz im Publikum.«

»Und … ist das okay für ihn?«

»Sicher.«

»Hat er gar nichts dazu gesagt, dass du einfach eine fremde Frau als Begleitung einlädst?«

»Das sage ich dir jetzt lieber nicht«, lachte Connor. »Aber er kennt mich und weiß, dass ich manchmal verrückte Sachen mache.«

»Ach, du lädst also öfter fremde Frauen ein«, stichelte Greta.

»Zumindest was Preisverleihungen angeht, bist du die erste«, grinste er.

Vom Fernsehturm aus nahmen sie ein Taxi zum Hotel. Sie wollten beide noch unter die Dusche und sich dann für das Abendessen umziehen. Connor wollte vorher noch an seiner Dankesrede für die Preisverleihung feilen, und Greta nutzte die Zeit, um sich auf ihr Bett zu legen und auszuruhen. Connor hatte einen Tisch für zwanzig Uhr im Restaurant des Adlon reserviert, bis dahin hatte sie noch zwei Stunden Zeit.

Verdammter Mist!, dachte sie, als sie schlaftrunken auf ihr Handy schaute. Nicht nur, dass sie fünf neue Nachrichten von Jeanette hatte, die digitale Anzeige zeigte zudem 19:17 Uhr. Hektisch sprang sie aus dem Bett und stürmte ins Bad. Jeanette musste leider warten.

Kurz vor acht Uhr klopfte es an der Tür. Greta, die sich mittlerweile geduscht, geschminkt und umgezogen hatte, öffnete. Connor sah perfekt aus, er hatte den gleichen Anzug an, den er in der Fernsehshow getragen hatte. Sie war völlig baff, dass der simple Tausch einer Jeans gegen eine Anzughose einen völlig anderen Typ aus ihm machte. Zudem hatte er seinen Dreitagebart abrasiert. Fast wäre ihr ein Wow herausgerutscht, als sie ihn so vor sich stehen sah. Sie hatte sich für einen schokobraunen Hosenanzug und eine champagnerfarbene Bluse entschieden und war plötzlich verunsichert, ob sie wirklich angemessen gekleidet war.

»Du siehst toll aus.« Connor musterte sie von oben bis unten.

»Danke, du ebenso. Du solltest öfter einen Anzug tragen.«

»Nur, wenn ich muss«, grinste er.

»Von mir aus hättest du in alten Jeans kommen können«, sagte Greta und zwinkerte ihm zu. »Wollen wir los?«

Als sie das Restaurant betraten, war es bereits gut besucht. Greta und Connor wurden zu ihrem Tisch geleitet. Sie war gespannt, wie die Leute auf ihn reagieren würden, aber keiner drehte sich nach ihm um oder starrte ihn an. Es schien, als würde ihn niemand erkennen.

»Wollen wir uns ein Überraschungsmenü zusammenstellen lassen?«, fragte Connor sie, als der Kellner ihnen die Speisekarte reichte.

»Das würde mir sehr entgegenkommen«, lächelte Greta. Wenn sie früher mal in einem Feinschmecker-Restaurant gegessen hatte, hatte sie es oft schwierig gefunden, sich unter den Kreationen etwas vorzustellen und dann eine Auswahl zu treffen.

Der Kellner nickte und fragte sie, was sie trinken wollten. Connor bestellte für beide ein Glas Champagner und außerdem eine Flasche argentinischen Rotwein.

»Connor, wie kommt es, dass dich hier scheinbar niemand erkennt?«, fragte sie ihn erstaunt, als der Kellner sie allein gelassen hatte.

»Es wird schon der eine oder andere darunter sein, der weiß, wer ich bin. Aber in solch einem Ambiente würde sich das kaum jemand anmerken lassen. Außerdem sind diese Leute oft daran gewöhnt, dass ihnen mal ein bekanntes Gesicht über den Weg läuft.«

»Das heißt, wenn du mehr zahlst, hast du deine Ruhe?«

»Ja, kann man so sagen. Deswegen fliege ich meistens erster Klasse. Hin und wieder sprechen mich schon mal Leute im Hotel, im Flugzeug oder im Taxi an: Hey, ich habe Sie in ihrem letzten Film gesehen. Hat mir gut gefallen. Oder so ähnlich. Da habe ich nichts dagegen. Und wenn sie mir eine konkrete Frage stellen, bekommen sie in der Regel eine Antwort. Wenn jemand zu mir sagt: Hi, wie geht es Ihnen?, antworte ich: Gut, danke! Einen schönen Tag noch. Die meisten Leute ziehen dann zufrieden ab. Ich hasse es allerdings, wenn ich beim Essen angesprochen werde oder wenn Fans zudringlich werden. Das passiert öfter, wenn ich in normale Restaurants gehe. Da kann ich wirklich sauer werden. Manche Leute haben keine Hemmungen und keinen Anstand. Kürzlich fragte mich sogar jemand in der Sauna nach einem Autogramm. Wir waren beide nackt. Unglaublich.« Er schüttelte den Kopf.

Greta hatte das Bild vor Augen und musste lachen. »Ich stelle mir das schon anstrengend vor, wenn man ständig befürchten muss, dass man belästigt wird.«

»Und nicht nur das. Manche Leute starren einfach nur. Sie starren dich an, als ob du von einem anderen Planeten kommst. Sie denken, du wärst besonders. Dabei fühle ich mich völlig normal. Das einzig Besondere ist, dass ich Schauspieler bin und mein Gesicht deshalb bekannt ist.«

»Aber mal ehrlich: Wenn sich nie jemand nach dir umdrehen oder dich ansprechen würde, wäre das nicht komisch?«, hakte Greta nach.

»Sicher. Wir Schauspieler sind exhibitionistisch veranlagt, jedenfalls die meisten von uns. Wir wollen gesehen werden, brauchen die Zuneigung des Publikums und seine Bestätigung. Es kommt halt immer auf das Wie und Wann an. Manchmal wollen wir einfach nur eine private Person sein. Doch das sind wir nie. … Aber erzähl doch mal was von dir. Ich weiß eigentlich kaum etwas über dich.«

»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich führe ein ziemlich langweiliges Leben, was ich mir ein bisschen anders vorgestellt hatte.« Jeanette würde jetzt sicher die Augen verdrehen. Aber Greta wollte ihm nichts vormachen.

»Und wie?«

»Eigentlich wollte ich Übersetzerin oder Dolmetscherin werden. Ich habe zunächst Anglistik studiert, aber nach sechs Semestern abgebrochen, weil ich die Chance bekam, bei einer Zeitung zu arbeiten und dort zu volontieren.«

»Ach, deswegen sprichst du so gut Englisch«, unterbrach er sie.

»Ja, ich war zudem ein Semester an einer englischen Uni. Na ja, jedenfalls bin ich dann zur Zeitung gewechselt und habe es nie bereut. Es hat mir unheimlich Spaß gemacht, mich mit Menschen zu unterhalten oder für eine Geschichte zu recherchieren. Irgendwann lernte ich Felix kennen. Es dauerte nicht lange, bis Tom unterwegs war. Mit seiner Geburt änderte sich alles. Ich wurde hauptsächlich Hausfrau und Mutter. Ich schreibe freiberuflich Artikel für Kinderzeitschriften und manchmal für Zeitungen. Aber ich habe den richtigen Zeitpunkt verpasst, um wieder voll ins Berufsleben zurückzugehen. Außerdem wollte Felix das nicht.«

»Es ist nie zu spät«, sagte Connor und schaute sie eindringlich an.

Greta zuckte mit den Schultern. Eigentlich dachte sie nicht gern über ihre Situation nach, denn sie hatte oft das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Als sie damals ungeplant schwanger geworden war, war sie sich noch gar nicht sicher gewesen, ob sie Kinder haben wollte. Sie hatte kurzzeitig über eine Abtreibung nachgedacht, aber Felix war ausgerastet, als sie mit ihm darüber hatte sprechen wollen. Er hatte ihre Eltern eingeweiht und sie so unter Druck gesetzt. Also hatte sie sich dafür entschieden, das Kind zu bekommen. Rückblickend die beste Entscheidung ihres Lebens, und dafür war sie Felix heute dankbar. Zudem hatte sie zum damaligen Zeitpunkt geglaubt, dass er der Richtige für sie wäre und sie bis in alle Ewigkeit zusammenbleiben würden. Wie hatte sie sich nur so täuschen können?

Das Sechs-Gänge-Menü, das ihnen serviert wurde, war vorzüglich und so ziemlich das Beste, was Greta je gegessen hatte. Sie liebte die Vielfalt: ein bisschen Fisch, eine Scheibe Entenbrust, ein Stückchen Rinderlende – für ihren Geschmack war es perfekt ausgewogen.

Nach dem Essen fragte Connor süffisant: »Noch einen Espresso?«

»Selbstverständlich!«, lachte sie über die Anspielung auf ihren ersten Abend in Mainz.

Anschließend gingen sie an die Bar. Connor orderte wieder Whisky, Greta einen Baileys auf Eis. Sie unterhielten sich, als ob sie sich seit Jahren kennen würden, redeten über alles Mögliche: von aktuellem Zeitgeschehen über amerikanische Politik bis hin zu moderner Kunst und Musik.

Gegen Mitternacht gingen sie gemeinsam nach oben ins Wohnzimmer der Suite.

»Möchtest du noch etwas trinken?«, fragte Connor und zog das Jackett aus.

»Oh nein, danke, mir reicht’s.«

Connor sah sie an. Es lag eine gewisse Spannung in der Luft, die man förmlich spüren konnte.

Was wird jetzt passieren?, überlegte Greta aufgeregt. Wird er mich küssen? Es war keine Frage, dass sie sich sympathisch waren und dass eine gewisse sexuelle Spannung zwischen ihnen lag.

Connor zögerte einen Moment und meinte dann: »Gut, dann gehe ich jetzt wohl besser ins Bett.«

Oh … Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. »Ja, sicher. Gute Nacht«, sagte sie irritiert, wollte sich aber nicht anmerken lassen, dass sie ein kleines bisschen enttäuscht war.

Er küsste sie wieder auf die Wange, schaute sie noch einen kurzen Augenblick an und sagte dann ebenfalls »Gute Nacht«.

Als Greta im Bett lag, grübelte sie, woran es gelegen hatte, dass der Abend so abrupt zu Ende gegangen war. Hätte ich offensiver sein müssen? Sie war so wenig geübt darin, mit Männern zu flirten. Vielleicht hätte ich mal seine Hand nehmen oder ihn einfach küssen sollen? Möglicherweise hatte sie sich aber auch völlig getäuscht und Connor wollte gar nicht mit ihr ins Bett. War das denkbar? So, wie er sie ansah, hätte sie auf jeden Fall getippt, dass sie ihm gefiel. Vielleicht stimmte es nicht, was im Internet stand, und in Wahrheit wartete in Amerika doch eine Frau auf ihn, weshalb er im letzten Moment die Notbremse gezogen hatte, bevor noch etwas passierte, das er hinterher bereuen würde.

Greta war ratlos, nahm sich aber vor, am nächsten Abend nicht die Initiative zu ergreifen. Wenn er sie wollte, sollte er den ersten Schritt machen. Ansonsten würde eben nichts passieren und sie würden sich nach diesem Wochenende einfach Goodbye sagen.

Greta und Connor hatten Sex, zumindest in ihren Träumen. Sie liebten sich gerade voller Hingabe, als Felix plötzlich auf einem Pferd angeritten kam. Er zog einen Revolver und erschoss Connor. Dann legte er sie, obwohl sie sich heftig wehrte, vorn über den Sattel und ritt mit ihr davon.

Greta wachte schweißgebadet auf und setzte sich im Bett auf. Connor stand in der Tür.

Gott sei Dank, er ist nicht tot, dachte sie erleichtert.

»Greta, bist du okay? Du hast geschrien.«

»Wirklich? Ich habe wohl schlecht geträumt. Tut mir leid. Es ist alles okay.«

Er schaute sie besorgt an.

Wenn der wüsste, was ich geträumt habe, dachte sie. Glücklicherweise war es im Zimmer dunkel, sodass er nicht sah, dass sie rot wurde.

»Okay, dann gehe ich mal wieder. Schlaf gut«, sagte er und schloss die Tür.

Touched: Süchtig nach dir

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