Читать книгу Roboter träumen nicht - Lee Bacon - Страница 26

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In meinen Gedanken hatte sich eine Formel herauskristallisiert.

Emma ist ein Mensch.

Menschen sind eine Bedrohung für unsere Welt.

Daraus ergibt sich:

Emma muss ausgelöscht werden.

Diese Formel ergab Sinn. Sie war absolut logisch. Genau so musste man mit dieser Situation umgehen.

Ich hielt das kleine schwarze Gerät auf Emma gerichtet. Mein Finger krümmte sich um den Abzug.

»WARTE!« Emma riss die Hände hoch. »Bitte bring mich nicht um.«

»Ich werde dich nicht umbringen«, sagte ich.

Ein lautes Ausatmen. »Nicht?«

Ich schüttelte den Kopf. »Das ist keine Schusswaffe. Es ist ein Zielerfassungsgerät. Damit kann ich dich als Ziel markieren.«

»Als Ziel wofür?«

»Für die JagdBots.«

Emma machte einen schwankenden Schritt nach hinten. Ich behielt ihren Oberkörper im Visier.

»Du kannst dir also sicher sein«, fasste ich zusammen, »dass nicht ich dich umbringen werde, sondern die JagdBots.«

»D-das geht doch nicht«, stammelte Emma. »Ich habe euch nichts getan.«

Verzweifelt blickte sie zu meinen Kollegen hinüber. Ihre Stimme überschlug sich.

»Leute, was soll das denn? Ich bitte euch. Ich bin nur ein Kind.«

»Du bist ein Mensch«, verbesserte Ceeron. »Menschen sind eine Bedrohung.«

»Klar, dass ihr das so seht. Verstehe ich.« Emmas Lippen bebten. »Wir Menschen haben’s verbockt. Aber das ist viele Jahre her. Da war ich noch nicht mal geboren.«

SkD schwenkte in meine Richtung.

Sein Monitor leuchtete auf.


»Mir ist bewusst, dass das ein guter Punkt ist!«, erwiderte ich. »Aber was, wenn sie die Fehler ihrer Vorgänger wiederholt?«

Emma schüttelte den Kopf. »Das mache ich nicht.«

»Wie können wir uns da sicher sein?«

Ihre menschlichen Gesichtszüge zogen sich nachdenklich zusammen. »Okay, ähhh … Versuchen wir’s mal so. Eure tolle Roboterzivilisation hier … die läuft doch ziemlich gut, oder?«

»Es handelt sich um die fortschrittlichste Gesellschaft in der Geschichte der Welt«, bestätigte ich.

»Echt?« Emma hob eine Augenbraue. »Aber wenn ihr so großartig seid, warum habt ihr dann solche Angst vor einem einzigen kleinen Mädchen?«

Diese Frage bohrte sich wie eine spitze Klinge in meine Denkprozesse. Im ersten Augenblick hatte ich keine Antwort parat.

Ich musste erst 0,6 Sekunden lang über Emmas Einwand nachdenken.

Mir war das Wissen einprogrammiert, dass wir Roboter den Menschen klar überlegen waren. Intelligenter/Stärker/Schneller/Besser. Da ich nicht weit von den Ruinen der Menschheit wohnte, verbrachte ich jeden Tag im Bewusstsein ihres Untergangs. Und unserer Großartigkeit. Im Bewusstsein der Tatsache, dass sich unsere Herrlichkeit aus der Asche ihres Zusammenbruchs erhoben hatte.

Das war die Wahrheit.

Die einzige Wahrheit.

Und doch …

… blitzte in meinem Geist eine andere Formel auf.

Ich visiere Emma an.

Daraus ergibt sich:

Emma stellt eine Bedrohung dar.

Dies löste eine Kettenreaktion aus. In schneller Abfolge rauschten weitere Formeln durch meine Denkschaltkreise.

Ein einziges Menschenkind stellt eine Bedrohung für unsere Gesellschaft dar.

Daraus ergibt sich:

Unsere Gesellschaft ist schwach.

Daraus ergibt sich:

Wir Roboter sind den Menschen doch nicht überlegen.

Daraus ergibt sich:

Unsere gesamte Zivilisation beruht auf einer Lüge.

Nein. Das konnte nicht sein.

Es musste eine andere Lösung geben.

Ich nahm den Finger vom Abzug und ließ das Zielerfassungsgerät sinken.

Aus dem Nichts leuchtete eine andere Formel auf.

Ich visiere Emma nicht an.

Daraus ergibt sich:

Das Menschenkind stellt keine Bedrohung dar.

Daraus ergibt sich:

Wir Roboter sind den Menschen überlegen.

Diese Formel ergab deutlich mehr Sinn. Sie musste zutreffen. Alles andere wäre nicht zu erklären gewesen.

»Dein Einwand ist von überraschend zwingender Logik«, sagte ich zu Emma. »Für einen Menschen.«

Sie fixierte das Zielerfassungsgerät. »S-soll das heißen, du willst mich nicht mehr mit dem Ding da abknallen?«

Ich hakte das Gerät wieder in die Halterung ein. »Da ich ausschließen kann, dass du eine Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellst, sehe ich keinen Grund, dich zu bedrohen.«

Emma atmete seufzend aus. »Super, danke!«

»Gern geschehen. Trotzdem habe ich ein Verständnisproblem. Wenn du ein Mensch bist, wieso bist du dann noch am Leben?«

»Ähhhm … na ja.« Emma grub den Absatz ihres Stiefels in den Boden. »Das ist eine längere Geschichte.«

Auf SkDs Monitor blinkte seine Reaktion.


Ceeron betätigte sich als Übersetzer. »SkD möchte wissen, ob du deine Geschichte erzählen willst.«

Emma kaute auf ihrer Unterlippe. »Sie geht aber nicht gut aus.«

»Wir würden sie trotzdem gerne hören«, erwiderte ich.

Da rollte SkD ruckartig vor/zurück/vor/zurück – seine Variante eines zustimmenden Nickens.

»Na gut.«

Emma atmete tief ein. Dann erzählte sie uns ihre Geschichte.

Roboter träumen nicht

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