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Kapitel 7

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Layla

Nach tagelangen Untersuchungen und Sitzungen mit der Psychotherapeutin kann ich endlich nach Hause. Sie hat mir mitgeteilt, dass ich einen kurzen Zeitraum meines Lebens vergessen habe, da ich mit dem Kopf irgendwo gegengestoßen bin. Dass dieser Zeitraum eine Spanne von vier Jahren umfasst, habe ich erst vor zwei Tagen erfahren.

Vier Jahre, die sich irgendwo in meinem Unterbewusstsein vergraben haben. Die Therapeutin sagte mir, es habe schon Patienten gegeben, die durch eine Art Schock ihre Erinnerungen wiederbekommen haben. Jedenfalls muss ich einmal die Woche bei ihr antreten und sie darüber informieren, ob sich an meinem Zustand etwas geändert hat. Auf die Frage, wann ich denn wieder meinem Job nachgehen könne, sagte sie mir, dass ich es ruhig angehen und mich erst mal für eine gewisse Zeit schonen solle.

Luke holt mich ab und fährt mich in eine Gegend, die ich nicht kenne. „Was wollen wir hier?“

„Du wohnst hier.“

Ich schaue mich um. Bestimmt will er mich nur auf den Arm nehmen. „Nein, das kann nicht sein. Meine Wohnung ist am Museum Park.“

„Du bist umgezogen, Kleines.“

Ich bin doch in meine neue Wohnung eingezogen, nachdem ich aus der Uni kam und meine Mutter zu Tante Emily gezogen ist. Bestimmt irrt er sich. Vielleicht macht er das mit Absicht, um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.

„Du bist ein paar Tage vor deinem Unfall hergezogen. Deine Sachen sind auch noch nicht ausgepackt.“

Ich frage mich, welcher Teufel mich wohl geritten hat, in eine Gegend zu ziehen, die so weit abseits vom Zentrum liegt.

„Trish bringt dir später noch die Sachen vorbei, die du bei … ähm … ihr gelassen hast.“

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass hier was faul ist. Warum habe ich Sachen bei Trish gehabt? Ich habe noch nie bei Trish übernachtet. Nicht mal nach irgendeiner Party. Jedoch kann es sein, dass sich das in den letzten vier Jahren geändert hat. Vielleicht habe ich ja ein paar Sachen für den Notfall bei ihr gelassen.

Das Haus, in dem ich wohne, besteht aus zwei Etagen und sechs Wohneinheiten. Es befindet sich in East Downtown, ein paar Blocks von der juristischen Fakultät entfernt. Es ist verdammt komisch, dass ich mich entschlossen habe, hier zu wohnen. Das sieht nach einem Versteck aus. Einem „Lasst mich in Ruhe“-Ort.

Meine Wohnung sieht, wie Luke mir schon gesagt hat, katastrophal aus. Alles liegt noch herum: Kartons, Koffer, Reisetaschen. Klamotten hängen irgendwo auf Kleiderbügeln. Ein Bett steht im Schlafzimmer und ein halb aufgebauter Schrank. Ich muss wohl noch nicht sehr lange hier leben, da die Wohnung noch nicht komplett eingerichtet ist. So unordentlich, wie es hier aussieht, muss ich es wohl ziemlich eilig gehabt haben, meine alte Wohnung zu verlassen.

Ach, es wird mir schon irgendwann einfallen. Ich muss nur Geduld haben. Die Therapeutin hat gesagt, ich solle und dürfe mich zu nichts zwingen. Ich setze mich auf die Couch, hole mein Handy aus der Tasche und rufe Trish an.

„Hey, bist du daheim?“, fragt sie, sobald sie das Gespräch angenommen hat.

„Ja, endlich. Ich war kurz davor, Depressionen zu bekommen. Und dieses Krankenhausbett war so ungemütlich“, antworte ich und rümpfe die Nase. „Nur leider bin ich mit dieser blöden Schiene am Arm gehandicapt und kann nicht besonders viel tun. Ich frage mich, wie ich mich duschen und andere alltägliche Dinge tun soll.“

„Sei froh, dass es nur das ist. Du hättest dabei draufgehen können, Lay.“ Ihre Stimme bricht und ich höre sie schluchzen.

„Hey, Trish. Es geht mir gut. Ehrlich.“ Ich weiß, sie macht sich unheimliche Sorgen um mich. Das hat sie schon immer getan. „Nur meine Erinnerungen sind weg. Du musst mir helfen, mich wieder zu erinnern.“

„Ich werde mein Bestes geben. Wie wäre es, wenn du dich heute ausruhst und wir uns morgen zum Essen treffen?“

„Hört sich gut an. Wo sollen wir uns denn treffen?“

Sie zögert. „Ich würde gerne mit dir ins La Table gehen, aber das gibt es nicht mehr.“

Ich atme tief durch. „Stimmt. Dort ist ja der Unfall passiert. Ich bin froh, dass Allan nichts passiert ist.“

„Ja, er hatte Glück, weil er an deinem Wagen auf dich gewartet hat, während du dich mit einer Klientin unterhalten hast.“

Für einen Moment schließe ich die Augen und atme tief durch.

„Ich rufe dich morgen an, okay?“

„Okay, Trish.“ Ich werfe das Handy auf die Couch, lege mich hin und schließe die Augen, um mich ein wenig auszuruhen.

Ich komme im Blue Onyx Bistro an und Trish wartet schon auf mich. Sie kommt auf mich zu und nimmt mich vorsichtig in eine herzliche Umarmung.

„Mann, bin ich froh, dass du am Leben bist.“

„Das bin ich auch“, erwidere ich und setze mich auf eine der Sitzbänke, die direkt am

Tisch stehen.

„Wein?“

„Nein, ich nehme noch Schmerzmittel“, winke ich ab.

Trish nickt und schaut erst auf ihre Uhr, dann lässt sie ihren Blick durch das Bistro schweifen. Sie rutscht auf ihrer Seite der Bank hin und her, bringt keinen weiteren Ton heraus. Sie ist nervös, das kann ich ihr ansehen.

„Trish, was ist los? Bist du meinetwegen nervös? Ich bin keine Fremde. Nur ein paar Erinnerungen sind weg und ich bin mir sicher …“

Ihr Blick wandert zum Eingang und bleibt dort hängen. „Na sieh mal an, wer da ist.“

Ich wirbele herum und sehe meinen Cousin mit einem unverschämt gutaussehenden Mann hereinkommen. Hey, ich glaube, ich kenne ihn. Das ist sein bester Freund Christopher. Hat er mich nicht kurz im Krankenhaus besucht? Wie es aussieht, sind die zwei immer noch ein starkes Gespann.

„Luke! Hey, Luke!“, ruft sie und winkt ihm zu. „Das ist Luke.“

Sie denkt in diesem Moment wohl, ich hätte meine kompletten Erinnerungen verloren.

„Trish, ich kenne meinen Cousin. Aber …“, ich lehne mich an sie heran, „… warum ist Christopher bei ihm?“

„Vielleicht wollen die hier auch was trinken?“ Trish sieht mir in die Augen und zuckt mit den Achseln.

„Aber …“

Trish springt auf und lächelt, sobald Luke und Christopher an unseren Tisch kommen. „Hey, Luke. Was für ein Zufall!“

„Ist ja ein Ding, euch hier zu treffen.“ Mein Cousin scheint aber nicht so überrascht zu sein wie meine Freundin. Er beugt sich herab und gibt mir einen Kuss auf den Kopf. „Hey, Kleines. Geht es dir gut? Kennst du noch meinen Freund Chris?“

Und ob ich das tue. So einen wie ihn vergisst man nicht so leicht. Ich war dreizehn oder so und ein wenig verknallt in ihn. Luke hat mir damals Nachhilfe gegeben und Chris war die meiste Zeit auch dort. Er hatte die Haare damals etwas länger und war bei Weitem nicht so gut gebaut, wie er es jetzt ist. Die Jahre scheinen ihm gutgetan zu haben. Er sieht richtig heiß aus. Ich schlucke schwer und bekomme ein komisches Kribbeln im Bauch. Sein Blick ruht auf mir und er hat diesen „Erinnerst du dich?“-Ausdruck in den Augen.

„Ja“, sage ich schließlich. „Ich erinnere mich.“

Erleichtert lächelt er mich an. Vielleicht hat er von dem Unfall und meinen Gedächtnisverlust gehört und freut sich, dass ich ihn wiedererkannt habe. Ich strecke ihm meine rechte Hand entgegen, die er in seine nimmt. Was ist das? Eine merkwürdige Hitze fährt durch meinen Körper und das Kribbeln im Bauch verstärkt sich. Ich kann meine Augen nicht von ihm nehmen. Genau wie damals.

Anscheinend ist er überrascht, mich zu sehen, denn seine Augen verändern sich. Er hat nicht mehr diesen belustigten Blick wie vor zehn Jahren, sondern wirkt eher liebevoll. Damals muss er wohl mitbekommen haben, dass ich in ihn verknallt war. Nun, es sind auch ein paar Jahre vergangen und ich sah noch ganz anders aus.

Da ich der Meinung bin, dass er meine Hand zu lange festhält und ich diese Hitze nicht mehr ertrage, entziehe ich sie ihm, und mein Körper fühlt sich auf der Stelle kalt an.

„Hey, Layla. Freut mich, dich zu sehen.“

„Mich auch, Christopher.“

„Wollt ihr euch zu uns setzen?“ Trish wendet sich an die beiden, die neben unserem Tisch stehen.

Ich sehe sie mit großen Augen an, da ich mit ihr über meine verlorenen Erinnerungen sprechen wollte. „Ich weiß nicht.“ Luke sieht mich mit seinem Dackelblick an. Okay, diesem Blick konnte ich nie widerstehen. Egal was war, wenn er mich so ansah, konnte ich ihm nie etwas abschlagen. Also gebe ich wieder nach und rutsche einen Platz weiter.

Zu meiner Überraschung setzt sich Luke neben Trish und damit Chris neben mich. Ich atme seinen sehr männlichen Duft ein, der meine Sinne angreift und mir das Atmen erschwert. Ein holziger sexy Duft. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Frauen reihenweise umfallen, wenn er an ihnen vorbeigeht.

„Ich habe von deinem Unfall gehört. Schön, dass es dir gut geht.“

„Na ja, gut ist übertrieben“, sage ich und hebe dabei den Arm mit der Gipsschiene. Von dem Problem in meinem Kopf braucht er nichts zu wissen.

Chris stützt seine Ellbogen auf den Tisch, dabei spannen sich seine Oberarmmuskeln an und das Shirt spannt sich um sie herum. Mein Mund wird staubtrocken. Ich kann meine Augen nicht von ihm nehmen.

Trish räuspert sich und ich sehe sie an. Sie hat ein dämliches Grinsen auf dem Gesicht und ihre Blicke wandern zwischen Chris und mir hin und her. Anscheinend will sie mir damit sagen, dass ich mich an den Kerl ranmachen soll.

„Du bist Anwältin geworden?“, höre ich ihn sagen und muss ihn wieder ansehen.

Seine hellblauen Augen scheinen mich verschlingen zu wollen. Ich kann mich zwar an seine blauen Augen erinnern, wusste aber nicht, wie hell und strahlend sie in Wirklichkeit sind. Mir wird ganz heiß und dieses Kribbeln im Bauch ist wieder da.

„Ja. Familienrecht. Scheidungen und so.“ Gott, dieser Blick. Hilfe! Es kribbelt weiterhin in meinem Bauch und mein Herz schlägt auf einmal sehr schnell. „Und du? Ich glaube, du hast damals Basketball gespielt. Bist du Profi geworden?“

„Nein.“ Er lächelt, und neben seinen Mundwinkeln erscheinen zwei Grübchen, die ihn unheimlich süß aussehen lassen. „Ich habe BWL studiert und bin in die Fußstapfen meines Vaters getreten. Mobilfunk. Ich bin seit Kurzem der CEO der Firma.“

Oh! Nicht nur heiß und sexy, sondern auch noch reich. Ist diese Art von Mann nicht gefährlich für eine Frau? Macht, Selbstbewusstsein und dazu noch so ein wahnsinniger Körper können einer Frau nur Herzschmerzen verursachen.

„Oha! Der reiche Junge, der Papas Platz einnimmt, weil er alleine nichts auf die Beine stellen konnte“, platzt es aus mir heraus.

Ach du meine Güte! War ich schon immer so fies? Während meiner Zeit auf dem College bestimmt nicht. Ich beiße mir auf die Unterlippe, senke meinen Blick und sehe aus den Augenwinkeln heraus, wie er amüsiert schmunzelt. Eigentlich sollte ich mir auf die Zunge beißen. Wurden bei dem Unfall irgendwelche Nerven geschädigt, sodass sich mein Mund selbstständig macht? Ich muss das morgen mal mit der Therapeutin besprechen. So etwas geht gar nicht.

„Ich habe in Harvard studiert, falls dich das interessiert. Betriebswirtschaft, und ich habe mit Bravour abgeschlossen. Und Papas Platz, wie du sagst, habe ich nur eingenommen, weil er die Firma nicht an die Konkurrenz verkaufen wollte. Sein Sohn, also ich, wollte eigentlich etwas anderes aus seinem Leben machen.“

Ich stütze meinen Ellbogen auf den Tisch und lege das Kinn auf die Hand. „Und was wolltest du machen? Papas Vermögen ausgeben, bis nichts mehr da ist?“

Mein Gott, was ist plötzlich mit mir los? Ich war noch nie so frech zu einer anderen Person. Vielleicht bringen mich seine Anwesenheit, sein Duft und die sexy Ausstrahlung aus dem Konzept. Vielleicht bin ich in den letzten vier Jahren zu einem Biest mutiert und nun kommt langsam alles wieder hoch.

Oh nein! Möglich, dass ich eine unerträgliche Person gewesen bin, mit der niemand etwas zu tun haben wollte. Eine knallharte Anwältin, die die Abende allein zu Hause verbringt, weil sie keine Freunde und – wie es aussieht – auch keinen festen Freund hat.

Ich spüre einen Tritt an meinem Schienbein und sehe Trish, die die Augen weit aufreißt und zu Chris deutet. Stirnrunzelnd sehe ich sie an. Was will sie von mir? Ich kann mich doch nicht an ihn ranschmeißen. Ich habe ihn doch seit meiner Teenagerzeit nicht mehr gesehen.

Trish rollt die Augen, gibt einen verzweifelten Laut von sich und wendet sich an die beiden Herren. „Würdet ihr uns bitte für einen Moment entschuldigen? Lay, kommst du mit?“ Sie sieht mich wieder an, deutet mit ihrem Kopf in Richtung Toilette und steht auf.

„Sag mal, was ist denn bloß in dich gefahren?“, faucht sie mich an, sobald die Toilettentür hinter uns zugefallen ist. „Wie redest du denn mit ihm?“

„Keine Ahnung, was über mich gekommen ist. Normalerweise bin ich nicht so. Muss wohl an den starken Medikamenten liegen.“

Trish fasst sich an die Stirn und atmet tief durch. „Okay. Kannst du versuchen, dich für den Rest des Abends zu beherrschen?“

Ich weiß, ich bringe sie manchmal auf die Palme, aber hey, sie ist immer noch meine beste Freundin. Sie hat schon schlimmere Launen von mir ertragen müssen. „Ja, ich versuche es.“

„Gut. Während du mit Chris geredet hast, haben Luke und ich beschlossen, anschließend noch etwas trinken zu gehen. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch uns anschließen.“

„Moment mal. Du datest Luke? Du hast mit meinem Cousin eine Beziehung? Wann ist das passiert?“ Ich denke nicht, dass ich neugierig bin. Wenn es etwas ist, was ich eigentlich wüsste, es aber aus meinem Gehirn gelöscht wurde, dann ist es keine Neugier. Luke ist mein Cousin und sie meine beste Freundin. Also denke ich, ich habe das Recht, es zu erfahren.

Trish schluckt schwer und ihre Augen schweifen durch den Raum. „Seit du in Pu… Pi… Pittsburgh warst. Ja, Pittsburgh. Bei diesem … diesem Anwaltskongress vor ein paar Wochen“, stammelt sie und nickt heftig.

Also, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Vielleicht wusste ich es auch und es ist mit allen anderen Erinnerungen verloren gegangen. Jedenfalls habe ich eine Information bekommen, mit der ich zwar nichts anfangen kann, aber immerhin besser als gar nichts. Wer weiß, vielleicht erfahre ich heute Abend noch so einiges, was in diesen vier Jahren passiert ist, und kann meiner Therapeutin morgen davon berichten.

„Ach, Trish. Ich freue mich für dich. Luke ist ein anständiger Kerl. Aber etwas trinken gehen? Ich weiß nicht. Mir ist nicht danach und außerdem machen mich die Medikamente etwas müde. Geht ihr drei ruhig. Vielleicht ein anderes Mal.“

Zurück am Tisch versuche ich, Chris nicht so oft anzusehen, was mir besonders schwerfällt, weil es jedes Mal in meinem Bauch kribbelt, wenn ich ihn ansehe. Sobald er eine Bewegung macht, gleiten meine Augen zu ihm hinüber. Er ist wie ein Magnet, der mich auf eine unsichtbare Art anzieht. Bestimmt hat er auf die restliche weibliche Bevölkerung den gleichen Effekt wie auf mich. Ich meine, hier sitzen so einige Frauen, die ihn beäugen. Er würdigt sie aber keines Blickes, sieht nur Luke, Trish und mich an.

Und wenn seine Augen zu mir rüber wandern, hat er immer diesen liebevollen, intensiven Blick, der mir eine Hitzewelle nach der anderen durch den Körper jagt und die Schmetterlinge in meinem Bauch fliegen lässt. Seine Mundwinkel ziehen sich dabei leicht nach oben, und seine Augen sehen sehr oft auf meinen Mund, was dazu führt, dass mein Gesicht heiß wird. Ich glaube, er findet mich attraktiv und versucht, mit mir zu flirten.

Am Ende des Abends begleicht Chris trotz heftiger Proteste von Luke die Rechnung und wir begeben uns nach draußen. Ich habe es tatsächlich geschafft, nett zu ihm zu sein. Wow! Was für ein Fortschritt. Anscheinend ist meine Freundlichkeit eine Nebenwirkung der Schmerztabletten. Die sollen, laut Beipackzettel, eine Menge davon haben. Vielleicht ist diese bissige Art eine davon. Luke und Trish verkünden, dass sie noch ins Cellar wollen, und fragen uns, ob wir nun mitwollen, da Chris vorhin nur „Mal sehen“ gesagt hat.

Er antwortet nicht, sondern sieht mich an und wartet auf meine Antwort. Mir wird plötzlich heiß und diese kleinen Schmetterlinge fliegen wieder in meinem Bauch herum. Dieses Gefühl ist zwar beängstigend, aber dennoch unbeschreiblich schön.

„Ich will euch nicht den restlichen Abend verderben und außerdem bin ich k. o. Beim nächsten Mal bin ich dabei.“

„Ja, ich passe auch“, winkt Chris ab. „Ich will nicht das fünfte Rad am Wagen sein.“

Luke legt den Arm um Trish und zieht sie zu sich heran. Meine beste Freundin schlingt ihre Arme um die Taille meines Cousins und grinst ihn verliebt an. Mein Herz schwillt vor Glück an. Wer hätte gedacht, dass die zwei zueinanderfinden würden.

„Hey, Dude! Kannst du Lay nach Hause bringen?“, fragt Luke.

„Quatsch! Ich nehme ein Taxi.“

Nichts gegen eine kostenlose Fahrt, aber auf engstem Raum mit Chris zu sitzen, wäre nach dem heutigen Abend zu viel. Ich musste ihn während der ganzen Zeit ständig anstarren und habe mich nach den Bemerkungen, die aus meinem Mund gekommen sind, später kaum noch getraut, etwas zu sagen. Und nun soll er mich nach Hause fahren?

„Lay …“, beginnt Luke, aber ich falle ihm ins Wort, bevor er den großen Bruder raushängen lässt, was er in einigen Situationen, wie in dieser hier zum Beispiel, gern macht.

„Luke, ich brauche keinen Babysitter, klar? Ich nehme mir ein Taxi und ihr könnt weiterziehen.“

Chris sieht mich enttäuscht an. Anscheinend hat er gehofft, mit mir allein zu sein. Vielleicht wollte er sich an mich ranmachen. Den ganzen Abend hat er mich schon mit seinen Augen verspeist. Das ist etwas übertrieben, ich weiß, aber für mich hat sich das so angefühlt.

Das schlimme Erlebnis während meiner Collegezeit, als Bruce sich in übler Art über mich hermachen wollte, reicht mir. Ich bin nicht scharf darauf, das Gleiche noch mal durchzumachen. Damals war Trish rechtzeitig zur Stelle, um mir zu helfen, als ich bewusstlos unter ihm lag. Heute kann sie mir nicht zu Hilfe eilen, um mich aus den Klauen eines Mannes zu retten, der wahrscheinlich denkt, dass ich scharf auf ihn bin, nur weil ich ihn oft angestarrt habe. Mag sein, dass Chris Lukes bester Freund seit Highschooltagen ist, und dass Luke ihm blind vertraut, aber für mich ist er praktisch ein Unbekannter. Und zu einem Unbekannten setze ich mich nicht ins Auto.

Meine Stunde mit der Therapeutin ist vorbei. Ich habe ihr von dem gestrigen Abend erzählt und dass ich einem alten Bekannten begegnet bin, bei dem ich nicht so war, wie ich mich selbst in Erinnerung habe. Es hat sich komisch, aber auch gleichzeitig gut angefühlt. Verboten, aber auch verlockend. Fremd, dennoch irgendwie vertraut. Sie fand diese Informationen sehr interessant und würde sie gern in der nächsten Sitzung eingehender besprechen.

Ich verabschiede mich, lege den Termin für die nächste Sitzung fest und gehe durch die Tür des Krankenhauses auf die Straße. Ich höre, wie jemand nach mir ruft, drehe mich um und sehe Chris vor mir. Es ist fast Mittag und er müsste eigentlich im Büro sein. Ah, ich vergaß. Er ist ja der Chef der Firma und kann kommen und gehen, wann er will. Typisch reicher Erbe.

„Chris? Was machst du hier?“

„Ich … ähm … Ich möchte einen Freund besuchen, der eine … ähm … Operation hatte, und habe dich zufällig gesehen“, antwortet er und fährt sich durch die Haare. „Und was machst du hier? Alles okay?“

Na klar. Außer mit meinem Gehirn, in dem einige Sicherungen durchgeknallt sind, ist alles okay. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nach unserem Treffen im Bistro neulich Abend, Luke ihm von meinem Gedächtnisverlust erzählt hat. „Ja. Ja, alles okay. Meine Therapeutin meint, es könnte besser sein, aber … Hey … vielleicht sollte ich einen Klempner aufsuchen, der die Schrauben in meinem Kopf wieder festdreht.“

Ich fange an, zu lachen, um meine depressive Stimmung zu überspielen. Nichts ist okay. Nichts hat sich geändert und es wird in den nächsten Wochen bestimmt auch nicht besser werden. Ich muss mich damit abfinden, dass ich einen Teil meines Lebens für immer verloren habe.

Chris starrt auf den Boden und steckt seine Hände in die Hosentaschen. Seine Haare fallen ihm ins Gesicht, und ich muss sagen, er sieht viel süßer aus als gestern. Plötzlich hebt er seinen Kopf und sieht mich an. Dieses wundervolle Kribbeln in meinem Bauch und die Hitze, die durch meinen ganzen Körper fährt, sind wieder da. Mein Herz beginnt, aufgeregt zu schlagen.

„Dann … will ich dich nicht, auf… aufhalten“, stammele ich und wende mich ab, um seinem intensiven Blick aus dem Weg zu gehen.

„Vielleicht trinken wir mal zusammen einen Kaffee?“, höre ich, wie er ruft.

Ich wirbele noch einmal herum, sehe sein süßes Lächeln und erwidere es automatisch. In seiner Gegenwart fühle ich mich irgendwie gut. Es ist, als würde ich ihn eine Ewigkeit kennen. Ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben, aber es fühlt sich ziemlich gut an.

„Ja, vielleicht“, antworte ich schnell und gehe auf die Straße, um mir endlich ein Taxi zu rufen.

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