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Vier Tage zuvor, Tag zwei: Punktesammler

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„Cerrado“ – geschlossen. Das rote Schild am fensterlosen Essenssaal ließ keine Interpretation offen. Ein Frühstück würden Lukas, Pablo, Bert und ich hier definitiv nicht mehr bekommen. „So a Scheißdregg“, nörgelte Bert. „Um, um äh, um...“

„20 nach zehn“, half Lukas endlich.

„Um halber elfa gibds do nix mehr zum Essen. Des is fei a Witz!“ Bert wollte sich nicht beruhigen. Sein Zimmerkollege Hannes hatte ihn einfach weiterschnarchen lassen und sein Frühstück allein eingenommen.

Das verriet eine SMS von ihm vor zehn Minuten: „Haben schon gefrühstückt und sind am Pool. Hannes, Pascal, Kerstin & Tina.“ Sieh an, schmunzelte ich. Pascal und Kerstin. Vertraute Zweisamkeit am Frühstückstisch? Oder gar Frühstück im Bett? Ich beschloss, ihn als „Sich-nicht-Ausvögler“ aufzuziehen, sobald ich ihn heute das erste Mal sehen würde. Geht ins Punta und bindet sich an eine einzige Frau. Versager! Zumal Bert auf dem Weg zum Essenssaal erwähnt hatte: „Also, ich hob na ned gsehn heut Nochd. Hod bestimmt bei der annern gschlofn.“

„Und jetzt?“ wollte Lukas wissen. „Ich hab Hunger.“

„Pool, oder?“ schlug ich mangels Alternativen vor. „Um 14 Uhr macht der Pool-Grill auf. Bis dahin halten wir's schon aus, würde ich sagen.“

„Außerdem müssen wir die Giro-Wertung aufnehmen!“ Pablo schwang den grünen Schnellhefter.

Das Bauchgeweih begrüßte uns schon von weitem: „Huhu, hiiieeeer!“ Hoppla, wer hatte denn da schon wieder einen im Tee? So gut gelaunt kannte ich Tina vom ersten Tag mit Ausnahme der alkohol-exzessiven Episode am Strand eigentlich nicht. Als wir bei Tina, Kerstin, Pascal und Hannes ankamen, fanden wir gerade noch drei freie Liegen. Bert ließ sich krachend auf die von Hannes fallen, was der gar nicht gut fand. Offenbar hatte er gerade ein Nickerchen gemacht. „Nicht mehr ganz frisch?“ empörte er sich.

„Ach, bassd scho, oder?“ brummte Bert. Damit war die Diskussion zu Ende.

Neckisch grinste ich Pascal an. „Na, warst du gestern auch weg?“

„Klar“, jokerte er zurück. „Wahrscheinlich sogar länger als du.“

„Naaaaa“, ich wackelte abschätzig mit der rechten Hand. „Werden wir gleich sehen, wir müssen die Wertung ….“

„Spinnst du?“ zischte Pascal und deutete mit einer Kopfbewegung auf die schlafende Kerstin. „Die killt mich.“

Ich zuckte die Schultern. „Trotzdem müssen wir.“

„Nix müssen wir!“, schnitt mir Pascal das Wort ab. „Zumindest nicht jetzt, wenn die zwei da sind.“

Oha. Da hatte ich wohl einen Nerv getroffen. Also beschloss ich, zur Feier des Tages eine Runde Bier zum Frühstück zu holen. Es schmeckte schon wieder erschreckend gut.

Eine Stunde später ging Kerstin auf einen Kaffee an die Theke. Mit einem inhaltslosen Frauenmagazin dampfte sie ab.

„Willst du nicht auch mit?“, fragte Pascal das Bauchgeweih.

Diese unmissverständliche Aufforderung, zu gehen, bestärkte Tina nur in ihrem Willen, auf keinen Fall die Liege zu verlassen. „Nö. Ich will lieber wissen, was das für eine Wertung ist, von der ihr da gesprochen habt.“

Verdammt. Sie hatte es also gehört. Pascal zuckte gleichgültig die Schultern: „Na dann.“

Pablo klickte mit dem Kugelschreiber, klappte den Hefter auf und trug ein, was wir ihm als Zwischenstände durchgaben. Tina schüttelte zwischendrin immer wieder den Kopf. Es brauchte nicht viel Fantasie, um sich zusammenzureimen, was das für eine Liste war.

Gelbes Trikot – Gesamtwertung Zeit (jeder Tag gerechnet ab 12 Uhr mittags, sofern wach):

1. Pablo: 18:34 Stunden

2. Bert: 17:46 Stunden

3. Toni: 16:47 Stunden

4. Lukas, Hannes: 15:01 Stunden

6. Pascal: 14:39 Stunden

Grünes Trikot – Sprintwertung:

1. Pascal: 10 (Kerstin, 1. Mal) + 5 (Kerstin, 2. Mal) = 15

2. Toni: 10 (Papageia)

3. Pablo, Lukas, Hannes, Bert: 0

Gepunktetes Trikot – Bergwertung:

Alle 0.

Während ich den Text verlas und meine Urlaubspartner unablässig glucksten, wurde ich immer zufriedener. In der Gesamtwertung lag ich auf einem ordentlichen Platz – und im grünen Trikot schien Pascal trotz seiner Spitzenposition aus dem Rennen, da sich fünf Minuten später schon wieder Kerstin an ihn schmiegte. Es sollte kein Problem sein, ihn heute zu überholen. Wenn ich in meinem gestrigen Zustand noch hatte punkten können, würde ich mit zwei, drei Schnäpsen weniger auch heute zuschlagen. Und vor allem Anasthasia zeigen, dass ich meine Mission bis zu ihrer Rückkehr erfüllen könnte. Dieser Erfolg roch förmlich nach einer weiteren Runde Bier. Ohne Frühstück im Bauch besorgte ich nochmal sechs Gläser und ließ für die grinsende Tina und die ahnungslose Kerstin einen Wodka-O springen.

„Prost“, sagte das Bauchgeweih und wir stießen an.

„Sag mal Lukas,“ begann ich unschuldig. „Hast du eigentlich gestern auch gepunktet?“

„Hähähä“, äffte Lukas. „Ihr werdet schon sehen, wenn meine nächtliche Besucherin auf der Matte steht.“

Bevor wir zum verschlossenen Essenssaal gegangen waren, hatte Lukas natürlich an seinem Handtuch mein nächtliches Präsent entdeckt. Triumphal lachend hatte er genüsslich an dem String gerochen, ihn in seine Hosentasche gesteckt und festgestellt: „Da muss mir wohl jemand gefolgt sein. Naja, wollen mal sehen.“ Pablo und Bert hatten anerkennend genickt. „Saubäh“, fränkelte Bert, während ich ein Grinsen zwanghaft unterdrücken musste.

Lukas zog nun ansatzweise den String aus seiner Bermuda. Sein lockerlässiges Lächeln war nicht für jeden in der Runde nachvollziehbar, Kerstin machte ein Gesicht wie ein nordkoreanischer Bankberater in einer Vorlesung für Neokapitalismus. Erklärungssuchend sah sie zu Pascal. Der schüttelte den Kopf, flüsterte ihr etwas ins Ohr und keine 20 Sekunden später war das neue Traumpaar des Club Punta Arabi in Richtung Zimmer verschwunden.

„Das gibt jetzt keine Punkte mehr“, rief ich hinterher. Alle lachten.

Nur Tina, das Bauchgeweih spuckte ein „Schlampe“ in die Runde.

Ich beachtete das nicht großartig, einzig Bert blickte auf und setzte sich auf des Bauchgeweihs Liege. Witterte da jemand seine Chance? Gebannt verfolgte ich das Gespräch der beiden.

Bert, mein Malerkumpel mit den baggerschaufelgroßen Händen, dem urfränkischem Dialekt und üblicherweise einem Gesichtsausdruck, der nur schwer zwischen total unterbelichtet oder sturzbetrunken unterscheiden lässt, gab den Frauenversteher. Oder vielmehr, den Bauchgeweihversteher. Denn Tinas Innenleben schien weitaus komplexer als das eines handelsüblichen Homo sapiens mit Doppel-X-Chromosom und Bert versuchte es mit allen Taktiken: Er pflichtete ihr bei, er tröstete, er widersprach, er machte ihr Komplimente. Längst hatten wir ihn durchschaut: Natürlich diente seine Aktion keinem anderen Zweck, als das Bauchgeweih ins Bett zu kriegen. Um es kurz zu machen: Mein Freund biss auf Granit. Möglicherweise war die Tätowierung gar keine Tätowierung. Möglicherweise waren es einfach Dekorationsstreifen eines Keuschheitsgürtels. Gespannt musterte ich ihr blaues Bikinihöschen. Keine Anzeichen eines versteckten Eisengurts, keine Rostspuren, kein klapperndes Schloss.

Tina, gelangweilt von Berts Ausführungen, stand auf. „Ich werd jetzt mal zum Strand gehen.“

„Oh, wart', ich komm mit“, bot sich Bert an. Seine Hartnäckigkeit war bewundernswert.

Das Bauchgeweih winkte ab. „Nene, lass mal lieber. Ich will jetzt alleine sein.“

Das saß. Als Tina verschwunden war, erboste sich Bert: „So a dumma Kuh! Aber wart ner, die griech i scho nuch.“

Krustenbraten-Casanova

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