Читать книгу Mord mit kleinen Fehlern - Lisa Scott - Страница 6

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Mit langen, wehenden roten Haaren bahnte sich Anne Murphy ihren Weg durch die umtriebige Lobby des William-Green-Bundesgerichtsgebäudes. Sie würde gleich etwas Verrücktes vor Gericht tun und konnte es kaum erwarten, den Gerichtssaal zu betreten. Falls sie gewann, wäre sie eine Heldin. Falls sie verlor, würde sie ins Gefängnis wandern. Anne dachte nicht weiter über das »falls sie verlor« nach. Sie war ein Rotschopf – was einer Blondine mit schwach ausgeprägter Impulskontrolle gleichkam.

»Ms. Murphy, Ms. Murphy, nur eine Frage!«, gellte ein Reporter und heftete sich an ihre Fersen, aber Anne stürmte weiter voran und versuchte, ihn in der Menge abzuhängen.

Bundesbeamte, Anwälte und Geschworene liefen kreuz und quer durch die Lobby zu den Ausgängen. Sie hatten es eilig, zu Beginn des Feiertagwochenendes zum Unabhängigkeitstag nach Hause zu kommen, aber beim Anblick der umwerfend schönen, jungen Frau drehten sich doch einige Köpfe. Anne besaß weit auseinander stehende, weidengrüne Augen, eine gerade, sommersprossengesprenkelte Nase und einen etwas zu großen Mund, leuchtend und mit einer kunstvoll aufgetragenen Schicht bräunlichen Lippenstifts. Weibliche Kurven füllten das cremefarbene Seidenkostüm, und ihre langen, schlanken Beine mit den zarten Fesseln kamen durch unpraktische Manolo-Blahnik-Pumps noch mehr zur Geltung.

»Herrje, jetzt gibt’s Ärger!«, rief einer der Sicherheitsbeamten, als Anne sich der Gruppe Männer näherte, die in dunklen Polyesterblazern um die Metalldetektoren herumstanden. Die Geräte wurden von fünf Wachen bedient, allesamt pensionierte Cops aus Philadelphia, die anerkennend grinsten. Der Sicherheitsbeamte, der vor Anne gewarnt hatte, war der Geschwätzigste, mit einer immer noch durchtrainierten Figur, unnatürlich schwarzen Haaren, einer Bifokalbrille und einem Namensschild, auf dem OFFICER SALVATORE BONANNO stand. »Macht Platz, Jungs! Es ist der Rotschopf – und er ist mies drauf!«

»Ganz richtig, Sal.« Anne warf ihren ledernen Aktenkoffer und ihre übergroße Kate-Spade-Umhängetasche auf das Transportband. »Drückt mir die Daumen.«

»Was geht heute ab, meine Schöne?«

»Das Übliche. Wieder ein Kampf für die gerechte Sache. Und ich zahle viel zu viel für meine Schuhe.« Anne trat durch das Sicherheitsportal, während Tasche und Aktenkoffer durch den Röntgenapparat glitten. »Haben die Herren schon Pläne für das lange Wochenende?«

»Ich würde gern mit Ihnen tanzen gehen«, erwiderte Officer Bonanno und entblößte lächelnd seine dritten Zähne. Die anderen Wachen lachten schallend, mit Stimmen, die von zu vielen Zigarettenpausen am Personaleingang an der Siebten Straße rau geworden waren. Bonanno ignorierte sie fröhlich. »Ich könnte Ihnen den Jitterbug beibringen. Na, wie steht’s, Rotschopf?«

»Ha!«, warf Officer Sean Feeney breit grinsend ein. »Du und die liebreizende Miss Murphy ... Nur in deinen Träumen!« Feeney war ein rotgesichtiger, untersetzter Fünfundsechzigjähriger mit Augenbrauen buschig wie Raupen. »Sie ist ein irisches Mädchen und spart sich für mich auf.« Er wandte sich an Anne. »Ihre Familie kommt aus dem County Galway, stimmt’s, Annie? Sie haben wunderschöne Haut, wie alle Mädchen aus Galway.«

»Galway? Liegt das bei Glendale?«, fragte Anne, und alle lachten. Sie wusste nie, was sie sagen sollte, wenn ihr jemand Komplimente zu ihrem Aussehen machte. Das Röntgengerät spuckte ihre Tasche und den Koffer wieder aus, und sie wollte gerade zugreifen, als zwei Reporter sie einholten. Rasch warfen sie ihre Taschen auf das Fließband und bombardierten Anne mit Fragen.

»Ms. Murphy, möchten Sie einen Kommentar zu der Verhandlung in der nächsten Woche abgeben?« – »Warum will Ihr Mandant keinen Vergleich schließen?« – »Steht dadurch nicht der Börsengang von Chipster auf der Kippe?« Sie redeten alle durcheinander. »Anne, worum geht es bei der heutigen Eingabe?« – »Warum wollen Sie den Geschworenen diesen Beweis vorenthalten?«

»Kein Kommentar.« Anne packte ihre Taschen und wollte vor der Presse Reißaus nehmen, aber wie sich herausstellte, war das nicht mehr nötig. Officer Bonanno stellte sich mit eisigem Blick hinter seinen Bifokalgläsern den Reportern in den Weg.

»Yo, Leute!«, bellte er mit seinem Philadelphia-Akzent. »Ihr kennt die Regeln! So was läuft im Gericht nicht! Wie könnt ihr dieser jungen Dame nur so zusetzen?«

Officer Feeney sah den ersten Reporter stirnrunzelnd an und winkte ihn zu sich. »Kommen Sie mal her, Sir. Ich glaube, ich muss Sie mal gründlich scannen.« Er griff unter die Theke und tauchte mit einem Metalldetektor in der Hand wieder auf. »Kommen Sie schon. Und Sie auch.« Mit dem Gerät winkte er dem zweiten Reporter zu, und die anderen Wachmänner bauten sich hinter ihm auf wie eine altersschwache Phalanx.

»Aber ich gehöre zur Presse!«, protestierte der Journalist. »Ich bin Gerichtsreporter. Sie sehen mich doch jeden Tag. Ich heiße Allen Collins. Wollen Sie meinen Ausweis sehen?« Hinter ihm blieb seine Leinentasche plötzlich im Röntgengerät stecken, und der Sicherheitsbeamte, der den Monitor überwachte, konfiszierte sie kurzerhand. Der Reporter drehte sich verwirrt zu ihm um. »He, Moment mal!«

Officer Bonanno schickte Anne mit neu gewonnener Autorität zu den Aufzügen. »Gehen Sie ruhig weiter, Miss!«

»Danke, Officer.« Anne unterdrückte ein Lächeln, als sie in die Aufzugskabine trat und auf den Knopf für den neunten Stock drückte. Sie hatte nicht um Hilfe gebeten und fühlte sich ein klein wenig schuldig, weil sie sie angenommen hatte. Aber nur ein klein wenig.

Kurz darauf befand sich Anne im neunten Stock und betrat einen geräumigen, modernen Gerichtssaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Der Fall Chipster – Klage wegen sexueller Belästigung gegen Gil Martin, Philadelphias bekanntesten Internetmillionär – hatte seit dem Tag, als die Klage eingereicht worden war, die Aufmerksamkeit der Presse auf sich gezogen. Reporter, Gerichtsmediziner und das Publikum drängten sich auf den polierten, modernen Sitzbänken aus dunklem Holz. Beinahe synchron wandten ihre Gesichter sich Anne zu, als sie den mit Teppichboden ausgelegten Gang hinunterschritt.

Gerichtsdiener in blauen Blazern unterbrachen ihre Unterhaltung über die Prozesslisten, männliche Gerichtsbedienstete rückten ihre neuen Krawatten zurecht, und eine weibliche Gerichtsstenografin warf ihr über die Steno-Maschine giftige Blicke zu. Anne hatte sich an diese Reaktionen gewöhnt: Männer bewunderten sie, Frauen hassten sie. Dennoch war sie – in der rothaarigen Dickköpfigkeit – der rein weiblichen Kanzlei ROSATO & PARTNER beigetreten, aber das war eine andere Geschichte.

Sie trat an den Tisch der Verteidigung, legte Aktenkoffer und Umhängetasche ab und sah hinter sich. Ein junger Mann in einem hellen Sommertrenchcoat saß wie verabredet in der ersten Reihe am Gang, direkt hinter ihr. Anne nickte ihm verstohlen zu, dann setzte sie sich, öffnete den Aktenkoffer und nahm eine Kopie ihrer Eingabe heraus. Die Eingabe und der junge Mann am Gang waren Annes neueste Idee. Chipster.com war ihr erster großer Mandant bei ROSATO, und Gil Martin hatte sie verpflichtet, weil sie einander seit dem Jurastudium kannten. Sie hatte sich noch nie an einem Fall dieser Größe versucht. Zu Anfang fragte sie sich, ob sie sich nicht übernommen hatte. Dann kam sie zu dem Schluss, dass das tatsächlich der Fall war, und hörte auf, sich ständig diese Frage zu stellen.

»Alles Gute zum vierten Juli!«, flüsterte eine Stimme in ihr Ohr, und sie sah auf.

Matt Booker war ein Jahr älter als die achtundzwanzigjährige Anne. Er trat vor sie, mit dunklen, welligen Haaren, hellblauen Augen und Wimpern, die so dicht waren, dass sie an einem Mann die reinste Verschwendung schienen. Anne hätte sich von ihm durchaus angezogen gefühlt – wäre er nicht der Anwalt der Gegenseite gewesen. Matt repräsentierte in diesem Fall die Klägerin, eine Programmiererin namens Beth Dietz, und ihren Ehemann Bill, der als Nebenkläger auftrat. Anne hatte in dem einen Jahr, das sie nun schon in Philadelphia war, keine einzige Verabredung gehabt, doch Matt Booker war der erste Mann, der sie in Versuchung führte. Wirklich und wahrhaftig in Versuchung führte, aber der Vertreter der Gegenseite war absolut tabu.

»Verschwinde«, sagte sie, aber Matt beugte sich noch tiefer zu ihr hinunter.

»Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich dich heute nicht fragen werde, ob du mit mir ausgehst.« Sein Flüstern duftete nach Crest. »Du hast mich 329-mal abgewiesen, und ich entdecke langsam ein Muster dahinter. Klopf mir einfach auf die Finger, wenn ich in Versuchung kommen sollte, dich nochmal zu fragen.«

Anne errötete. »Matt, ist dir je der Gedanke gekommen, dass du gerade im Begriff bist, mich sexuell zu belästigen – und das bei einem Fall von sexueller Belästigung?«

»Komm schon, meine Annäherungsversuche sind dir doch ganz willkommen, oder etwa nicht? Ein wenig zumindest?«

Anne antwortete nicht. Sie musste eine Entscheidung fällen. Es war sehr lange her, seit sie zum letzten Mal jemandem vertraut hatte. Aber sie kannte Matt nun schon fast ein Jahr, seit die Klage in diesem Fall eingereicht worden war. Er war ein zäher Brocken mit reichlich Selbstbewusstsein, und das wusste sie an einem Mann zu schätzen.

»Ein wenig? Ein klitzekleines bisschen bis überhaupt nicht?« Mit einer Hand stützte Matt sich auf dem polierten Tisch ab, und Anne beschloss, es darauf ankommen zu lassen.

»Ist gut. Sobald die Verhandlung vorüber ist, gehe ich mit dir aus. Aber erst danach.«

»Ehrlich?« Matts Stimme brach. Wie süß!, fand Anne. Er trat immer so neunmalklug auf, dass es jetzt den Anschein hatte, als hätte sein glatter Anstrich einen Riss abbekommen. »Anne, hast du etwas eingenommen?«

»Nein.«

»Würdest du diesbezüglich eine eidliche Erklärung unterschreiben?«

»Mach dich jetzt aus dem Staub.« Anne sah sich ihre Unterlagen an. »Ich bereite mich gerade darauf vor, dir gehörig in den Hintern zu treten.«

»Und was ist, wenn ich diesen Fall gewinne?«

»Unmöglich. Erstens bist du im Unrecht, und zweitens hast du es mit mir zu tun.«

»Wie du dich vielleicht erinnerst, habe ich den letzten Antrag auf Zulassung eines Beweismittels gewonnen.«

»Das war nur eine Schlacht, nicht der Krieg.« Anne warf den Gerichtsdienern über ihre Papiere hinweg einen Blick zu. »Jetzt geh weg. Inzwischen haben alle mitgekriegt, dass du flirtest.«

»Du flirtest ja zurück.«

»Ich flirte niemals mit dem Anwalt der Gegenseite.«

»Nicht ich bin die Gegenseite, sondern du«, schnaubte Matt, dann trat er an den Tisch der Kläger. Dahinter befand sich das Podest mit den Plätzen für die Geschworenen. Ein poliertes Mahagonigeländer riegelte vierzehn leere und auf unterschiedliche Höhen eingestellte Drehstühle ab. Anne dachte an den jungen Mann, der hinter ihr saß, und unterdrückte ein aufkeimendes Schuldgefühl. Das war erst das zweite Mal in ihrem Leben, dass sie aufkeimende Schuldgefühle hatte, und mangels Übung war Anne im Unterdrücken nicht besonders gut.

»Bitte erheben Sie sich!«, rief der Gerichtsdiener hinter der Absperrung zum Richterstuhl. Das goldene Siegel der United States Courts stieg wie die Sonne an der getäfelten Wand hinter dem gewaltigen Mahagonirichterstuhl in zeitgemäßem Design auf. An den Wänden hingen die goldgerahmten Porträts früherer Richter, und die dicken Schichten der Ölfarben glänzten in dem gedämpften Licht. Der Gerichtsdiener hatte die Brust weit nach vorn gereckt, als wollte er eine Reihe Orden präsentieren. »Bitte erheben Sie sich! Die Verhandlung ist eröffnet! Der ehrenwerte Albert D. Hoffmeier führt den Vorsitz!«

»Guten Tag, alle miteinander!«, rief Richter Hoffmeier, als er aus der in die Vertäfelung eingelassenen Tür trat, in der Hand einen dicken Ziehharmonikaordner. Die Zuschauer begrüßten den stämmigen, kleinen Richter, der mit emsigen Schritten in den Saal eilte. Der Saum seiner funkelnden schwarzen Robe wischte über den Teppichboden, als er an der amerikanischen Flagge vorbeikam und auf den Richterstuhl stieg. Dann ließ er den Ordner auf den mit Akten übersäten Tisch fallen, setzte sich und schob seine Schildpattbrille hoch.

»Guten Tag, Ms. Murphy.« Richter Hoffmeier lächelte mit strahlenden Augen zu Anne hinunter. Sein drahtiges Haar war mit grauen Strähnen durchzogen, und er trug eine Fliege mit Stars-and-Stripes-Muster – womit er einmal mehr seinen Humor unter Beweis stellte, der in Gerichtskreisen legendär war. »Was haben Sie sich denn für heute Nettes einfallen lassen, junge Dame? Mein Lieblingsfeiertag steht kurz bevor, und eigentlich sollten wir jetzt alle unterwegs sein – um Hotdogs und Sonnenschutzmittel zu kaufen.« Die Zuschauer kicherten, ebenso der Richter. »Ja, ich liebe Sonnenschutzmittel auf meinen Hotdogs.«

Die Zuschauer lachten erneut. Anne erhob sich und trug ihre Papiere zum Rednerpult. »Es tut mir Leid, Sie aufzuhalten, Euer Ehren, aber ich habe eine wichtige Eingabe auf Ablehnung eines Beweismittels. Wie Sie wissen, vertrete ich Chipster.com, die Firma des Angeklagten, und ich bitte das Gericht, die Aussage von Susan Feldman auszuschließen, die von der Klägerin nächste Woche als Zeugin aufgerufen werden soll.«

»Sie denken also, die Geschworenen sollten Ms. Feldman nicht kennen lernen, Frau Anwältin? Falls Richter Hoffmeier von Annes Aussehen beeindruckt war, wusste er das gut zu verbergen, und sie machte sich nicht vor, dass ihn das auf irgendeine Weise beeinflussen könnte. Es brauchte schon mehr als ein hübsches Gesicht, um vor einem Bundesgericht einen Fall zu gewinnen. Für gewöhnlich.

»Keineswegs, Euer Ehren. Ich denke nur, Ms. Feldman und ihre Aussage sollten gemäß Bundesaussagengesetz 401 ausgeschlossen werden, denn ihre Aussage ist irrelevant. Ms. Feldman behauptet, dass einer der Programmierer von Chipster, ein Mann namens Philip Leaver, sie bei einem ziemlich bizarren Zwischenfall sexuell belästigt habe.« Das Zwinkern in den Augen des Richters ließ Anne wissen, dass er die Fakten bereits kannte. »Weder Ms. Feldman noch Mr. Leaver haben mit diesem Fall oder mit den beiden Parteien etwas zu tun. Der Vorfall, der Ms. Feldman betrifft, trat in einer anderen Abteilung auf, zu einer anderen Zeit, mit anderen Beteiligten.«

»Ich habe Ihre Eingabe gelesen.« Richter Hoffmeier klopfte auf den Ziehharmonikaordner. »Gehe ich recht in der Annahme, dass die Firma des Angeklagten den Wahrheitsgehalt des Vorfalls mit Ms. Feldman nicht leugnet?«

»Das ist korrekt, Euer Ehren.« Anne holte tief Luft, um sich zu wappnen. »Wir räumen ein, dass dieser Vorfall stattfand, aber wir verwehren uns dagegen, dass es sich bei ihm um sexuelle Belästigung handelte. Der Vorfall war ein Streich, und obwohl Mr. Leavers Verhalten strafrechtlich kein Vergehen war, fand man es bei Chipster unangemessen und entließ Mr. Leaver noch am selben Tag.«

»Ach ja? Ein Streich?« Richter Hoffmeier lugte amüsiert über den Rand seiner Brille. »Tatsache ist, dass Mr. Leaver splitterfasernackt seinen Bürokubus verließ!«

»Das stimmt.« Anne unterdrückte ein Lächeln, doch die Zuschauer lachten leise. »Aber es war ein Scherz, Euer Ehren. Und nur der Vollständigkeit halber: Mr. Leaver trug um beide Knöchel schmale Bänder, an denen kleine Flügel aus Alufolie befestigt waren.«

»Knöchelbänder mit Flügeln daran. Natürlich. Ein Fan von Hermes oder Pan?« Richter Hoffmeier kicherte abermals, und die Zuschauer ebenso, nun da sie seine richterliche Erlaubnis dazu hatten. »Warum Flügel, Frau Anwältin?«

»Warum nicht, Euer Ehren? Allerdings bezweifle ich, dass Mr. Leaver sich in der Mythologie auskennt. Er ist dreiundzwanzig Jahre alt und schaut einfach zu oft Jackass.«

»Jackass?«

»Das ist eine Sendung auf MTV. Dort fahren junge Männer nackt oder im Gorillakostüm Skateboard.« Anne liebte die Sendung, wollte das jedoch einem sechzigjährigen Richter nicht unbedingt auf die Nase binden. »Nun, Mr. Leaver trat also aus seinem Kubus und stand nur einen Augenblick lang vor Ms. Feldman. Weder sagte er etwas Unangemessenes, noch gestikulierte er obszön. Er schlug nur mit den Armen, als ob er fliegen wollte, was zugegebenermaßen dumm und geschmacklos ist, aber noch kein Verstoß gegen ein Bundesgesetz.«

Richter Hoffmeier prustete los. »Deshalb steckt der NASDAQ also in der Patsche! Das ist die viel gerühmte Internet-Revolution! Weil die Wirtschaft dieses Landes von Kindern geleitet wird, die nur mit Küchenutensilien bekleidet sind!«

Anne wartete, bis das Lachen der Zuschauer abgeklungen war. Die Feiertagsstimmung hatte bereits um sich gegriffen, und sie hoffte, das würde ihr zum Vorteil gereichen. »Es ist wirklich komisch, Euer Ehren, und tatsächlich hat Ms. Feldman das Verhalten von Mr. Leaver als Scherz aufgefasst. Als er mit den Armen wedelte, bekam sie einen Lachanfall, so dass sie von ihrem Stuhl fiel. Mr. Leaver war das dermaßen peinlich, dass er auf die Herrentoilette lief und erst nach Büroschluss wieder herauskam.«

Die Zuschauer lachten jetzt noch lauter, und Richter Hoffmeier ließ das Gelächter verklingen, bevor er wieder ernst wurde. »Tja, diese Situation ist auf jeden Fall einzigartig. Ihr Mandant, Chipster.com, will also nicht, dass Ms. Feldman ihre Geschichte über die Alufolienflügel bei der Verhandlung zum Besten gibt?«

»Nein. Ihre Geschichte, ihre Aussage ist irrelevant. Bei dem anstehenden Fall Dietz gegen Chipster geht es um einen Quidproquo-Fall von sexueller Belästigung, also um sexuelle Belästigung in Verbindung mit einer Gegenleistung. Dabei behauptet die Anklage, Gil Martin, der Vorstandsvorsitzende der Firma, habe Beth Dietz, eine Programmiererin des Unternehmens, zweimal gezwungen, Sex mit ihm in seinem Büro zu haben, ansonsten würde sie ihren Job verlieren. Was zwischen Mr. Martin und Ms. Dietz geschah, werden die Geschworenen zu entscheiden haben. Doch werden wir beweisen, dass die Behauptungen der Anklage jedweder Grundlage entbehren. Aber ob Mr. Leaver sich entblößte, mit den Armen wedelte oder vor Ms. Feldman posierte, macht es weder mehr noch weniger wahrscheinlich, dass Gil Martin Beth Dietz belästigte.«

»Eine ganz normale Relevanzanalyse, was, Ms. Murphy?«

»Genau. Doch nicht immer.« Anne sah kurz auf ihren Schriftsatz. »Obwohl die Aussage im Rahmen der Theorie einer ›feindseligen Arbeitsatmosphäre‹ zulässig wäre, bei der die Anzahl und Intensität angeblicher weiterer Vorfälle eine Rolle spielt, ist sie in diesem Quidproquo-Fall wegen Irrelevanz eindeutig unzulässig.«

Richter Hoffmeier runzelte nachdenklich die Stirn. »Das ist eine ziemlich theoretische Begründung.«

»Ich würde meine Begründung eher als ›präzise‹ bezeichnen, Euer Ehren.« Für Anne war Präzision wichtig – in der Gesetzgebung oder in der Hirnchirurgie ebenso wie bei der Handhabung von Liplinern. Auch wenn der Spaßfaktor der Präzision gleich null war. »Dieser Unterschied ist aufgrund der Wirkung, die die Aussage haben wird, von entscheidender Bedeutung. Der Anwalt der Klägerin wird den Vorfall mit Mr. Leaver dazu verwenden, seine mageren Beweise gegen Mr. Martin zu untermauern.«

Richter Hoffmeier rieb sich das Kinn, das trotz dieser späten Stunde glatt rasiert war. »Gibt es irgendwelche Hilfen von oben, Ms. Murphy? Ich habe keine diesbezüglichen Berufungsfälle gefunden.«

»Ehrlich gesagt, ich auch nicht, Euer Ehren. Ich habe Be cker gegen ARCO angeführt, dieser Fall stützt meine Position, auch wenn der Fall doch ein wenig anders gelagert ist. Er unterstreicht allerdings die Gefahr, Aussagen dieser Art zuzulassen, mit denen die Anklage ein Verschulden des Beklagten nur auf eine Weise beweisen kann, die in höchstem Maße unlogisch ist – Schuld durch Assoziation gewissermaßen.«

»Danke. Ihre Begründung ist mir jetzt klar, Ms. Murphy.« Richter Hoffmeier nickte und wandte sich dem Tisch der Anklage zu. »Wollen Sie fortfahren, Mr. Booker?«

»Natürlich, Euer Ehren.« Matt ging zum Rednerpult, während Anne sich entfernte. »Euer Ehren, mir gefallen Scherze genauso wie jedermann, und ich stimme zu, dass dieser Vorfall für uns heute komisch klingt. Aber im Widerspruch zur Behauptung der Verteidigerin hielt Ms. Feldman diesen angeblichen Streich seinerzeit keineswegs für komisch. Und Mr. Leavers Verhalten würde vor jedem Gericht als unsittliches Entblößen verurteilt werden.«

Richter Hoffmeiers Lippen wurden zu einer dünnen, politisch korrekten Linie der Missbilligung. Anne fragte sich, wie sie ihren Flirtversuch von vorhin rückgängig machen konnte.

»Euer Ehren, wir halten die Aussage von Ms. Feldman für zulässig«, fuhr Matt fort. »Es geht um den Nachweis des ›Umkleidekabinen‹-Tones, der unter den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Chipster.com gepflegt wird. Übrigens auch bei einer steigenden Zahl anderer Internetfirmen. Klagen wegen sexueller Belästigung nehmen in Internetfirmen zu, weil die Computerbranche männlich dominiert ist. Fünfundneunzig Prozent aller Programmierer bei Chipster sind Männer im Alter zwischen einundzwanzig und fünfunddreißig, und keiner der fünfzehn leitenden Angestellten des Unternehmens ist eine Frau. Das führt zu groben, ›typisch männlichen‹ Verhaltensmustern, in denen ein Benehmen wie das von Mr. Leaver und Mr. Martin einen fruchtbaren Nährboden findet.«

»Was ist mit der Ansicht von Ms. Murphy, dass es sich um einen Quidproquo-Fall handelt, nicht um einen Fall über feindselige Arbeitsatmosphäre?«

»Ich stimme mit Euer Ehren darin überein, dass dies eine hypertheoretische Begründung ist. Sexuelle Belästigung ist und bleibt sexuelle Belästigung. Und Becker gegen ARCO hin oder her – auch das dritte Bezirksgericht kann ein Beweismittel, das in einem Fall über feindselige Arbeitsatmosphäre gültig war, in einem Quidproquo-Fall nicht als unzulässig erklären.«

Richter Hoffmeier stützte sein Kinn mit der Hand ab. »Es scheint mir tatsächlich beweiserheblich, insbesondere deshalb, weil es unwiderlegbar ist.«

»Dem stimme ich zu, Euer Ehren. Es ist zudem an den Geschworenen – nicht an einem von uns – zu entscheiden, ob die Firmenkultur bei Chipster dergestalt ist, dass sexuelle Belästigung darin ihren Platz hat. Und der Beklagte im vorliegenden Fall ist der Vorstandsvorsitzende dieser Firma, Gilbert Martin.«

»Danke für Ihre Begründung, Herr Anwalt«, sagte Richter Hoffmeier mit einer gewissen Endgültigkeit in der Stimme. Anne wusste nicht, wie er sich entscheiden würde, aber sie durfte es nicht riskieren, dass sie verlor. Die Zeugenaussage würde ihren Fall ruinieren. Es war Zeit für Plan B.

»Euer Ehren, wenn ich darf, möchte ich diese Begründung widerlegen«, meldete sich Anne zu Wort, und Richter Hoffmeier lächelte.

»Die kämpferischen Iren. Ist gut, Frau Anwältin, aber machen Sie es kurz.«

»Euer Ehren, der Beklagte ist der Ansicht, dass selbst wenn das Gericht die Zeugenaussage für relevant hält, sie gemäß Bundesgesetz 403 ausgeschlossen werden sollte, denn es droht die Gefahr unfairer Vorurteile. Stellen Sie sich vor, wie abgelenkt die Geschworenen angesichts dieser Aussage wären. Euer Ehren, wir sprechen hier von einem nackten Mann.«

Aufs Stichwort stand der junge Mann auf, der hinter Anne im Zuschauerraum saß, trat in den Gang, knöpfte seinen Trenchcoat auf und ließ ihn zu seinen Füßen fallen. Der Mann hatte sandblondes Haar, sah gut aus – und war splitterfasernackt. Die Zuschauer schnappten kollektiv nach Luft, die Gerichtsstenografin presste die Hand auf den Mund, und der Gerichtsdiener griff nach seinen Handschellen, aber Anne fuhr seelenruhig mit ihrer Begründung fort.

»Der Anblick eines nackten Mannes ruft sofortige und völlige Aufmerksamkeit hervor. Es ist ein fesselnder, elektrisierender Anblick, insbesondere in einem Gerichtssaal. Wenn man erlaubt, dass die Geschworenen derart abgelenkt werden ...«

»Was soll das?«, donnerte Richter Hoffmeier. Er reckte den Hals und tastete nach einem Hammer. »Ruhe! Ruhe! Herrgott noch mal, junger Mann, ziehen Sie sich an! Legen Sie Ihre Kleidung an!«

Matt sprang auf die Beine und donnerte mit der Faust auf den Tisch. »Einspruch, Euer Ehren! Das ist eine Ungeheuerlichkeit!«

Im Zuschauerraum setzten tumultartige Unruhen ein, als der nackte Mann seinen Trenchcoat aufhob und davonlief. Mit wedelnden Armen hechtete er den Mittelgang entlang und zu den Doppeltüren hinaus, der Gerichtsdiener dicht auf seinen Fersen. Die Zuschauer brachen in spontanen Applaus aus, und Anne beschloss insgeheim, dem jungen Mann eine Prämie zu zahlen.

»Ruhe!« Abermals klopfte der Richter mit dem Hammer auf den Tisch. »Ich verlange Ruhe in meinem Gerichtssaal! Sie werden sich jetzt alle beruhigen! Sofort!« Er legte den Hammer zur Seite, und sein Gesicht verlor allmählich die rote Farbe. Er rückte seine Brille zurecht und funkelte Anne an. »Ms. Murphy, ich traue meinen Augen nicht! Haben Sie diese lächerliche Einlage arrangiert?«

»Betrachten Sie es als Veranschaulichung, Euer Ehren. Es beweist meine Begründung, dass alles innehält, wenn ein nackter Mann den Gerichtssaal betritt ...«

»War das Mr. Leaver?«, wollte Richter Hoffmeier mit geweiteten Augen wissen.

»Nein, der junge Mann arbeitet für Strippergram. Er singt auch, aber das war in diesem Fall nicht nötig.«

»Ich protestiere, Euer Ehren!«, gellte Matt, aber Richter Hoffmeier winkte ab, ohne den Blick von Anne abzuwenden.

»Ms. Murphy, wollen Sie mir etwa sagen, dass Sie einen Stripper bezahlt haben, um heute hier aufzutreten?«

»Wer würde sich sonst für Geld ausziehen?«

»Ms. Murphy! Dafür könnte ich Sie wegen Missachtung des Gerichts belangen! Sie ins Gefängnis schicken! Mein Gerichtssaal ist keine Peepshow!«

»Es tut mir Leid, Euer Ehren, aber mir fiel keine andere Möglichkeit ein, wie ich es Ihnen sonst hätte verdeutlichen können. Sehen Sie sich doch nur um.« Anne wies auf den Zuschauerraum, in dem noch immer lärmende Unruhe herrschte. Einige Leute standen, andere saßen, alle lachten und unterhielten sich. »Sehen Sie? Der nackte Mann ist nicht mehr da, aber trotzdem sind immer noch alle von ihm abgelenkt. Ich habe gerade eine stichhaltige rechtliche Begründung abgeliefert, als er seinen Mantel fallen ließ, dennoch hörte mir in diesem Augenblick keiner mehr zu, auch Sie nicht.«

Obwohl Richter Hoffmeier sie weiterhin wütend anblickte, fuhr Anne fort.

»Bei allem Respekt, Euer Ehren, was eben geschah, untermauert meine Begründung. Wenn die Geschworenen auch nur an einen nackten Mann denken, werden sie nicht in der Lage sein, sich auf Mr. Martin zu konzentrieren, und über ihn soll hier gerichtet werden. Sobald sich die Geschworenen zur Beratung zurückziehen, werden sie sofort über diese Sache reden. Und um genau das zu verhindern, wurde das Bundesgesetz 403 erlassen.«

Richter Hoffmeier war sprachlos, und Matt kochte. Im Gericht war es plötzlich still, weil alle verblüfft auf Anne starrten. Währenddessen schwieg sie – ganz untypisch für sie – während sie sich fragte, ob sie ihre Kaution wohl mit ihrer Visa-Karte bezahlen durfte. Nach einer Minute seufzte Richter Hoffmeier auf, rückte seine Brille unnötigerweise zurecht und sah Anne in die Augen.

»Ms. Murphy, ich werde diese Art von Unsinn in meinem Gerichtssaal nicht dulden. Ich bevorzuge eine entspannte Atmosphäre, aber Sie haben das ganz offensichtlich falsch verstanden.« Der Richter nahm die Schultern unter seiner voluminösen Robe zurück. »Ich erlege Ihnen daher wegen Missachtung des Gerichts ein Bußgeld in Höhe von fünfhundert Dollar auf. Danken Sie Ihrem Schutzengel, dass ich Sie nicht übers Wochenende hinter Gitter bringe. Aber wie ich schon sagte, ist der vierte Juli mein Lieblingsfeiertag, und jeder Amerikaner sollte an diesem Tag seine individuelle Freiheit feiern. Selbst Amerikaner, die auf so absurde Weise frei oder freizügig sind wie Sie.«

»Danke, Euer Ehren«, sagte Anne. Die fünfhundert Dollar würde sie von ihrem Sparkonto abheben müssen, dann blieben noch 17 Dollar 45 auf dem Konto. Sie konnte das Bußgeld, das ihr den Knast ersparte, schlecht ihrem Mandanten berechnen. Anne war sich ziemlich sicher, dass es eigentlich anders herum zu laufen hatte.

»Und Ms. Murphy: Sie sind jetzt auf Bewährung.« Richter Hoffmeier fuchtelte mit einem Finger in der Luft. »Ich werde eine solche Darbietung in meinem Gericht nicht wieder tolerieren. Die nächste ›Zurschaustellung‹ dieser Art befördert Sie direkt ins Gefängnis.«

»Ich habe verstanden, Euer Ehren.«

»Gut.« Richter Hoffmeier hielt kurz inne. »Also, was nun die Eingabe der Verteidigung anbelangt, die Zeugenaussage auszuschließen, so gebe ich ihr hiermit statt, wenn auch nur zögerlich. Ich hasse es, das Fehlverhalten von Ms. Murphy auch noch zu belohnen, aber ich kann den Angeklagten nicht für die Verrücktheiten seiner Verteidigerin bestrafen. Ich entscheide daher, dass Ms. Feldman bei der Verhandlung nicht aussagen darf und dass nächste Woche keine nackten Männer als Beweismittel zugelassen sind. Ich will sie weder zu sehen bekommen noch von ihnen hören. Das Urteil ist gesprochen!« Richter Hoffmeier schlug mit dem Hammer auf und schüttelte den Kopf.

»Danke, Euer Ehren.« Anne hätte jubeln mögen, verkniff es sich jedoch. Sie hatte gewonnen. Gewonnen!

Matt erhob sich kurz und knurrte. »Danke, Euer Ehren.«

»Und nun, Ms. Murphy, verschwinden Sie aus meinem Gerichtssaal, bevor ich mich eines Besseren besinne.« Richter Hoffmeier erhob sich und verließ den Richterstuhl. »Schönen Feiertag, alle miteinander.«

Als der Richter gegangen war, stand Anne auf. Plötzlich spürte sie eine sanfte Berührung auf ihrem Rücken und drehte sich um. Zwei Anwälte in schicken Anzügen standen hinter ihr. Sie verströmten eine Aura von Macht und Erfolg und frequentierten augenscheinlich dieselbe Maßschneiderei.

»Das war erstaunlich, Anne!«, sagte der eine und berührte sie wieder, obwohl sie ihn gar nicht kannte. Er trug ein eingeübtes Lächeln im Gesicht und einen Ehering am Finger.

Der andere Anwalt trat näher. »Entzückend! Wie sind Sie nur auf diese Idee gekommen? Und sind wir uns nicht schon einmal begegnet ...«

»Danke«, erwiderte Anne höflich, aber ihr war nicht danach, in einem Bundesgerichtssaal aufgerissen zu werden, außer von Matt Booker. Sie lugte über die gepolsterten Schultern der beiden zu Matt hinüber, der vor seinem Aktenkoffer saß und Papiere hineinschob. Sie winkte, versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen, aber seine Stirn war von Zornesfalten durchzogen, und er sah nicht auf.

»Woher haben Sie den Mut genommen, das durchzuziehen?«, fragte der Verheiratete, aber Anne trat um ihn herum.

»Matt!«, rief sie, doch er packte seinen Aktenkoffer, eilte den Mittelgang entlang und verließ den Saal durch die Doppeltüren. Anne lief ihm nicht nach. Sie konnte sich nicht dafür entschuldigen, dass sie ihren Mandanten vertrat. Sie konnte nicht sagen, dass es ihr Leid tat, gewonnen zu haben. Mit einem Mal war sie sich der beiden Anzüge vor ihr bewusst, dass der ganze Zuschauerraum sie anstarrte und dass mehrere Reporter mit gezückten Notizblöcken auf sie zustürmten.

»Anne«, sagte der verheiratete Anwalt leise, »ich habe mich gefragt, ob Sie heute Abend schon etwas vorhaben. Ich würde Sie gern einladen, um Ihren Sieg zu feiern.«

Ein Reporter stieß ihn mit dem Ellbogen zur Seite und stürmte auf Anne ein. »Ms. Murphy, das war großartig! Was für ein Coup! Wie lautet der Name des Strippers?« Die Presse umschwirrte sie wie Literaturagenten einen Pulitzerpreisträger. »Haben Sie damit gerechnet, ins Gefängnis zu müssen?« – »Was hält Ihr Mandant von dieser Nummer?« – »Wären Sie diese Woche zu einem Fotoshooting bereit, für unsere Ausgabe mit den ›heißesten Erfolgsanwärtern‹?«

Anne bahnte sich ihren Weg zum Tisch der Verteidigung zurück, um ihren Aktenkoffer und die Umhängetasche zu holen, beantwortete keine der Fragen und ignorierte alle Blicke. Sie schaltete die Welt um sich herum aus, was ihr, wie immer, das Gefühl bescherte, innerlich abgestorben zu sein. Aber wenigstens hatte sie die Eingabe gewonnen, und sie verdiente es zu gewinnen. Auch ohne einen Präzedenzfall wusste Anne tief in ihrem Herzen, dass sie Recht hatte.

Mentale Notiz: Nur eine schöne Frau kann die wahre Macht eines nackten Mannes verstehen.

Mord mit kleinen Fehlern

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