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b) Die Eucharistiefeier und die eucharistischen Gaben sind von epikletischer Wirklichkeit (1) Die Eucharistiefeier als epikletische Wirklichkeit
ОглавлениеAuch die Kirche, soweit sie aus Menschen besteht, steht mit leeren Händen vor der Freiheit Gottes. Sie kann ihm nur in Bitte und Dank begegnen. Sie wird damit, wie wir gesehen haben, einer Grundwirklichkeit menschlicher Existenz gerecht. Der Mensch lebt nicht aus sich, sondern immer von einem anderen her, letztlich von einem, der größer ist als er, der umfassender weiß, wer der Mensch ist und der die selbstlose Liebe ist, weil er nichts braucht. In der Meßfeier bekennt der Mensch, daß er nur dann frei ist, wenn er nicht mehr sich selber und seinem Egoismus leben muß, sondern von einem anderen her auf einen anderen hin: »Damit wir nicht mehr uns selber leben, sondern ihm, der für uns gestorben und auferstanden ist, hat er von dir, Vater, als erste Gabe für alle, die glauben, den Heiligen Geist gesandt, der das Werk deines Sohnes auf Erden weiterführt und alle Heiligung vollendet« (IV. Hochgebet). Im Blick auf diese Heiligung betet die eucharistische Liturgie um den Heiligen Geist in doppelter Weise: Einmal in der sogenannten Wandlungsepiklese über den Gaben: »Ja, du bist heilig, großer Gott, du bist der Quell aller Heiligkeit. Darum bitten wir dich: Sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus« (II. Hochgebet). Zum anderen in der sogenannten Kommunionepiklese nach dem Einsetzungsbericht: »Wir bitten dich: schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut und laß uns eins werden durch den Heiligen Geist« (II. Hochgebet). Die Kommunionepiklese kann auch anders lauten, hat aber das gleiche Anliegen: »Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus« (III. Hochgebet). Der Heilige Geist ist es also, der unsere leeren Hände und Herzen füllt mit Jesus, der die selbstlose Liebe des Vaters an die Menschen gelebt hat und ist. In unserem Bitten um die selbstlose Liebe Gottes wird dieser Christus im Heiligen Geist in der Feier aktuell und in den Gaben sakramental gegenwärtig. Nach dieser Erfahrung dreht sich unsere existentielle Frage »Wer liebt mich?« um in den lobpreisenden Dank an Gott, der in Christi Leben seine selbstlose Liebe zu uns bis zum Kreuz bewiesen hat. Die selbstlose Liebe des Vaters hat auf den Sohn verzichtet, um in ihm alle Menschen anzunehmen. Der Sohn hat auf seine Herrlichkeit beim Vater verzichtet, wird Mensch und stirbt als die Menschen Liebender ungeliebt, um seine Selbstlosigkeit uns zu zeigen. Und der Heilige Geist zeigt seine Selbstlosigkeit, indem er uns nicht besetzt wie böse Geister den Menschen besetzen; der Heilige Geist macht unsere Hände leer und rein, damit wir für die uns geschenkte Liebe Jesu bereitet sind und sie nicht selbst korrumpieren und zerstören. Die Eucharistiefeier ist Feier einer Wandlung: die Unfähigkeit des Menschen zur Liebe wird durch die selbstlose Liebe Gottes in Selbstlosigkeit, d. h. in selbstlose Freiheit und so in Liebesfähigkeit des Menschen gewandelt.