Читать книгу Trigan, der Dreihornsaurier - Lothar Streblow - Страница 12
Nachwuchs
ОглавлениеEin regenschwerer Himmel hing über dem Uferwald. In der Nacht war der Wind verstummt. Fast bewegungslos wölbte sich das Blätterdach. Und doch war da ein Geräusch, das eintönige Geräusch fallender Tropfen. Und der unaufhörlich rinnende Regen übertönte jeden anderen Laut.
Schläfrig hob Trigan seinen Kopf aus dem nassen Grün, schob mit dem Nasenhorn träge einen herunterhängenden Zweig zur Seite. Aber es war nicht nur das trommelnde Getropf auf einer schutzlosen Haut, nicht nur der Regen, der ihn geweckt hatte.
Eine seltsame Unruhe schien aus dem Boden zu dringen, ein unheimliches Vibrieren. Der Boden unter seinen Füßen begann zu zittern. Und plötzlich erschütterte ein dumpfer Stoß die regennasse Erde.
Auch die anderen wurden jetzt wach. Unweit von Trigan stemmte seine Mutter ihren mächtigen Körper hoch. Der riesige alte Trunar stand bereits, lauschte wachsam in die Gegend.
Doch es war nur ein schwacher Erdstoß, ein ungefährlicher Ausläufer. Das Zentrum des Erdbebens lag weit entfernt in dem sich allmählich aufwölbenden Gebirge. Es folgte kein zweiter Stoß. Und Trunar beruhigte sich wieder.
Trigan spürte, daß keine Gefahr mehr drohte. Die Großen wandten sich behäbig dem Futter zu. Und hungrig begann Trigan, unter dem nässetriefenden Farn nach jungen Trieben zu suchen. Dabei stolperte er über eine schlafende Schildkröte, die sich darunter verkrochen hatte. Und er erschrak, als sie ihn vernehmlich anfauchte.
Vorsichtig trat er zur Seite. Erst jetzt erkannte er, worüber er gestolpert war. Vor Schildkröten hatte er keine Angst. Immerhin wußte er, daß sich außer seinen Gefährten auch noch andere Tiere im Uferdickicht aufhielten; und die konnten gefährlicher sein.
Sicherheitshalber blieb er in der Nähe der Großen. Im verschwommenen Grau des Regens war ohnehin nicht viel zu sehen, das Flußufer kaum zu erkennen. Und in Ufernähe konnten Krokodile auf der Lauer liegen.
Doch was dort auf hohen Beinen schattenhaft aus dem Grau auftauchte, waren keine zweibeinigen Raubechsen. Ein paar harmlose Anatosaurier liefen mit raschen Schritten dem Ufersaum zu und verschwanden im aufspritzenden Wasser.
Gemächlich fraß Trigan eine Gasse in das Grün. Er war noch lange nicht satt, als ein neues Geräusch durch den rauschenden Regen drang: ein dumpfes Dröhnen, kein verhallender Stoß, eher ein anhaltendes Trampeln, das näher kam. Es hörte sich an wie das Stampfen schwerer Füße. Und angstvoll drängte Trigan sich mit gesenkten Hörnern durch das zurückschnellende Gezweig zu den Großen.
Der alte Trunar aber blieb ruhig. Mit hocherhobenem Kopf lauschte er in die Richtung des Dröhnens. Er schien die Geräusche zu kennen. Ohne große Eile lief er ihnen entgegen. Und die anderen folgten ihm.
Weiter landeinwärts lichtete sich das Uferdickicht. Unter weit ausladenden Baumkronen wurde die Landschaft übersichtlicher. Zwischen dem regennassen Niederwuchs erkannte Trigan die Umrisse massiger Gestalten mit spitzen Hörnern vor dem breiten Knochenkragen.
Es waren Dreihornsaurier, nur eine kleine Gruppe: die Weibchen, die in der Savanne bei den Gelegen zurückgeblieben und, als die Jungen ihre Eierschalen durchbrochen hatten, mit ihnen der Herde gefolgt waren.
Zunächst sah Trigan nur die Großen, die den Unterwuchs weit überragten. Erst als er dicht vor ihnen stand, stutzte er. Zwischen ihren riesigen tonnenschweren Leibern tappten auf winzigen Füßen einige offenbar erst vor kurzer Zeit geschlüpfte Junge. Und die Kleinen hatten sichtlich Mühe, sich durch das niedergetrampelte Halmgewirr einen Weg zu bahnen.
Neugierig trat Trigan näher heran. Gegen diese im nassen Grün fast verschwindenden Babys wirkte er selbst schon beinahe riesig, obwohl er ja auch erst einige Sonnenjahre alt war. Und die Kleinen blickten ängstlich zu ihm auf. Noch fehlte ihnen die Vertrautheit.
Viel Zeit aber blieb Trigan nicht. Die Herde stampfte weiter, diesmal in geschlossener Formation, die Jungen schützend in der Mitte. Sie suchte einen vom Niederwuchs freien Platz, wo nahende Feinde rechtzeitig zu erkennen waren. Hier lagerte sie sich im strömenden Regen rund um die Jungen. Nach dem anstrengenden Marsch durch die unwegsame Wildnis brauchten die Kleinen erst mal Ruhe.