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Trigem

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In den schrägen Strahlen der Morgensonne glitzerte Tau am Halmgewirr der weiträumigen Lichtung, einem alten Windbruch mit modernden Stämmen, überwuchert von Grün. Insekten umsummten Magnolienblüten. Zikaden lärmten in den Zweigen. Im Farn raschelten Eidechsen, krochen, noch nachtträge, zu sonnigen Flecken, um sich aufzuwärmen. Und in der lauen Luft schwebten Vogelstimmen.

Auch am Rand des lichten Waldes aus Eichen und Ahorn am Fuß der hochragenden Bergkette regte sich etwas, erhoben sich seltsame Wesen nach ausgedehntem Schlaf. Noch herrschte in dieser Welt vor rund fünfundsechzig Millionen Jahren, zur Zeit der Oberkreide, als Europa noch Teil eines riesigen Eurasien und Nordamerika umfassenden Superkontinents war, ein fast subtropisches Klima. Erst in der Endphase der Oberkreide begann es allmählich kühler zu werden. Und die bizarren Wesen, die diese menschenleere, urwüchsig wilde Landschaft bevölkerten, zählten zu den letzten der mächtigen Dinosaurier.

Es waren Gestalten von furchterregendem Aussehen. An dem gewaltigen tonnenförmigen Rumpf saß vorn ein wuchtiger Schädel mit einem um die Nackenpartie aufgewölbten Knochenkragen. Aus dem Stirnbein wuchsen zwei lange spitze Hörner und ein drittes kleineres aus dem Nasenbein über dem papageienschnabelartig geformten Maul. Ihre kurzen kräftigen Beine waren wie der Rumpf und der nachgeschleppte Schwanz mit dicker Haut überzogen. Die größten unter den Ceratopsiern maßen sieben bis zehn Meter und wogen bis zu zehn Tonnen. Und doch waren sie im Grunde harmlose Wesen, die sich nur von Pflanzenkost ernährten.

Nicht alle aber besaßen diese Ausmaße. In der Herde am Waldrand gab es nahezu alle Altersstufen: Erwachsene, Halbwüchsige und ganz Junge. Und die Schwächeren hielten sich, von den Großen beschützt, in der Mitte: auch Trigan, ein noch sehr junger Triceratops. Hier fühlten sie sich sicher vor den Angriffen der riesigen Raubsaurier.

Lange war es noch nicht her, daß Trigan seine Eierschale durchbrochen hatte: erst wenige Sonnenjahre. Noch waren seine Hörner klein, taugten kaum zur Verteidigung. Nur manchmal übte er schon mit Altersgefährten die späteren Paarungskämpfe. Doch das war nur Spiel, verspieltes Lernen zum Überleben in der Wildnis.

Im Moment war ihm nicht nach Spielen zumute. Sein Magen knurrte vernehmlich. Nach der durchschlafenen Nacht spürte er Hunger. Und hier an dem von vielen Füßen zertrampelten Waldrand gab es kaum etwas Frisches.

Unbekümmert stapfte Trigan aus dem schützenden Kreis der noch schlafträgen Großen hinaus auf die Lichtung, bahnte sich einen Weg durch das niedergetretene Pflanzengewirr. Insekten umschwirrten ihn, doch sie störten ihn nicht.

Wohlig spürte er die Sonne auf seiner nachtkühlen Haut, genoß die Wärme. Geschickt schnitt er mit seinem scharfrandigen Schnabelmaul ein Büschel Halme ab. Das frische Grün behagte ihm. Und gierig schnappte er nach dem nächsten saftigen Büschel.

Mit einemmal spürte er, daß er nicht allein war auf der Lichtung. Ganz in der Nähe bewegte sich etwas zwischen den ausladenden Fächern der Farne. Und das war kein Gefährte aus seiner Herde. Was da seine spitze, mit struppigem Fell bedeckte Schnauze aus dem Grün schob, war ein etwas mehr als rattengroßes Säugetier: ein Zalambdalestes, ein früher Insektenfresser. Als es den hornbewehrten Trigan entdeckte, machte es raschelnd kehrt und verschwand flink im Dickicht.

Doch das Rascheln verstummte nicht. Hier waren noch andere Wesen auf Nahrungssuche. Eine massige Schildkröte wuchtete ihren buckligen Panzer durch das Halmgewirr, blickte aus kleinen dunklen Augen zu Trigan empor. Diese Tiere kannte Trigan; vor ihnen spürte er keine Angst. Gemächlich futterte er weiter an einem Blattrest, während die Schildkröte schwerfällig an ihm vorbeikroch.

Allmählich verklang das Rascheln. Doch plötzlich dröhnte der Boden unter Trigans Füßen. Die Halme rundum zitterten. Vom Waldrand näherte sich dumpfes Stampfen.

Trunar, der größte der Dreihornsaurier, trampelte mit wuchtigen Schritten auf die Lichtung, gefolgt von Trigans Mutter und der übrigen Herde. Mit gesenktem Kopf warf Trunar nur einen kurzen Blick auf den gegen ihn winzig wirkenden Trigan und trampelte weiter. Morsche Äste brachen krachend, wo seine mächtigen Füße auftraten. So bahnte er sich einen Pfad durch das Dickicht, bis er an einem breitgefächerten Farn stehenblieb und ihn büschelweise abriß.

Das war auch für die anderen das Signal. Die ganze Herde begann am wuchernden Grün ihre Morgenmahlzeit. Und Trigan beeilte sich, durch die freigetrampelte Gasse hinterherzurennen. Im Schutz der Großen fühlte er sich sicherer.

Trigan, der Dreihornsaurier

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