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Honig mit Bienen

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An diesem Abend kehrte die Bärin mit ihren Kindern nicht zur Höhle zurück. Bis weit in die Dämmerung streifte sie durch das Tal. Ein lauer Wind wehte von Südwesten, trieb faserige Wolkenfetzen vor die Mondsichel. Von irgendwoher erklang ein Eulenruf. Und als die Bärin spürte, daß ihre Kinder müde wurden, suchte sie im weichen Moos unter überhängendem Fels einen ruhigen Schlafplatz.

Barro kuschelte sich dicht an den warmen pelzigen Bauch seiner Mutter. Hier fühlte er sich geborgen. Nur war es anders als in der alten Höhle.

Die Geräusche der Nacht klangen deutlicher. Und es war heller. Sterne funkelten kalt am nachtschwarzen Himmel. Und manchmal wehte der Wind von fern die Schritte eines nächtlichen Tieres zu den Schläfern herüber.

Die Bärin schnarchte mit tiefem grollendem Ton. Das war ein vertrautes Geräusch. Barro lag auf der Seite, hatte seinen Kopf auf seine kleinen Tatzen gelegt und schlief. Und er schlief tief und fest, bis ein schräg einfallender Sonnenstrahl ihm die Nase wärmte.

Verdutzt blinzelte Barro in das helle Licht. Eine dicke Fliege summte an seinem Ohr, übertönte das Schnarchen seiner Mutter. Burri wälzte sich unruhig im Schlaf. Und draußen im Wald begann ein Specht zu hämmern.

Jetzt wurde auch die Bärin munter. Behutsam schob sie ihre Kinder zur Seite und setzte sich auf, schnupperte die frische Morgenluft. Und sie horchte aufmerksam auf die Geräusche. Doch außer den morgendlichen Vogelstimmen und dem Knuspern eines Eichhörnchens in einer nahen Fichte war nichts zu hören. Aber sie sah etwas, sah unter dem Felsvorsprung hervor unweit einen Fuchs vorüberschnüren. Und ein Stück weiter wanderten ein paar Nebelkrähen, emsig Futter suchend, durch das üppig wuchernde Gras am Bachufer.

Inzwischen war auch Burri erwacht. Und gemeinsam mit ihrem Bruder stupste sie ihre Mutter energisch vor den Bauch. Die beiden wollten ihre Morgenmilch.

Brummelnd ließ die Bärin ihre Kinder trinken. Dann erhob sie sich ungeduldig. Sie hatte selbst Hunger. Mit ziemlicher Eile verließ sie den Unterschlupf und verdrückte Unmengen taufrisches Grün. Zeternd stiegen die Nebelkrähen auf. Und der Fuchs flüchtete in den Wald.

Aufmerksam sah Barro seiner Mutter zu. Für Grünzeug interessierte er sich noch nicht, auch nicht für summende Insekten. Aber als die Bärin mit der Tatze einen Stein umwendete und die darunter wuselnden Ameisen ableckte, tappte er neugierig näher. Er wollte wissen, was seine Mutter so genießerisch schleckte. Aber er sah nur den Stein; von den Ameisen war schon nichts mehr zu sehen.

Mit einemmal hob die Bärin schnüffelnd ihre Nase. Sie hatte offenbar etwas gewittert. Zielsicher stapfte sie auf einen hohlen Baumstumpf zu. Barro tappte mit Burri direkt hinter ihr. Und je näher sie herankamen, desto lauter erhob sich ein merkwürdiges Summen.

Ohne Zögern grub die Bärin ihre Pfoten in den Baumstumpf, fetzte das morsche Holz auseinander. Splitter flogen umher. Und dazwischen flog noch anderes. Und das summte und surrte und setzte sich überall hin.

Barro spürte einen schmerzhaften Stich in der Nase. Und dann noch einen, immer mehr. Verzweifelt versuchte er, die Bienen abzuwehren, schüttelte wie wild seinen Kopf und fuchtelte mit den Pfoten. Doch die Bienen zerstachen jeden Fleck, den sie erreichen konnten.

Nun bohrte die Bärin ihre Schnauze in das Holz, schmatzte und schleckte. Und als sie wieder auftauchte, glänzte ihre Schnauze, klebte ihr Gesicht von Honig. Das roch gut und süß, unheimlich süß. Barro schnupperte gierig. Und er leckte mit seiner kleinen Zunge, leckte das duftend verklebte Fell seiner Mutter. Burri leckte ungestüm von der anderen Seite. Und das schmeckte, schmeckte so gut, daß sie darüber die Stiche vergaßen.

Erst als in dem Baumstumpf nichts mehr zu holen war und die drei vor den wütenden Bienen flüchteten, spürte Barro den Schmerz: in seiner Nase, seinen Ohren und auf seiner Zunge. Doch immer wieder versuchte er, noch einen Honigrest aus dem Pelz seiner Mutter zu schlecken.

Barro, der Braunbär

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