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Milch im Meer

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Augenblicke später tauchte Dolan schon wieder ab, folgte dem schlanken Körper seiner Mutter wie ein Schatten. Ein leichter Schlag mit der Fluke, seiner kleinen Schwanzflosse, genügte, um ihn in ihrer Nähe zu halten. Keine Sekunde ließ seine Mutter ihn dabei aus den Augen. Ständig kontrollierte sie mit zarten Lauten seine Nähe, streichelte mit ihren Flippern sanft seine seidige Haut. Und Dolan fühlte sich geborgen in ihrem Schutz.

Allmählich aber spürte Dolan die Anstrengung, selbst im Meer zu schwimmen. Und ein leeres Gefühl in seinem Magen beunruhigte ihn. Jetzt bekam er Hunger.

Aber seitlich über der Rückenfinne seiner Mutter gab es keine Milch. Das merkte er sehr schnell. Mit einem kurzen Flukenschlag glitt er um sie herum an ihre Bauchseite, stupste mit seiner kleinen Schnauzenspitze gegen ihre nasse Haut.

Dolans Mutter reagierte sofort. Sie wußte, was Dolan wollte, schwamm mit leicht zur Seite gekehrtem Bauch dicht unter der schimmernden Wasseroberfläche. Instinktiv tastete Dolan nach ihren Zitzen. Und er fand, was er suchte, spürte einen warmen Strom über seine Zunge gleiten. Und in gierigen Zügen trank er die fette Milch.

Aber Milchtrinken unter Wasser war gar nicht so einfach. Immer wieder mußte Dolan zwischen den einzelnen Schlucken abbrechen und zum Luftholen auftauchen. Doch seine Mutter erleichterte ihm die Mühe. Sie tauchte im gleichen Rhythmus mit ihm auf. So kam Dolan schnell wieder zu seiner Milch. Und schon nach kurzer Zeit hatte er sich an den Rhythmus von Trinken und Atmen gewöhnt.

Als er endlich satt war, fühlte er sich schläfrig. Schwimmen und Atmen und Trinken, das alles war sehr anstrengend. Aber auch das spürte seine Mutter. Sie nahm es auf die den Delphinen eigene Weise wahr. Sie holte Luft und tauchte genau unter ihn. Und dort blieb sie, hielt gleichmäßig Dolans träges Tempo.

Plötzlich fühlte Dolan sich angehoben, fühlte die seidenweiche Rückenhaut seiner Mutter unter seinem Bauch. Sie nahm ihn huckepack, trug ihn auf ihrem Rücken, mit seinem Atemloch knapp über der Wasseroberfläche. So konnte er atmen, während er schlief, bekam genug Luft. Und schon Augenblicke später war er eingeschlafen.

Lang aber währte seine Ruhe nicht. Auch seine Mutter mußte atmen, spätestens nach sieben Minuten. Behutsam glitt sie schräg nach oben, hob Dolan dabei fast völlig aus den leise schwappenden Wellen.

Dolan erschrak, riß die Augen auf. Grelles Licht umflirrte ihn, auf der Dünung tanzende Sonnenflecken, dazwischen glitzernde Tröpfchennebel: die verwehende Blaswolke seiner Mutter. Und er spürte ihre beruhigenden Laute, während sie wieder abtauchte.

Wasser umströmte Dolans Flanken, ließ nur sein Atemloch frei. Dolan schloß die Augen. Er begriff, daß er schlafen durfte, gewiegt vom Atemrhythmus seiner Mutter. Und wieder schlief er ein, ohne zu erschrecken, wenn sie auftauchte und ihn an die Luft hob. Er hielt die Augen geschlossen. Nur die zahllosen Laute ringsum im Meer spürte er bis in den Schlaf.

Meilenweit trug die Mutter ihr schlafendes Kind, nur begleitet von den beiden Weibchen. Dabei hielt sie sich nahe der Küstenlinie im Flachwasser, wo sie sicher war vor Haien. Die anderen jagten sich spielerisch in der Mitte der Bucht, jagten sich gegenseitig auf den Strand zu.

So näherte die Gruppe sich allmählich den drei Weibchen. Ihre Signale klangen lauter. Und die drei Weibchen verstanden, schlossen sich den anderen an, hielten sich aber mehr am Rand der Gruppe. Auch sie reizte das Spiel.

Plötzlich riß ein lauter Knall Dolan aus dem Schlaf. Erschrocken blickte er sich um. Seewärts wimmelte es von gleitenden Schatten, von wasserdurchfurchenden Rückenfinnen, verwehenden Blaswolken. Kraftvoll kam ein Tümmler nach oben, schlug mit der Fluke aufs Wasser, laut knallend. Andere machten es ihm nach, knallten ihre Fluken in die aufspritzende See. Dolan begriff, daß es ein ausgelassenes Spiel war. Und er verlor seine Angst vor dem Lärm.

Nur mit dem Schlafen war es vorbei. Auch als seine Mutter sich ein Stück von der übermütig tobenden Gruppe entfernte, blieben die Geräusche noch laut genug. Neugierig sah Dolan hinüber, beobachtete die schlanken, schaumumfluteten Gestalten, wie sie sprangen und tauchten. Und ein wenig knallte auch er mit seiner kleinen Fluke.

Noch war alles sehr anstrengend, zehrte an seinen Kräften. Geschickt ließ er sich vom Rücken seiner Mutter heruntergleiten und tauchte unter ihren Bauch. Er hatte schon wieder Hunger.

Dolan, der Delphin

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