Читать книгу Zwillinge - Lotte Dalgaard - Страница 3
ОглавлениеKapitel 1
Die Erinnerung überkommt mich, als ich Brennholz hacke. Für gewöhnlich kann ich sie abschütteln, sie ignorieren, aber nicht heute. Heute drängt sie sich auf. Ich habe so ein Gefühl, warum es gerade jetzt sein muss und beschließe, nicht dagegen anzukämpfen. Ich staple das gehackte Brennholz und nehme mir Zeit zurückzudenken…
Ich ballte meine Hände unter der Decke zu Fäusten. Ich war gerade dabei gewesen mich zu entspannen und einzuschlafen. Aber dann hörte ich die Schritte auf der Treppe und mein Körper wurde steif, ich begann zu schwitzen und mir wurde schlecht vor Angst, denn ich wusste, wie die nächste Stunde meines Lebens verlaufen würde.
Die Klinke zu meiner Zimmertür würde heruntergedrückt und die Tür geöffnet werden. Der große Mann würde den ganzen Raum mit seinem mächtigen Körper und seinem scharfen Geruch nach Bier, Tabak und Schweiß einnehmen.
Die borstigen Haare an seinen Wangen kratzten, das konnte ich noch merken, bevor er mich auf den Bauch drehte und mein Gesicht tief ins Kissen drückte, damit niemand mein Schluchzen hören konnte. Ich hatte mir angewöhnt mir vorzustellen, dass ich ein Ritter war in einem Land voll Krieg, wo der Lärm von Pferdehufen, brennenden Häusern und einer schreienden Menschenmenge die beklemmenden Geräusche in meinem Zimmer in der ersten Etage eines alten Hauses in einer Spielstraße der Kopenhagener Vorstadt übertönten.
Und natürlich würde mich das Schwert des Gegners verletzen,
auch dieses Mal. Aber der Schmerz wäre der eines tapferen, kämpfenden Ritters, ein Schmerz, den ich mir im heldenhaften Kampf zuzog und nicht der erniedrigende Schmerz der Lanze des großen Mannes, die mein Innerstes durch meinen kleinen Kinderpo durchbohrte.
Endlich war es vorbei. Die Schlacht war ausgefochten und ich lag blutend auf dem Schlachtfeld, mir selbst überlassen, obwohl ich von Menschen umgeben war, die mich angeblich liebten: Mama, große Schwester, Oma. Sie glaubten ja bloß, Opa läse mir eine Gutenachtgeschichte vor. Von tapferen Rittern, spitzen Lanzen, arglistigen Jungfrauen und dem süßen Traum von Rache.