Читать книгу Zwillinge - Lotte Dalgaard - Страница 8
ОглавлениеKapitel 6
Bent Jakobsen trank den letzten kalten Schluck Kaffee aus seinem Becher, stand von dem Klappstuhl in der Küche auf und nahm die Thermoskanne mit dem frischen, warmen Kaffee vom Küchentisch, die seine Frau dort hingestellt hatte. Er ging hinaus in den Eingangsbereich, stellte die karierten Pantoffeln ins Schuhregal und zog die weichen Holzschuhe, die hinten offen waren, an. Dann nahm er seine Windjacke vom Bügel, steckte den Kopf noch einmal durch die Küchentür, um seiner Frau, Birthe, tschüss zu sagen, die an der Spüle einen Eimer mit Wasser füllte. Er bekam ein „Tschüss, mein Freund, hab einen guten Tag“ zurück. So wie immer.
Birthe war eine gute Frau, sie war eine gute Mutter für ihre Söhne gewesen, die schon längst nicht mehr bei ihren Eltern wohnten. Sie hatten sich einfach nicht mehr so viel zu sagen. Hatten sie das jemals? Aber zum Teufel noch eins, wer hatte schon Lust auf das dauernde Palaver. Davon hatte er schon genug im Taxi, das er täglich von 9 bis 17 Uhr fuhr.
Bent setzte sich in den Wagen, den die Nachtschicht auf dem Parkplatz vor der Wohnung im Wohnkomplex in Asminderød abgestellt hatte, wo Birthe und er seit fast acht Jahren wohnten, nachdem sie das Haus in Hillerød, in dem die Kinder aufgewachsen waren, verkauft hatten. Der Kollege wohnte im selben Wohnkomplex, das war sehr angenehm.
Bent stellte den Sitz auf seine kurzen Beine und seinen großen Bauch ein. Er machte das Radio an, genau in dem Moment begannen die Nachrichten.
„Zwei junge Mädchen verschwunden. Hier in der Nachbarschaft. Schöne Scheiße“, dachte Bent Jakobsen und fuhr auf dem Königsweg Richtung Fredensborg.
Die Massen von Polizei und Presse erinnerten einen an das Aufgebot, das aufgefahren wurde, wenn etwas im Schloss passierte. Abgesehen davon, dass die Polizei heute die Autos anhielt und Leute auf der Straße ansprach. Bent Jakobsen wurde auch an den Rand gewinkt.
„Tag auch, Nordseelands Polizei“, sagte der Polizist, der vom Alter her sein Sohn hätte sein können.
„Einmal deinen Namen und deine Personalausweisnummer, bitte.“
Bent Jakobsen gab die verlangten Auskünfte, obwohl es ihm missfiel, seine Ausweisnummer anzugeben. Nicht, weil er etwas zu verbergen hatte, vielmehr aus Prinzip.
„Wir suchen zwei Mädchen. Ist dir etwas Ungewöhnliches auf deinem Weg aufgefallen? Autos an verlassenen Stellen, Personen, die sich merkwürdig benommen haben oder ähnliches?“
Bent Jakobsen verneinte und nahm die Karte entgegen, auf der die Telefonnummer notiert war, unter der man sich melden sollte, wenn man Hinweise zu diesem Fall hatte. Dann verabschiedete er sich, wünschte dem Polizisten viel Erfolg und fuhr wieder los.
Im Kreisel nahm Bent Jakobsen die erste Ausfahrt in den Wäldchenhügel, während er das Radio aufdrehte, wo Lars Lilholt von Liebe sang. Er blinkte und fuhr in den Christ Boecksweg, um in die Bäckerstraße zu kommen, von wo aus seine erste Tour des Tages losging. Auf einmal fiel ihm etwas Hellrotes am Wegesrand auf. Etwas, das nicht in die Landschaft gehörte. Etwas, das ins Auge fiel, zumindest, wenn man hier viel unterwegs war. Er fuhr den Wagen an die Seite, stieg aus und ging näher. Ein Handy. Er bückte sich mit einigen Schwierigkeiten hinunter und besah es sich näher. Er hatte genug Fernsehkrimis gesehen, um zu wissen, dass er es liegen lassen musste und nicht anfassen durfte. Denn ihm war sofort klar, dass es eine Spur zu den vermissten Mädchen sein könnte.
Sollte er zurück zu dem Polizisten fahren? Nein, er entschloss sich, zu bleiben und fingerte sein Handy aus der Jackentasche. Der Polizist am Telefon bat ihn, an Ort und Stelle zu warten, bis die Polizei bei ihm war und unter keinen Umständen mögliche Spuren zu zertrampeln oder etwas anzufassen.
„Oh Mann, was glauben die, wer ich bin?“, dachte Bent Jakobsen, setzte sich in den Wagen, öffnete die Tür und machte sich eine Zigarette an. Es war ein Nichtraucher-Wagen, aber bei offener Tür konnte das ja wohl nicht weiter schlimm sein. Und dann in solch einer Situation. Er sollte wohl besser die Zentrale informieren, dass sie einen anderen Fahrer in die Bäckerstraße schicken mussten.