Читать книгу Der Sorgenzerstäuber - Louise Kringelbach - Страница 3

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Zwei Schreie durchschnitten den frühen Spätsommermorgen an zwei Enden der Stadt. Der eine kam vom einem der oberen Balkone eines roten Wohnhauses und war eine langgezogene, leidvolle Aufwallung eines älteren Mannes mit leerem Blick in den Augen und grauem Haar in den Ohren. Da die Nachbarn an das Geräusch gewöhnt waren, reagierte niemand. Für viele war dieser tägliche Ruf Teil der morgendlichen Begrüßung geworden, auch wenn dies nicht immer so gewesen war.

In der Zeit, nachdem der ältere Mann in das Pflegeheim eingezogen war, hatten die Nachbarn eine Unterschriftensammlung gestartet, um etwas gegen die Brüllerei zu unternehmen. Doch weder eine zugesperrte Balkontür noch stärkere Medizin hatten das Problem beseitigen können.

Nach der Beendigung des Guten-Morgen-Grußes blitzte kurz Leben in seinen Augen auf und ein Lächeln zog sich über seine Lippen. Vorsichtig schlich er wieder in die Wohnung zu seinem Guppy und schloss die Balkontür sanft hinter sich zu. Den Schrei vom anderen Ende der Stadt bemerkten die Nachbarn sehr wohl. Unerwartet hallte er wider und machte seine tiefe Verzweiflung noch weit entfernt spürbar. Darüber hinaus erklang er aus einem gelben Haus in einer Villengegend, die als abgeschieden bekannt, doch an jenem Morgen voll mit Menschen und Sirenen war. Der Himmel wurde erleuchtet von der blauen Farbe der Polizeisirenen. Der verzweifelte Ruf war von einer Frau mit lila gefärbtem Haar gekommen, die ein Polizist nun diskret in ein Polizeiauto wegführte.

Die Gartenpforte, die äußerst groß war und schwer demoliert aussah, wurde von zwei Polizisten untersucht. Schief an ihr hingen zwei kleine Schlösser, je vierzig Zentimeter breit. Die Türangeln waren ausgehebelt und die grüne Farbe abgeblättert. Im Allgemeinen sah der Schauplatz aus, als hätte sich irgendein großes Etwas wiederholt gegen die Pforte gepresst. Die Polizisten gingen durch die Pforte hindurch weiter zur Eingangstür des Hauses. Auch dort war versucht worden, etwas Großes hindurchzudrücken.

Neugierig sah der eine Polizist, ein großer Mann mit einem erfahrenen Blick, auf die Tür und fragte seinen Kollegen: »Ob ein kleiner Gartentraktor dieses Chaos hinterlassen hat?«

Der zweite Mann, mit weniger Streifen auf den Schultern seiner Uniform, antwortete mit einem »Hmmm - möglich, aber hier sind keine Fahrspuren«, und beide blickten auf den platt getrampelten Rasen, auf dem keine Blumen wuchsen, sondern nur ein paar Bäume, krumm und schief. Das Haus selbst war voll mit Menschen. Zwei Sanitäter trugen gerade eine Bahre hinaus, auf der eine zugedeckte Person lag, während die Polizisten dabei waren, Proben zu nehmen und akribisch das gesamte Erdgeschoss fotografierten. Mitten im Wohnzimmer stand ein großes, zerfleddertes Doppelbett. Über die Zeit war eine Seite des Bettes niedergedrückt worden, auf der wahrscheinlich eine beachtlich schwerere Person gelegen hatte als auf der anderen Seite. Eine Rechtsmedizinerin machte sich Notizen. »Was glauben Sie, was passiert ist?« fragte der jüngere Polizist.

»Nun, das ist eine gute Frage. Auf den ersten Blick kann ich keine eindeutige Erklärung geben. Erst die Proben werden eine bessere Antwort liefern können. Was wir wissen ist, dass der Hausbesitzer, ein Mann in den Vierzigern, tot in seinem Bett aufgefunden wurde. Die Todesursache ist Erdrosseln, der Todeszeitpunkt circa 7:30 Uhr vorgestern. Scheinbar ist etwas Schweres über ihn herübergerollt. Noch habe ich keine Ahnung, was ihn erdrosselt hat, möglicherweise eine sehr schwere Person. Vielleicht ein Liebhaber? Haben Sie die ältere Frau gesehen, die vorhin weggeführt wurde?«

Beide Polizisten nickten. Sowohl die Frau als auch ihre Verwirrung waren nur schwer zu ignorieren gewesen. Wie ein angeschossenes Tier mit schweren Schmerzen hatte sie geschrien. Sie war es auch gewesen, die am Morgen die Polizei gerufen hatte.

»Die Mutter des Verstorbenen«, sagte die Rechtsmedizinerin weiter, »ihr zufolge hatte er keinen Partner und nur wenige Freunde. Andererseits weiß sie vielleicht nicht alles über sein Tun und Lassen. Da bleibt uns nur, Ruhe zu bewahren und abzuwarten, was die Proben zeigen werden.«

Der Sorgenzerstäuber

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