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Früher an diesem Tag hatte die Gerichtsmedizinerin endlich die letzten Proben von dem noch ungeordneten Haufen an Daten analysiert. Ihren Verdacht konnte sie bestätigen und hatte nun den lang erwartenden Durchbruch erreicht. Ein allerletztes Mal ging sie alles minutiös durch und räumte dann ihren Schreibtisch auf. Sie konnte sich ihrer Überzeugung nicht sicherer werden und rief die Polizei an, um sie an ihren Entdeckungen teilhaben zu lassen. Akkurat erklärte sie, was geschehen war und wie der Mann erdrosselt worden war.

Als der große Polizist, Kriminaloberkommissar Poul Andersen, den Hörer aufgelegt hatte, fiel er zurück in seinen Stuhl, faltete die Hände zusammen und wandte sich müde an seinen jungen Kollegen:

»Das wird eine schwierige Sache werden. Das ist immer so, wenn ein Sorgentier involviert ist. Die Aussage der Gerichtsmedizinerin lässt sich so zusammenfassen, dass ein Elefant am Tod des Mannes schuldig ist!«

Der jüngere Polizist, Kommissaranwärter Eskild Karlsen, stoppte mitten in seiner Bewegung und zog die Augenbrauen zusammen: »Hmm, aber alle vernommenen Personen haben ja erzählt, dass der Mann ein Sorgentier hatte - einen Elefanten?«

»Ja«, antwortete Andersen, »aber Sorgentiere zu untersuchen ist ein schwieriges Unterfangen. Zum einen kommen solche Fälle selten vor. Zum anderen bleibt es immer streitbar, ob der Sorgentragende das Tier dazu gebracht hat, ihn umzubringen. Das wäre folglich Selbstmord. Oder waren es andere Personen, die das Sorgentier zur Tat verleitet haben? Ist es also Mord? Oder war es in Wirklichkeit das Sorgentier, das auf eigene Initiative handelte? Unglück oder Selbstmord? Anders gesagt ist es immer unheimlich schwer nachzuweisen, ob ein Tod durch ein Sorgentier ein Verhängnis oder ein Mord war.«

Aufmerksam sah Eskild Karlsen seinen Kollegen an: »Na, dann gibt es keine andere Möglichkeit, als die Ärmel hochzukrempeln und konzentriert an die Arbeit zu gehen. Soll ich nochmal welche von den Zeugen hierher beordern? Was ist mit der Mutter des Verstorbenen?«

Einige Zeit später saß die ältere Dame, die ein paar Tage zuvor ihren Schmerz herausgebrüllt hatte, gegenüber von Eskild Karlsen in einem engen Verhörzimmer. Langsam und ruhig erklärte er ihr die Resultate der Gerichtsmedizinerin. Noch bevor er seine Ausführungen beendet hatte, stand die Mutter des Verstorbenen auf. Als sie sich aufrichtete, zeigte sich zur Überraschung des Polizisten, dass sie eine beeindruckend große Frau war. Mit ihrem geschwollenen Gesicht und den blutunterlaufenen Augen sah sie aus wie jemand, der tagelang geweint statt geschlafen hatte. Die Frau legte die linke Hand ans Ohr und begann, ziellos im Raum umherzugehen. Der Polizist redete weiter, während die Frau ihre achte Runde um den Tisch drehte, bis sie stehenblieb und sagte, als ob sie mit sich selbst diskutierte: »Mein Sohn hat sein ganzes Leben lang einen Elefanten an seiner Seite gehabt und es hat nie ein Problem gegeben. Sicher war er ein wenig groß - dem lässt sich nicht widersprechen - aber warten Sie... Der Elefant ist ja deutlich kleiner geworden, verspielter und vor allem: unberechenbar.« Dann wartete sie einen Augenblick, bis es aus ihr herausbrach:

»Ich fand heraus, dass er hinter meinem Rücken begonnen hatte, einen Sorgenzerstäuber zu besuchen und seitdem waren das Tier und er wie ausgewechselt. Warum hätte er mir das nicht einfach erzählen können? Als hätte er mich aus seinem Leben ausgeschlossen... Vorher waren wir oft zusammen gewesen... Aber auf einmal war er zu beschäftigt, um mich zu sehen.« Langsam rannen die Tränen in ihrem Gesicht herab zum Kinn. Sie wirkte wie ein Hüne, der kurz vor dem Zusammenbruch steht. Während sie den Polizisten schmerzvoll anstarrte, zitterte sie und sagte: »Vielleicht sollte man den Sorgenzerstäuber ausfindig machen und ihn fragen, welche Rolle er bei der Ermordung meines Sohnes spielte?«

Der Sorgenzerstäuber

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