Читать книгу Was wär das Leben ohne dich? - Lucie Persposti - Страница 5
Kapitel 3
ОглавлениеLucys Sicht
Das Lächeln, welches Chris‘ Lippen umspielt bringt mein Herz zum Schmelzen und ich hätte beinahe das Handtuch fallen gelassen. Gerade noch rechtzeitig besinne ich mich und zupfe das Handtuch zurecht. Noch immer grinsend breitet Chris die Arme aus, so dass ich ihm nicht widerstehen kann und mich in seine Arme lege. Für ein paar Sekunden bleiben wir nur still liegen, bis er die Stille flüsternd durchbricht: „Wir sollten uns nicht mehr streiten, denn ich habe dich sehr vermisst!“
Ich nicke und stimme ihm zu, weiss aber innerlich, dass das Diskussionsthema nicht einfach so vom Tisch ist und wir auf jeden Fall noch einmal darüber reden müssen. Aber jetzt ist es mir nur recht, wenn wir es für ein paar Stunden verdrängen. Schliesslich bleibt uns nicht mehr viel Zeit zusammen. Noch heute Abend muss Chris wieder zurück nach Stuttgart.
Wir verbringen den restlichen Nachmittag aneinander gekuschelt im Bett und schauen uns einen Film auf meinem Laptop an. Aber ich kann mich nicht so wirklich auf den Film konzentrieren, da ich genau weiss, dass Chris und ich über unser Problem reden sollten, anstatt einfach nur so zu tun, als würde es nicht existieren. Und ich bin mir auch ganz sicher, dass sich Chris dessen bewusst ist. Allerdings wissen wir beide auch, dass so eine Diskussion höchstwahrscheinlich zu einem weiteren Streit führen wird und wir wollen uns beide diesen Tag nicht versauen lassen.
Kurz vor sechs Uhr verlassen Chris und ich das Haus. Wir haben noch ein bisschen Zeit, bis sein Zug fährt, deshalb machen wir noch einen kleinen Abstecher zu McDonalds. Wir bestellen uns Burger und Chris will auch schon bezahlen, was er fast immer tut. Noch in letzter Sekunde kann ich der Frau eine Note hinstrecken, welche sie genervt entgegennimmt und in der Kasse verschwinden lässt. Chris seufzt und quittiert das Ganze mit einem bösen Blick. Das wäre schon die zweite Sache, worin wir uns dauernd uneinig sind. Chris will immer alles für mich bezahlen. Wenn wir essen gehen, wenn wir shoppen gehen, meine Zug- oder Flugtickets und wenn wir mal in einem Hotel übernachten, alles will er für mich bezahlen. Mit der Begründung, dass er mehr als genug Geld hat und mir aus diesem Grund gerne ab und zu mal eine Freude bereiten möchte. Diesen Gedanken finde ich ja ganz süss, aber mir war immer klar, dass ich auch in einer Beziehung eine gewisse Unabhängigkeit behalten will. Und dazu gehört eben auch die finanzielle Unabhängigkeit. Mir ist bewusst, dass Chris sehr viel Geld haben muss (um ehrlich zu sein, ist mir keine genaue Zahl bekannt) und meine Familie ist nicht gerade reich - normal halt. Und genau deswegen will mich ja Chris finanziell immer wieder ein bisschen unterstützen und mir kleine Freuden bereiten. Das kann ich ja verstehen, aber ich will ihn auf keinen Fall ausnutzen und ich will auf keinen Fall von diesen Kleinigkeiten abhängig werden. Ich will für mich selbst Sorgen können und genau das scheint Chris nicht zu verstehen.
Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch, als mir Chris plötzlich mit seinem Zeigefinger sanft auf die Nase stupst. "Unsere Burger sind fertig.", erklärt er grinsend und deutet auf die Tüte in seiner Hand. "Ach so!", murmle ich und folge ihm zur Tür. Es sind nur wenige Minuten bis zum Bahnhof. Dort setzen wir uns auf eine freie Bank und essen schweigend nebeneinander. Als meine Gedanken wieder bei gestern Abend landen, verspüre ich einen Stich in der Brust. Gestern war alles noch so anders. Nicht so distanziert und bedacht darauf, nichts Falsches zu sagen. Warum muss alles so kompliziert sein? Wenn ich könnte, würde ich die Zeit um vierundzwanzig Stunden zurück drehen. Aber leider geht das ja nicht.
Genau in dem Moment als wir fertig gegessen haben, höre ich, wie der Zug rein fährt. Chris steht schnell auf, wirft den Abfall in den Müll und bleibt dann vor mir stehen. Ich schlinge meine Arme um ihn und ziehe ihn dicht zu mir heran. "Wir sprechen uns noch, ja?", nuschelt Chris in mein Ohr. Ich nicke nur. Dann löst er sich aus der Umarmung, drückt mir einen kurzen Kuss auf die Lippen und steigt dann in den Zug ein. Kaum ist er drin verschwunden, setzt sich der Zug auch schon in Bewegung.
Jetzt, als er weg ist, fühle ich mich erleichtert und bedrückt zugleich. Zum einen bin ich froh, dass da nicht mehr diese seltsame Spannung zwischen uns herrscht, allerdings weiss ich, dass wir über die Probleme sprechen müssen. Aber wir beide scheinen es herauszögern zu wollen.
Seufzend gehe ich nach Hause, wo mich meine Mutter bereits erwartet. "Ich habe dich noch gar nicht gefragt, ob die Abschlussfeier eigentlich gut war!", meint die neugierig. "Ganz gut.", antworte ich ihr kurz. "Und Chris wollte nicht länger bleiben? Ich hätte uns allen etwas kochen können", stellt sie fest. Da ich jetzt nur in mein Zimmer will, versuche ich sie so gut wie möglich abzuwimmeln. "Er musste wieder zurück, da er morgen einen wichtigen Termin hat." Mit diesen Worten verdrücke ich mich in mein Zimmer, wo ich mich direkt auf mein Bett lege. Dieser Typ macht mich verrückt!
Ich beschliesse ihn morgen anzurufen, um dann endlich über unsere Probleme zu reden. Heute will ich mich nur noch entspannen. Das habe ich mir nach dem Prüfungsstress der letzten Wochen auch verdient. Ich mache mir ein schönes Schaumbad und schaue danach noch ein paar Folgen einer Krimiserie, was vor dem Einschlafen vielleicht nicht ideal ist, aber heute musste das sein. Gegen elf Uhr lösche ich dann das Licht und versuche einzuschlafen.
Am nächsten Morgen wache ich schon relativ früh auf. Es ist erst kurz nach sieben, als ich auf stehe und ich die Küche gehe, um mir einen Kaffee zu machen. Heute ist Freitag. Zum einen freue ich mich sehr darüber, denn heute Abend findet das Abschlussessen meiner Klasse statt. Heute einmal ohne Lehrer und die Schüler aus den anderen Klasse, denn es wird das letzte Mal sein, dass wir uns alle sehen. Für eine ziemlich lange Zeit zumindest. Worauf ich mich aber nicht besonders freue, ist das Gespräch mit Chris, welches mir bevor steht.
Als ich mich mit meinem Kaffee wieder ins Bett setze, sehe ich, dass ich auf meinem Handy eine neue Nachricht von Julie habe. Schnell öffne ich sie.
Luuucy, sollen Janice und ich dich heute Abend abholen kommen für das Abschlussessen? Ich darf heute das Auto haben. Ich freue mich schon total!
Nachdem ich die Nachricht gelesen habe muss ich grinsen. Julie soll heute Abend Autofahren? Wie will sie denn wieder zurück fahren, wenn sie nach einem Bier, was wir bestimmt trinken werden, schon total besoffen ist? Trotzdem schreibe ich ihr zurück und sage, dass ich mich freuen würde, wenn sie mich mitnimmt. Danach tippe ich schnell eine weitere Nachricht:
Guten Morgen Chris, kannst du mich vielleicht anrufen, sobald du wach bist und ein bisschen Zeit hast?
Noch wird Chris diese Nachricht nicht lesen, da er normalerweise erst gegen zehn oder elf Uhr aufsteht. Aber ich wollte es einfach hinter mich gebracht haben.
Da ich es nicht mehr aushalte, einfach nur rum zu sitzen und auf den Anruf von Chris zu warten, stehe ich auf, ziehe mir eine kurze Hose und ein Shirt an und beginne mein Zimmer aufzuräumen. Es liegt zwar nicht besonders viel rum, aber ich mag es einfach lieber, wenn mein Zimmer aufgeräumt ist. Nachdem alles wieder ordentlich an Ort und Stelle liegt und ich sogar meinen Kleiderschrank ausgemistet habe, gehe ich nach unten, um den Staubsauger zu holen.
Im Wohnzimmer treffe ich meine Mutter an, die irgendwas an ihrem Laptop zu machen scheint. Sie wünscht mir einen guten Morgen und fragt: „Warum bist du denn schon wieder am Räumen und Putzen? Nach all den Prüfungen hättest du dir doch eine Auszeit verdient!“
„Ja schon, aber während dem Prüfungsstress hatte ich nicht so viel Zeit zum Putzen und du weisst, dass ich es gerne ordentlich und sauber mag“, entgegne ich und schleppe den Staubsauger hinauf in mein Zimmer. Kaum habe ich ihn in meinem Zimmer abgestellt beginnt mein Handy zu klingeln.