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Kapitel 6

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Lucys Sicht

Einen Drink und eine halbe Stunde später bin ich gerade dabei meinen Fajita so schön wie möglich zu verspeisen, als ich plötzlich merke, wie mein Handy in meiner Handtasche vibriert. Hoffentlich eine Versöhnungsnachricht von Chris, schiesst es sofort durch meinen Kopf. Aber realistisch gesehen ist das eher nicht der Fall, denn Chris ist genau so stur wie ich, wenn es darum geht, einen Fehler zuzugeben und sich zu entschuldigen. Aus diesem Grund beschliesse ich, die Nachricht erst nach dem Essen zu lesen.

Da ich den ganzen Abend über schon so viel getrunken habe, bin ich schon ziemlich schnell satt und lasse leider über die Hälfte meines leckeren Fajitas übrig. Da alle noch am Essen sind und irgendwie niemand gerade Lust hat zu reden, hole ich mein Handy aus der Handtasche, um zu sehen wer mir geschrieben hat. Wie ich bereits erwartet habe ist die Nachricht von Chris. Schnell öffne ich sie.

Hey Lucy, um ehrlich zu sein muss ich dir sagen, dass du mich ziemlich enttäuscht hast. Ich verstehe nicht, warum du nicht einmal einen Kompromiss eingehen kannst und zu mir nach Stuttgart ziehst. Ich habe schon so viel für diese Beziehung geopfert und jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, dass du auch mal etwas dazu beisteuerst. Chris

Mit einem Mal bildet sich ein Kloss in meinem Hals und die Luft in diesem Raum scheint immer dicker zu werden. Ich versuche die Tränen, die sich in meinen Augen bilden, zu unterdrücken und schnappe nach Luft. Trotzdem fühlt es sich so an, als könnte ich nicht atmen. Hilfesuchend schaue ich rüber, wo Fiona sitzen sollte, doch anscheinend ist sie gerade auf der Toilette. Julie und Janice sitzen leider am anderen Ende des Tisches und ich will da keine Szene veranstalten.

Plötzlich wird mir klar, dass ich hier raus muss. Ich halte es nicht länger in diesem stickigen Restaurant aus. Ich springe schnell auf – zu schnell, denn mir wird kurz schwarz vor Augen und ich muss mich an der nächst besten Stuhllehne festhalten. Natürlich musste es diejenige von Nick sein. Und natürlich hat er alles mitverfolgt.

„Alles okay?“, fragt er besorgt und scheint sein Machogehabe für ein paar Sekunden abgelegt zu haben.

Ich versuche mir ein Lächeln aufzuzwingen und versichere ihm: „Alles bestens. Mir ist nur ein bisschen warm, deshalb wollte ich kurz an die frische Luft.“

„Soll ich dich begleiten?“, hakt er nach und ich suche in seinem Gesicht nach einem Anzeichen, dass er nur mit mir nach draussen will, um sich mir an den Hals zu werfen. Aber er scheint es tatsächlich ehrlich zu meinen. Trotzdem habe ich in diesem Augenblick nicht besonders grosse Lust auf seine Gesellschaft.

„Nein, nein! Ich schaffe das alleine!“, sage ich so überzeugend wie nur möglich. Um es ihm zu beweisen lasse ich die Stuhllehne los und versuche mit grossen Schritten das Restaurant zu verlassen. Allerdings beginnt sich bei meinen schnellen Bewegungen alles zu drehen und ich wäre vermutlich volle Kanne hingefallen, hätte mich nicht jemand im letzten Moment noch aufgefangen.

„Ich wusste es doch, dass du Hilfe brauchst“, meint Nick triumphierend mit leuchtenden Augen.

„Danke“, sage ich schlicht und stütze mein Gewicht auf ihm ab. Mit kleinen Schritten schaffen wir es dann endlich raus. Dort atme ich tief ein und aus. Die frische Luft tut mir unendlich gut.

„Geht es dir wieder besser?“, fragt Nick und lenkt mich zu einem grossen Stein, der wahrscheinlich als Dekoration dienen sollte. Dort setzt er mich vorsichtig hin, weicht aber kein Stück von meiner Seite. Noch vor einer Stunde wäre es mir total unangenehm gewesen, aber jetzt bin ich einfach nur dankbar. Vielleicht habe ich ihn auch die ganze Zeit nur falsch eingeschätzt. Vielleicht ist er einer dieser Typen, die nach aussen total hart sind, aber trotzdem einen weichen Kern besitzen.

„Ja, es geht wieder. Danke, dass du mich aufgefangen hast!“, antworte ich dann schliesslich und schliesse für ein paar Sekunden die Augen. Dabei stelle ich mir vor, dass da Chris neben mir sitzen würde und nicht Nick. Ich würde mich jetzt unglaublich gerne an Chris kuscheln und ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe. Aber das geht ja nicht, weil er ein selbstsüchtiges Arschloch ist, dem der Ruhm wohl zu Kopf gestiegen ist. Auf einmal spüre ich da diese Wut, die in mir kocht. Normalerweise werde ich nie so stark wütend, deshalb ist es für mich ziemlich ungewohnt, von diesem Gefühl übermannt zu werden.

Auf einmal höre ich mich selbst sagen: „Wegen vorhin, ich glaube, ich habe doch keinen Freund mehr, denn er ist ein kompletter Idiot!“

Nick schaut mich überrascht an und es scheint so, als wüsste er nicht recht, was er darauf antworten soll. „Äh, willst du vielleicht darüber reden?“

„Von mir aus. Aber psssst, sag es ja nicht der Fiona“, raune ich ihm in meinem ziemlich angetrunkenen Zustand zu.

„Dein Geheimnis ist bei mir sicher“, antwortet Nick und zwinkert mir verschwörerisch zu.

Für einen Moment versinke ich in seinen himmelblauen Augen und vergesse die Welt um mich herum. Doch dann sammle ich mich wieder, hole tief Luft und erzähle ihm alles. Ich erzähle ihm die ganze Geschichte, wie Chris und ich uns kennengelernt haben und wie wir zusammengekommen sind, bis hin zu unseren kürzlich aufgetauchten Problemen. Nur die Tatsache, dass er der Boss von ViVo ist, lasse ich auch.

„Weisst du, es hat alles so gut geklappt und alles war perfekt, doch dann begann er plötzlich, sich wie ein kompletter Idiot zu verhalten!“, beende ich meine Erzählung und bin einfach nur frustriert, enttäuscht und verärgert zugleich. Ich rege mich so sehr darüber auf, dass ich fast das Gleichgewicht verloren hätte und von diesem scheiss kalten Stein runtergerutscht wäre, wenn mich Nick nicht festgehalten hätte.

Für einen Moment sitzen wir beide einfach nur stumm da und gehen unseren Gedanken nach. Ich frage mich, was Nick über die ganze Sache denkt und ob ich ihn damit vielleicht genervt habe. Ausserdem muss ich zugeben, dass ich mich kaum wiedererkennen kann, denn normalerweise bin ich ziemlich verschlossen, vor allem in der Gegenwart von Personen, die ich nicht leiden kann oder schlicht und einfach nicht gut kenne. Was ist bloss in mich gefahren, dass ich Nick all meine Probleme anvertraut habe? Ich habe noch nicht einmal mit meiner besten Freundin darüber gesprochen!

„Weisst du“, meint Nick plötzlich, „vielleicht musst du einfach noch einmal mit Chris über die ganze Sache reden und ihm sagen, wie wichtig es dir ist, dass er in dieser Sache Rücksicht auf dich nimmt.“

Ich seufze ziemlich laut. „Ich glaube, das bringt nichts. Er wird es wohl nie einsehen. Er sieht ja noch nicht einmal, wie oft ich ihn nicht sehen konnte, oder meine Termine anpassen muss, nur wegen seiner Karriere.“

„Und du bist dir sicher, dass es nichts bringt und alles vorbei ist?“, will er wissen und drückt mich ein bisschen dichter an sich, was mir das Gefühl gibt, mit meinen Problemen nicht alleine zu sein.

„Ich denke schon. Ich brauche einfach jemanden, der mich unterstützt, mich versteht und für mich da ist und nicht jemand, der mich dann im Stich lässt, wenn ich ihn am meisten gebraucht hätte“, antworte ich ehrlich. Zum einen fühlt es sich gut an, diese Worte endlich auszusprechen und mental einen Schlussstrich zu ziehen. Andererseits ist da dieses traurige Gefühl, das ich aber schnell zur Seite schiebe.

„Ich will mich ablenken!“, sage ich bestimmt und spüre die Abenteuerlust in mir. Heute habe ich richtig Lust, etwas Verrücktes auszuprobieren.

Nick schaut mich zuerst mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an, setzt dann aber sein freches Grinsen auf. „Woran hast du denn gedacht?“

Ohne weiter zu überlegen drehe ich mich ein wenig näher zu ihm und wie automatisch nähern sich meine Lippen den Seinen.

Es fehlen nur noch wenige Zentimeter, als Nick plötzlich inne hält und mich fragt: „Du bist dir auch hundertprozentig sicher, dass du das hier willst?“

Bevor ich es mir noch einmal überlegen kann nicke ich und schliesse endlich die Lücke zwischen unseren Lippen.

Was wär das Leben ohne dich?

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