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Hawkeye wartete schon auf der Bank als Jens Mander pünktlich um sechs vor ihm stand.

Am frühen Nachmittag hatte Jens seine Webcam wieder auf seinem Balkon aufgestellt, so dass er den Bereich einsehen konnte, ohne dass die Kamera auffiel. Gegen siebzehn Uhr war ein schwarzer Volvo aus der Innsbrucker Straße in die Freiherr-vom-Stein-Straße eingebogen, aber Jens konnte weder das Kennzeichen noch den oder die Insassen erkennen; eine knappe viertel Stunde später strömten dann wahre Menschenmassen aus der U-Bahn, die sich aber in alle Richtungen verteilten und wieder verschwanden; kurz vor halb Sechs kam dann Hawkeye aus der U-Bahn. Ohne sich umzusehen ging er in Richtung Bank und setzte sich.

Jens war verblüfft, mit welcher Leichtigkeit Hawkeye die Treppe von der U-Bahn hoch kam. Eine halbe Stunde lang beobachtete Jens die Szene auf seinem Monitor, ohne dass er etwas Auffälliges entdecken konnte. Dann machte sich Jens auf den Weg.

„Hallo Hawkeye.“

„Hello Jens, nice to meet you“, erwiderte er. Jens setzte sich neben ihn auf die Bank. Er hatte zwar einen ganzen Sack voll Fragen, aber er wollte zuerst mal abwarten, wie Hawkeye die Situation erklären würde. Sie saßen mehrere Minuten nebeneinander und jeder erwartete vom anderen, dass er anfangen würde.

„Würdest Du mir glauben, wenn ich sage »mir ging es gesundheitlich nicht besonders«?“

„Ja - doch, wenn Du Dich sofort informiert hättest. Aber eine Woche ohne Kontakt, dann das Päckchen, die Nachricht, dass ich die Dokumente verstecken solle und der Besuch in meinem Appartement. Erwartest Du da was anderes als ein »nicht in diesem Leben« sage.“

„Also Jens, dann bleiben wir bei der Wahrheit“, legte Hawkeye los. „Nach unserem Treffen rief ich Germut an um unseren ersten Kontakt zu bestätigen. Das war mein Fehler, denn seither wirst Du von seinen Leuten observiert. In dieser Nacht hatte ich noch den Arzt von HomeCare im Haus, weil es mir wieder mal dreckig ging.

Ich konnte drei Tage nicht sprechen und deshalb schickte ich am nächsten Tag meinen Freund Mark zur vereinbarten Zeit zu Dir um Dich zu informieren. Für ein »Bleichgesicht« ist er ganz schön pfiffig und so bemerkte er die drei Teams, die für die Observation unseres Treffens angerückt waren. Da wir keinen Ausweichtreff vereinbart hatten kam Mark unverrichteter Dinge wieder zurück.

Um Dir die Glaubwürdigkeit meiner Geschichte zu beweisen, hatte ich Dir das Buch und die Dokumente zukommen lassen.

Einer der Disponenten bei FedEx schuldete mir noch einen Gefallen und so konnte Mark auf der Tour mitfahren und Dir das Päckchen geben, ohne dass es ein Fremder in die Hände bekam.

Und Mark war es auch, der Dir meine Nachricht brachte, dass Du die Dokumente sichern sollest.

Heute Nacht erhielt ich dann die Information, dass Du mit Germut wieder Geschäfte machen würdest und da hat Mark Dir die letzte Nachricht gebracht.“

„So, Du glaubst wohl, je komplizierter eine Story ist, desto höher ist ihre Glaubwürdigkeit“, erwiderte Jens nach einer Schweigeminute. „Wie wäre es, wenn Du es mal mit einer schlichten Form der Wahrheit und nichts als der Wahrheit versuchen würdest. Durch meinen Kontakt zu Germut und seiner Organisation habe ich wieder die Mittel, Dich und Deine Geschichte zu durchleuchten - und wenn ich auch nur die Spur eines Zweifels habe, werde ich die Mittel gnadenlos nutzen und Dich noch gnadenloser an die Öffentlichkeit zerren.“

Schweigend sah mich Hawkeye lange an, dann holte er ein Mobiltelefon aus der Tasche und wählte eine Nummer. Ohne ein Wort zu sprechen legte er wieder auf, steckte das Telefon wieder ein und stand auf. Keine Minute später stand der schwarze Volvo auf der Straße vor der Bank.

Mit den Worten „Steig ein, da sind wir ungestört“, öffnete er die Autotür und ließ sich auf dem Rücksitz fallen und mit den Worten „Das ist Mark“ stellte er den Fahrer vor „ihr habt euch ja schon gesehen.“

Mark drehte sich kurz um. „Moin Moin“, erwiderte er Jens kurzen Gruß und fuhr sofort los in Richtung Martin-Luther-Straße.

„Mark ist mein Chauffeur, mein Buttler, meine Krankenschwester, mein Bodyguard, mein Freund und mein Vertrauter“, und fügte fast flüsternd an: „Außerdem wird er demnächst, wenn ich den Krieg gegen die kleinen fiesen Zellen in meinem Körper verloren habe, auch mein Universalerbe sein.“

Während der letzten Worte hatten sie den Innsbrucker Platz erreicht und bogen auf den Stadtring der A100. Mit hoher Geschwindigkeit lenkte Mark den Volvo in Richtung Dresden, vorbei am Tempelhofer Flugfeld, der Bahlsen Keksfabrik, durch den Britzer Tunnel in Richtung A117. Am Schönefelder Kreuz verließ Mark die Autobahn, bog an der B96a nach links ab, fuhr weiter am Lufthansa Trainingscenter vorbei und dann auf der A117 weiter.

Kurz vor der Ausfahrt zum Gewerbegebiet Waltersdorf steuerte Mark in die Ausfahrt zur Esso Tankstelle Waldeck West und stoppte auf der Parkfläche.

Der Volvo war das einzige Fahrzeug auf dem Platz und Mark hatte den Wagen in Fahrtrichtung abgestellt. Ohne den Motor auszuschalten stieg Mark aus und setzte sich auf einen Baumstamm, der in zirka fünf Meter Entfernung am Rand lag. Jens hatte aber den Eindruck, dass Mark ihn nicht aus den Augen ließ. Im Stillen hätte auch er drauf wetten können, dass Mark unter seinem locker sitzenden Poloshirt eine Schusswaffe trug und auch wusste, wie er damit umzugehen habe.

„Jens, hör mir bitte gut zu“, begann Hawkeye seine Rede. „Ich habe nicht mehr lange und es gibt ein paar Sachen, die ich vor meinem Abgang noch regeln möchte.“

Er machte mehrere tiefe Atemzüge, die aber mehr nach einem Rasseln klangen.

„All die Dinge, die ich Dir bisher erzählt habe, entsprechen der Wahrheit. Ein paar Sachen hatte ich ausgelassen. Nur in einer Sache habe ich Dich beinhart belogen. Wegen meiner Begabung für indogermanische und indoeuropäische Sprachen beherrschte ich schon damals die Deutsche Sprache nahezu akzentfrei.

Die anderen Sachen waren bis zu Deinem Zusammentreffen mit Germut und Holger auch nicht wichtig.“

Hawkeye richtete sich seinen Sitz zu recht.

„Es war nicht wichtig, dass ich vor Dreiundsechzig schon zweimal in Deutschland stationiert war - Achtundfünfzig für sechs und Ende Sechzig nochmals für drei Monate. Es war für Deine Nachforschungen auch nicht wichtig, dass ich die beiden Male auf dem Trainingscamp in Grafenwöhr war.“ Hawkeye hatte ein Schmunzeln auf sein ledernes Gesicht gezaubert, als er mit seiner Beichte weitermachte.

„Schon irgendwie witzig - im Frühjahr Sechzig war Elvis in Grafenwöhr und im Herbst kam dann ich.“

Ein Hustenanfall unterbrach seine Rede.

„Du kommst ja aus der Gegend und soweit ich weiß warst Du Fünfundsiebzig und Sechsundsiebzig auch mehrmals im Camp.“

Jens blieb die Luft weg. Hawkeye war offenbar über seine Vergangenheit bestens informiert.

„Ja und?“, antwortete er schmallippig, „da sind auch noch andere durch den Dreck gerobbt.“

„Ach Jens, Du brauchst mir doch nichts vormachen. Bereits zu meiner Zeit wurde da geschossen, was das Zeug hielt; wurden Marksman und Sniper für den Häuser- und Straßenkamp sowie für long-distance-shots trainiert. Also mach Dich nicht lächerlich, wenn Du das abstreitest.“

„Aber woher weißt Du das alles?“, erwiderte Jens und insgeheim ärgerte er sich, dass Hawkeye ihn mit diesen Fakten schon wieder in die Defensive gedrängt hatte.

„Hat Germut nicht über mich gesprochen?“, und nach einer Pause fügte er ein, „Bullshit“ an.“

Innerlich musste Jens dann doch lachen. Seit dem ersten Treff beschäftigte ihn die Frage, ob die vielen Pausen, mit denen Hawkeye seine Erzählungen unterbrach, ihre Ursache in seiner Krankheit hatten oder seiner Auffassung von Rhetorik entsprangen. »Mach beim Reden öfter mal Pausen - dann hast Du genügend Luft um Deine Sätze zu beenden« war einer der Lehrsätze seines Rhetoriktrainers.

„Jens, ich weiß vieles über Dich und Deine Vergangenheit. Aber dabei sollten wir es momentan auch belassen. Germut und Holger sollten Dich «briefen» und mir sozusagen eine Referenz geben.“

Er schüttelte verzweifelt den Kopf. „Aber jetzt muss es halt ohne gehen“, flüsterte Hawkeye.

Bankgeheimnis

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