Читать книгу Der Lebensweg eines Polizisten - Ludwig Ziermeier - Страница 9
6.Beginn der Ausbildung bei der 11. BPH in Würzburg
Оглавление6.1.Ausbildungsbeginn, Einteilung und Unterkunft
Anfang Februar 1971 fing ich bei der Bereitschaftspolizei Würzburg mit der Polizeiausbildung an. Unser Dienstgrad war der Polizeianwärter.
Wir waren ca. 150 Anwärter und es wurden daraus drei Züge gebildet, und zwar nach der Körpergröße. Ich war im dritten Zug, das waren Anwärter mit einer Größe bis zu 170 cm, untergebracht. Der zweite Zug bis zu 180 cm und der erste Zug ab 181 cm Körpergröße.
Dann fand die Wahl zum Zug- und Hundertschaft-Sprecher statt. Ich wurde der Zug-Sprecher des dritten Zuges sowie auch der stellvertretende Hundertschaft-Sprecher. Man nannte mich von nun an Lupo (Abkürzung für Ludwig), diesen Namen kannte man auch aus den Comicheften von Fix und Foxi.
Je acht Anwärter wurden in einem größeren Zimmer untergebracht. Hier standen vier Stockbetten in den Ecken des Zimmers. In der Mitte des Raumes befand sich ein größerer Tisch mit Platz für acht Personen.
6.2.Judoeinsatz gegen Kollegen
Es sprach sich schnell herum, dass ich Judo machte und immer öfter kamen Kollegen in mein Zimmer, die wissen wollten, ob sie es in einem fairen Kampf auch gegen mich aufnehmen könnten. Den Tisch stellten wir hierfür zur Seite und ich stellte mich zum Kampf. Doch jeder Kampf dauerte nur ein paar Sekunden und dann lagen sie auch schon am Boden. Hierbei musste ich mich immer besonders konzentrieren, dass sie sich nicht verletzten, wenn sie auf den Boden aufschlugen. Ich versuchte immer kurz vorher, mit voller Kraft ihren Körper vor dem Aufschlag zu halten. Anschließend nahm ich sie in einen Festhaltegriff und ließ sie so lange zappeln, bis sie sich ergaben.
Doch eines Tages wurde ich mit dem Festhaltegriff eines Besseren belehrt, denn als sich mein Gegner daraus befreien wollte, griff er von hinten in meinen Hemdkragen und zog mit voller Kraft daran. Hierbei riss er mir sämtliche Knöpfe aus meinem Diensthemd. Den ganzen Abend saß ich nun da und versuchte die Knöpfe wieder anzunähen, denn ich hatte nur ein grünes Diensthemd.
Fast jeden Tag hatten wir Unterricht in Polizeirecht, Strafrecht, Versammlungsrecht etc. Hier saßen wir in einem großen Unterrichtssaal. Als ich einmal an einem Tag in den Saal ging, sah ich, wie ein Kollege auf seiner Schreibbank schlief. Ich ging hin und klopfte mit der Faust auf die Bank. Er erschrak und erwachte. Als er aufstand, blickte ich zu ihm nach oben. Es war ein Kollege vom ersten Zug und er war einen ganzen Kopf größer als ich. Mit der Faust schlug er leicht gegen meine Schulter und sagte: „Das machst du mir nicht noch einmal.“ Daraufhin schlug ich zurück und meine Antwort war: „Was soll das.“ In diesem Moment wollte er mit seiner Faust fest auf mich einschlagen. Doch blitzschnell ging ich in einen Körperwurf und in hohem Bogen flog er auch schon im Saal durch die Luft. Als er am Boden lag, nahm ich ihn sofort in einen Festhaltegriff. Ich hörte, dass der Polizeilehrer kam, ließ ihn sofort los und wir setzten uns alle schnell auf unsere Plätze. Als der Unterricht zu Ende war, kamen sehr viele Kollegen auf mich zu und schlugen mir freundschaftlich, mit voller Begeisterung auf die Schulter. Einer sagte, so etwas Unglaubliches habe er noch nie gesehen.
Doch es gab noch eine weitere Konfrontation mit einem Kollegen. An einem Samstag saß ich mit einem Mitbewohner in unserem Zimmer und wir sahen uns im Fernseher einen Spielfilm an, als plötzlich die Zimmertüre aufging, ein Kollege unser Zimmer betrat, an den Fernseher ging und auf einen anderen Kanal (Fußball) umschaltete. Ich stellte ihn zur Rede und sagte, wenn er Fußball sehen will, dann soll er doch in das Zimmer nebenan gehen. Seine Antwort war, dass er sich hier Fußball ansehen wolle. Des Öfteren drückten wir die Sender hin und her. Dann packte er mich plötzlich an meiner Krawatte und zog mich nach unten, und zwar direkt vor seine Beine. Für mich war dies die perfekte Ausgangsposition für einen Ausheber-Wurf. Ich packte seine beiden Beine und schon flog er. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich nie mehr ein Problem mit diesem Kollegen. Doch was die fairen Kämpfe mit Kollegen betraf, kam noch etwas auf mich hinzu, mit dem ich nie gerechnet hatte.
Als ich eines Tages in mein Zimmer kam, standen alle meine Zimmerkollegen in einer Reihe mir gegenüber und starrten mich an. Plötzlich rief einer: „Auf ihn“ und alle stürzten sich auf mich. Die Kollegen flogen reihenweise durch die Luft. Doch dann übersah ich die Kollegen, die alle schon auf dem Boden lagen. Aus der Bodenlage ergriffen diese meine Beine und hielten mich fest. Dadurch konnte ich den anderen nicht mehr ausweichen. Mit vereinten Kräften brachten sie mich zu Boden und lagen dann über mir. Nun hörte ich, wie einer zu mir sagte: „Ergibst du dich?“ Ich antwortete mit „Ja.“ In diesem Moment ließen sie von mir ab und schrien: „Wir haben den Ziermeier geschlagen.“ Sie jubelten und rannten aus dem Zimmer.
6.3.Deutschdiktat
Abgesehen von meinen Kämpfen, welche ich mit Kollegen hatte, büffelte ich jeden Tag Deutsch, und zwar mit Schwerpunkt der Klein- und Großschreibung. Im ersten Ausbildungsjahr mussten drei Diktate geschrieben werden. Hier durfte man auf keinen Fall die Durchschnittsnote Sechs haben, denn dies würde die Entlassung aus dem Polizeidienst bedeuten. Dann kam der Tag, an dem das erste Diktat stattfand. Dafür war der große Speisesaal vorgesehen. An diesem Tag suchte ich mir gleich einen Tisch in der vordersten Reihe, wo der Lehrer stand. Und wieder war ich sehr aufgeregt, denn ich wusste, was für mich auf dem Spiel stand. 14 Tage später wurde uns das Ergebnis mitgeteilt. Dies war erschreckend. Fast 100 Kollegen hatten die Note Fünf oder Sechs. Die Note Eins gab es nicht und die Zwei war nur dreimal vergeben. Von der Note Drei gab es sechzehn und der Rest hatte die Note Vier. Als ich mein korrigiertes Diktat zurückbekam, traute ich meinen Augen nicht. Auf dem Blatt stand die Note Vier. Ich wusste, dass ich es für dieses Jahr geschafft hatte und nach diesem Jahr zum Polizeiwachtmeister befördert werden würde.
Mit Deutsch hatte ich danach auch nie mehr Probleme. Einmal schaffte ich sogar die Note Zwei und gehörte dadurch sogar zu den Besten. Nur wegen Deutsch schieden damals, nach dem ersten Ausbildungsjahr, ca. 50 Kollegen aus dem Polizeidienst aus. So waren wir dann, im wahrsten Sinne des Wortes, eine Polizeihundertschaft.
6.4.Aufstiegskampf zur Judo-Bundesliga
Dann kamen die Aufstiegskämpfe zur Judo-Bundesliga für meinen neuen Verein und der entscheidende Kampf war in Lohr a. Main in der großen Stadthalle vorgesehen. Es wurden sehr viele Zuschauer erwartet und sogar der Bürgermeister war anwesend. Sehr viele meiner Polizeikollegen interessierten sich für diesen Aufstiegskampf und wollten sich dieses Ereignis als Zuschauer nicht entgehen lassen. Außerdem wollten sie sehen, wie ich kämpfen würde. Somit fuhren viele Kollegen mit mir nach Lohr a. Main. Die Halle war voll besetzt und unter den Anfeuerungsrufen meiner Kollegen gewann ich meine Kämpfe. Wir gewannen den Aufstiegskampf und stiegen in die Judo-Bundesliga auf. Tage darauf wurde die gesamte Mannschaft dann noch vom Bürgermeister von Lohr a. Main ins Rathaus eingeladen.
6.5.Mein großes Ziel
Als Nächstes erwarteten mich die Deutschen Polizeimeisterschaften im Judo, welche in Berlin ausgetragen wurden. Hier hatte ich mir ein sehr großes Ziel gesetzt. Wenn man bei dieser Deutschen Meisterschaft einen der ersten beiden Plätze belegte, qualifizierte man sich für die Polizei-Europameisterschaft in Wien und genau das war mein Ziel.