Читать книгу Dinotherium bavaricum vs. Predator - Lukas Wolfgang Börner - Страница 10
ОглавлениеVorbereitung für das Willkommensfest
Gedicht des Tages:
Den Kannibal’n die Kinder baten:
„Iss doch lieber Rinderbraten!“
Als ich die Klasse betrat, spürte ich, wie mir viele Augenpaare folgten. Der eine oder andere Mitschüler war bei unserem Detektiv-Casting gedemütigt worden, Cleo und Maria beobachteten, wie ich auf den jeweils anderen reagieren würde – und Sophie starrt mich sowieso immer an.
Ich versuchte, keinen Gesichtsausdruck zu machen. Also wirklich gar keinen. Ich rollte die Augenlider bis zur Hälfte hinunter, ließ den Mund vollständig verschwinden und schlurfte so am Lehrer vorbei Richtung Schulbank.
„Guten Morgen!“, sagte Herr Eichner zynisch. Es hatte schon geläutet gehabt. Ich grüßte mit einem Nasenröcheln, während ich wie ein Zombie weiterlatschte. Erst am Tisch wuchs mir wieder ein Mund und auch die Augen waren wieder funktionstüchtig.
„Wie ihr wisst,“ erhob Herr Eichner das Wort, „findet nächsten Montag das große Willkommensfest statt.“
„Willkommensfest?“, flüsterte ich meinem Freund zu. Es war eine rhetorische Frage. Ich wusste schon, dass es heuer kein normales Sommerfest, sondern ein Willkommensfest geben würde. Wegen den Wölfen. Die Schule wollte damit ein Zeichen gegen die engstirnigen Wolfsgegner setzen.
Das ist so der Brauch. Wenn es um ein Willkommen geht, ist der Lehrkörper immer dafür. Ganz egal, ob Wölfe, Werwölfe oder Bergtrolle zu uns kommen würden, es würden immer alle Lehrer mit selbstgebackenem Gugelhupf am Waldrand stehen und winken.
Cleo antwortete nicht.
„Redest du immer noch nicht mit mir?“, flüsterte ich.
„Hm“, machte Cleo.
„Solange nicht, bis ich mich entschuldigt hab?“
„Hm.“
„Na gut. Dann … sorry halt.“
„Hugo!“, rief plötzlich Herr Eichner. „Jetzt kannst du wieder reden oder was?“
Cleo lachte auf. Dann aber fuhr er unseren Deutschlehrer über den Mund: „Er hat sich doch eben entschuldigt!“
„Ach? Ach so?“ Herr Eichner war verwirrt. Schnell lenkte er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Thema Willkommensfest und wir zogen es vor, uns zettelschreibend weiter zu unterhalten.
„Ϫes war Ϫia Ϫaigendhliϧ Ϫausgemaϭdh, dass Ϫiϧ dii möϧdhegerndedheghdhife bhrüfe Ϫund du das bhrodhogholl führsdh. Ϫaber du hasdh mir vor iiren Ϫaugen die Ϫaudhoridhädh Ϫabgeϩbhroϭen.“
Oh, ‘tschuldigung, lieber Leser, jetzt hab ich vergessen, das Cleo-Alphabet zu übersetzen. Ja, da siehst du mal, womit ich mich täglich rumärgern muss. Und das, wo ich doch ohnehin eine Rechtschreibschwäche habe und mir ausschließlich die falsch geschriebenen Wörter merke.
Ab jetzt werde ich wieder für dich übersetzen.
„Was ist denn eigentlich aus eurem Detektivtrio geworden? Habt ihr schon einen Namen?“
„Nicht doch, es gibt gar kein Detektivtrio.“
„Wieso?“
„Das war schneller vorbei, als wir hätten ahnen können. Ich hatte ja den Irg gerufen, um dich einzuschüchtern …“
„Ja.“
„Du brauchst mich nicht, wenn ich mitten am Schreiben bin, unterbrechen, indem du dich rüberlehnst und ja reinschreibst.“
„Ok.“
„Bleib halt auf deinem Platz, du Lauch! Der Eichner schaut ja schon wieder her! Also, auf jeden Fall ist Irg gekommen, hat dich nicht gefunden … und hat deshalb Jean-Claude verprügelt.“
„Was?!“
„Ich hab ihn am selben Abend noch im Krankenhaus besucht. Und Irg wurde vorläufig von der Polizei mitgenommen. Seitdem fürchte ich um mein Leben.“
„Das ist ja unfassbar komisch!“
„Ich habe mir ein Spiel für euch überlegt“, sagte Herr Eichner und glotzte gütig durch die trübe Brille. Die Schüler in den vordersten Reihen reagierten, wie er es erwartet hatte, und wippten voll ungeduldiger Vorfreude auf ihren Stühlen. Weiter hinten wurde allenfalls höflich gelächelt. Ganz hinten lächelte niemand mehr.
„Für das Fest wollen wir an allen möglichen Stellen die Worte Herzlich willkommen unterbringen. Und ich hab mir überlegt, dass es doch witzig wäre, wenn wir ein Plakat gestalten würden, auf dem ganz viele Worte oder Sätze stehen, die alle aus den Buchstaben von Herzlich willkommen bestehen. Quasi als Symbol für die Vielfalt an Türen, die ein Herzlich willkommen öffnet.“
Stille.
Dann machte die Klasse: „Hä?“
Herr Eichner stöhnte: „Eure Aufgabe ist, aus Herzlich willkommen neue Worte zu formen. Dafür habt ihr die ganze Stunde Zeit. Also: Nehmt euch ein Schmierblatt und fangt an!“
„Und was hat es mit dem Molch auf sich?“, fragte Cleo auf dem Zettel. „Das ist so eine Sache …“, schrieb ich zögernd zurück. „Maria hat dich verdächtigt, unser Firmenmaskottchen geklaut und aufgespießt zu haben. Ich hab das aber nie geglaubt. Und jetzt ist sie gegen dich und ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich würde ja unser Detektivbüro gerne mit dir erweitern, aber Maria würde da nie mitziehen.“
Prompt kam zurück: „Dann gründen wir halt zu zweit eines. Das scheint mir sowieso gescheiter zu sein.“
„Aber das würde bedeuten, dass ich der Maria absagen muss. Hugomator wäre damit am Ende und Maria würde nimmer mit mir reden.“ „Hugomator?“
„Ich bin auch gar nicht so heiß auf die Detektivarbeit mit Maria … aber ich möchte sie nicht verlieren, verstehst du?“
„Bist du etwa heiß auf die?“
Kurze Pause. Dann:
„Äh, ja? Natürlich? Schau sie dir halt mal an …“
„Sie ist dick.“
„Was?! Bist du behindert?“
„Sie ist echt dick.“
„Sie ist überhaupt nicht dick. Sie hat nur echt dicke Hupen.“
„Nur zu, lass dich nicht aufhalten, geh mit ihr. Wäre eh eine nachhaltige Beziehung. Wenn du mit der bädst, reicht gewiss ein halber Liter Wasser, um die Wanne vollzukriegen.“
„Badest heißt es.“
„Hast du sie etwa schon geküsst?“
„Fast.“
„Tu halt einfach so, als wärst du ein Spion. Du sagst ihr, dass du weiter mit mir rumhängst, aber nur, um gegen mich Beweise zu sammeln. Dann kannst du mit ihr weiter Hugomania spielen und wir lösen die echten Fälle.“
„Na, wie läuft’s?“, fragte eine Lehrerstimme hinter unseren Köpfen. Rasch ließen wir den Zettel verschwinden und tüftelten weiter an den Buchstaben herum. Auf Cleos Blatt stand: Himmel, Lenz, Wolkrich.
„Sehr gut, Cleo“, lobte Herr Eichner. „Aber was ist wohl ein Wolkrich?“ „Na, eine männliche Wolke“, erwiderte Cleo. „Die pisst auch, wenn sie steht.“
Herr Eichner herrschte Cleo an, das zu ändern. Dann betrachtete er mein Papier: Ich kommerziell Hwln.
„Noch zehn Minuten“, krähte er dann, ohne mein fast geniales Werk auch nur mit einer Silbe zu würdigen.
„Die echten Fälle?“, schrieb ich weiter.
„Ich glaube ja ohnehin, dass Maria den Molch auf dem Gewissen hat. Sie hat ihn getötet und die Schuld auf mich geschoben, um mich als Konkurrenz auszuschalten.“
„Nein, Cleo, das kann nicht sein. Du hättest sie sehen sollen, als wir den Molch entdeckt haben. Die hat echt Rotz und Wasser geheult. So eine gute Schauspielerin kann sie gar nicht sein.“
„Ach was! Sie hat halt sowieso heulen müssen, weil sie sich an ihre schreckliche Tat erinnert hat oder weil sie ihre Wimperntusche verloren hat oder was weiß ich. Die heult doch, wie andere Leute niesen.“
Ich blickte zu ihr rüber. Sie hatte tatsächlich schon wieder Tränen in den Augen, weil sie mit der gestellten Aufgabe nicht zurechtkam. Sophies Blick traf meinen – es waren ganz schmale Augen.
War das noch der Zorn wegen Samstag? Oder witterte Sophie etwas? Oder wusste sie schon, dass ich neuerdings mit Maria rumhing?
Ich lächelte unschuldig. Da deutete Sophie mit dem Zeige- und Mittelfinger erst auf ihre Augen und dann auf mich. Die Geste sagte: Nimm dich in Acht, ich beobachte dich.
„So, dann lasst mal hören!“, durchbrach Herr Eichner das geschäftige Gemurmel. „Was habt ihr zustande gebracht?“
Wie sich herausstellte, hatte niemand ein fehlerfreies Ergebnis vorzuweisen. Die meisten Schüler hatten wie ich ein paar Buchstaben über, das geistreiche Wort kommerziell fiel noch ein zweites und drittes Mal.
Nur Cleo hatte einen vollständigen Satz abzuliefern: „Herzl, ich will kommen!“
Herr Eichner nahm von seiner Idee Abstand.
*