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Kapitel 4

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Ellen hatte beim Verlassen des Supermarktes ein paar Sachen mitgenommen, aber Karen kam mit leeren Händen hinaus.

Bei Tageslicht besehen war das, was sie sich hatte schnappen können, allerdings ungeheuer nutzlos: eine Flasche Ketchup, eine Gallone Essig und ein Glas saurer Gurken. Diese ließ sie gleich auf den Asphalt fallen – die Flasche auch, aber sie prallte auf, ohne zu zerbrechen, und rollte dann einfach weg. Zuletzt öffnete sie den Kanister und schüttete den Essig in Taffers Gesicht. Er kam sofort zu sich, prustete und schimpfte. Die Untoten stockten daraufhin, blieben schwankend stehen und starrten ihn an.

»Taffer! Steh endlich auf!«, schrie Ellen, während sie an einem seiner Arme zog, während Cooper den anderen nahm, um ihm aufzuhelfen.

Karen fiel auf, wie die Zombies langsam zurückwichen. Zugleich sah sie aber auch, dass die Masse hinter ihnen vorwärtsdrängte. Sie spürte, dass ihr Puls raste und wie kurzatmig sie war.

Taffer stand nun zwar endlich, zitterte jedoch sichtlich. »Ich muss mich unbedingt wieder hinlegen.«

»Jetzt nicht.« Cooper hielt ihn an einem Ellbogen fest, damit er stehen blieb. Er schaute sich hektisch nach einem Fluchtweg aus ihrer Zwangslage um. Die Untoten kamen nun vom anderen Ende des Geländes her aus allen Richtungen zusammen, wie er erkannte. Trotz ihrer Furcht vor Taffer mussten sie irgendwann unweigerlich von den Körpermassen hinter ihnen zu den Überlebenden getrieben werden. Der Kreis, in dem sie sich näherten, wurde schon wesentlich enger. Das Grüppchen stand mitten auf einem recht großen Parkplatz, und die nächstbeste Anlaufstelle war das Geschäft hinter ihnen.

»Wir müssen zurück in den Supermarkt!«

Karen ließ den Blick nun schweifen. Sie hoffte vergeblich darauf, einen anderen Ausweg zu finden, um das Gebäude nicht wieder betreten zu müssen. Leider konnte sie als Größte unter ihnen sehen, dass der Supermarkt tatsächlich ihre einzige Option war. Ellen und Cooper stützten daraufhin Taffer, was ihnen sichtlich Mühe bereitete.

»Okay, bereit?« Er packte ihn fester. »Bleib auf den Beinen und benutze sie.«

Cooper lotste ihn auf den Laden zu, aber nicht geradewegs zum Eingang. Die Ziegelsteinfassade war nicht verputzt, doch man hatte ein Metallgitter angeschraubt, quasi als minimalistische Verschönerung. Es sah aus wie ein übergroßes Stahlspalier und reichte etwa fünfundzwanzig Fuß hoch, endete jedoch gut acht Fuß unterhalb der Dachkante.

Sie blieben dicht zusammen, während die Zombies nach und nach den Weg für sie freigaben. Cooper ließ den Frauen den Vortritt, ehe er ebenfalls hinaufkletterte, was ihm ganz leichtfiel, indem er einen Griff nach dem anderen tat. Vorübergehend waren sie also in Sicherheit. Ihr Gefährte stand allerdings immer noch unten.

»Komm schon, Taffer, hoch mit dir«, rief Cooper.

Der Kerl machte sich jedoch stattdessen auf den Weg zum Eingang. Als er ihn erreicht hatte, trat er ein und war nicht mehr zu sehen.

»Taffer, nein!«, kreischte Ellen, aber es war zu spät.

Cooper hing immer noch am Gitter, ohne für den Moment etwas befürchten zu müssen. Er schaute hinauf, wo bereits die nächste Herausforderung auf sie wartete. Der Aufstieg war nicht schwierig gewesen. Das Spalier glich einer breiten Leiter, die jedoch dummerweise mindestens anderthalb Meter unter der Traufe endete.

Von der obersten Sprosse aus – das erkannte er schon jetzt – könnte er beim Versuch, auf das Dach zu gelangen in die Tiefe stürzen. Da sie sich nicht mehr allzu lange festhalten konnten, stellte er sich innerlich darauf ein, dieses Risiko in Kauf nehmen zu müssen und die möglichen Folgen momentan einfach zu verdrängen. Noch einmal schaute er hinab. Karen und Ellen hingen nicht weit unter ihm. Die Untoten aus der Umgebung versammelten sich nun weiter. Selbst wenn sie auf das Dach stiegen, würden sie zu lange dort festsitzen, es sei denn, irgendetwas änderte sich.

Als Cooper seinen Blick wieder nach oben richtete, traute er sich zu, die Kante zu erreichen, indem er sich auf die oberste Querstrebe stellte. Dies allerdings zu schaffen, denn die Sprosse stand nur wenige Zoll weit von der Mauer ab, war das eigentlich Schwierige.

Cooper musste sich also ganz oben aufrichten, ohne sich mit den Händen festhalten zu können, während kaum eine Fußlänge Platz zwischen Wand und Gitter war, um Tritt fassen zu können. Er begann damit, die Hände und eine Wange fest gegen die Ziegelsteine zu drücken. Versuchte er dabei, sich zu beugen, würde er sich selber von der Wand abstoßen. Mit einem einzelnen Schritt stieg er ungefähr einen Fuß höher. Jetzt lehnte er wieder an der Mauer. Ein weiterer Schritt brachte ihn seinem Ziel näher, allerdings ohne irgendwo Halt zu finden. Beim dritten lehnte er sich nach vorne, wohlgemerkt ohne irgendeinen Druck auszuüben. Entweder blieb er genau in der Senkrechten, oder ein Sturz war bereits vorprogrammiert. Langsam rutschte er mit den Händen und seiner Wange aufwärts. Es war nervenaufreibend, aber unvermeidbar, wenn er sie alle auf das Dach bringen wollte.

Endlich fehlte nur noch ein Schritt bis zur obersten Sprosse. Ihn zu tun, ohne sein Knie zu beugen, kam nicht infrage, aber das Bein seitwärts auszustrecken, dabei sanft an der Wand zu lehnen und dann trotzdem noch genug Kraft aufzubringen, um seinen Körper hochzuwuchten, war körperlich ein Krampf und eine geistige Zerreißprobe. Er musste sich unglaublich konzentrieren, sein Letztes geben und es ohne zu zögern durchziehen, ansonsten würde er hinunterfallen. Es verunsichert und nur halbherzig zu tun, bedeutete seinen Tod. Auf der obersten Sprosse brauchte er nur noch sein Gleichgewicht zu halten, nach der Kante zu greifen und sich dann hochzuziehen.

»Worauf wartest du denn da oben, du Schussel?« Seine Schwester, wer sonst?

Endlich tat er es: Er federte sich hoch und platzierte den Fuß ganz oben neben seinem anderen. Einen Moment lang ließ er sich Zeit zum Durchatmen, bevor er weitermachte. Dann schaute er langsam hinauf und streckte einen Arm zum Dach aus. Mindestens ein Fuß fehlte noch immer zwischen seiner Hand und der Kante.

Cooper hielt sich nicht mehr damit auf, wieder hinabzuschauen oder den Arm herunterzunehmen. Die einzige Möglichkeit, die ihm noch blieb, war ein gerader Sprung nach oben in der Hoffnung, die Kante zu erwischen. Falls nicht, würde er gewiss von der Querstrebe abrutschen, wenn sein Fuß wieder darauf traf. Um die Traufe greifen zu können, musste er nicht einmal einen Fuß weit hochspringen.

Um die Beine beugen zu können, drehte er sie vorsichtig nach außen, damit die Knie nicht direkt gegen die Mauer stießen, wodurch er sich selbst weggedrückt hätte. Dann schnellte er empor.

Er berührte die Kante mit den Fingern, rutschte dann aber sofort wieder daran ab. Das Herz schlug ihm nun bis zum Hals, nachdem er wieder auf der dünnen Metallstange gelandet war. Er war bereit, alles ihm Mögliche zu tun, um nicht in die ausgestreckten Hände der schnappenden Zombies zu stürzen. Zum Glück hatte er mit beiden Füßen auftreten können.

Plötzlich erklang ein Plopp! Dann ein Zing!, als die Schrauben, mit denen das Spalier befestigt war, mit einem Ruck aus der Mauer lösten. Ellen und Karen kreischten laut. Seine Schwester verlor ihren Halt, klammerte sich aber weiterhin mit den Händen fest. Die senkrechten Streben knickten langsam ab, während sich das Gitter von der Wand entfernte.

»Cooper!«, schrie Ellen ein ums andere Mal in Panik.

Die nächste Reihe Schrauben knarrte unter der ungewohnten Belastung. Einen weiteren Versuch konnte er nicht wagen. Jetzt lag die Kante außerhalb seiner Reichweite, und das Gitter war nicht weiter verankert, neigte sich also einfach weiter oder löste sich endgültig von der Mauer. Er spielte mit dem Gedanken, abzuspringen und sich anschließend von den Zombies verschlingen zu lassen, damit seine Schwester überleben würde. Während er nach unten starrte, überlegte er, wie er sich entscheiden sollte, aber da umschloss jemand sein Handgelenk und zog ihn mit einem einzigen Ruck hinauf auf das Dach.

Es war Taffer. Er ließ Cooper auf seine vier Buchstaben fallen und setzte danach eine Dose an – einen Energiedrink, den er unten im Geschäft mitgenommen hatte. Als er erst mal anfing zu trinken, schien er sich gar nicht mehr bremsen zu können.

»Meine Fresse!« Cooper staunte nicht schlecht, hatte aber Ellen und Karen natürlich nicht vergessen. Schnell stand er auf und lief zurück zum Dachrand. Als er sich nach unten streckte, war er allerdings immer noch zu weit weg, um Ellen, die ihren Arm ebenfalls lang streckte, packen zu können. Dann spürte er plötzlich eine Hand an einem seiner Fußknöchel, woraufhin er sich ein Stück über die Kante hängen ließ und seine Schwester endlich zu fassen bekam.

»Hab sie!«, rief er über seine Schulter hinweg. Taffer zog die beiden nun hoch.

Anschließend folgte Karen, die dank ihrer Körpergröße noch leichter auf das Dach gelangte.

Taffer hatte sich nicht zu knapp mit dem Sportgetränk besudelt. Er setzte die Dose kurz ab.

»Sorry, aber ich hatte das Gefühl, als würde ich verdursten.« Auf dem Boden neben ihm lagen bereits zwei leere Dosen.

»Du bist also gar nicht hineingegangen, um uns zu helfen?«, fragte Karen fassungslos.

»Ursprünglich nicht. Ich dachte nicht einmal an die Zombies, sondern ich war so durstig, dass ich mir einfach unbedingt etwas zu trinken besorgen musste.«

»Wie dem auch sei, wenigstens ist er danach hochgekommen.« Ellen wirkte leicht verärgert wegen Karen. »Wo ist denn Tom?«

Karen hob zu einer mäßig überzeugenden Antwort an: »Vielleicht hat er die Monster gesehen und …«

»Aber warum hat er mich dann einfach aus dem Auto geworfen?«, fragte Taffer zwischen zwei Schlucken. »Nein, der ist abgehauen!«

»Und wo steckt Hector?«, warf Cooper ein.

Taffer zeigte hinüber zu der Stelle, wo sich der Lateinamerikaner erleichtert hatte. »Ich habe gesehen, wie er niedergerungen wurde. Hört mal, ich würde jetzt gern wieder nach unten gehen und etwas zum Essen suchen. Danach bringe ich auch für uns alle etwas hoch.« Daraufhin ließ er sich einfach durch ein zerbrochenes Deckenfenster in die Dunkelheit fallen.

Das erschreckte zwar alle, doch Cooper erinnerte sich nur zu gut an den Kraftakt, den Taffer gerade demonstriert hatte.

Er ging zu dem Fenster und schaute hinab. Aus der Finsternis hörte er Gestöhne und Geraschel, aber sonst nichts. Darum kniete er sich hin und strengte seine Augen an, doch es war nichts zu sehen. Sie waren ja eben erst in dem Laden gewesen, und auch trotz der Öffnung im Dach reichte das Licht nicht aus, um viel erkennen zu können.

Kann er jetzt etwa auch im Dunkeln sehen?, sinnierte Cooper. Die Minuten zogen sich dahin, ohne dass Taffer zurückkehrte. Cooper und Ellen holten weiter Versäumtes nach, indem sie sich voneinander erzählten, während Karen hinaus auf die vielen Untoten und die Stadt schaute. Sie waren noch immer recht nahe an der Bucht, konnten sie sogar sehen und rochen die salzige Luft.

Karen sah betrübt aus. Ellen wurde sich bewusst, dass sie die Ältere anstarrte, und überlegte kurz, ob sie vielleicht hinübergehen solle, um mit ihr zu sprechen und sich zu erkundigen, wie es ihr ging. Plötzlich kippte Karen vornüber. Es geschah allerdings nicht versehentlich: Karen schloss die Augen und breitete ihre Arme aus.

Die Geschwister reagierten sofort und sprangen auf, aber sie waren nicht schnell genug, um es verhindern zu können. Sie rannten zur Dachkante, aber so wie es aussah, war Karen schon tot. Ihr Körper wurde unter der Meute begraben, zerfetzt und dann zu den anderen weitergereicht. Er zuckte wie von Spasmen geschüttelt, während Teile abgerissen und abgebissen wurden. Nach ein paar Yards ging die Leiche schließlich spurlos im Getümmel unter.

»Sie hat nicht einmal geschrien«, sagte Ellen fassungslos.

Karens Verhalten entgeisterte Cooper. Er machte sich Gedanken darüber, wie seine Schwester wohl empfand, sorgte sich aber umso mehr darum, dass der offensichtliche Selbstmord ihn persönlich absolut kaltließ. Etwas daran machte ihn sogar leicht wütend auf die Frau. Er legte nun eine Hand auf Ellens Schulter.

»Es tut mir leid.« Mehr fiel ihm nicht ein.

Auf einmal tauchte Taffer hinter ihnen auf. Unter einem Arm hielt er mehrere volle Tüten.

»Wo ist denn Karen?« Er ließ die Tüten auf ein Aggregat der Klimaanlage fallen. Da das Dach geteert und mit einer Schicht aus sehr grobem Schotter bestreut war, konnte man sich leider nicht hinsetzen.

»Sie ist gesprungen. Einfach so«, antwortete Ellen traurig. Sie hatte Karen sehr gemocht und war ihr während der letzten Wochen nähergekommen, grämte sich aber trotzdem nicht über Gebühr. Womöglich hatte die neue Realität sie ebenfalls so weit abgestumpft, vielleicht stellte sich der Schmerz auch erst verzögert ein, wenn sie dies alles verarbeitet hatte.

Während sich Cooper und Ellen gegenseitig auf den neuesten Stand brachten, dabei entweder aufeinander fokussiert waren oder die nach wie vor malerische Stadt mit der Bucht ins Auge fassten, verzehrte Taffer ein großes Stück verdorbenes Fleisch, das vermutlich von einer Hochrippe stammte. Es war vollständig von sich kringelnden Maden überzogen, die abfielen, wenn er Bissen nahm. Viele davon blieben allerdings in seinem Bart hängen und wanden sich dort, als ob sie verwirrt nach dem Futter suchten, von dem sie gerade noch gefressen hatten. Das schlecht gewordene Fleisch stank bestialisch, doch der Geruch der vielen Hundert faulenden Leichen auf dem Parkplatz war noch schlimmer. Taffer kaute in Gedanken vertieft vor sich hin, ohne die Wahl seiner Mahlzeit auch nur eine Sekunde zu hinterfragen. Den nächsten Happen, den er herausriss, schluckte er ganz. Denn er hatte erkannt, dass ihm das Kauen überhaupt nichts brachte. Was er aß, schmeckte weder besser noch schlechter, ob er es nun zerkleinerte oder nicht. Es handelte sich einfach nur um die Aufnahme von Nahrung, die er irgendwie brauchte, das wusste er. Noch ein paar kräftige Bissen, dann war er fertig.

Nun fühlte er sich wieder bis in die Haarspitzen gestärkt und bebte fast vor Energie, die spürbar sekündlich zunahm. Achtete man nicht darauf, bemerkte man es vielleicht gar nicht, doch er spürte es. Wenngleich er sich einreden wollte, dass es einfach daher rührte, dass er sowohl extrem dehydriert als auch ausgehungert gewesen war und dann Knall auf Fall Völlerei betrieben hatte, wusste er doch in seinem tiefsten Inneren, dass dem etwas anderes zugrunde lag … etwas ganz anderes … und deshalb fürchtete er sich.

TRANSFORMATION (Euphoria Z 2)

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