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Die Gewalt des Wortes

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Feldlager des Gottesheeres, am 3. Tag des Hitzemondes, im 243. Jahr des Imperiums

Ein gut hundert Schritt durchmessender Ring von Wachen umgab das Feuer, an dem die Anführer des Gottesheeres beratschlagten. Die handverlesenen Krieger hatten die Aufgabe, Spione und neugierige Lauscher fernzuhalten. Sarmantha hielt auf einen von ihnen zu. Er hatte einen auffälligen Überbiß und verzog das Gesicht, als er sie und ihre über zwanzig Begleiter nahen sah. »Die Beratung ist geheim. Nicht jeder ist zugelassen.«

»Ich werde nichts ausplaudern, Prandevlis«, versprach Sarmantha. »Oder hältst du mich für geschwätzig?«

»Es ist nicht gegen dich gerichtet, Verkünderin«, antwortete Prandevlis und deutete mit der Lanze auf ihr Gefolge. »Die da sind gemeint.«

Sarmantha legte ihm die Hand auf die Brust und blickte ihn eindringlich an. »Sie sind mein Gedächtnis und meine Stütze. Mach dir deswegen keine überflüssigen Gedanken, Prandevlis. Wir bleiben nicht lange. Kommt, Kinder!«

Ohne sich um den Krieger zu kümmern, ging sie weiter. Sie konnte sich gut vorstellen, was in ihm vorging. Aber was wollte er schon tun? Er würde nicht wagen, die Hand gegen ihre Begleiter zu erheben.

Am Feuer war ihr Kommen nicht unbemerkt geblieben. Köpfe wandten sich, Hälse reckten sich. Sarmantha hielt nach Wiltrach Sigfolk Ausschau, dem obersten Anführer der Leomannen. Sie konnte ihn nirgends sehen. Anscheinend war der Herzog doch schwerer verwundet worden, als man sie es hatte wissen lassen. Allerdings traute sie ihm nicht ganz. Wiltrach verabscheute solche Beratungen und verließ sich lieber auf seine Eingebungen und sein Gespür. Gut möglich, daß er seine Verletzungen etwas übertrieb. Der Schwarze Swidpal war statt seiner gekommen. Er war als Zweiter geboren und würde dies sein Lebtag lang in jeder Hinsicht bleiben. Sein Gesichtsausdruck war aufschlußreich. Wie immer lag darin die stumme Frage: Welches lästige Anliegen mag sie wieder haben?

Er sagte jedoch etwas anderes, während er ihre Begleiter mit einem unwilligen Blick bedachte: »Wir versuchen hier einen Kriegsrat zu halten.«

»Wir werden nicht lange stören«, erklärte Sarmantha herzlich.

Swidpal rollte nicht mit den Augen; es wäre überflüssig gewesen. »Ich nehme an, daß es wieder einmal dringend ist? Du wirst dennoch einen Augenblick warten müssen.«

Sarmantha nickte und sah sich um. Ein Lockenkopf weckte ihre Aufmerksamkeit. Er war viel zu jung, um in diese Runde zu gehören. Offenbar hatte es jemand für nötig befunden, seinen Erstgeborenen mitzubringen. Eitelkeit und der Dienst für Aionar schlossen sich nicht aus.

Der Junge tuschelte mit seinem Nachbarn. Der sah zu ihr herüber und antwortete etwas. Darauf starrte sie der Bursche neugierig über das Rund hinweg an.

»Wer ist das?« fragte Sarmantha niemand Bestimmten.

»Malachias«, antwortete eine Stimme.

»Malachias wie der Malachias?«

»Er ist es selbst«, erklärte die Stimme.

»Unsinn!« stieß Sarmantha aus. »Malachias ist Mitte Zwanzig. Das Bübchen ist allenfalls siebzehn. Außerdem ist er irgendwo im Süden.«

»Er ist heute angekommen.«

Sarmantha schüttelte den Kopf. Dieser junge Kerl sollte der außergewöhnlich befähigte Krieger und Heerführer sein, von dem sie schon so vieles gehört hatte? Kaum zu glauben!

Sie wandte sich zu dem Mann um, der zu ihr gesprochen hatte. Er war ein knapp dreißigjähriger Leomanne mit den verwirrendsten grünen Augen. Strahlend nannte er seinen Namen: Hyggald.

Sarmantha spürte eine Hand auf ihrem Rücken. »Du bist dran«, flüsterte Eleta.

Sie riß sich los und wandte sich an die Versammlung, brauchte aber einen Herzschlag lang, um zu sich zu finden. »Ich komme wegen unserer besiegten Feinde.«

»Was ist mit ihnen?« fragte Swidpal. »Wer sich uns anschließen will, ist willkommen. Der Rest darf gehen. Wir können uns kaum selbst ernähren. Was bleibt uns also übrig? Das gilt natürlich nicht für die Adligen.«

»Was ist mit den Hilfstruppen der Kaiserlichen? Ich hörte, daß ihr sie ebenfalls ohne Bedingungen abziehen lassen wollt. Wäre es nicht besser, wenn sich ihre Anführer, Häuptlinge und Fürsten zu Aionar bekennen würden?«

Swidpal sah sich im Rund um: »Wir haben einen Waffenstillstand mit ihnen. Wenn wir sie zwingen, müssen wir vielleicht kämpfen. Wir sollten sie einstweilen in Ruhe lassen und alle Kraft gegen das Imperium wenden. So führt man besonnen Krieg. Man setzt Schwerpunkte.«

»Aber wir führen keinen gewöhnlichen Krieg«, hielt ihm Sarmantha vor und erhob die Stimme. »Wofür kämpfen wir?«

»Für Aionar!« brüllte ihr Gefolge einstimmig und klatschte in die Hände: »Für Aionar! Für Aionar!«

»Für Gott!« stimmte Sarmantha mit ein.

Im Grunde verabscheute sie derartige Machtkämpfe.

Das Geheimnis der Gezeitenwelt

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