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Hera


Hera besing ich, die Tochter der Rheia, auf goldenem Throne, sie, die Königin, ja unsterblich in ragender Hoheit, Zeus‘ Gemahlin und Schwester, des grollend donnernden Gottes, herrlich ist sie, die weit im Olympos die Seligen alle scheu verehren zugleich mit dem blitzerfreuten Kronion.

Homerischer Hymnus48

Hinter der Gattin des Donnergottes Zeus verbirgt sich eine in Wahrheit sehr alte Gottheit: Hera war ursprünglich wohl die Schutz- und Palastgöttin des mykenischen Heerkönigs von Argos; ihr Name darf als die weibliche Ergänzung zu Heros, Herr, also als „Herrin“ gedeutet werden. Sie war die Schwester und Gattin des Zeus; die Vorstellung der Geschwisterehe mag auf Ägypten zurückgehen, wo diese als besonders vornehm und Kennzeichen des Pharao galt. Auch Isis und Osiris waren Geschwister. Der Einfluss Ägyptens auf die Kulturentwicklung Griechenlands war seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. unbestritten groß, und es ist gut möglich, dass auch in Hesiods Theogonie ägyptische Vorstellungen eingeflossen sind. Hera ist – als Archetyp – die Ehefrau, die ewige Gattin, allerdings auch allzu oft die betrogene Gattin, aufgrund der zahlreichen Liebschaften und Seitensprünge des Zeus. Sie verfolgt die Affären des Zeus mit krankhafter Eifersucht und spielt im Olymp eine eher lächerliche und bedauernswerte Rolle. Den Geliebten des Zeus stellt sie nach, so etwa der Io, Semele, Kallisto, Leto; seinen unehelichen Kindern trachtet sie nach dem Leben, vor allem dem Herakles, Dionysos, Epaphos. Die ehelichen Kinder, die sie mit Zeus hatte, sind Ares, Hephaistos und Hebe, auch Eileithya gilt als ihre Tochter, wird zuweilen auch als einen ihrer Nebenaspekte betrachtet. Alles in allem ist Hera die Ehe- und Geburtsgöttin: die Opfer bei der Eheschließung wurden ihr dargebracht, die meisten Ehebräuche zu ihr in Beziehung gesetzt. Als Hüterin der Ehe verkörpert Hera die Macht des Weiblichen überhaupt; allerdings gerät sie in einer patriarchalischen Gesellschaft wie dem antiken Griechenland eher ins Hintertreffen. Dies war indes nicht immer so:

So wird Hera in Stymphalos / Arkadien je nach dem Stand ihrer Verehrerinnen als Mädchen, Frau oder Witwe angerufen: ein Hinweis auf die Dreifaltige Große Muttergöttin, die in prähistorischen Gesellschaften sicherlich große Macht besaß. Ihre Vermählung mit Zeus wurde in manchen Kulten, zum Beispiel in Knossos oder auf Samos, als „Heilige Hochzeit“ begangen. Dies weist darauf hin, dass wir es hier mit einer uralten Fruchtbarkeitsgöttin zu tun haben, die erst in einer viel späteren Zeit als die ewig betrogene Gattin zur Karikatur gemacht wurde.

Von Homer haben wir die Beschreibung einer Heiligen Hochzeit von Zeus und Hera, hoch auf den Gipfeln des Ida-Gebirges:

Also sprach Kronion und schloss in die Arme die Gattin. Unten erblühte die heilige Erde von sprießenden Gräsern, tauigem Lotosklee und Hyazinthen und Krokos, dicht und üppig und weich … (Ilias XIV, 346ff.)

Wenn also Zeus und Hera den sakralen Akt der Hochzeit miteinander vollziehen, erblüht unten die Erde! Interessant ist auch, dass Homer der Hera zuweilen den Beinamen „kuhäugig“ gibt; dies ist keineswegs eine Diskriminierung, sondern lässt uns im Gegenteil an die Verehrung der heiligen Kuh in Indien denken. In die gleiche Richtung geht, wenn Hera mit dem Mond in Verbindung gesetzt wird, wohl wegen dessen Bezug zu dem in Phasen verlaufenden weiblichen Geschlechtsleben; in der Ikonographie wird indessen oft das Kuhgehörn als Mondsichel dargestellt, was man recht gut bei den zahlreichen Abbildungen der ägyptischen Isis sehen kann. So mag Hera auch als die Große Mondgöttin gelten. Ihre Entsprechung bei den Römern ist Juno, bei den Germanen Frigga.

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