Читать книгу Wüsten und Städte - Manfred Rehor - Страница 9
ОглавлениеKriegsvorbereitungen
Der Mann, der sie als Meredeem durch die Stadt geführt hatte, sah auf den ersten Blick genauso aus wie bisher. Und doch war der Eindruck, den er erweckte, ein ganz anderer. Nun war er nicht mehr ein unbedeutender Beamter der Republik, unauffällig und nicht sonderlich intelligent. Dies war ein Mann, der wusste, was er tat! Er verbreitete die Ausstrahlung eines Menschen, der Entscheidungen trifft und dem andere gehorchen.
„Harlan Geraan ist Ihr richtiger Name?“, vergewisserte sich Rall, der sich seine Überraschung nicht anmerken ließ.
„Nein! So wenig wie Meredeem. Steigen Sie ein. Es ist nicht gut, wenn die Inspektionskutsche lange hier steht. Hier gibt es nichts zu inspizieren.“
Rall fragte sich, warum Meredeem überhaupt ausgestiegen war, wenn er es so eilig hatte. Doch als er in die Kutsche stieg, sah er den Grund: Das Fahrzeug war nur für einen Insassen gebaut. Eine breitere Bank war darin, auf der ein Fahrgast in Fahrtrichtung sitzen konnte. Vor sich hatte er ein Klapppult zum Schreiben und ein kleines Regal, das jetzt leer war. Vermutlich enthielt es normalerweise Aktenordner oder Gesetzesbücher.
Rall und Zzorg drängten sich nebeneinander auf die Sitzbank, dann stieg Meredeem ein. Er montierte mit wenigen Handgriffen das Klapppult ab, um sich daraus einen niedrigen Sitz zu machen. Nun saß er zwischen den Beinen seiner beiden Gäste, mit dem Rücken zur Fahrtrichtung. Es schien ihm jedoch nichts auszumachen.
„Sie sind schwer zu überraschen, stelle ich fest“, sagte er. „Gut so.“ Er zog an einer Schnur, die unter dem Dach der Kutsche entlang führte. Die Kutsche fuhr los.
„Nun haben wir ein wenig Zeit“, sagte Meredeem. „Zunächst zu meiner Person: Unter dem Namen Meredeem bin ich Beamter in der Verwaltung der Karolischen Republik. Da ich im Außenamt beschäftigt bin, habe ich dafür gesorgt, dass man mir die lästige Pflicht übertrug, Gastgeber für zwei Diplomaten vom Nebelkontinent zu sein. Ehrlich gesagt war das nicht schwer. Man hat sich nicht danach gedrängt, Umgang mit einem Katzer und einem Echser zu pflegen.“ Er lachte.
Rall und Zzorg sahen ihn an, ohne die Gesichter zu verziehen.
„Es scheint, wir haben nicht dieselbe Art von Humor“, sagte Meredeem. „Schade eigentlich. Aber jeder Mensch ist anders, wie ich immer zu sagen pflege. Nun, um meine Geschichte fortzuführen, neben meinen beruflichen Pflichten leiste ich mir den Luxus, mich auch privat für Politik zu interessieren. Ich bin Mitglied einer Partei, die sich vor einigen Jahren große Hoffnungen machte, die nächste Wahl zu gewinnen. Dazu ist es leider nicht gekommen, weil aufgrund eines seltsamen Zufalls binnen weniger Wochen alle führenden Mitglieder unserer Partei zu Tode kamen.“
„Politische Morde?“, fragte Zzorg. „Bisher hielt ich die Karolische Republik für ein stabiles und geordnetes Gemeinwesen.“
„Das ist ein Ruf, den wir uns im Laufe der Jahrhunderte wohl verdient haben“, bestätigte Meredeem. „Man kann auch nicht sagen, dass es Morde waren. Es gab einen Unfall, eine schwere Krankheit, einen Selbstmord. Sie verstehen, worauf ich hinaus will? Es schien eine Reihe von unglücklichen Zufällen zu sein, mehr nicht. Eine andere Partei hat versucht, die so entstandene Lücke in unserem politischen System auszufüllen. Sie hatte in den folgenden Monaten ebenfalls das Ableben vieler ihrer führenden Köpfe zu beklagen.“
„Bewundernswert, dass Sie sich trotzdem für die Politik engagieren“, meinte Rall.
„Keineswegs. Niemand weiß davon. Unsere Partei ist lernfähig. Jeder kennt nur einige wenige andere Mitglieder persönlich. Man muss sich schützen, wenn die Zeiten schlecht sind.“
„Die jetzige Regierung ist nach meinen Informationen bei jeder Wahl bestätigt worden“, fuhr Rall fort. „Kein Wunder, wenn es keine Konkurrenz gab.“
„So ist es. Die Wahlen sind frei und geheim; aber mangels vernünftiger Alternativen wählen die meisten Bürger der Karolischen Republik immer wieder dieselbe Partei.“
„Gegen die Sie und ihre Bundesgenossen nun im Geheimen vorgehen“, folgerte Rall. „Dazu gehört die Kontaktaufnahme mit ausländischen Mächten, soll heißen, der Freien Republik und dem Nebelkontinent.“
„Ihnen fehlen noch zwei Informationen, damit Sie sich ein vollständiges Bild von der Lage machen können“, sagte Meredeem. „Zum einen müssen Sie einiges, was in unserem Land vorgeht, mit eigenen Augen sehen. Deshalb unser gemeinsamer Ausflug in dieser engen Kutsche. Zum anderen geht es um die Frage, wer tatsächlich die Macht in der Karolischen Republik in Händen hält.“
„Sie meinen, das ist nicht die regierende Partei?“
„Nein. Der gesamte Regierungsapparat hat nur die Aufgabe, die Verwaltung des Landes zu regeln. Die Zügel der Macht hält jemand ganz Anderes in Händen.“
„Wer?“, fragte Zzorg und beugte sich interessiert vor.
„Niemand weiß es“, behauptete Meredeem. Er schien zufrieden mit der überraschten Reaktion seiner beiden Begleiter. „Man muss vorsichtig sein, wenn man versucht, etwas darüber herauszufinden. Aber eines ist gewiss: Die Spitzen unserer Regierung bekommen Anweisungen und sie befolgen diese. Irgendjemand herrscht über die Karolische Republik, wie es bis vor kurzem der Kaiser über den kaiserlichen Kontinent getan hat. Nur eben aus dem Geheimen heraus. Vermutlich wissen keine hundert Menschen, dass es überhaupt so ist. Und nur einige wenige Personen dürften direkten Zugang zu diesem Jemand haben.“
Rall und Zzorg schwiegen eine Weile. Dann sagte Rall: „Also ein Adeliger, der im Hintergrund die Macht an sich gerissen hat.“
Meredeem schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Die Rasse der Adeligen ist in Karolien verhasst.“
„Um wen könnte es sich sonst handeln?“
„Um jemand sehr Fremdes, sehr Mächtiges. Ein fast Allwissender, fast Unsterblicher. Vieles, was in den letzten hundert Jahren in der Karolischen Republik geschehen ist, dürfte auf diesen Jemand zurückgehen. Die wissenschaftlichen und technischen Fortschritte, auf die wir so stolz sind, kamen oft unerwartet. Sie waren einfach eines Tages da.“
„Wie soll das geschehen sein?“
„Beispielsweise entdeckte ein Wissenschaftler unter seinen Papieren Notizen, die einen Durchbruch bei der Berechnung von Dampfdruckmaschinen darstellten. Er behauptete, er selbst habe das irgendwann einmal hingekritzelt, obwohl er sich nicht mehr genau daran erinnern konnte.“
„Und niemand wundert sich darüber?“
„Die Öffentlichkeit nicht. Die angeblichen Erfinder werden mit Geld und Ruhm überschüttet. Warum sollten sie etwas dagegen haben? Und die Politik - nun, das habe ich ja schon dargestellt. Wir glauben, die ganze technische und wissenschaftliche Entwicklung unseres Landes wird aus dem Hintergrund vorangetrieben.“
„Aber zu welchem Zweck?“, fragte Rall.
„Das sollt ihr selbst beurteilen. Wir erreichen gleich die erste Station dieser Besichtigungsfahrt. Eine Manufaktur, die unsere Armee mit Waffen ausrüstet.“
Meredeem griff in eine der Seitentaschen, die neben dem Sitz der Kutsche angebracht waren, und entnahm daraus ein Stück Stoff. Als er es entfaltete - wegen der Enge in der Kutsche war das ein umständlicher Vorgang - entpuppte es sich als ein silbrig-grauer Übermantel aus hauchdünnem Material. Aus der zweiten Seitentasche zog er ein paar Handschuhe und einen faltbaren Hut, den er sich aufsetzte.
So ausgestattet wartete er, bis die Kutsche hielt.
Rall sah durch die verspiegelten Fenster, dass sie vor dem Verwaltungsgebäude einer Manufaktur standen. Männer hasteten umher, offenbar aufgescheucht durch das unerwartete Auftauchen des Inspekteurs.
„Ihr bleibt hier drin, egal was passiert“, wies Meredeem seine beiden Begleiter an. Er drehte an einem Rädchen, das an der Innenseite der Tür der Kutsche angebracht war, worauf kleine Löcher erschienen, die bisher verdeckt gewesen waren. „So könnt ihr hören, was draußen vor sich geht“, sagte er leise. Dann stieg er aus und schloss die Tür der Kutsche gleich wieder hinter sich.
Rall und Zzorg sahen, wie Meredeem in stolzer, aufrechter Haltung neben der Kutsche wartete. Ein dicker Mann kam aus dem Verwaltungsgebäude gerannt. Vor Meredeem blieb er stehen und verbeugte sich mehrmals, bis er genügend Atem fand, um zu sprechen.
„Zweiter Direktor Agarana der Werke für militärischen Stahlbedarf meldet sich zur Stelle, Inspekteur. Leider ist der Herr Generaldirektor geschäftlich unterwegs. Womit kann ich euch dienen?“
Der Mann wischte mit einem Taschentuch über sein gerötetes Gesicht.
„Nur eine kurze Inspektion heute“, sagte Meredeem herablassend. „Ich werde mit meiner Kutsche durch das Werk fahren, um die Sauberkeit des Werksgeländes zu begutachten. Es hat in einigen Manufakturen Nachlässigkeiten gegeben, die sich negativ auf die Qualität der Produkte ausgewirkt haben.“
„Sehr wohl, ganz zu Euren Diensten. Ich darf versichern, dass wir solche Nachlässigkeiten bei uns nicht dulden.“
„Wir werden sehen“, sagte Meredeem. „Gehen Sie voraus.“
Er stieg wieder in die Kutsche. Dabei machte er die Tür nur so weit wie nötig auf, um niemandem einen Blick hinein zu erlauben.
Der dicke Direktor musste nun im Schweiße seines Angesichts vor der Kutsche hergehen und laut rufend verkünden, in welchem Bereich man gerade war.
„Vorfertigung für Waffen konventioneller Bauart“, rief der Mann. „Griffe für Schwerter, Stangen für Hellebarden und so weiter.“
Als Nächstes kam: „Klingenfertigung. Schwerter, Streitäxte, Dolche. Für die größeren Waffen befindet sich die Fertigung im Nebenbau. Möchten Sie die Anlage besichtigen, Herr Inspekteur?“
Meredeem öffnete die Tür einen Spalt weit. „Nein. Aber geben Sie mir eine Warenprobe mit. Ein Kurzschwert.“
Der Dicke eilte in das Gebäude hinein und kam gleich darauf mit einer Waffe in der Hand zurück. Er reichte sie in die Kutsche, wobei er schon wegen der tiefen Verbeugung, die er dabei machte, nicht sehen konnte, wer sich im Inneren befand.
„Nun zu den großen Waffensystemen!“, befahl Meredeem, bevor er die Tür wieder schloss. Er reichte das Kurzschwert an Rall weiter, der es sich genau ansah.
„Beeindruckend“, sagte Rall nach kurzer Prüfung. „Ich glaube nicht, dass wir viele Waffen dieser Qualität in der Freien Republik haben.“
„Keine einzige“, behauptete Meredeem. „Der Stahl der Klinge ist härter und zäher als jeder, der außerhalb Karoliens hergestellt werden kann. Trotzdem ist die Produktion billiger als früher. Diese Fabrik fertigt einhundert Schwerter im Monat.“
Rall pfiff überrascht und Zzorg stieß ein zischendes Geräusch aus.
„Wir erreichen die Gießerei für die großen Waffen“, sagte Meredeem. „Vermutlich weiß man in der Freien Republik nichts von deren Existenz. Hier gilt äußerste Geheimhaltung.“
Die Kutsche passierte ein Tor, das durch eine Mauer von gut drei Meter Höhe führte. Vor dem Tor standen bewaffnete Posten. Sogar der Direktor musste sich ausweisen, um durchgelassen zu werden. Die Kutsche des Inspekteurs wurde jedoch nicht kontrolliert.
Sie fuhren fast eine halbe Meile weit, bevor sie wieder hielten. Der Direktor war so außer Atem, dass er zunächst nichts erklären konnte. Er musste sich an der Kutsche abstützen, um nicht umzufallen, so keuchte er.
„Hier wird eine neue Waffe produziert“, erklärte Meredeem. „Eine Kanone.“
„Kanonen herstellen kann man auch in der Freien Republik“, sagte Zzorg. „Schon seit langem werden Schiffe und Küstenforts damit ausgestattet.“
„Diese Kanonen sind zuverlässiger“, behauptete Meredeem und deutete hinaus.
Rund zwanzig Lafetten mit langen Rohren standen vor einem Produktionsgebäude. Dazwischen waren Kugeln kegelförmig bis in Mannshöhe aufgeschichtet.
„Diese Kanonen schießen zwei Meilen weit und können von einem guten Kanonier so gerichtet werden, dass sie auf diese Entfernung ihr Ziel auf ein Dutzend Schritte genau treffen. Wir produzieren im Moment nur fünf davon im Monat, weil die Herstellung des Eisens für die Rohre sehr störanfällig ist.“
Meredeem öffnete die Tür wieder einen Spalt und rief dem Direktor zu: „Ich fahre einmal rund um das Gebäude, um die Sauberkeit des Geländes beurteilen zu können. Sie warten hier.“
„Danke“, japste der Dicke.
Die Rundfahrt brachte für Rall und Zzorg keine neuen Einsichten. Die Kutsche verließ den gesicherten Bereich wieder durch das bewachte Tor. Dann schickte Meredeem den Zweiten Direktor Agarana der Fabrik zurück in sein Büro, nachdem er ihm noch zugestanden hatte, dass auf dem Gelände vergleichsweise ordentliche Verhältnisse herrschten.
Auf der Weiterfahrt wollten Rall und Zzorg über ihre Eindrücke diskutieren, aber Meredeem unterbrach sie: „Wir besichtigen jetzt eine Werft der Marine. Warten Sie mit Ihren Fragen, bis Sie die gesehen haben.“
„Aragotth liegt nicht am Meer“, sagte Zzorg. „Ist die Fahrt zur Werft nicht zu weit für heute?“
„Die Werft liegt flussabwärts wenige Meilen außerhalb der Stadt. Man hat den Fluss ausgebaggert, um ihn für große Kriegsschiffe befahrbar zu machen. Außerdem hat man einen Binnenhafen angelegt, der einerseits die Zulieferung für die Werft vereinfacht, andererseits der Marine einen Stützpunkt im Inland bietet. Falls eine fremde Flotte ...“
„Die einzige andere Flotte ist die der Freien Republik“, warf Rall ein.
Meredeem ließ sich davon nicht beeindrucken. Er fuhr fort: „Falls eine fremde Flotte diesen Marinestützpunkt angreifen will, muss sie den Fluss hochfahren. Für Segelschiffe ein Problem, nicht wahr? Einmal ganz davon abgesehen, dass derzeit an der Flussmündung am Meer zwei Festungen gebaut werden, die mit ihren Kanonen jedes fremde Schiff vernichten können.“
„Die Karolische Republik bereitet sich auf einen Krieg vor“, sagte Rall düster.
Meredeem schwieg.
Auch die Einfahrt zur Werft war schwer bewacht. Doch die Kutsche durfte passieren.
„In den inneren Bereich der Marinewerft darf sich selbst ein Inspekteur nicht wagen“, sagte Meredeem. „Aber das, was man von hier aus sehen kann, sollte genügen.“
Die Kutsche rollte vor ein Verwaltungsgebäude. Wieder kam ein hoher Mitarbeiter der Firmenleitung heraus und musste die Kutsche auf der angeblichen Inspektionstour begleiten. Wieder ging es Meredeem um die Sauberkeit des Geländes, womit erklärt war, warum er die Kutsche nicht für genauere Inspektionen verließ.
Nach der Besichtigung von im Freien gestapelten Versorgungsgütern rollten sie gemächlich einen Hügel hinauf, der den Blick hinunter auf den Fluss ermöglichte. Dort war ein riesiges Hafenbecken ausgehoben worden, in dem vier Kriegsschiffe lagen. Daneben war ein weiteres Schiff auf der Werft im Bau.
„Sehen Sie sich die Schiffe genau an“, forderte Meredeem. „Auch wenn Sie sich mit Schiffen nicht auskennen, wird Ihnen auffallen, dass sie nicht nur Masten und Segel haben, sondern auch Schornsteine. Diese Fregatten verfügen in ihrem Inneren über Dampfmaschinen, die es ihnen ermöglichen, gegen den Strom Flüsse hinaufzufahren. Noch sind diese Maschinen nicht so effektiv, dass man auf Segel verzichten könnte. Für eine lange Fahrt passen nicht genügend Kohlen auf die Schiffe. Aber schon jetzt sind die Dampfmaschinen ein gewaltiger Vorteil in einer Schlacht. Ebenso wie die Panzerung der Rümpfe durch Eisenplatten, die feindliche Kanonenkugeln einfach abprallen lassen.“
„Diese vier Schiffe könnten der Flotte der Freien Republik erheblichen Schaden zufügen“, sagte Zzorg mit belegter Stimme.
„Schaden?“ Meredeem lachte. „Vermutlich könnten sie die gesamte Flotte der Freien Republik vernichten, ohne dass wir selbst auch nur eines davon verlieren.“
„Ich glaube, wir haben genug gesehen“, meinte Rall.
„Noch nicht ganz“, widersprach Meredeem. „Schauen Sie sich bitte noch an, wie die großen Mengen an Material für die Werft herangeschafft werden. Der Binnenhafen, den die Lastkähne anlaufen, liegt stromaufwärts. Sehen sie!“ Er deutete nach unten.
Von dem Hügel herunter sah es für Rall und Zzorg so aus, als würde sich ein langer schwarzer Wurm am Flussufer entlangwinden, der Qualmwolken ausstieß. Als er näherkam, erkannten sie, dass es sich um ein Ungetüm aus Eisen handelte, das viele Wagen hinter sich herzog. Es fuhr auf Schienen aus Eisenträgern.
„Eine Dampfbahn“, erklärte Meredeem. „Sie wird durch Kohle angetrieben, wie die Maschinen in den Schiffen. Eine dieser genialen Erfindungen, die eines Tages einfach da waren. Man beginnt jetzt damit, die großen Städte der Karolischen Republik durch Schienen zu verbinden. Das war es, was ich Ihnen zeigen wollte.“
„Wir sind beeindruckt“, gab Rall zu.
„Nun bleibt noch der letzte Akt unserer Geschichte. Sie verlassen die Kutsche nachher auf einem Feldweg. Dort zerreißen Sie bitte ihre Kleidung ein wenig, so dass es nach einem Kampf aussieht. Eine Meile von dem Ort entfernt, an dem ich Sie absetzen werde, finden Sie eine Polizeistation. Dort können Sie sich melden und berichten, wie Sie heldenhaft gegen Ihre unbekannten Entführer gekämpft haben und schließlich fliehen konnten.“
„Werden wir uns wiedersehen?“
„Vermutlich nicht. Es wäre nicht gut für mich und nicht gut für Sie. Übrigens, bevor ich heute Morgen meinen offiziellen Dienst als Reiseführer für zwei Diplomaten angetreten habe, ist mir noch ein Gerücht zu Ohren gekommen.“
„Nämlich?“, fragte Rall.
„Man sorgt sich in gewissen Kreisen der Regierung um einen jungen Mann, der aus einer Kleinstadt im Süden nach Aragotth gekommen sein soll. Er wird gesucht, aber ich konnte nicht in Erfahrung bringen, warum.“
Rall und Zzorg wechselten einen Blick. „Wissen Sie, wie der junge Mann heißt?“, fragte Rall.
„Sein Name lautet Macay Saadecin“, antwortete Meredeem. Er schloss die Tür und die Kutsche rollte davon.