Читать книгу POLYGLOTT on tour Reiseführer Bella Italia - Manuela Blisse - Страница 64

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Im 18. Jahrhundert musste man nur zum Gardasee fahren, um live zu erleben, was Dichterfürst Goethe und Walzerkönig Strauß mit ihren lyrischen und musikalischen Werken über das »Land, wo die Zitronen blühen«, meinten. Hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1910 – da war die Konkurrenz aus Süditalien allerdings schon stark geworden.


TOUR 9 GARDASEE WESTUFER

Übersichtskarte

TUTTI FRUTTI

GESTERN Zitronenplantagen überzogen einst das Gardasee-Westufer. Von Mönchen initiiert, wurden sie zum lukrativen Geschäft

HEUTE Der Tourismus beendete den Zitronen-Boom, doch einige »limonaie« sind noch erhalten. Wo? In Limone natürlich!

GESTERN

Bereits im 13. Jh. brachten Mönche die ersten Zitrusfrüchte von der ligurischen Riviera an das Westufer des Gardasees und begannen, vor allem um den Doppelort Toscolano-Maderno, sie auf Plantagen zu kultivieren. 1464 notierte ein Gelehrter aus Verona: »Ein Ort, der sich nicht nur des Duftes von Rosengärten und purpurfarbener Blüten erfreut, sondern zudem überall beschattet wird von den dicht belaubten Zweigen der Zitronen- und Zitronatbäume.« Und der Schriftsteller Marin Sanudo berichtete 1483 von »zardini de zedri, naranzari et pomi damo« (»Gärten mit Zitronen, Apfelsinen und Granatäpfeln«), die er überall am Ufer sah. Limonaie nannte man die Zitronengärten, die rasch einen ordentlichen Gewinn abwarfen und der Region jahrhundertelang zu einem unverwechselbaren Gesicht verhalfen. Bei der Ernte wurden die Früchte nach ihrer Größe in fünf Klassen geordnet. Nur die besten, fini und sopraffini, kamen für den Export infrage – nach Ungarn, Polen, Russland und Österreich.

HEUTE

Der Zitronenanbau wurde ein zunehmend mühsames Geschäft, und mit der Entdeckung des Tourismus als Einnahmequelle stellten immer mehr Bauern die strapaziöse Arbeit ein. In den 1980er-Jahren besann man sich der einstigen Wahrzeichen und bewirtschaftete einige Zitronengärten wieder, etwa an der Uferstraße vor Porto di Tignale. Eine besonders schöne Pflanzung findet man in der Via Castello. Diese Tour führt von Toscolano-Maderno bis nach Limone.

Landkarte: >, Adressen: >

1 TOSCOLANO-MADERNO

Tourenkarte | Online-Karte

Trotz der z.T. nicht einfachen Erreichbarkeit der Ortschaften war das Westufer des Gardasees immer eine wirtschaftlich rege Gegend. Eine kleine Flussmündung teilt den auf einer Halbinsel gelegenen Doppelort Toscolano-Maderno in das von malerischen Gassen durchzogene Maderno und Toscolano, das seit dem Mittelalter europaweit bekannte Zentrum der Papierherstellung. Dank ihrer exzellenten touristischen Infrastruktur sind beide Städte als Ferienziele gleichermaßen beliebt.

Madernos Hauptattraktion ist die Pfarrkirche Sant’Andrea aus dem 12. Jh. am Ortseingang, von Gardone Riviera aus kommend (8–11.30, 14.30–18 Uhr). Fragmente eines vorchristlichen Tempels sowie Skulpturenreste des langobardischen Vorgängerbaus aus dem 8. Jh. sind an der Fassade, der Apsis und der Westwand zu sehen. Das Eingangsportal zeigt Tierskulpturen, Arabeskenschmuck, Menschenköpfe und langobardische Flechtbandornamentik.

Toscolano wiederum rühmt sich der Patenschaft für den gesamten Gardasee, der in der Antike Lacus Benacus hieß: Ein gallischer Seher namens Acus soll an der Stelle des heutigen Toscolano den Ort Benacus gegründet haben. Dass sowohl Torbole, Garda, Salò als auch einige andere Dörfer diese Legende für sich in Anspruch nehmen, stört die selbstbewussten Toscolaner wenig.

Bei einem Spaziergang im Tal des Toscolano-Flusses entlang der alten Papiermühlen – die letzte war bis in die 1960er-Jahre in Betrieb – trifft man nach etwa einer halben Stunde auf das kleine Museo della Carta; Online-Karte dieses Papiermuseum dokumentiert anschaulich das alte Handwerk (Via Valle delle Cartiere 57/59, Mitte März–Mitte Okt. tgl. 10–18 Uhr, sonst nur Gruppen nach Anmeldung, Tel. 33 89 33 64 51, www.valledellecartiere.it).

C WICHTIGE PAPIERE

… wurden hier erstellt. Die erste Auflage des Neuen Testaments, auch Lutherbibel genannt, erschien 1522 auf Papier aus dem Tal der hiesigen Mühlen.


© Huber Images/Gräfenhain

Meisterwerk des Straßenbaus: Für die ersten 28 Kilometer der Gardesana Occidentale von Riva nach Gargnano mussten 74 Tunnel in die Steilhänge gesprengt werden.

2 GARGNANO

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Von hier folgt man der Gardesana bis nach Gargnano (2900 Einw.). Bisher von den Folgen eines ausufernden Fremdenverkehrs weitgehend verschont, zeigt sich der malerische Gardaseeort Besuchern von seiner heiteren Seite. Der kleine, südlich vom Zentrum Gargnanos gelegene Ortsteil Bogliaco ist stolzer Besitzer eines »Mini-Schönbrunn«: Die kaiserliche Sommerresidenz der Habsburger in Wien diente offensichtlich der prächtigen Villa Bettoni-Cazzago (18. Jh.) als Vorbild. Sie ist leider nur von außen zu besichtigen. Die schönste Aussicht auf die seewärts gerichtete Fassade hat man vom kleinen Hafen aus, dahinter findet sich an der Straße eine elegante, mit Statuen geschmückte Freitreppe am Ende einer barocken Parkanlage.

Niemand stößt sich heute noch daran, dass die Ministerien der faschistischen »Republik von Salò« von 1943 bis 1945 tatsächlich im neoklassizistischen Palazzo Feltrinelli von Gargnano untergebracht waren. Mittlerweile dient der Palast als Sommersitz der Universität Mailand, die hier Sprachkurse für Ausländer veranstaltet. Nur wenige Schritte entfernt residierte einst Mussolini in der Villa Feltrinelli Online-Karte, die heute ein Grand Hotel ist (Via Rimembranza 38–40, www.villafeltrinelli.com). Sehenswert ist der »steinerne Zitronengarten« am Ortseingang, der sich im romanisch-gotischen Kreuzgang des Klosters San Francesco (spätes 13. Jh.) verbirgt. Hier zieren Orangen und Zitronen sogar die steinernen Kapitelle.

Am Hafen, mit seiner hübschen Promenade ein Anziehungspunkt, erinnern die eingemauerten, aus den Fassaden ragenden Kanonenkugeln an den Beschuss des friedlichen Fischerdorfes im Jahr 1866 durch die Österreicher während des italienischen Risorgimento.

In Gargnano ist Gelegenheit für eine Mittagspause in einem der Lokale am Hafen.


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In den 1950er-Jahren war Camping am Gardasee vor allem bei deutschen Touristen sehr beliebt. Bis heute hat sich daran nicht viel geändert.

3 CAMPIONE DEL GARDA

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Weiter geht es auf der Gardesana über das etwa 10 km weiter nördlich gelegene, winzige Campione del Garda, das bis etwa 1930 nur mit dem Boot erreichbar war. Einmalig ist seine Lage auf einer kleinen Halbinsel vor den fast senkrecht aufragenden Felsen. Der gleichnamige Fluss, der sich hier in einer Schlucht in den See ergießt, hat in den Jahrtausenden so viel Schwemmland mitgeführt, dass der Ort mit seinen ca. 180 Einwohnern Platz fand. Einst war das Dorf eines der größten am See.

Der Unternehmer Vittorio Olcese nutzte hier im 19. Jh. einen Wildbach für die Errichtung einer Baumwollspinnerei. Im 19. Jh. arbeiteten hier etwa 700 Menschen. Nach der Stilllegung der Fabrik im Jahr 1981 entwickelte sich der Ort zu einem beliebten Surfspot. Heutzutage bietet Campione jedoch ein trauriges Bild: Das Areal wurde von einem Investor aufgekauft. Nach ersten Bauaktivitäten sorgten einige Skandale und ein Felssturz 2014 für die Insolvenz. Die weitere Entwicklung ist derzeit ungewiss.

4 AUF DIE HOCHEBENE DES TREMOSINE

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Von Campione fährt man über die Gardesana in das herrlich gelegene Limone sul Garda – oder man baut einen kleinen Abstecher ein, der zwar anspruchsvoll zu fahren, aber absolut lohnend ist. Knapp 2 km nördlich von Campione del Garda zweigt die Straße Richtung Pieve ab. Der Weg ins Dorf führt in Serpentinen hinauf zur wildromantischen Brasa-Schlucht mit ihrem Wasserfall.

Fast 400 m über dem Seeniveau befindet man sich, wenn man Pieve erreicht hat. Der Hauptort der Hochebene des Tremosine lädt mit seinen romantisch verwinkelten Gassen zu einem Spaziergang ein. Das Panorama und eine Stärkung genießt man am besten im Restaurant des Hotels Paradiso, etwas außerhalb in Richtung Arias gelegen. Seine legendäre Terrazza del brivido Online-Karte (Schauderterrasse) schwebt praktisch über dem See und bietet einen fantastischen Ausblick (Viale Europa 1, Pieve, Tremosine sul Garda, www.terrazzadelbrivido.it).

Am Ende der Ebene, direkt am Fuß der Berge, liegt das malerische Dörfchen Vesio. Von hier aus kann man eine etwa einstündige Wanderung zum Lago di Bondo in das gleichnamige Naturschutzgebiet unternehmen (eine gute Übersicht, auch zu weiteren Touren, bietet die Seite www.tremosinesulgarda.it). Der See, der ein Überbleibsel der Würm-Eiszeit ist, liegt während der Sommermonate trocken.

Zur Rückkehr ans Ufer nimmt man von Vesio aus am besten die Straße nach Voltino, die an Olivenhainen vorbei nach Limone sul Garda führt.

5 LIMONE SUL GARDA

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Wie kein anderer Ort am Westufer wird der einstige »Zitronengarten« des Sees von Touristen bestürmt. Der Ortsname kündet bereits davon, für welches Erzeugnis die Gegend einst berühmt war: Zitronen. Ob der Ortsname Limone nur die wörtliche Übersetzung von »Zitrone« bedeutet oder nicht vielleicht doch das lateinische limes (Grenze) dahintersteckt, wird wohl nie mehr zu klären sein.

Im alten Zentrum lohnt sich ein Blick in die barocke Pfarrkirche San Benedetto aus dem 17. Jh. Ihr Inneres birgt Gemälde von Andrea Celesti (1637–1711), darunter auch eine Darstellung der »Hl. drei Könige« (rechts neben dem Altar).

2018 wurde zwischen Limone und Riva ein sehr schöner 4 km langer Rad- und Fußweg (Ciclopedonale Limone) eingeweiht. Er führt direkt am Ufer entlang und ist auf 2 km als freischwebender Steg angelegt. Am Beginn des Weges in Limone kann man E-Bikes leihen. Auch nicht entgehen lassen sollte man sich den Genuss eines der berühmten Limone-Karpfen.

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