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cc) Lebzeitige Verringerung des Nachlasses
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Den maßgeblichen Nachlasswert, § 2311 BGB, bereits zu Lebzeiten zu reduzieren, ist ein zentrales Gestaltungsmittel zur Minimierung von Pflichtteilsansprüchen. Sofern die lebzeitige Vermögensübertragung eine Schenkung i.S.d. § 2325 BGB darstellt, können dem nicht bedachten Pflichtteilsberechtigten jedoch Pflichtteilsergänzungsansprüche zustehen.[367] Sind seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes zehn Jahre vergangen, entfallen etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche, § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB. Diese starre Zehn-Jahres-Frist wurde durch die Erbrechtsreform insoweit gelockert, als der ergänzungspflichtige Wert der Schenkung mit jedem seit der Schenkung verstrichenen Jahr um 1/10 reduziert wird, § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB (sog. Abschmelzungsmodell).[368] Nach Art. 229 § 23 Abs. 4 EGBGB gilt dies auch für Schenkungen, die vor dem Inkrafttreten der Erbrechtsreform zum 1.1.2010 vollzogen wurden, solange nur der Erbfall nach dem 1.1.2010 eingetreten ist. Die Ausschlussfrist beginnt mit der „Leistung“ des Zuwendungsgegenstandes (bei Ehegatten sogar erst mit Auflösung der Ehe, § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB). Dies erfordert nach BGH eine „wirtschaftliche Ausgliederung“ des Schenkungsgegenstandes.[369] Eine wirtschaftliche Ausgliederung wird verneint bei Vorbehalt des Nießbrauchs (anders bei einem Quoten- bzw. Bruchteilsnießbrauch),[370] ist umstritten bei Vorbehalt eines dinglichen Wohnungsrechts[371] und wird seit neuestem auch bei Vorbehalt von Rückforderungsrechten angezweifelt.[372]
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Pflichtteilsergänzungsansprüche scheiden von vornherein aus, sofern und soweit keine Schenkung i.S.d. § 2325 Abs. 1 BGB vorliegt. Dies gilt für die Ausstattung nach § 1624 BGB, die allerdings über §§ 2316 i.V.m. 2050 Abs. 1 BGB zu einer pflichtteilsrelevanten Ausgleichung unter Abkömmlingen führt (auch nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB). Im Übrigen kann generell durch die Vereinbarung von Gegenleistungen das Entstehen einer Schenkung i.S.d. § 2325 BGB verhindert werden. Bei einer Abfindung für einen Erbverzicht hat der BGH entschieden, dass den anderen Abkömmlingen insoweit kein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht, als „sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie erbracht wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichtenden hält“.[373] Die anderen Abkömmlinge seien über die Erhöhung ihrer Pflichtteilsquote nach § 2310 S. 2 BGB ausreichend kompensiert. Die zusätzliche Gewährung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs würde sie doppelt begünstigen. Diese Argumentation muss konsequenterweise dazu führen, dass die Abfindung für einen Pflichtteilsverzicht als ausgleichungspflichtige Schenkung betrachtet wird, da der Pflichtteilsverzicht zu keiner Erhöhung der Pflichtteilsquote der anderen Abkömmlinge führt.[374]
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Steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Ergänzungsanspruch zu, kann sich schließlich eine Reduzierung des Anspruchs nach dem Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB ergeben. Danach wird nicht generell auf den Wert des Zuwendungsgegenstandes im Zeitpunkt des Erbfalls abgestellt. Sofern der Wert des Geschenkes (inflationsbereinigt) im Zeitpunkt der Zuwendung geringer war als im Zeitpunkt des Erbfalls, wird der Wert vorbehaltener Nutzungen (z.B. Nießbrauch) abgezogen.[375]