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Hörreise

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Stille – wie wohltuend, wo kann ich in der Stadt noch Stille erfahren?

In der Nacht – in der tiefen Nacht, wenn alles schweigt. In die Stille hineinhören – lauschen. Wie vermisse ich dich Stille, wie suche ich dich.

Hier in der Nacht bist du, hier darfst du sein, sonst fliehen dich die Menschen. Du machst ja Angst. Angst vor dem scheinbaren Nichts. Wer dich einmal gehört hat, will nichts mehr anderes hören: wie du klingst, tönst, schwingst – Raum gibst.

Darinnen kann ich mich spüren, darin kann ich sein. Du bedrängst mich nicht, sondern umgibst mich mit deiner schützenden Hülle und du gibst, Gedanken, Gefühle und Ahnungen. Was schenkst du mir heute, womit bedenkst du mich? Was, heute klagst du mich an, weil ich so lange nicht bei dir war? Ich habe dich vergessen? Nein, sicher nicht! Nur – der Lebenskampf war so groß; - statt dir zu lauschen, hörte ich wirkliche Stimmen und wirkliches Singen, nicht immer zu Ehren des Ohres. Ich war Sängerin!

„In einer ohrenlosen Zeit wird man nicht Sängerin“, höre ich sagen.

„Ich konnte aber nicht leben ohne Singen, ich habe mich danach gesehnt. Auch war ich eine von meiner Aufgabe erfüllte Pädagogin“, wende ich ein.

„Vielleicht bist du auf der falschen Seite gestanden“, höre ich.

„Was heißt denn das schon wieder?“

„Denke darüber nach“, tönt es gebieterisch.

„Auf der falschen Seite? Wieso, hat jemand ein Buch über mich geschrieben?“ Kein Kommentar.

„Du hast uns verraten, uns – die Töne der Harmonie und des Wohlklanges; du hast geglaubt, Menschen von ihren Misstönen zu befreien.

Welch Irrtum! Damit bist du ins andere Lager gewechselt – du hast den Missklang angenommen, wenngleich du ihn verwandeln wolltest und ihn auch verwandelt hast“, halten sie mir vor.

„Ist das ein Fehler?“, frage ich.

„Ja, wenn man dem nicht gewachsen ist“, halten sie mir entgegen.

„Ich bin dem gewachsen gewesen, ich bin daran auch gewachsen.“

„Du bist dem gewachsen gewesen? Du bist an der Aufgabe fast zusammengebrochen!“

„Ja, die Hingabe hat mich wie eine Flamme verzehrt“, füge ich stolz hinzu.

„Ist das wünschenswert?“, höre ich.

„Ja, im Namen meiner Vision vom Singen habe ich diese Hingabe bis zur Erschöpfung zugelassen. Ich bereue nichts. Das Feuer dieser Begeisterung hat mein Wesen überhaupt erst sichtbar gemacht“, verkünde ich.

„Also bist du doch auf der falschen Seite gestanden“, ertönt es kalt!

„Das Disharmonische ist doch dazu da, dass es in Harmonie verwandelt wird!“

„Wen interessiert das schon! Die bestehende Harmonie wollen wir bewahren. Wir brauchen keine Änderung“, fordern sie.


„Ja, ich glaube, ihr habt Recht, ich stehe wirklich auf der anderen Seite; ich kann mich nicht mit dem zufriedengeben, was ist, sondern nur mit dem, was entstehen soll. Ich trage dazu bei, dass die Harmonie entsteht, indem ich der Disharmonie begegne und mich mit ihr auseinandersetze. Hohle Ästhetik interessiert mich nicht!“, entgegne ich.

„Du kennst das Leben noch nicht“, sprechen sie höhnisch.

„Dann weiß ich, wer ihr seid, ihr könnt mich nicht mehr täuschen“, triumphiere ich.

Stille! Wie wohltuend bist du, ich erkenne mich und andere in dir. Stille, ich danke dir!

Sternengeflüster

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