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Nutzen einer starken Beziehung

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Einige der Studien zur Auswirkung von guten Beziehungen sind mit Vorsicht zu genießen. Es gibt zum Beispiel einen klaren Zusammenhang zwischen der Dauer der Ehe und dem Einkommen der Partner. Wer mehr verdient, hat im Durchschnitt eine längere Ehe. Und wer eine längere Ehe hat, verdient im Durchschnitt mehr. Doch damit hat man noch gar nichts herausgefunden. Man könnte zwar daraus schließen, dass man sich einen besser bezahlten Job suchen sollte, damit die Ehe länger hält. Doch dieser Schluss wäre falsch.

Es gibt nämlich bestimmte Faktoren, die beides verursachen: mehr Einkommen und eine längere Ehe. Das Bildungsniveau ist ein Beispiel dafür. Je besser die Ausbildung, desto höher das Einkommen und umso länger die Ehe. Diese Einflussfaktoren werden im Rahmen einer Studie als Störvariablen bezeichnet. Sie herauszufiltern, kann ganz schön anspruchsvoll sein.

Ein zweites Problem besteht darin, dass bei solchen Studien häufig gefragt wird, wie denn die Beziehung vor fünf oder zehn Jahren war. Diese Rückschau ist schwierig, weil unsere Erinnerungen ziemlich kreativ sind. Wir vergessen ganz viel und deuten im Rückblick einiges um.

Eine Studie, die diese beiden möglichen Fehlerquellen gut vermeidet, ist die Harvard Study of Adult Development2. Es ist die wohl längste Studie über das Leben von Erwachsenen. Seit mittlerweile über 80 Jahren verfolgt sie die Entwicklung von Menschen. Jahr für Jahr wurden bestimmte Leute beobachtet und befragt, ohne dass man dabei schon wusste, wie ihr Leben weitergehen würde. Solche Studien sind selten und es braucht eine Kombination glücklicher Umstände, dass sie über eine so lange Zeit weitergeführt werden können. Normalerweise geht viel früher das Geld aus, die entscheidenden Wissenschaftler sterben oder die Universität verliert das Interesse an einem solchen Großprojekt. Diese Studie ist die Ausnahme.

Die Untersuchung startete 1938 mit zwei Gruppen junger Männer. Eine Gruppe bestand aus Studenten der renommierten Harvard Universität. Die andere Gruppe waren Teenager aus einem der ärmsten Viertel Bostons. Sie kamen aus bescheidenen Verhältnissen und hatten auf ihrem Lebensweg viele Hindernisse zu überwinden. Alle Studienteilnehmer wurden zu Beginn besucht, sie und ihre Eltern wurden interviewt und man versuchte, möglichst viele aussagekräftige Informationen zu sammeln. Die ursprünglich 724 Probanden wurden während ihres ganzen Lebens begleitet. Viele dienten als Soldaten im Zweiten Weltkrieg, einige wurden Fabrikarbeiter, andere Börsenhändler, andere Bauarbeiter, einer von ihnen sogar amerikanischer Präsident (John F. Kennedy). Vereinzelte Teilnehmer wurden Alkoholiker, viele begannen zu rauchen, es gab Übergewichtige und Untergewichtige. Die einen schafften den sozialen Aufstieg, andere konnten nicht von ihren guten Voraussetzungen profitieren und verarmten.

19 der Probanden der ersten Stunde waren 2017 immer noch am Leben und nahmen weiterhin an der Studie teil, alle in ihren Neunzigern. Seit einigen Jahren werden auch die Partnerinnen und über 2 000 der Kinder dieser 724 ursprünglichen Männer miteinbezogen. Die Studie geht weiter, alle zwei Jahre werden die Teilnehmenden besucht. Sie füllen nicht einfach einen Fragebogen aus, sondern sie werden auch medizinisch untersucht. Ihre Kinder werden befragt, ihr Gehirn wird gescannt und Interaktionen in ihren Ehen werden aufgezeichnet.

Die so gesammelten Daten über diese Leben könnten eine ganze Bibliothek füllen. Und was sind die Ergebnisse daraus? Der mittlerweile vierte Direktor dieser Studie, Robert Waldinger, macht es in seinem über 30 Millionen Mal geschauten TED-Talk klar: »Die wichtigste Botschaft aus der Studie lautet: Gute Beziehungen machen uns glücklicher und gesünder. Punkt.«3

Waldinger streicht drei Erkenntnisse besonders heraus. Die erste Einsicht lautet: Beziehungen sind wichtig und Einsamkeit ist tödlich. Heutzutage fühlen sich viele Leute einsam, obwohl sie ständig von anderen Menschen umgeben sind. Weil Einsamkeit in der westlichen Gesellschaft zu einer Epidemie geworden ist, hat beispielsweise Großbritannien 2018 ein Ministerium für Einsamkeit ins Leben gerufen. Die Harvard-Studie hat bewiesen: Menschen mit guten Beziehungen leben glücklicher, gesünder und auch länger als Menschen ohne oder mit problembeladenen Beziehungen. Personen, die sich einsam fühlen, sind unglücklicher, werden krank, ihre Gehirnfunktion verschlechtert sich früher und sie sterben eher.

Eine weitere Erkenntnis der Harvard-Studie besteht darin, dass die Qualität der engsten Beziehungen entscheidend ist. Es kommt nicht in erster Linie auf die Anzahl der Bekanntschaften oder auf den Beziehungsstatus an. Wichtiger ist es, ob beispielsweise die Ehe konfliktreich und problembeladen oder glücklich und vertrauensvoll ist. Waldinger sagt: »Wir haben den Weg unserer Männer verfolgt, bis sie über 80 waren. Dann wollten wir auf ihre Lebensmitte zurückschauen, um zu sehen, ob wir vorhersagen können, wer zu einem glücklichen, gesunden 80-Jährigen werden würde und wer nicht. Als wir alles ausgewertet hatten, was wir über sie im Alter von 50 wussten, war es nicht ihr Cholesterinspiegel, der vorhersagte, wie alt sie werden würden, sondern wie zufrieden sie in ihren Beziehungen waren. Die Menschen, die mit 50 am zufriedensten in ihren Beziehungen waren, waren die gesündesten im Alter von 80.«

Die dritte Einsicht der Studie besteht darin, dass gute Beziehungen nicht nur unseren Körper, sondern auch unser Gehirn schützen. Das Gedächtnis der Personen, die in einer stabilen Beziehung sind und sich auf ihr Gegenüber verlassen können, bleibt im Alter länger klar und baut erst später ab. Wer hingegen in einer problembelasteten Beziehung lebt, baut messbar schneller ab.

Der Nutzen einer starken, lebenslangen Partnerschaft ist wissenschaftlich klar erwiesen. Sie macht nicht nur glücklicher, sondern auch körperlich und geistig gesünder. Und nicht zuletzt bietet sie ein stabiles und verlässliches Umfeld, eine der wichtigsten Voraussetzungen für das gesunde Aufwachsen von Kindern.

Beziehungsstark

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