Читать книгу Der Wald, der die Seele nahm. - Marcel Kraeft - Страница 7

Das Schiff

Оглавление

Der Winter war hereingebrochen, es wurde kälter und die Bäume trugen schon lange keine Blätter mehr. Es war schön anzuschauen, wie der Boden von einem Meer aus unterschiedlich kräftigen Farben bedeckt wurde. Es war still geworden im Wald, die Vögel, die sonst immer ihre schönen Lieder gesungen hatten, waren fort. Stattdessen fiel langsam, als würde man es in Zeitlupe betrachten, der erste Schnee. Wenn die Sonne schien und ihre Strahlen an den vielen kahlen Bäumen vorbeistreifte, erschien der Schnee wie eine Decke aus unzähligen kleinen Kristallen, die in jede Richtung funkelten. Es war immer eine der schönsten Jahreszeiten für Steve. Er hielt dann die Hand auf, sodass sich einer der wunderschönen Kristalle auf ihr absetzten und schmelzen konnte.

Diesmal aber nicht, diesmal war alles anders. Eine Woche war seit dem letzten Traum vergangen. Statt sich, wie das letzte Mal zu verkriechen, hielt er stand und ging erst recht jeden Tag hoch zum Steinbruch. Er nahm sich wieder Urlaub, um noch mehr Zeit auf der Steinplatte verbringen zu können. Er beschloss, viel einzukaufen, um wieder zu Kräften zu kommen. Selbst die Ladenbesitzerin wunderte sich schon. Erst sah man ihn gar nicht mehr und dann kam er gleich vier Mal an einem Tag. Er kaufte so viel ein, dass er gar nicht alles auf einmal nach Hause bringen konnte. Um Hilfe zu bitten, kam für ihn nicht in Frage, er war viel zu stolz. Außerdem mochte Steve die Ladenbesitzerin nicht. Er fand, sie war viel zu eingebildet und hochnäsig. Sie schminkte sich übertrieben stark und roch wie eine billige Parfümerie. Da sie selber kein Geld hatte, vergriff sie sich manchmal an ihrem eigenen Inventar, um etwas zu Essen zu haben. Als er vor dem Laden die letzte Schubkarre mit Lebensmittel belud, musste er doch, er konnte es sich einfach nicht verkneifen, gehässig schmunzeln. Und ich habe einen ganzen Monatslohn bei der blöden Kuh gelassen.

An Geld sollte es bei Steve nie scheitern. Eigentlich hatte er viel zu viel davon, er hatte eine Menge Geld nach dem Tod seiner Eltern geerbt und gespart. Seine Eltern hatte er nie recht kennengelernt und keiner konnte ihm sagen, wie sie gestorben waren. Auf ihn wirkte es wie ein Geheimnis. Außerdem wusste er auch gar nicht, wie und wann er sein Geld ausgeben sollte, mit wem oder wofür denn auch. Er hatte das nicht einmal getan, als er mit einer seiner Bekanntschaften in die Stadt fuhr. Er sah einfach gar keinen Grund, das Geld auszugeben. Das eine Mal, als er eine Frau kennengelernt hatte, sollte es eben in die Stadt gehen. Eigentlich war er für sie uninteressant gewesen, doch sie hatte herausgefunden, dass er Geld hatte. Sie hatte in ein Kaffeehaus gewollt, Steve aber nicht. Sie hatten eine Weile gestritten, dann rannte sie wutentbrannt weg. Er hatte es einfach nicht eingesehen einen Kaffee trinken zu gehen und dafür zu zahlen, wenn er doch welchen daheim im Schrank hatte. Für ihn war es klar, dass er nicht doppelt Geld ausgeben würde. Obwohl Geld keinen Wert für ihn hatte, achtete er doch immer darauf. Manchmal kam der Bürgermeister zu Besuch, aber Steve schickte ihn immer gleich wieder fort, denn er mochte ihn nicht. Er wollte immer nur Geld für irgendwelche Sanierungen von ihm haben. Das Dorf, in dem er lebte, war nicht groß, und die Bewohner hatten nicht die Absicht, etwas aus ihren Häusern zu machen. So sah das Dorf schon sehr heruntergekommen aus und Steves Haus fiel unter den übrigen Häusern gar nicht mehr auf. Es stand sowieso weiter abseits.

Nach dem Einkauf sah Steves Haus wie der Laden aus. Überall waren Obst, Gemüse und Fisch, die geräucherte Salami hängte er im Wohnzimmer über dem Kamin auf. Steve war glücklich und freute sich über seinen Einkauf. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass er überhaupt schon einmal so viel eingekauft hatte. Er ging in die Küche, riss sich ein Bier auf und machte sich über die Lebensmittel her. Für jeden Tag bereitete er sich Rationen vor und packte alles in Alufolie ein. Er wollte vorbereitet sein, sodass er morgens nur noch seinen gepackten Rucksack schnappen brauchte und sofort losgehen konnte. An Essen musste er so viel mitnehmen, dass er von morgens bis abends da oben am Steinbruch sein und auf etwas, was auch immer es war, warten konnte. Das Wochenende war zu Ende und sein erster Urlaubstag brach an. Er hatte ein Kribbeln im Bauch. Steve war so aufgeregt, als würde er auf die Suche nach einem Abenteuer gehen, aber das sollte es eigentlich nicht werden. Er hatte einen Plan, er suchte den richtigen Tag, um endlich von der Klippe zu springen. Für jeden Tag, den er hoch zum Steinbruch ging, wollte er seine Henkersmahlzeit dabei haben.

Seit dem letzten Traum hatte Steve den Lebensmut verloren. Die grimmige Entschlossenheit war gewichen, die geschäftigen Vorbereitungen hatten nur diesen einen Zweck gehabt. Es gab nichts mehr für ihn, nur noch den Steinbruch. Er hatte aufgegeben und wartete nur noch auf den richtigen Tag, um sich zu erlösen. Trotzdem schlichen sich immer kleine Zweifel ein, die ihn davon abhielten, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Diese ständige Einsamkeit kann doch nicht alles im Leben gewesen sein. Ich muss verrückt geworden sein. Er ging noch schnell in die Scheune. Dort gab es das Einzige, was er noch von seinen Eltern hatte, zumindest erzählte man es ihm so. Als er älter geworden war, hatte man ihm einen dicken Mantel, innen mit Fell gefüttert, der ihm bis zu den Knien ging, überreicht. Er roch ziemlich unangenehm, aber das war Steve egal. Der Mantel war schön warm. Dass der Mantel von seinem Vater war, war ihm sehr wichtig. Es schneite leicht, als Steve sich auf den Weg machte. Als er oben auf der Steinplatte ankam, setzte er sich sofort auf seinen Stein, lehnte sich an der Felswand an, wartete, stand wieder auf, ging hin und her, und setzte sich schließlich wieder. Steve streckte sich wie ein alter Mann, aß ein Brot und trank dazu seinen Fencheltee und wartete weiter. Dann stand er wieder auf, ging zur Kante des Steinbruchs und schaute, etwas vorgebeugt, erwartungsvoll die Klippe hinunter. Unvermutet rief aus der Ferne ein Mann herüber: „Sie da, lehnen Sie sich nicht zu weit 'rüber, nicht, dass Sie hinunterfallen!“. Steve schrak zusammen, sodass er beinahe, vor Schreck, wirklich hinuntergefallen wäre. Er atmete kurz durch, drehte sich um in die Richtung, aus der die Stimme kam, aber da war niemand. Komisch. Steve zuckte kurz die Schultern. Dann musste er sich doch freuen, dass er noch lebte. Beinahe wäre er dort tatsächlich hinuntergefallen und er bemerkte, dass er noch nicht so weit war, zumindest nicht an diesem Tag.

Er ging mit schlurfenden Schritten zurück, in Richtung seines Rucksackes. Dann nahm er hinter sich ein Pfeifen wahr. Es war laut, nahezu tosend, und kam aus der Ferne. Er blieb stehen, kratzte sich kurz am Kopf und drehte sich langsam um. In derselben Sekunde lief er so schnell er konnte zum Felsen und sprang hinter ihn, um sich zu verstecken. Dann explodierte es auch schon neben ihn. Ein Einschlag. Steve traute seinen Augen nicht mehr. Es kamen Feuerkugeln auf ihn zu, immer mehr und mehr. Wieder ein heftiger Einschlag. Und noch einer. Er wusste gar nicht mehr, wie ihm geschah. In kürzester Zeit stand der Wald in Flammen. Immer wieder achtete er darauf, nicht getroffen zu werden und noch rechtzeitig auszuweichen. Wieder ein Einschlag. Diesmal zischte die Kugel direkt über seinen Kopf hinweg. Dann hörte er eigenartige Stimmen, die überall rund um ihn herum sausten. Inzwischen waren so viele brennende Kugeln heruntergekommen, dass er nicht einmal mehr flüchten konnte. In der Richtung, in der der einzige Pfad war, versperrten schon überall brennende und umgeknickte Bäume Steves Weg. Er war gefangen. Die Angst packte Steve. Überall diese Stimmen und die Feuerkugeln, die aus heiterem Himmel kamen. Als würde das nicht schon reichen, bebte plötzlich der Boden. Vielleicht kann ich die Klippe runterklettern … Das ist der einzige Ausweg! Schnell rannte er zur Kante, legte sich auf den Bauch, um hinunterzuschauen, und um wegen des Bebens nicht zu fallen. Wieder musste er den Kopf schütteln, er konnte es langsam wirklich nicht mehr glauben. Hilflosigkeit machte sich in ihm breit. Der ganze Steinbruch lief voll Wasser und es stieg rasend schnell an. Alle werden ertrinken! Unten im Tal, am Ende des Steinbruchs befand sich ja noch das Dorf. Das Wasser reichte bis zu der Linie, an der der Horizont mit dem Boden verschmolz. Er hörte, wie das Wasser, einem tosenden Meer gleich, an die Felswände peitschte. Schnell sprang er wieder auf und versteckte sich dort hinter einem Felsen. Hier bleibe ich, entweder ich sterbe heute oder eben nicht. Von einer Sekunde auf die andere fielen keine Feuerbälle mehr vom Himmel und der Wald hörte auf zu brennen. Nur der Boden bebte weiter und die Stimmen steigerten sich zu einem brodelnden Heulen. Sie kreisten immer wieder um ihn herum und verschwanden im Nichts. Traurig schaute er zu seinem Wald hinüber, der nun von den Bränden und Einschlägen völlig zerstört war. Er blickte zum Horizont und sah schon von hier, dass das Wasser bald an der oberen Kante angekommen sein würde. Was dann wohl passieren wird?

Plötzlich knackte es ganz laut, wieder und wieder. Erwartungsvoll schaute Steve in diese Richtung. Er zitterte so heftig am ganzen Körper, dass seine Lippen von den klappernden Zähnen schon blutig waren und das Salz vom aufsteigenden Meer, nichts anderes war der Steinbruch geworden, in der Wunde brannte. Kleine Steine, die am Boden lagen, wurden in die Luft geschleudert. Es sah aus, als würden sie im Takt der Vibrationen tanzen. Es war soweit. Das Wasser erreichte die Kante der Steinplatte. Muss ich jetzt ertrinken? Steve bemerkte, trotz, oder gerade wegen seiner Panik, dass er eigentlich noch nicht sterben wollte. Er überlegte, wie er sich aus der Situation retten konnte. Plötzlich knallte es so laut, dass seinen Ohren wehtaten. Es folgte noch ein Knall. Vorsichtig stand er auf, um sich umzusehen und sah, dass das Wasser nicht mehr anstieg, es schwappte etwas über die Kante und beruhigte sich ein wenig. Es schien, als wäre ein riesiges, uferloses Meer entstanden. Es war so viel Wasser. Das Land, welches er kannte, das Dorf im Tal, alles war mit Wasser bedeckt. Es musste bis zur Stadt reichen, die viele Kilometer entfernt lag. Abermals folgte ein heftiger Knall, dann wurde es so still, dass er Gänsehaut bekam. Nur kurz hatte er Zeit sich zu sammeln und zu realisieren, was gerade geschehen war. Wieder ein Knall, der Boden vibrierte und knirschte. Wie Asche fielen große Schneeflocken vom Himmel und lösten sich im Wasser auf. Aus dem Wald, oder aus dem, was davon noch übrig war, hörte er ein Knacken und Brechen. Auf einmal sprang der Boden auf, ein gewaltiger Riss zog sich, aus dem Wald kommend, den Boden entlang, an ihm vorbei, bis zum Wasser. Kleine Steinchen und sogar größere Brocken wurden aus dem offenen Boden in alle Richtungen geschleudert. Ein kleiner Stein traf sein Auge. Für einen Moment wurde es wieder still. Steve fasste sich an den Kopf und drehte die Augen nach oben. Hypnotisiert schaute er dem Schnee entgegen, der in der Zwischenzeit heftiger geworden war. Staub schoss aus dem Riss und er begann sich mit Wasser zu füllen.

Das Knacken fing wieder an und wurde ohrenbetäubend laut. Und dann passierte das Unfassbare. Der Spalt driftete weiter auseinander, die gesamte Steinplatte trennte sich in zwei Teile, die sich immer weiter voneinander entfernten. Wasser flutete den ganzen Spalt und der klaffte jetzt so weit auseinander, dass man nicht einmal mehr hinüberspringen konnte. Steve war auf seiner Seite gefangen. Er kam nicht mehr weg. Nach wenigen Minuten war auch der Spalt komplett mit Wasser gefüllt. Steve versuchte das Ende des Spaltes, das irgendwo im Wald sein musste, zu entdecken, konnte aber nicht so weit sehen. Was er aber sah, ließ ihn erschauern. Es war der grüne Nebel, der sich langsam und beinahe durchsichtig über dem Wasser ausbreitete und weiter in den Wald wanderte. Wieder wurde es still. Er setzte sich und wartete. Es passierte nichts, nur der Schneefall wurde heftiger und die Flocken tanzten wild über dem Wasser. Nach diesen Ereignissen legte sich Erschöpfung über Steves Körper, er konnte unmöglich an eine Lösung denken. Wo soll ich jetzt hin? Alles steht unter Wasser. Was ist mit den Dorfbewohnern? Sind alle ertrunken? Seine Gedanken drehten sich wild im Kreis, der Name Helen tauchte mehrmals in seinen wirren Gedanken auf.

Plötzlich hörte er aus der Ferne Stimmen, ein Poltern und Knallen. Er kletterte die Felsen hoch, die sich durch das Beben hoch aufgetürmt hatten. Vielleicht konnte er etwas erkennen. Der Weg nach oben war schwer. Als er über den letzten Felsen kletterte, konnte er seinen Augen kaum Glauben schenken. Er war auf einer Insel. Alles Land um ihn herum war unter Wasser verschwunden. Etwas Riesiges versuchte sich durch den Spalt zu zwängen. Von dort kamen auch die Stimmen. Langsam kletterte er wieder hinunter, er wollte sehen, was da gleich an ihm vorbeikommen würde. Etwas aufgeregt stellte er sich vor den Spalt. Er hatte das Gefühl, dass ihn eigentlich nichts mehr aus der Fassung bringen könnte. Was da aber aus dem Spalt kam, erschrak ihn umso mehr. Langsam, ganz langsam schob es sich durch. Es schob Matsch und Geröll vor sich her. Baumstämme zerbrachen wie kleine Äste. Steve sah, dass der Spalt gar nicht breit genug war, viel zu eng war, für das, was da kam. Laut und krachend schob es sich immer weiter vor, es drückte sich einfach durch, schob den massiven Fels zur Seite, als wäre es lockerer Boden. Man hörte ein stumpfes Geräusch, so, als würde sich Stahl verbiegen. Steve lief es bei diesem Geräusch kalt den Rücken hinunter. Langsam konnte er es erkennen. Es war einfach gigantisch, riesig. Nie hatte er auch nur etwas Ähnliches gesehen. Ein gewaltiges Schiff mit breitem Rumpf. Auf den Seiten ragten riesige Kanonentürme auf, die schwenkbar aussahen. Es war so lang, dass es eine Weile dauerte, bis Steve das Ende sehen konnte. Die Masten des Schiffs, die sich in die Höhe reckten, waren gigantisch, sechs Stück an der Zahl. Er konnte einige Leute, die an Deck herumsprangen, ausmachen. Die waren jedoch so klein wie Fliegen, die in der Luft tanzten. Er hörte Geschrei auf dem Schiff, das wie Befehle klang. Steve musste ein wenig zurückweichen. Das Schiff schob eine gewaltige Welle aus Schlamm und Gestein vor sich her. Dann kam es direkt vor Steve zum Stehen. Er hörte jede Menge aufgeregte Stimmen, Leute liefen eilig hin und her. Eine Falltür öffnete sich am Stahlrumpf. Das Bild der Sandgöttin drängte sich in seinen Kopf. Ein leicht flackerndes und gedämmtes Licht strahlte aus dem Schiff heraus. Ein klackendes Geräusch vom Rumpf her erreichte seine Ohren. Steve konnte seinen Blick nicht von der Falltür abwenden. Ohne zu zögern, sprang ein Pferd mit einem Mann darauf heraus. Laut schnaubend wieherte das Pferd. Der Reiter blieb kurz stehen und beruhige es, doch das Pferd war hektisch und drehte sich zweimal um die eigene Achse. Da bekam es die Hacken zu spüren und raste auf Steve zu. Im Galopp rief der Mann hoch zum Schiff: „Los! Weitermachen, los!“ Es hatten sich nämlich schon Neugierige an der Reling versammelt. Dann gab der Mann dem Pferd noch einmal die Sporen, es wieherte schrill auf und raste noch schneller auf Steve zu. Er ging ein, zwei Schritte zur Seite, aber der Mann zog ein Schwert seitlich von der Hüfte und hielt die Spitze unter Steves Kinn. Er erstarrte. Das Pferd war immer noch unruhig, stapfte hin und her und wühlte die Erde auf. Der Mann aber hielt es mit einer Hand am Zügel und mit der anderen hielt er das Schwert weiterhin ruhig ausgestreckt an Steves Hals. Eine falsche Bewegung von Steve, und die Schwertspitze würde sich durch seine Kehle bohren. Steve war noch immer starr vor Angst und brachte kein Wort heraus.

Der Reiter gab einen unendlich enttäuscht klingenden Ton von sich, drehte sich von Steve weg und sprang vom Pferd. „Schon wieder so eine Enttäuschung!“ sagte er. Der Unbekannte ging direkt auf Steve zu und schleifte sein Schwert über den Boden hinter sich her. „Du hast uns gerufen. Da sind wir – DEIN Krieg – also?“ rief er und lachte gehässig. Steve brachte kein Wort hervor, er hätte es auch nicht gekonnt, wenn er gewusst hätte, was er dem Mann erwidern sollte, und ging nochmals einen Schritt zurück, um sich den Mann genauer anzuschauen. Er sah so finster aus, als würde er aus einer anderen, dunkleren Welt kommen. Er war zwar sehr schlank, trotzdem konnte man sehen, dass sein Körper nur aus Muskeln bestand. Sein Alter war schwer zu schätzen, aber er war eher alt als jung. Seine Haare waren zu einem Zopf nach hinten gebunden. Der Mann trug einen roten Umhang, der ziemlich verdreckt aussah und an seinen Schultern befestigt war. Darunter trug er ein Lederhemd und Fellstiefel. Aus das Pferd sah ähnlich aus, mager, aber auch so, als ob es nur aus Muskeln bestünde. Die Ledermaske, die den ganzen Schädel des Tieres verdeckte, verlieh ihm etwas Böses. Dann nahm Steve seinen ganzen Mut zusammen. „Was macht ihr hier? Ich habe keinen Krieg!“ schrie er dem Mann entgegen. Wütend streckte der Mann seinen Arm aus, um Steve an der Kehle zu packen. Laut schnaufend hob er ihn langsam hoch. Steve würgte und versuchte Luft zu bekommen, um nicht an der Hand baumelnd zu ersticken. Mit gereizter, böser Stimme sagte der Mann: „Ich bin Akleta, Kapitän der ‚Extensa‘, und so was wie Du ist mir noch nie untergekommen! Du hast uns gerufen, weil Du Dich umbringen wolltest, erinnerst du dich?!“ „Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“ Steve würgte die Frage hervor und hielt sich krampfhaft mit beiden Händen am Arm des Reiters fest, um etwas Luft zu bekommen. Plötzlich hörte er aus der Ferne einen weiteren Reiter auf sich zukommen. Der rief: „Schluss damit!“, zog sein Schwert und hielt die Spitze in Richtung Akleta. Wutentbrannt schleuderte der Kapitän Steve zu Boden. Er stieg auf sein Pferd und sagte zu Steve: „Wir werden dich holen!“, lachte wieder gehässig und ritt davon. Der andere Reiter half Steve hoch und stellte sich freundlich vor: „Ich bin Leonides, er meint es nicht so, wir haben nur eine schwierige Zeit hinter uns. Wir waren in zu vielen sinnlosen Schlachten und Kriegen.“ Steve rieb sich den schmerzenden Nacken und versuchte sich, die beiden in einer Schlacht vorzustellen. „Was mache ich hier? Was soll das Ganze? Ist das hier nur ein Traum?“ Die Fragen sprudelten aus Steve hervor. „Hör‘ zu“, meine Leonides, „Du hast uns gerufen und wir kämpfen Deinen Krieg, mehr kann ich Dir noch nicht sagen, Du wirst bald selbst die Antworten finden.“ Mit diesen Worten half er Steve auf sein Pferd zu steigen und sie ritten in das Schiff hinein. Steve schloss überwältigt die Augen. Er konnte noch immer nicht glauben, was er sah. Die Größe des Schiffs, die vielen Leute, die wie das Schiff finster und alt aussahen.

Überall roch es nach altem, nassem Holz. Als er wieder die Augen öffnete, bemerkte er schockiert, dass er zu Hause war, auf seinem Sofa lag und dass ebendieses Sofa nach altem, nassem Holz roch.

Der Wald, der die Seele nahm.

Подняться наверх