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Viele Wege führen zum Misserfolg
ОглавлениеWie auch immer Sie Scheitern persönlich oder im Bekanntenkreis erleben – jeder Mensch wünscht sich, dass er auch nach Misserfolgen von seinen Mitmenschen freundlich und wohlwollend angesehen und behandelt wird. Was natürlich nicht immer so ist. Das Scheitern einer Unternehmung (oder auch eines Studiums, einer Ehe oder was auch immer) macht den Erfolglosen in den Augen vieler Menschen zum Versager. Es fällt uns oft schwer, zwischen dem Menschen und dem, was ihm mehr oder weniger widerfährt, zu trennen. Wir neigen dazu, Glück und Unglück mit der Persönlichkeit eines Menschen zu verknüpfen. Nicht umsonst kennen wir das Glückskind und den Pechvogel – als wären Glück beziehungsweise Unglück mit diesem Menschen direkt verbunden. Sozusagen als Persönlichkeitsmerkmal. Dabei gibt es doch ganz verschiedene Arten von Misserfolg und Scheitern:
Berufliches Scheitern kann viele Gründe haben – vom Niedergang einer bestimmten Branche bis zu Burn-out.
Beziehungen scheitern oft aus Gründen, die wir nicht wirklich durchschauen.
Wirklich dramatisch wird es, wenn ein ganzer Lebensentwurf scheitert: ein Glaube, den man verliert, ein Todesfall, der die geplante Zukunft mit einem Mal auslöscht, ein Studium, in dem man Semester für Semester weniger Sinn sieht.
Die Gründe können vielfältig sein:
Man hat falsche Entscheidungen getroffen.
Man hätte mehr Information gebraucht.
Oder man hatte einfach nur Pech.
Doch wenn wir ehrlich sind: Ist es nicht die Möglichkeit des Scheiterns, die den Erfolg erst so großartig macht? Ein »Erfolg«, der von vornherein gesichert ist – ist das überhaupt ein Erfolg? Wohl kaum. Die Freude und die Begeisterung über den Erfolg einer Sache empfinden wir zuerst vielleicht nicht vorrangig deshalb, weil eine Sache geglückt ist. Oft genug sind wir einfach erst mal froh darüber, dass etwas nicht schiefgegangen ist. Denn wir können planen und arbeiten so viel und so gut wir können, letztendlich müssen wir aber auch einsehen, dass vieles nicht in unserer Hand liegt.
Als meine Frau ihre Prüfung zur Sommelière (eine Weinbegleiterin in Restaurants oder Weinverkauf) ablegte, wurde es uns bei den Anforderungen schon mulmig zumute. Alles, was die Kandidaten bei der schriftlichen Prüfung nicht wussten, wurde in der mündlichen Prüfung noch mal gefragt – ohne dass einem gesagt wurde, was man in der schriftlichen Prüfung nicht gewusst oder falsch gemacht hatte. Ich hatte jedenfalls vorher noch nie von einer Prüfung gehört, in der man 100 Prozent wissen muss, um überhaupt zu bestehen. Noch entmutigender wurde es, als ein junger Prüfling vor uns aus der Tür trat und alle fragten: »Hast du bestanden?« – »Nein!« – »Warum nicht?« – »Ich hab den Hauch Vanille im Wein nicht erkannt!« An der Prüfung zu scheitern war sozusagen fast schon mehr als nur eine Möglichkeit. Als meine Frau dann mit Bravour bestand, war hinterher der Freudentanz im Park umso ausgelassener. Auch eine Seite im Spiel von Erfolg und Misserfolg: Je geringer die Aussichten sind, desto mehr zählt der Erfolg!