Читать книгу Amor Amaro - Schrebergarten des Todes - Marco Toccato - Страница 11
6 Loretta ärgert Klak
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erstin saß im Wohnzimmer auf ihrem Stammplatz und schnitt gerade die Taschen aus einer Jeans, bevor sie die vernähte. Sie meinte, dass die Taschen zu sehr auftragen. Hans hatte es aufgegeben, mit ihr darüber zu streiten. Er blickte gerade von seinem Buch auf und schüttelte kurz den Kopf.
„Ist ja eigentlich schlecht gelaufen, gestern bei Gericht oder?“
„Eigentlich schon, jedenfalls für unsere Rechtschutzversicherung. Die Tauchtnichts war ja ein Totalausfall. Die Richterin war fünf Jahre jünger als die und hat sie in der Luft zerrissen. Aber egal, die Leindeetz muss das Ding bei Facebook geraderücken.“
„Mensch Hans, das bringt doch nichts, außer, dass der Schlamm nochmal aufgerührt wird.“
„Du hast Recht! Ist schon komisch mit den „Sozialen Medien“. Die sind sowas von asozial, wenn dir einer ans Bein pinkelt, kriegt der Applaus und du Häme! Ich verstehe nicht, wo die Rücksichtnahme der Menschen geblieben ist.
Ich will nicht in die Leier einstimmen, ,früher war alles besser‘, aber ich erinnere mich noch an Zeiten, wo gewisse Verhaltensweisen nicht nur verpönt waren, sie fanden einfach nicht statt, weil niemand darauf kam, sich so widerwärtig zu benehmen. Die Leute hatten scheinbar eine Sperre innerlich, die das verhinderte.“
„Das kannst du laut sagen! Eine der Schlimmsten ist die Leindeetz. Für eine Frechheit oder Beleidigung tut die alles. Ist ja Kunst beziehungsweise ihre freie Meinung.
Bei Facebook hat sie mal wieder die Kanone mit der ganz breiten Streuung rausgeholt.“ Kerstin verfolgte sehr zu Hans‘ Leidwesen die Leindeetzschen Aktivitäten im Internet mit großem Interesse.
„Ich hab dir doch schon davon erzählt, dass sie immer postet, dass jemand mit ihrem guten Namen – das ich nicht lache – bei ebay und so bestellt und sie die Rechnungen und Mahnungen dafür bekommt.“
„Ja, Kerstin, ich weiß. Ich weiß aber auch, dass die blöde Kuh alles Mögliche von sich gibt, ob es wahr ist oder nicht, um sich wieder mal groß vor ihren Adepten darzustellen. Angeblich ist sie dauernd bei ihrer alten, hinfälligen Mutter und bekocht sie oder bringt ihr jeden Sonntag selbstgebackene Kuchen. Außer ‘nem Tee kriegt die doch gar nichts gekocht! Dabei sitzt sie zu Hause und pinselt wieder irgendeinen Nacktmull oder so. Aber ihre Fans glauben ihr das. Ich verstehe es nicht!
Das ist doch sicher wieder genauso erstunken und erlogen mit diesen Rechnungen. Sie gibt wieder die, die für die ganze Welt Leid auf sich nimmt.“
„Nee, nee, diesmal ist was dran. Da hat ihr jemand eine Rechnung für eine teure Herren-Lederjacke geschickt, die sie nicht bezahlen will, weil sie sie nicht bestellt hat, wie sie schreibt. Ich glaube ihr das mal ausnahmsweise, denn den Einfried in einer neuen Jacke kann ich mir nicht vorstellen, du etwa?“ Beide mussten laut loslachen.
„Ja und da hat sie gepostet, dass es nun raus sei, wer das ist, der immer auf ihre Kosten Anschaffungen tätigt und dessen Namen hat sie natürlich gewissermaßen ‚laut‘ rausgepostet.
Sie schreibt, dass es der Sohn von dem Klak-Gründer wäre. Du weißt schon, das sind die mit den ,Ein Euro‘- beziehungsweise Billigtextilläden. Der Grund, warum er das tut, schrieb sie wäre, dass der ja nichts Anständiges in den eigenen Läden finden würde!“
Hans stand der Mund auf und Kerstin lachte sich tot.
„Was? Das hat die geschrieben? Öffentlich? Spinnt die? Die will mal gelernte Journalistin gewesen sein? Sowas geht noch nicht mal bei der Blödzeitung durch.
Aber ich finde das gut. Wenn das der Klak-Chef erfährt, dann wird sie merken, wie es ist, wenn man auf nasser Seife steht und in Richtung heisser Ofen schliddert. Der Mann ist nicht so groß geworden durch unnötiges Feingefühl oder übertriebene Rücksichtnahme. Der ist ein echter Selfmademan, der sich zu wehren und durchzubeißen weiß.
Ich wäre so gerne dabei, wenn der das rauskriegt und seine Rechtsabteilung die Leindeetz fertigmacht.“
„Glaubst du, der hat nichts anderes zu tun, als bei der Leindeetz auf der FB-Seite rumzusurfen?“
„Nein, natürlich nicht, aber wenn die Leute in seinem Haus ihr Handwerk verstehen, haben die mit dem Namen ,Klak‘ bei Google Alerts einen Auftrag gesetzt. So kriegen sie direkt Wind davon, wenn sich da was tut. Aber halt, Facebookinhalte kommen nicht bei Google Alerts, sonst hätte ich schon pfundeweise Hinweise mit meinem Namen bekommen müssen … aber man könnte ja an die Standard-Mailadresse von Klak einen Hinweis senden. Du, ich glaube, das mach ich mal eben.“
Hans geht runter in sein Arbeitszimmer. Setzt sich vor sein Notebook und blättert durch die sehr umfangreichen Eintragungen auf Loretta Leindeetz‘ FB-Seite. Da ist es!
Loretta Leindeetz: Ein weiteres Kapitel in dem lnkasso Streit: Ich soll ja bei drei Firmen gekauft und nicht bezahlt haben - immerhin für insgesamt 1200 Euro. Ich kenne diese Firmen nicht und die Waren natürlich auch nicht, ich habe nie eine Mahnung bekommen. Man drohte mir mit Kontosperrung etc., Anzeige ist erstattet. Inzwischen weiß ich die Adresse, zu der die Pakete gegangen sind: Kronenburg-Dörne, Liedmeyerpfad 27. Und jetzt kenne ich auch den Namen des Empfängers. Es ist nicht etwa eine „Frau Leindeetz“, sondern ein Mann namens Hans-Peter Steiniger.
Wer ist das? Googeln hilft: Steiniger ist der Mit-Besitzer der Billig-Klamotten-Kette Klak. Sein Vermögen wird auf 500 Mio Euro, geschätzt. Klar, wer die Klamotten von Klak kennt, wird verstehen, dass der Mann eine Freizeitjacke für 429,99 Euro bei der Fa. Vogelei in Stuttgart kauft. Der wollte endlich mal was Schönes zum Anziehen haben. Die Sache wird immer spannender. Hoffentlich ermitteln Kripo und Staatsanwaltschaft jetzt auch!
Das darf doch nicht wahr sein! Sie treibt schon wieder ohne Rücksicht auf Verluste (anderer) eine Sau durchs Dorf mit vollem Namen und sogar einer vollständigen Anschrift. Das war nicht nur frech, das war auch blöd und eines Teenagers würdig. Nur war sie Mitte sechzig! Da war die Bemerkung mit der Qualität der Artikel bei Klak die kleinste Sache.
Auf der Website von Klak fand er schnell die Kontaktseite. Eine eMail-Adresse war nicht angegeben, aber ein Kontaktformular war vorhanden:
Sehr geehrte Damen und Herren,
heute bin ich auf einen Beitrag bei facebook gestoßen, der mich empört hat. Meiner Meinung nach darf man so etwas nicht ungeprüft öffentlich äußern. Ich kann Sie nur darauf aufmerksam machen und überlasse Ihnen die Reaktion. Hier der Link:
https://www.facebook.com/ … &type=3&theater
Mit freundlichen Grüßen
Hans Kleinert
Er rechnete nicht mit einer Antwort, aber war schon gespannt, wie Loretta darauf reagieren würde. Darum musste er sich nicht kümmern, Kerstin würde schon dran bleiben.
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In einem Schrebergarten im Süden von Kronenburg-Schauburg schmiedete einer ein Gartentor. Wie verrückt schlug er mit einem Zweikilohammer auf ein Stück glühendes Eisen, das er gerade aus der Schmiedeesse genommen hatte und an dem er auf dem Amboss eine Spitze formte.
Mit jedem Schlag sagte er eine Silbe „Ver – Kling – dammt! – Kling – Ich – Kling – brau – Kling – che – Kling – ei – Kling – nen – Kling – PLAN!“ Das letzte Wort schreit er laut heraus, aber da, wo er war, hörte ihn niemand!