Читать книгу Lago Maggiore Reiseführer Michael Müller Verlag - Marcus X. Schmid, Eberhard Fohrer - Страница 12
ОглавлениеLocarno und Umgebung
Wenn das Tessin die Sonnenstube der Schweiz ist, so ist die Piazza Grande von Locarno ihre beliebteste Sonnenterrasse: sehen und gesehen werden. Der riesige Platz ist das Herz des Städtchens, das nur 16.000 Einwohner zählt, im Sommer aber aus allen Nähten platzt.
Oberhalb der Piazza gerät man in die Gassen der Altstadt, wo sich Boutiquen und Restaurants reihen, noch weiter oben beginnen die teureren Wohnlagen mit Seeblick, und noch ein Stück oberhalb wacht die Madonna del Sasso, Locarnos berühmteste Kirche und Wahrzeichen der Stadt, über die Menschen am Nordzipfel des Sees.
Unterhalb der Piazza führt hinter dem Casino die palmenbestandene Seepromenade an einigen Luxushotels vorbei zum Jachthafen. Unweit dahinter lädt der Lido mit Freibad und Spielwiese zum Entspannen ein. Mit einem eleganten Flachbau wurde er 2013 um eine hypermoderne Wellness-Landschaft erweitert: Solebäder, Saunen und eine Kneippanlage.
Das relative große Einzugsfeld an Pendlern sowie seine Lage zwischen Berg und See stellen Locarno vor ein schier unlösbares Verkehrsproblem, zumal wenn noch die sommerlichen Touristen dazukommen. Zwar ist die Stadt untertunnelt, trotzdem kommt es zu Verkehrsverstopfungen, insbesondere auf der von Bellinzona zuführenden Straße und im Tunnel selbst, oft auch auf der Ausfallstraße in Richtung Maggiatal und Centovalli.
Sehenswertes
Piazza Grande: Richtig angekommen in Locarno ist man erst, wenn man über die Piazza Grande geschlendert ist und sich in eines der zahlreichen Straßencafés gesetzt hat. Der zentrale Platz im lombardischen Stil gehört zu den schönsten Plätzen Europas. Die Locarner sind stolz auf ihn und dies auch mit Recht, seit 2008 im Tessiner Parlament der längst fällige Beschluss fiel, die Piazza Grande in eine Fußgängerzone
Große Leinwand in Locarno
In der ersten Augusthälfte wird man in Locarno und Umgebung kein freies Zimmer mehr finden. Dann nämlich dreht sich alles um das „Locarno Film Festival“, das mit Cannes, Venedig und Berlin zu den großen europäischen Filmfestivals zählt. Fernsehwagen bringen sich frühzeitig an der Piazza Grande in Stellung, nicht nur der eintreffenden Kinogrößen, sondern auch anderer Prominenz wegen. Die halbe Schweizer Regierung findet sich ein, Wirtschaftsmogule und ein gutes Tausend Journalisten, von denen viele mehr am Event interessiert sind als am einzelnen Kunstwerk. Das 1946 gegründete Festival - 2023 steht die 75. Ausgabe an - ist mittlerweile mehr als nur ein hochkarätiges Kunstereignis. Es ist auch ein Feld des Lobbying, nicht zuletzt für die Festivalorganisatoren selbst, die um höhere Subventionen kämpfen.
Für den Festivalbesucher aber steht der Film im Zentrum. In den wenigen Kinos der Stadt und anderen Sälen werden Spezialreihen, Filme außerhalb des Wettbewerbs und Retrospektiven gezeigt. Das Hauptprogramm aber findet auf der Piazza Grande statt, wo vor einer riesigen Leinwand (26 x 14 m) rund 8000 Stühle aufgestellt sind, nicht einfach so, sondern in einer strengen Choreografie von Gelb und Schwarz, sodass der Besucher beim Blick auf die leeren Stuhlreihen ein Leopardenmuster entdeckt. Die Raubkatze ist schließlich das Emblem des Festivals, und der Traum jedes Regisseurs ist es, den „Pardo d’Oro“, den Goldenen Leoparden mit nach Hause zu nehmen. Programm unter www.locarnofestival.ch.
♦ Etwas oberhalb der Piazza Grande wurde 2018 in einem umgebauten Schulhaus das PalaCinema Locarno eröffnet. Es soll den Ruf Locarnos als schweizerische Filmhauptstadt festigen: Festivalbüro, ein Kinosaal für 500, zwei weitere Säle für je 150 Zuschauer, Fachbibliothek und Filmarchiv - alles unter dem Dach des Leoparden.
umzuwandeln. Die Politiker hatten wohl eingesehen, dass das Parkproblem auch mit Parkplätzen auf dem berühmten Platz nicht zu lösen ist.
In der ersten Augusthälfte zeigt die Piazza zehn Tage lang ein ganz anderes Gesicht. Tausende von schwarzen und gelbe Plastikstühlen stehen auf dem Pflaster, die Cafés sind noch voller, die Parkprobleme noch größer - das international berühmte „Locarno Film Festival“ geht über die Bühne (→ Kastentext).
Roy Lichtenstein in der Ghisla Art Collection
Palazzo del Pretorio: An der Via della Pace, die beim Casino südlich wegführt, steht eine stattliche Gründerzeitvilla mit ein paar Palmen davor. Heute sind im Palast, der 1925 im Brennpunkt der Europapolitik stand (→ Kastentext „Als ganz Europa nach Locarno blickte“), die Polizei, das Gesundheits- und das Finanzamt der Stadt untergebracht. Einzig eine Tafel mit Foto erinnert an die hier ausgehandelten Verträge, die als Locarnopakt in die Geschichte eingingen - und der Name der Straße: Via della Pace. Wer mehr über den Locarnopakt erfahren will, muss sich ins Castello Visconteo begeben. Dort ist eine ebenso ausführliche wie interessante Dokumentation über die Konferenz zu sehen.
Castello Visconteo: Das einstige Schloss der Visconti, Herzöge von Mailand, beherbergt heute in erster Linie das wenig aufregende archäologische Museum der Stadt. Interessanter sind der „Saal des Pakts von Locarno“, eine ausführliche Dokumentation (auf Italienisch) zum Locarnopakt, und der Spaziergang durch die historischen Gemäuer mit den mittelalterlichen Torbögen, aristokratischen Wappen, Freskenresten und Graffiti von Gefangenen.
Schon die Aufgangstreppe mit ihrem Anbetungsfresko versetzt den Besucher in andere Zeiten. Der darauf folgenden kleinen Loggia haben die Deutschschweizer Herrscher ihren Stempel aufgedrückt, von der Veranda der Landvögte („lanvocti“) blickt man dann unversehens auf das Parkhaus des modernen Locarno. Ganz oben, im mittelalterlichen Turm, der noch bis ins 19. Jahrhundert als Gefängnis genutzt wurde. schwört grimmig ein ehemaliger Häftling in deutscher Sprache: „Rache“.
Andere, viel ältere Graffiti sind im sogenannten „Alphabet von Lugano“ geschrieben, das sich an der etruskischen Schrift orientiert, die entsprechende gesprochene Sprache „Leponzia“ ist keltischen Ursprungs.
Locarno
Im „Saal des Pakts von Locarno“ sind nicht nur Tintenfass und Stempel für die historischen Unterschriften zu sehen, sondern auch die täglichen Bulletins der Konferenz, die vom 5. bis 16. Oktober 1925 dauerte: Am 11. Oktober begaben sich die Politiker auf eine Vergnügungsfahrt auf dem Lago, am 15. Oktober hatte der deutsche Außenminister Stresemann das letzte Wort, der Protokollant hält auf Französisch, der Sprache der Diplomaten, fest: „Les Allemands sont des gens terriblement difficultueux; ils veulent toujours avoir le dernier mot“ (Die Deutschen sind fürchterlich kompliziert, sie wollen immer das letzte Wort haben).
♦ April-Okt. Di-So 10-12 und 14-17 Uhr. Eintritt 10 CHF.
Ghisla Art Collection: Der zur Straße hin fensterlose Kubus, mit einem feinmaschigen, roten Drahtnetz verkleidet und rundum von einem Wassergraben umgeben, ist ein Meisterwerk des Architekturbüros Moro & Moro. Dass es sich um ein umgebautes Dreifamilienhaus handelt, mag der Betrachter kaum glauben. In diesem auffälligen Würfel machen seit 2014 Martine und Pierino Ghisla ihre private Kunstsammlung der Öffentlichkeit zugänglich. Das Museum besitzt rund 200 Kunstwerke der Moderne: Unter anderem sind Miró, Magritte Picasso, Dubuffet, Appel und Vasarely vertreten. Ein Teil der permanenten Ausstellung ist gänzlich den Amerikanern, insbesondere der Pop- und Graffiti-Art (Roy Lichtenstein, Keith Haring, James Rosenquist u. a.) vorbehalten. Eine jährlich wechselnde Sonderausstellung ergänzt das Angebot. Das kunstsinnige Gründerpaar schließt mit seiner privaten Initiative eindeutig eine Lücke im Kulturangebot der Stadt.
♦ März-Dez. Mi-So 14-19 Uhr; Nov. bis Jan. Fr-So 13.30-18 Uhr. Eintritt 15 CHF.
Chiesa Sant’Antonio Abate: Die Hauptkirche der Stadt zeigt eine wuchtige Architektur und eine klassizistische Fassade, so recht überzeugen mag das nicht. Im Innern ist einzig die barocke Kreuzabnahme in der rechten Seitenkapelle vor dem Chor sehenswert, ein Werk des einheimischen Künstlers Giuseppe Antonio Felice Orelli, Mitglied einer lokalen Künstlerfamilie, die im Tessin hier und dort ihre Spuren hinterlassen hat.
Bis vor wenigen Jahren noch nisteten Fahlsegler im alten Gemäuer von Sant’Antonio Abate, rare Vögel, mit den Mauerseglern verwandt und Flugakrobaten wie diese. Doch heute sind die Nistlöcher vergittert, mit den Tauben hat man auch die Fahlsegler vertrieben.
Casa Rusca: Das alte Patrizierhaus an der Piazza vor der Kirche ist heute Sitz der städtischen Kunstsammlung. Allein mit dem Nachlass des Dadaisten Hans (Jean) Arp - neben eigenen Werken auch seine Privatsammlung, zu der u. a. Chagall, Picasso, Braque und Calder gehörten - könnte sich die Pinakothek sehen lassen. Doch will sie dies nicht und beschränkt sich auf wechselnde Sonderausstellungen.
Als ganz Europa nach Locarno blickte
Großer Bahnhof in Locarno! Im Oktober 1925 kommen in der Stadt am See die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Belgiens, Großbritanniens, Italiens, Polens und der Tschechoslowakei zum Gipfeltreffen zusammen. Zwölf Tage lang brüten die Spitzenpolitiker über einem Vertragswerk, das Europa sicherer machen sollte. Wichtigstes Resultat: Deutschland, als Verlierer des Ersten Weltkriegs international isoliert, anerkennt die im Versailler Vertrag festgelegte Westgrenze und stimmt der Entmilitarisierung des Rheinlands zu. Im folgenden Jahr wird Deutschland in den Völkerbund aufgenommen, und die beiden Hauptarchitekten des „Locarnopakts“, die Außenminister Gustav Stresemann (Deutschland) und Aristide Briand (Frankreich), erhalten den Friedensnobelpreis.
Gerade noch rechtzeitig zur Verabschiedung des Pakts tauchte Mussolini, damals gerade frischgebackener Diktator, in Locarno auf. Ein Schnellboot führte ihn bis Brissago, wo er in einen Alfa Romeo umstieg. Die Schweizer Regierung, die ihn vier Jahre zuvor mit einem Einreiseverbot belegt hatte, hieß ihn ausdrücklich willkommen.
Chiesa San Francesco: Die dreischiffige Franziskanerkirche, Zentrum der deutschsprachigen Katholiken des Locarnese, wurde im Wesentlichen von Mitgliedern der lokalen Künstlerfamilie Orelli ausgestattet.
Chiesa Nuova (Santa Maria Assunta): Das schöne Kirchlein steht versteckt an der Via Citadella und wird leicht übersehen. Die schmucke Fassade wird von einer großen Christophorus-Skulptur bewacht, in den Nischen stehen die Heiligen Rochus und Sebastian (unten), Viktor und Michael (oben). Im Kircheninneren überrascht vor allem die prächtige Stuckdecke. Links führt eine Tür (oft verschlossen) zum Innenhof der Casa dei Canonici (Domherrenhaus) mit doppelter Loggia und einem verträumten Garten - ein idealer Ort, um die Fischgerichte des Restaurants „Citadella“, das hier einige Tische hingestellt hat, auszuprobieren. Ganz hinten im Garten schaut Ihnen dabei eine unscheinbare, verwitterte Christophorus-Figur zu.
Leonardo in Locarno
Wer vom Parkplatz her zur Burg der Mailänder Herzöge spaziert, kommt an einem Stück alten Bollwerks vorbei, auf dem ein kleines Schild prangt: „Leonardo da Vinci 1452-1519“. Keine weitere Erklärung, der Spaziergänger stutzt, schüttelt verständnislos den Kopf und geht weiter. Wir sind der Sache nachgegangen.
Vor ein paar Jahren kam ein Geschichtsprofessor der Universität Mailand zu dem Schluss, dass es sich hier um den Rest eines Bollwerks handelt, das vom berühmten Leonardo für die Locarner Burg der Visconti entworfen wurde. Zahlreiche Leonardo-Experten gaben dem Professore recht, die Tatsache scheint heute wissenschaftlich gesichert. Schließlich wurden auch die Behörden von Locarno hellhörig: Man könnte das Stück Mauerwerk zur touristischen Attraktion aufwerten. Einziges Problem: Das Leonardo zugeschriebene Mauerstück, eingezwängt zwischen Häusern, ist in Privatbesitz. Kaufverhandlungen führten zu nichts, die Stadt zeigte sich knauserig, die Besitzer hatten wohl den Wert erkannt und trieben den Preis in die Höhe, schon war von Zwangsenteignung die Rede. Eine unheilige Allianz zwischen der rechtspopulistischen Lega dei Ticinesi und den Grünen sprach sich gegen den Kauf durch die Stadt aus. Schließlich kam es gut schweizerisch zu einer Volksabstimmung, die sich gegen die städtische Übernahme aussprach. Geblieben ist das kleine Schild.
Im Innenhof der Wallfahrtskirche Madonna del Sasso
Madonna del Sasso: Die berühmte gelbe Wallfahrtskirche (tägl. 6.30-18.30 Uhr) ist das Wahrzeichen Locarnos und befindet sich auf dem Gemeindegebiet von Orselina. Auf einem Felsen über der Stadt gelegen, bietet sie sich als Postkartenmotiv geradezu an, und ist man oben, freut man sich über das wunderbare Panorama.
Einer Legende und der Giebelinschrift an der Kirche zufolge hatte im Jahr 1480 ein Franziskanermönch aus Ivrea hier oben eine Muttergottes-Erscheinung und veranlasste darauf den Bau der ersten Kapellen. Bald setzten Wallfahrten ein, und bereits im 16. Jahrhundert war ein ganzer Klosterkomplex entstanden, der im 17. Jahrhundert noch einmal erweitert wurde.
Der Besucher betritt den „heiligen Berg“ durch einen Innenhof mit mehreren Kapellen, in denen lebensgroße Skulpturengruppen zu sehen sind, eine dramatische „Beweinung Christi“ (16. Jh.), das letzte Abendmahl, Christus erscheint den Jüngern, eine Pietà ... Sie sind alle sehr ausdrucksvoll, man wünschte sich jedoch etwas mehr Informationen.
An der Klosterkirche ist die einmalige Lage aufregender als das barocke Innere und die unzähligen Votivtafeln.
Zugang Zu Fuß: Was ein rechter Pilger ist, der geht natürlich auf Schusters Rappen. Der Aufstieg führt von der Via Cappuccini aus die Via al Sasso hoch, dann rechts über die Ramognabrücke und ab hier auf der steilen, von Kreuzwegkapellen gesäumten Via Crucis hoch zur Madonna. Das letzte Stück ist schweißtreibend. Von der Via Cappuccini aus dauert der Pilgerweg ungefähr 45 Min.
Auto: Im oberen Teil der Stadt der Beschilderung „Orselina“ folgen, die Straße führt im Zickzack hoch. Sobald man den Ramognabach überquert hat: Parkplatz suchen. Die Madonna del Sasso befindet sich knapp unterhalb der Straße.
Standseilbahn: Die Talstation befindet sich auf halbem Weg zwischen Largo Zorzi und Bahnhof, die Bergstation knapp oberhalb der Madonna del Sasso. Das Bähnchen fährt im 15-Min.-Takt hoch. Einfache Fahrt 4,80 CHF, Kind 2,20 CHF, hin/zurück 7,20 CHF, Kind 3,60 CHF.
Chiesa San Vittore: Wer gleich oberhalb des Bahnhofs rechts abzweigt, steht bald vor einer der schönsten romanischen Kirchen nicht nur des Tessins, sondern der ganzen Schweiz. Datiert wird die Chiesa San Vittore ins 11. Jahrhundert, später kam der Barockstuck über dem Chor und den Seitenkapellen hinzu. Ein kleines Juwel ist die Krypta, bei deren Restaurierung die alten Fresken freigelegt wurden. Auch die schmucken Kapitelle sind noch gut erhalten.
Die Vorhalle rechts des Eingangs wurde erst im 18. Jahrundert angebaut, sie diente als Beinhaus.
Giardini Jean Arp: Eine unscheinbare, kleine Grünanlage an der Uferpromenade mit Skulpturen des Dada-Künstlers Hans (Jean) Arp, der seine letzten Lebensjahre in Paris und Locarno verbrachte, viele Sitzbänke - ideal fürs Picknick.
Parco delle Camelie: Knapp südlich des Lido und ebenfalls leicht zu übersehen ist der 2005 im Maggiadelta eröffnete Kamelienpark, ein Muss für Liebhaber botanischer Gärten. Das milde Klima am Lago bekommt der Kamelie besonders gut. Zur Blütezeit Ende März treffen Spezialisten aus aller Welt zu „Camelie Locarno“ ein, einem fünftägigen Fest rund um Locarnos berühmteste Blume. Über 900 verschiedene Kamelienarten finden sich im rund 10.000 m² großen, baumbestandenen Park, der zu einem wunderschönen Spaziergang einlädt.
♦ März-Sept. tägl. 9-18 Uhr, Okt.-Febr. tägl. 9-16.45 Uhr (darauf verlassen sollte man sich aber nicht). Eintritt frei.
Falconeria: Der Steinadler hat eine Flügelspannweite von 2,20 m, der Wanderfalke fliegt eine Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h. Zu besichtigen sind Adler, Falken, Eulen und Geier in den Volièren der Falconeria von Locarno. Doch hat die Falknerei weitaus mehr zu bieten als nur die gefiederte Abteilung eines zoologischen Gartens.
Täglich zweimal zeigt das Team von vier professionellen Falknern und Falknerinnen eine spektakuläre Show, die man nicht so schnell vergisst; dann ist die Tribune vor dem ausgedehnten Park mit ihren 650 Plätzen meist brechend voll. Zuerst tritt ein Paar mit Hund auf und erläutert kurz auf Italienisch und Deutsch die Geschichte der Falknerei, die aus der asiatischen Steppenlandschaft über Persien nach Europa kam, wo sie im Mittelalter in Kaiser Friedrich II. einen begeisterten Verfechter fand. Der gebildete Herrscher über das deutsch-römische Reich und Jerusalem verfasste sogar eine Schrift, die zum Standardwerk avancierte: „De arte venandi cum avibus“ (Von der Kunst, mit Vögeln zu jagen).
Haltestelle Locarno
Noch während die Besucher den Worten des Falkners lauschen, startet von dessen Arm ein Raubvogel, schwingt sich in die Lüfte und entschwindet den Blicken der Zuschauer. Er macht wohl einen Besichtigungsflug über den nahen Lago. Noch ist er nicht zurück, da fliegt schon eine Eule über die Köpfe des Publikums. Die Show steigert sich zu äußerst präzisen Manövern. Untermalt von einer oft zum Crescendo sich steigernden Musik, startet ein Adler von der Hand der Falknerin am einen Ende des Parks, braust haarscharf über die Zuschauer, die vor Schreck den Kopf einziehen, und landet sicher auf dem Arm des Falkners am anderen Ende des Parks. Die 60-minütige Vorführung beruht auf einer äußerst präzisen Choreographie, die Raubvögel selbst scheinen daran Gefallen zu finden, ist es doch schöner, über den Park zu fliegen als in den Volièren zu sitzen. Auf die Frage, ob es nicht auch vorkomme, dass ein Vogel die Gelegenheit beim Schopf packe und das Weite suche, lacht der Falkner: Ja, das sei schon vorgekommen. Doch kämen die Ausreißer stets bald wieder zurück, Hotel Mama sei eben doch das beste. Auch das Pferd, das bei der Jagd mit Falken eine große Rolle spielt, hat zum Schluss seinen Auftritt, und die ganz Kleinen freuen sich auf eine Gratisrunde auf dem Pony nach der Aufführung.
♦ Mitte März bis Okt. Di-So 10-17 Uhr, Flugvorführungen jeweils um 11 und 15 Uhr. Nov. bis Mitte März Mi-So 13-16 Uhr, Flugvorführungen um 14 Uhr. Eintritt 25 CHF, Kind 4-16 J. 18 CHF.
Ausflug nach Cardada/Cimetta
Bei schönem Wetter bietet sich ein Ausflug nach Cardada (1332 m) an, der sich übrigens hervorragend mit einem Besuch der Madonna del Sasso (siehe oben) verbinden lässt. Ebenso beeindruckend wie das Ziel ist der Weg dorthin: An der hypermodernen Luftseilbahn, die von der Madonna del Sasso zum Hausberg Locarnos hochfährt, war federführend der Tessiner Stararchitekt Mario Botta beteiligt. Er entwarf nicht nur die beiden Gebäude der Berg- und der Talstation, sondern auch die elegante Gondel, in der die Besucher in 5 Minuten hochschweben - viel Glas, sodass das wunderbare Panorama schon unterwegs genossen werden kann. Oben hat Landschaftsarchitekt Paolo Bürgi die „Passerelle“ entworfen, eine äußerst luftige Aussichtsplattform mit überwältigendem Panorama!
Wer noch höher hinaus will, steigt unweit der Bergstation in den Sessellift und lässt sich auf die Cimetta (1671 m) hochtragen.
Luftseilbahn Orselina-Cardada Juni-Aug. tägl. 7.45-19.45 Uhr (30-Min.-Takt). Sept.-Mai Mo-Fr 9.15-18.15, Sa/So 8.15-18.15 Uhr (30-Min.-Takt). Einfache Fahrt 24 CHF (6-15 J. 12 CHF), hin/zurück 28 CHF (6-15 J. 14 CHF).
Wandern Zahlreiche Wanderwege im Gebiet von Cardada und Cimetta. Auskunft gibt das Informationsbüro in Locarno.
Paragliding Deutschsprachige Begleitflieger von „Fly & Smile“ mit eidgenössischer Lizenz sorgen dafür, dass Sie heil in der Ebene landen. Tel. 091-6066266, www.parapendio.ch.
Basis-Infos
PLZ 6600
Information Lago Maggiore Tourist Office, beim Bahnhof, mit dem Nachbarort Ascona zusammengeschlossen, kompetent in allen Belangen und deutschsprachig. Mo-Fr 9-18, Sa 10-18, Juli/Aug. zusätzlich So 10-13/14.30-17 Uhr. Stazione FFS, Tel. 0848-091091, www.ascona-locarno.com.
Hin & weg Bahn: Über 20 x tägl. nach Bellinzona, dort Anschluss an die Nord-Süd-Achse Basel/Zürich-Mailand. Mit der „Centovalli-Bahn“ (Panoramafahrt auf Schmalspur) ungefähr stündlich durchs Centovalli hoch bis ins italienische Domodossola, dort Anschluss nach Bern.
Postauto: Am östlichen und westlichen Seeufer entlang jeweils bis an die Grenze sowie in alle Seitentäler (Maggia, Verzasca, Centovalli, Onsernone etc.). Abfahrt am Bahnhof. Mit FART-Bus Nr. 1 nach Ascona, mit Nr. 316 nach Ascona und weiter nach Brissago.
Schiff: Im Sommer pendeln mehrmals tägl. Linienschiffe zwischen den Orten des westlichen und östlichen Seeufers, auch die Brissago-Inseln werden angesteuert. Im Winter wird nur die Linie nach Magadino aufrechterhalten. Die Anlegestelle befindet sich im Zentrum (am Ende des Largo Zorzi).
Bergbahnen: Ganz in der Nähe des Bahnhofs liegt die Talstation der Standseilbahn nach Orselina mit der berühmten Kirche Madonna del Sasso. Dort muss man nur die Straße überqueren, und man steht an der Talstation der Luftseilbahn nach Cardada (1332 m) (→ Umgebung von Locarno). Wer noch höher will, steigt hier um in den Sessellift zur Cimetta (1671 m). Billig sind die Bahnen allerdings nicht.
Parken Das Parkproblem ist groß, die Parkzeiten sind beschränkt, und die Parkuhren wollen gefüttert werden. Besser gleich in eines der vier Parkhäuser fahren (beim Casino, gegenüber vom Bahnhof, gegenüber der Chiesa San Vittore oder beim Castello Visconteo).
Ausflüge Private Anbieter bieten Rundfahrten auf dem See an, sind aber recht teuer. Billiger kreuzt man mit dem Liniendampfer. Ein besonderes Angebot von April bis Mitte Okt. ist der Lago Maggiore Express: mit dem Schiff bis ins italienische Stresa, dort ungefähr eine Stunde Aufenthalt, dann mit dem italienischen Zug hoch nach Domodossola und schließlich Panoramafahrt mit der „Centovalli-Bahn“ zurück nach Locarno - oder dieselbe Fahrt im Gegenuhrzeigersinn. Kosten für diese Ganztagestour 38 CHF (Kind 19 CHF). Auskunft beim Informationsbüro und unter www.lagomaggioreexpress.com.
Baden Beide Badestrände von Locarno liegen im Delta der Maggia: der Lido mit großer Wellnessanlage, und etwas weiter südlich, beim Camping Delta, der Lanca-Strand.
Einkaufen Läden mit großer Auswahl an kulinarischen Tessiner Spezialitäten findet man an der Piazza Grande, Boutiquen ebenfalls dort und in den angrenzenden Altstadtgassen.
Fahrradverleih Bike Sharing Locarno, über ein Dutzend „Velospots“ in der Stadt. Die blauen Räder mit Einkaufskorb auf der Lenkstange sind preisgünstig. Verkauf von Tageskarten für 10 CHF beim Informationsbüro und der Cancelleria comunale, Piazza Grande 18.
Bahnhof: wie in allen größeren Bahnhöfen der Schweiz gibt es auch in Locarno eine Rent-a-Bike-Station. Preiswert.
Belotti Sport: Mountain- und Citybikes. Via Citadella 22, Tel. 091-7516602.
Festivals Locarno Film Festival, alljährlich in der ersten Augusthälfte (mehr über das international berühmte Festival (s. o., Kastentext „Große Leinwand in Locarno“).
Moon & Stars, noch relativ junges, zehntägiges Rock- und Popfestival, jährlich Mitte Juli. Bei der 136 Ausgabe 2019 war Eros Ramazzotti zu Gast. Programm unter www.moonandstarslocarno.ch.
Jazz Jam Sessions, jeweils Montag 20-23.30 Uhr treffen sich in der Snackbar „Incontro“ im Palazzo dei Congressi bei Laura und Madda Jazzmusiker aus dem Tessin, der ganzen Schweiz sowie internationale Musiker, die gerade in der Region sind, zur Jam Session. Nicht-Musiker und Musiker sind eingeladen zuzuhören und mitzuspielen. Eintritt frei. Via Municipio 2, Muralto (hinter dem Bahnhof von Locarno).
Camelie Locarno, alljährlich Ende März Anfang April. Fünftägige Hommage an die Kamelie im Parco delle Camelie (→ Sehenswertes).
Golf Ein Golfplatz fehlt an einem so mondänen Ort natürlich nicht. Sie finden einen 18-Loch-Platz, wenn Sie die Strandstraße einfach weiterfahren, direkt vor der Mündung der Maggia. Tel. 091-7523353, www.golflocarno.ch.
Märkte Wochenmarkt jeweils Do 9-17 Uhr (außer Jan.) auf der Piazza Grande und dem Largo Zorzi. Gemüse aus dem Umland und frischer Fisch aus dem See.
Paragliding Gestartet wird auf der Cimetta, zu der man erst mit der Standseilbahn, dann mit der Gondel, dann mit dem Sessellift hochfährt. Deutschsprachige Begleitflieger von „Fly & Smile“ mit eidgenössischer Lizenz sorgen dafür, dass Sie heil in der Ebene landen. Tel. 091-6066266, www.parapendio.ch.
Wellness Termali Salini & Spa, am Lido, Thermal-Solebad (35 Grad) mit Schwimmkanal und Außenbecken (See- und Bergpanorama), Dampfbad, Saunen und Massageangebot. Tägl. 9-21.30 Uhr. Badelandschaft 32 CHF, Bade- und Saunalandschaft 38 CHF. In der Saunalandschaft ist der Dienstag den Frauen vorbehalten.
ÜbernachtenKarte
*** La Rinascente 3, nur einen Katzensprung von der Piazza Grande, trotzdem ruhig. Das 2012 eröffnete Boutique-Hotel residiert in einem mit architektonischem Fingerspitzengefühl umgebauten Gebäude aus dem 16. Jh. Die alte Bausubstanz sowie die Deckenmalereien wurden erhalten. Modern eingerichtete, sehr helle Zimmer mit wunderschönen Bädern. Mehrere Terrassen und Gourmet-Restaurant (So Ruhetag) - das Konzept überzeugt. DZ ab 180 CHF je nach Saison und Kategorie. Weihnachten bis Febr. geschlossen. Via al Tazzino 3, Tel. 091-751331, www.hotel-rinascente.ch.
*** Dell’Angelo 15, Stadthotel in zentraler Lage mit langjähriger Tradition. Renovierte, freundliche, teils etwas altbackene Zimmer. Eine begrenzte Anzahl von Gratisparkplätzen steht zur Verfügung. DZ ab 180 CHF, auch 3- und 4-Bett-Zimmer. Piazza Grande, Tel. 091-7596868, www.dellangelo.ch.
*** Du Lac 8, Klassiker mit Hoteliertradition seit 1860, in bester Lage zwischen Altstadt und See. Komfortable, freundlich eingerichtete Zimmer. DZ ab 160 €. Via Ramogno 3, Tel. 091-7512921, www.du-lac-locarno.ch.
** Rondinella 9, nüchterner Betonbau, aber komfortable Zimmer mit Seeblick. Rezeption in der dritten Etage. Im Parterre serviert die „Birreria Rondalli“ nicht nur Bier, sondern auch preiswerte Gerichte. DZ 140-190 CHF, auch 3- und 4-Bett-Zimmer. Jan./Febr. geschlossen. Via Dogana Nuova 4, Tel. 091-7516221, www.rondinella.ch.
** Citadella 10, in erster Linie ein schönes und auch gutes Fischrestaurant in der Altstadt, vermietet aber auch zehn teils mit viel Plüsch eingerichtete Zimmer, teilweise Mansarden. DZ 120-170 CHF. Via Cittadella 18, Tel. 091-7515885, www.cittadella.ch.
Übernachten
1 Mirafiori 2 Olanda 4 Jugendherberge 5 La Rinascente 10 Du Lac 11 Rondinella 12 Citadella 14 Vecchia Locarno 15 Giacometti 17 Dell'Angelo
Essen & Trinken
3 Il Malatesta 6 Negromante 7 Borghese 8 Il Guardiano del Farro 9 Da Valentino 12 Citadella 13 Casa del Popolo 16 Reginetta 18 Canetti
Giacometti 13, familiäre Herberge mit sehr unterschiedlichen Zimmern, teils mit Dusche/WC auf Etage. Rezeption Mo-Sa 15-18 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten nach telefonischer Vereinbarung. DZ 110-170 CHF. Via San Francesco 1, Tel. 091-7518782, www.hotel-giacometti.ch.
Vecchia Locarno 12, sehr unterschiedliche Zimmer, teils renoviert, meist mit Holzböden, einige mit Aussicht auf die Straße, das schönste und teuerste mit Loggia und Aussicht auf die Berge, die meisten mit kollektiver Du/WC auf Etage. Zimmer also besser erst anschauen. Mit vegetarischem Restaurant, DZ 110-150 CHF. Jan. geschlossen. Via Motta 10, Tel. 091-7516502, www.vecchia-locarno.ch.
Olanda 1, bescheidenes Haus, aber in schöner Hanglage über der Stadt. Wunderschönes, grün überdachtes Gärtchen mit Seeblick. DZ mit Du/WC 150-170 CHF, DZ mit Dusche, aber WC auf Etage 140-150 CHF, teils DZ mit Du/WC auf Etage 130-140 CHF. Nov.-Febr. geschlossen. Via ai Monti 139 A, Tel. 091-7514727, www.pensione-olanda.ch.
Jugendherberge Palagiovani 2, im westlichen Ortsteil, aber noch immer zentrumsnah. Mit Innenhof und Garten. Platz für 200 Gäste. Geschlafen wird in Doppelzimmern (oft mit Etagendusche), 4Bett- und 6-Bettzimmern mit Du/WC. DZ mit Du/WC 138 CHF, mit Du/WC auf Etage 102 CHF, in Mehrbettzimmern 48-58 CHF pro Pers. Rezeption 15-22 Uhr. Via B. Varenna 18, Tel. 091-7561500, www.youthhotel.ch/de/hostels/locarno.
Camping ***** Delta, im Maggiadelta, direkt am See. Großes Gelände mit 300 Plätzen und hervorragender Infrastruktur, zu der auch ein Kajak- und Fahrradverleih gehört. Geöffnet März-Okt. Via Respini 27, Tel. 091-7516081, www.campingdelta.com.
Wohnmobile Kompletter Service beim Camping Delta (s. o.).
Essen & TrinkenKarte
Da Valentino 7, Mitglied der Gilde etablierter Schweizer Gastronomen; entsprechend liegen die Preise über dem Durchschnitt. Fisch und Fleisch raffiniert zubereitet und im dezenten Interieur oder auf der begrünten Terrasse nach hinten serviert. Dass die Pasta hausgemacht ist, versteht sich hier von selbst. So/Mo geschlossen. Via Torretta 7, Tel. 091-7520110.
Citadella 10, Spezialität sind Fischgerichte und Meeresfrüchte, aber auch Fleisch (gegrillt) und Pizza stehen auf der Karte. Auch Kinderteller. Serviert wird auch im hübschen Innenhof der Casa dei Canonici (Haus der Domherren) auf der anderen Straßenseite. Mo Ruhetag. Via Citadella 18, Tel. 091-7515885.
Mein Tipp Negromante 4, die Casa del Negromante, eines der ältesten Bauwerke der Stadt, wurde 2014 als Restaurant eingerichtet. Im wunderschönen Innenhof mit Arkadenumgang und Weinrebendach speist man vorzüglich und teuer: Das Filet vom Angusrind oder vom Pferd wird auf heißem Stein serviert, der Gast überwacht die Garzeit; die Country-Kartoffeln passen hervorragend dazu. Das Poulet lief Zeit seines Lebens frei auf den „Terreni alle Maggia“ herum, einem alteingesessenen landwirtschaftlichen Betrieb in Ascona. Geöffnet ab 17 Uhr, Mo Ruhetag. Via Borghese 14, Tel. 091-7514044.
Reginetta 14, auf Meeresküche spezialisiert, Fleisch und Risotto werden nur „unter ferner liefen“ angeboten. Mo Ruhetag. Via della Motta 8. Tel. 091-7523657.
Casa del Popolo 11, in der Altstadt, traditionelles und sehr populäres Lokal mit großer Terrasse. Bekannt vor allem für seinen Ossobuco, aber ebenso für hausgemachte Pasta und Pizza. Seit einigen Jahren unter türkischer Regie, aber die Küche ist tessinerisch-italienisch geblieben. Piazza delle Corporazioni, Tel. 091-7511208.
Borghese 5, ein ganz und gar unprätentiöses Lokal im sonst schicken Locarno. Hausmannskost, große Salatauswahl und ein netter, kleiner Innenhof. Via Borghese 20, Tel. 091-7510498.
Bio/Regional Il Guardiano del Farro 6, vegetarisches Selbstbedienungsrestaurant mit leckerer Auswahl. Alles aus biologischem Anbau, also ist auch Biobrot eine Selbstverständlichkeit. Im Haus werden auch einige Zimmer (auch Mehrbettzimmer) vermietet, alle unterschiedlich groß und unterschiedlich gestaltet. Mo-Mi 9-15, Do-Sa 9-15/17-23 Uhr. Via Borghese 32, Tel. 091-7518641 und Tel. 078-8707677.
Ascona
Die Piazza Motta, die Seepromenade, fasst das Leben in Ascona konzentriert zusammen: sehen und gesehen werden, flanieren, Dolcefarniente und stets die großartige Kulisse des oberen Lago Maggiore im Blick.
An der Seepromenade von Ascona
Durch die Maggia getrennt, teilen sich Ascona und Locarno das Delta. Im Unterschied zum größeren Locarno, das noch ein komplexes Wirtschaftsleben kennt, ist Ascona praktisch vollständig auf den Tourismus ausgerichtet, vom Fischerdörfchen reden nur noch weltfremde Nostalgiker. Zu den frühen Touristen gehörten die Künstler und Weltverbesserer auf dem Monte Verità (siehe dort), der ganz große Boom setzte dann in der Nachkriegszeit ein. Das Wirtschaftswunder schwappte über die Alpen an die Ufer des Sees, der deutsche Mittelstand entdeckte Ascona als Urlaubsdestination, Neureiche bauten sich gleich ihr eigenes Feriendomizil - Ascona punktete sich zur Marke, in Rüsselsheim wurde der „Opel Ascona“ aus der Taufe gehoben.
Heute wird in Ascona nicht mehr so viel gebaut; zum einen ist das Pflaster sündhaft teuer geworden, zum anderen ist für Neubauten ohnehin fast kein Platz mehr. Die Zuzügler aus den Boomjahren sind geblieben und gealtert, oft sind es schon deren Söhne und Töchter, die mit dem Cabrio vor den Toren Asconas auf Parkplatzsuche sind. Doch das das soll Sie nicht davon abhalten, sich in ein Café an der Seepromenade zu setzen, dem bunten Treiben, den ein- und ausfahrenden Schiffen zuzuschauen und das süße Nichtstun zu genießen.
Sehenswertes
Piazza Motta: Was den Locarnesen die Piazza Grande, ist den Asconesen ihre Piazza Motta. Im Unterschied zu Locarno sitzt man in Ascona direkt am See. Sonst aber gilt auch hier: sehen, gesehen werden, flanieren. Gaukler, Akkordeonspieler und andere Straßenmusikanten empfangen die Ausflügler der ankommenden Schiffe.
Der Name des Platzes ehrt Giuseppe Motta, einen stramm konservativen Politiker, der von 1912 bis 1940 in der Schweizer Regierung saß. Historiker streiten darüber, ob seine zweifellos vorhandenen Sympathien für Mussolini und Franco mit der eidgenössischen Neutralitätspolitik vereinbar waren. Die Asconesen kümmert dies nicht: Motta hat in ihrem „Collegio Papio“ (siehe unten) die Schulbank gedrückt.
Casa Serodine: Familiensitz der Asconeser Stuckateure
Casa Serodine: Das zweifellos schönste Bürgerhaus der Stadt steht gegenüber der Kirche und war einst Familiensitz der Asconeser Stuckateure Serodine, die ihr Vermögen in Rom machten und sich als reiche Rückwanderer ein bauliches Denkmal setzten. Die vielfotografierte barocke Fassade mit ihren allegorischen Stuckarbeiten über den Fenstern wird Giovanni Battista Serodine zugeschrieben. Möglicherweise hatte auch sein Vater und Lehrmeister, Hauseigentümer Cristoforo Serodine, seine künstlerische Hand mit ihm Spiel.
Chiesa Santi Pietro e Paolo: Die barocke, dreischiffige Pfarreikirche mit dem nicht zu übersehenden Campanile, gleich neben der Casa Serodine, zeigt einen vollständig mit Fresken ausgeschmückten Chor. Auch hier ist die Künstlerfamilie Serodine vertreten, diesmal mit Giovanni, der in Rom als Maler von Caravaggio die Chiaroscuro-Technik (Hell-Dunkel-Malerei) abschaute und es damit zu einiger Berühmtheit brachte. Die Altartafel, im oberen Teil die Krönung Mariä, im unteren die Präsentation des Schweißtuchs Veronikas, gehört zu seinen Spätwerken, die Fresken links und rechts des Eingangs („Die Söhne des Zebedäus“, „Die Jünger in Emmaus“) stammen aus seiner frühesten Zeit als Maler.
Collegio Papio: Die Anlage wurde der Chiesa Maria della Misericordia (15. Jh.) um 1600 beigegeben und besticht vor allem durch die doppelte Loggia im lombardischen Stil. Früher war das Kollegium von Ascona bekannt als Priesterschmiede, heute wird es als private katholische Mittelschule geführt. Schüler und Schülerinnen aus der Umgebung kämpfen sich hier durch bis zur Matura (Abitur); wer von weither kommt, hat die Möglichkeit, im Internat zu wohnen. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie den malerischen Innenhof nicht in aller Ruhe bewundern können.
Die Chiesa Santa Maria della Misericordia mit ihrer Kassettendecke wartet im Chor mit zahlreichen spätgotischen Fresken auf, deren Motive dem Alten und Neuen Testament entstammen.
Santuario della Madonna della Fontana: Eine Wallfahrtskirche, die fast keine mehr ist - außer für Picknicker. Am Fuß des Monte Verità findet man eine turmlose, etwas heruntergekommene Kirche, meist ist sie geschlossen. „Eine Renovierung der Kirche ist mittel- bis langfristig vorgesehen“, lässt der Pfarrer von Ascona verlauten und will sich weiter nicht festlegen. Vor dem Gotteshaus steht eine Votivkapelle, ebenfalls turmlos, und in ihr der Brunnen, dessen Quellwasser der Legende zufolge einer stummen Schäferin wieder zur Sprache verhalf und damit am Ursprung des Wallfahrtsorts steht. Allein, der Brunnen spendet kein Wasser mehr, und die drei angeketteten Schöpflöffel wirken wie sinnentleerte Requisiten einer fernen Zeit.
Mitten im mondänen Ort: Campanile der Kirche von Ascona
Collegio Papio - streng lombardischer Stil
Lebendiger geht es im Anbau der Kirche zu, der als Gruppenunterkunft dient, und noch lebendiger im „Grotto Madonna della Fontana“, das vor allem an Wochenenden gern aufgesucht wird.
Museo Comunale d’Arte Moderna: Der Bestand des Museums verdankt sich zu einem großen Teil seiner Mitbegründerin, der russischen und später staatenlosen Malerin Marianne von Werefkin (1860-1938). Mit 20 Jahren war sie Privatschülerin von Ilja Repin, der damals mit seinen expressionistischen Werken der bekannteste Maler Russlands war. Bald machte sich Marianne von Werefkin als Malerin einen eigenen Namen. Später, mit einer stattlichen Rente des Zaren ausgerüstet, zog sie nach Deutschland, wo sie mit den wegweisenden Malern der Zeit zusammenkam: Klee und Kandinsky, Franz Marc, Matisse und vielen anderen mehr. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs zog sie in die Schweiz um, ab 1918 wohnte sie - nach der Russischen Revolution 1917 ohne zaristische Rente und schließlich ziemlich mittellos - bis zu ihrem Tod in Ascona.
Nebst einigen wenigen Werken der städtischen Asconeser Sammlung (u. a. Paul Klee und Cuno Amiet), sind es vor allem die 29 farbenkräftigen Bilder Marianne von Werefkins in der zweiten Etage, die den Ruf des Museums begründen. Nebst einem Selbstporträt sind u. a. „Arbeiter auf dem Heimweg von der Fabrik“, „Der Lumpensammler“ und Polizeiposten von „Wilna“ zusehen. Die geistige Verwandtschaft mit anderen Künstlern der von ihr mitbegründeten Neuen Künstlervereinigung München (N.K.V.M), die dann in den „Blauen Reiter“ mündete, ist unverkennbar.
♦ Di-Sa 10-12 und 14-17, So 10.30-12.30 Uhr. Eintritt 7 CHF.
In vorderster Reihe am See
Museo Epper: Das kleine Museum, das die Werke des heute in Vergessenheit geratenen Schweizer Expressionisten Ignaz Epper (1892-1969) und seiner holländischen Frau Mischa hütet, ist allenfalls für Spezialisten interessant. Die Eppers wohnten ab 1932 in Ascona und hatten im heutigen Museum ihr Atelier. Eine Stiftung kümmert sich um den Nachlass und nutzt die Räumlichkeiten für sommerliche Wechselausstellungen, die im künstlerischen Zusammenhang mit Epper stehen.
2019 wollte die Stiftung aus Geldmangel das Museum an das 5Sterne-Hotel Eden Roc verkaufen, das Anwesen war bereits von drei Seiten umzingelt. Dagegen gab es Widerstand. Falls das Hotel das Museum tatsächlich schlucken sollte, ist noch unklar, ob dieses der Öffentlichkeit dann noch zugänglich sein wird, den Hotelgästen vorbehalten oder ganz geschlossen wird.
♦ April-Juni und Sept./Okt. Di-Fr 10-12/15-18, Sa/So 15-18 Uhr; Juli/Aug. Di-Fr 10-12/20-22, Sa/So 20-22 Uhr. Eintritt frei.
Museo Castello San Materno: Das „Castello“, einst Wohnsitz der legendären Charlotte Bara (→ Teatro San Materno) wurde 1987 von der Gemeinde gekauft und dient seit 2014 als Zweigstelle des Museo d’Arte Comunale Moderna. Der Museumsbestand verdankt sich dem Industriellen Kurt Alten (1925-1989), der nicht nur fahrbare Überladebrücken für Rampen entwickelte, sondern sich zusammen mit seiner Frau Barbara auch als Kunstsammler betätigte. Insgesamt 60 Werke meist deutscher Provenienz von Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg sind ausgestellt: Impressionismus (Max Liebermann, Fritz Overbeck, Otto Modersohn), die Worpsweder Schule, die Maler der „Brücke“ (Max Pechstein, Ernst Kirchner, Emil Nolde u. a.) - klein und fein!
♦ Do-Sa 10-12/ und 14-17, So 14-16 Uhr. Eintritt 7 CHF.
Teatro San Materno: Das Haus fällt als Theater nicht auf - ganz einfach, weil man sich ein Theatergebäude anders vorstellt, obendrein steht es verkehrsumtost außerhalb des Zentrums. Der kubische Bau im Bauhaus-Stil verkörpert ein Stück Architekturgeschichte. Er stammt vom Architekten Carl Weidemeyer (1882-1976) und wurde 1928 eigens für die Tänzerin Charlotte Bara (1901-1986) errichtet. Deren Vater, ein deutscher Textilfabrikant, hatte zuvor das nahe Castello San Materno (heute Museum, siehe oben) gekauft und dort für sie einen Tanzsaal eingerichtet, der sich jedoch bald als zu klein erwies; darauf gab er den Bau eines neuen Theaters in Auftrag. Charlotte Bara, dem Ausdruckstanz in der Nachfolge von Isadora Duncan verpflichtet, feierte bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs Erfolge in ihrem Theater - und tanzte dann, vom Publikum zunehmend weniger beachtet, noch bis in die späten 1950er Jahre. 1978 verkaufte die „heilige Tänzerin“ das Gebäude der Gemeinde Ascona, die wenig damit anzufangen wusste und es dem Verfall überließ. Dem endgültigen Stillstand folgte nach langen kommunalpolitischen Diskussionen eine sachkundige Renovierung des Gebäudes und 2009 seine Wiedereröffnung als Tanztheater (Programm unter www.teatrosanmaterno.ch).
Basis-Infos
PLZ 6612
Information Lago Maggiore Tourist Office, mit Locarno zusammengeschlossen und kompetent wie dieses. Deutschsprachigkeit ist selbstverständlich. Mitte März bis Okt. Mo-Fr 9-18, Sa 10-18, So 10-14 Uhr; Nov. bis Mitte März Mo-Fr 9.30-12/13.30-17, Sa 10-14 Uhr. Viale B. Papio 5, Tel. 0848-091091, www.ascona-locarno.com.
Hin & weg Bahn, der nächste Bahnhof befindet sich in Locarno.
Bus, mit FART Nr. 1 nach Locarno (Bahnhof), mit FART Nr. 316 ebenfalls nach Locarno und in die andere Richtung bis Brissago. Abfahrt bei der Post.
Schiff, im Sommer pendeln mehrmals täglich Linienschiffe zwischen den Orten des westlichen und des östlichen Seeufers, auch die Brissago-Inseln werden angesteuert, Die Ablegestelle befindet an der Piazza G. Motta (Seepromenade).
Parken Ein zentrumsnaher Parkplatz liegt an der Via Albarelle (südöstlich der Piazza Motta), ein Parkhaus an der Via Circonvallazione, ein weiteres an der Via della Buonamano (dort mit Parkscheibe 4 Stunden gratis), alles andere ist Zeitverschwendung.
Ausflüge Private Anbieter bieten Rundfahrten auf dem See an, sind aber recht teuer. Billiger kreuzt man mit dem Liniendampfer. Ein besonderes Angebot ist der Lago Maggiore Express (→ Locarno, Ausflüge), der auch in Ascona hält.
Baden Der Grande Lido, ganz im Süden des Deltas, ist wirklich groß. Eintrittspflichtig.
Einkaufen Boutiquen findet man im ganzen Altstadtbereich, die teuersten Juwelen und Schweizer Luxusuhren bei Doris Herschmann im blauen Haus (neben dem Rathaus) an der Piazza Motta. Ein gut sortiertes Antiquariat präsentiert die Libreria della Rondine in der Casa Serodine (hinter dem Rathaus). Bücher über die Gegend, über den berühmten Monte Verità und selbstverständlich auch Romane von Hermann Hesse. Lokale Spezialitäten bietet die Vinothek Terreni alla Maggia an der Via Muraccio 105 an: Weine aus Ascona, Reis, weißer und roter Polenta-Mais. Der Betrieb arbeitet im Maggia-Delta und ist der einzige Schweizer Reisproduzent.
Festivals JazzAscona, alljährlich Ende Juni/Anfang Juli. Der ganze Ort vibriert: Konzerte in Hotels, auf Plätzen und natürlich an der Seepromenade. Informationen unter www.jazzascona.ch.
Settimane musicali, von Sept. bis Mitte Okt. Seit 1946 treffen sich jährlich Koryphäen der klassischen Musik zu den „musikalischen Wochen“ in Ascona. Hauptspielstätten sind das Collegio Papo und das Teatro San Materno, aber auch die Kirche San Francesco in Locarno. Programm unter www.settimane-musicali.ch.
Artisti di Strada, jährlich rund um die Pfingsttage. Über 100 Straßenkünstler aus aller Herren Länder treten in den Gassen Asconas auf. Eintrittsfrei, Programm unter www.artistidistrada.ch.
3 Ore di Ascona, eine der größten Segelregatten auf dem Lago Maggiore, meist an einem Samstag im Juni. Jeder kann teilnehmen, das Startgeld ist bescheiden. Gemessen wird nicht die Zeit, sondern die Distanz. Exakt drei Stunden lang wird auf dem See in einem Dreieck gesegelt, sodass der Zuschauer rasch den Überblick verliert, wer vorne ist oder evtl. eine Runde zurückliegt. Profis nehmen das fröhliche Event als Trainingsmöglichkeit wahr.
Galerie Die Casa d’Arte d’Ascona (CAA) kümmert sich um die lokale Kunstszene. Das reicht aber für das Ausstellungsprogramm nicht aus, und so werden auch Künstler ausgestellt, die keinen Bezug zu Ascona haben - eine begrüßenswerte Initiative. Via Borgo 47a.
AcquestArte zeigt ein anspruchsvolles Programm: internationale Maler, Bildhauer und Fotografen. Via Collegio 7 (in der Nähe des Antico Ristorante Borromeo).
Golf Ganz im Süden des Deltas unterhält der Golf Club Patriziale Ascona eine 18-Loch-Anlage. Via Lido 81, Tel. 091-7851177, www.golfascona.ch.
Markt Wochenmarkt, April bis Okt. Di 9-17 Uhr auf der Piazza Motta.
Segeln Asconautica, unweit hinter dem Parkplatz an der Via Albarelle. Sowohl Kurse als auch Bootsverleih. Tel. 091-7915185, www.asconautica.ch.
Übernachten
Mit über 50 Herbergen hat Ascona wohl die höchste Hoteldichte pro Einwohner am Lago Maggiore. Eine Spitzenposition nimmt der Ort auch mit seinen hohen Zimmerpreisen ein. Camper haben das Nachsehen, die nächsten Plätze finden sich in Losone und Locarno.
**** Castello Seeschloss 15, am östlichen Ende der Seepromenade. Das Schlösschen ist ein Klassiker der unter dem Label „Romantik“ vereinigten Nobelherbergen. Geräumige, stilvolle, sehr komfortable Zimmer, die teuersten und schönsten im Schlossturm mit Seeblick, das oberste ist nur über eine Wendeltreppe (40 Stufen!) zu erreichen. Nach hinten großer Garten mit Swimmingpool. Hoteleigener Parkplatz. DZ ab CHF steil aufwärts. Geöffnet März-Okt. Piazza G. Motta, Tel. 091-7910161, www.castello-seeschloss.ch.
*** Art Hotel Riposo 4, fast an der Seepromenade. Zeitgenössische Kunst als Dekor, Rot und Orange herrschen vor, im Innenhof plätschert ein Brunnen. Der Clou des Hotels ist eindeutig die Dachterrasse mit beheiztem Schwimmbad und Aussicht über die Dächer Asconas, bequeme Liegen erhöhen das Wohlbefinden. Komfortable DZ ab 200 CHF, Frühstückbuffet inklusive. Das Restaurant zeigt eine bemalte Decke und geht in einen Innenhof über, separat davon eine Bar mit intimer Atmosphäre. Am Samstagabend kommt im Art Hotel oft die Kunst zu ihrem Recht: Live-Konzerte, meist Jazz. Ein weiteres Plus des zwar teuren, aber elegant eingerichteten Hauses ist der Fahrradverleih für Gäste (gratis). Geöffnet März-Okt. Scalinata della Ruga 4, Tel. 091-7913164, www.hotelriposo.ch.
Seven 12, die vom Spitzenkoch (mittlerweile Manager) Ivo Adam lancierte Seven Group hat sich 2017 am besten Platz Asconas gleich zwei Hotels (die früheren „Al Porto“ und „Schiff Batello“) einverleibt. Entstanden sind daraus das „Seven Boutique Hotel“, das „Ristorante Asia“ und die „Bar Batello“. Mehrere Gebäude, nach hinten ein Garten und Innenhof. Alles picobello. DZ inkl. Frühstück je nach Saison und Kategorie ab 120 CHF. Fahrradvermietung an Gäste. Piazza G. Motta 21, Tel. 091-7807777, www.seven.ch.
*** New Elvezia 10, an der Seepromenade. Ein Klassiker aus den Frühzeiten des Tourismus und seit über 100 Jahren von derselben Familie geführt. Freundlichkeit wird hier großgeschrieben. Die 2016 sanierten Zimmer sind mit dem nötigen Komfort ausgestattet (z. B. Minibar). DZ 120-190 CHF, inkl. Frühstück, die teureren mit Balkon und Seeblick. Ganzjährig geöffnet. Piazza G. Motta 15, Tel. 091-7911514, www.hotel-newelvezia.ch.
*** Monte Verità 1, renoviertes Hotel im Bauhaus-Stil auf dem Monte Verità, in dem gelegentlich auch Kongresse stattfinden. Die Zimmer sind geräumig und sehr komfortabel eingerichtet, die Bäder genügend groß und elegant. Mit Restaurant und großer Terrasse. Der Betrieb macht natürlich Reklame mit der Geschichte der Utopien, die im frühen 20. Jh. auf dem Monte Verità ausgebrütet wurden, hat sonst aber wenig mit diesen gemein. Ruhe hingegen ist auch heute noch garantiert. Gelegentlich werden auf dem Monte Verità auch Zimmer in anderen Häusern vermietet. DZ ab 200 CHF. Geöffnet März-Okt. Via Collina 84, Tel. 091-7854040, www.monteverita.org.
Übernachten
1 Monte Verità 2 Arcadia 4 Art Hotel Riposo 9 New Elvezia 11 Schiff Batello 12 Al Porto 15 Castello Seeschloss 16 Degli Angioli
Essen & Trinken
3 Beach Lounge 5 Cortile 6 Della Carrà 7 Antico Ristorante Borromeo 8 7 10 Grotto Baldoria 13 Al Pontile 14 Nostrana
** Arcadia 2, in ruhiger Lage, eine knappe Viertelstunde zu Fuß ins Zentrum. Sehr freundlicher Empfang. Gepflegte Zimmer und ein schönes Restaurant im arkadengesäumten Innenhof. DZ 130-200 CHF. Hoteleigene Parkplätze (gratis). Geöffnet April bis Mitte Okt. Via Patrizia 47, Tel. 091-7911015, www.arcadia.li.
Degli Angioli 16, fast an der Seepromenade. In erster Linie ein Restaurant, der Wirt vermietet aber auch sieben gepflegte Zimmer, eher rustikal, teils mit Balkon. DZ 160-260 CHF inkl. Frühstück. März geschlossen. Via Albarelle 3, Tel. 091-7912518, www.angioli.ch.
B & B Annie’s 8, die günstige Variante in ruhiger Lage im Ortskern. Drei renovierte Zimmer in der 2. Etage, Du/WC auf Etage. DZ inkl. Frühstücksbuffet auf der Veranda 70-110 CHF. Piazzetta San Pietro 3, Tel. 091-7914282 und 079-7596743, www.annies-ascona.ch.
Essen & Trinken/NachtlebenKarte
Antico Ristorante Borromeo 7, hausgemachte Pasta und hervorragende italienische und Tessiner Küche im stilgerechten Interieur eines herrschaftlichen Altstadthauses oder auf der gepflegten Gartenterrasse nach hinten. Gehobene Preise, dezente Atmosphäre. Mo Ruhetag. Via Collegio 16, Tel. 091-7919281.
Al Pontile 13, professionell gemanagtes Feinschmeckerrestaurant in bester Lage an der Seepromenade, im selben Besitz wie die Hotels „Al Faro“ und „Piazza au Lac“. Von der Gänseleber bis zum Châteaubriand werden keine Wünsche offengelassen. Piazza G. Motta 31, Tel. 091-7914604.
Seven 9, Ivo Adam ist in Ascona wohl der rührigste Gastronomie-Unternehmer, der Name bürgt sowohl für Tradition wie auch für Innovation. Von seinen Lokalen ist das 2007 gegründete Seven immer noch die Vorzeigeadresse: schickes Design, hervorragende Küche, stolze Preise. Außerhalb der Saison Mo/Di geschlossen. Via Moscia 2, Tel. 091-7807788.
Della Carrà 6, drinnen sitzt man angenehm, noch angenehmer im schönen Innenhof. Serviert werden hausgemachte Pasta und Fleischgerichte, aber auch marktfrische Fische aus dem Lago. Die Scampi hingegen kommen aus Südafrika. So geschlossen, ebenso den ganzen Januar. Via Carrà dei Nasi 10, Tel. 091-7914452.
Nostrana 14, Tessiner Küche an der Seepromenade. Pasta und Polenta, Risotto und Holzofen-Pizze. Letztere sind etwas teurer als anderswo, aber nach Auskunft der Einheimischen die besten weit und breit. Das kann stimmen, das Lokal ist stets gut besucht. Piazza G. Motta, Tel. 091-7915158.
Mein Tipp Grotto Baldoria 11, der Garten mitten im alten Dorfkern mit seinen Holztischen und Holzbänken ist die unprätentiöse, preiswerte Alternative zu Asconas schicken Lokalen. Keine Karte, keine Qual der Wahl. Erst kommt die Salami mit Holzbrett und Messer auf den Tisch, dann wird gegessen, was der Koch an diesem Tag gezaubert hat, mit der Käseplatte geht’s weiter oder mit Kuchen, zum Abschluss Kaffee und Grappa, wahlweise auch Amaro oder Limoncello. Das Lokal ist stets gut besucht. Via S. Ombone, Tel. 091-7913298.
Cortile 5, Pizzeria mit überdachtem Hof, am unteren Eingang des „Della Carrà“ (s. o.). Populär und unprätentiös, notfalls sorgen Heizpilze dafür, dass der Gast nicht friert. Die rotweißen Tischtücher wirken eher schweizerisch-bieder. Beliebt für seine über der Holzkohle gebackenen Pizze, großes Salatangebot. Galleria della Carrà, Tel. 079-2452433.
Beach Lounge 3, direkt am Lido, vom See nur durch einen Grünzaun getrennt. In erster Linie die Adresse für den Aperitif oder Drink, der Barmixer kommt mit seiner Arbeit kaum nach. Auf der riesigen Terrasse werden aber auch vorzügliche Gerichte serviert, die Preise sind gehoben. Wenn es im Zentrum von Ascona ruhig wird, geht’s hier oft erst richtig los. Harte Disco-Klänge bis 1 Uhr, Sa bis 2 Uhr früh. Im Winter Mo geschlossen. Via Lido 82, Tel. 091-7914060.
Monte Verità
Der berühmte Berg von Ascona ist eher ein Hügel, der zu einem Spaziergang einlädt. Eine gehörige Portion Fantasie nimmt man am besten gleich mit, denn von der Goldenen Zeit des Monte Verità ist heute nur noch wenig auszumachen. Doch sei der Spaziergang empfohlen, der am besten mit dem Besuch der wirklich spektakulären Ausstellung in der Casa Anatta beginnt.
Viel Licht, viel Luft - das Russenhaus
Der Monte Verità, 1900-1920 ein Zentrum für neue Lebensentwürfe (→ Kastentext „Auf der Suche nach einer besseren Welt“) wurde 1926 vom Privatbankier Eduard von Heydt aufgekauft, der hier nicht nur seine umfangreiche Kunstsammlung unterbrachte, sondern mit einem großen Hotel im Bauhaus-Stil auch die touristische Moderne auf dem Monte Verità einläutete. Als der Bankier 1964 starb, fiel das Gelände testamentarisch an den Kanton Tessin. Heute unterhält die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich das Seminar- und Kongresszentrum „Stefano Franscini“ auf dem Berg.
Bei der Orientierung auf dem Gelände hilft eine Tafel unterhalb des Kongresshotels, auf der die diversen Bauten verzeichnet sind, im weiteren Verlauf unterstützen immerhin ein paar Wegweiser den Spaziergänger.
Casa Anatta: Das Holzhaus mit dem Flachdach, nach dem Kongresshotel das größte Gebäude auf dem Gelände, gehört zu den ältesten auf dem Monte, seine Bewohner waren Henri Oedenkoven und Ida Hofmann, die Gründer der Kolonie. Seit 2017 ist hier die vielgelobte, von Harald Szeemann 1978 erarbeitete Ausstellung „Die Brüste der Wahrheit“ wieder zu sehen, nachdem sie zwischenzeitlich auf Europareise (Berlin, Zürich, Wien, München) war. Der berühmte Kurator starb 2005, der Wiederaufbau richtete sich streng nach seinen Intentionen. Neu sind einzig die vier Räume, in denen mit Videodokumentationen Szeemanns Arbeitsweise erläutert wird. Sie bilden eine ideale Einführung in die Ausstellung, die heute im Zentrum des des Monte Verità steht.
Japanischer Teegarten
Szeemann nähert sich den Utopisten der Freiluftkolonie aus verschiedenen Perspektiven: die Betonung der Gemeinschaft des Tanzes (Charlotte Bara, Rudolf von Laban), anarchistische Ideen (Erich Mühsam, Pjotr Kropotkin), literarische Inspirationen (Hermann Hesse), die Rolle von Natur und Nudismus, Aspekte der gesunden Ernährung, Meditation (im Foto einer grasgrünen Gottesanbeterin blitzt der Schalk im Kurator auf), Spiritualismus und Esoterik. Szeemann zieht Querverbindungen zur berühmten „Enzyklopädie im Wald“ des Text-Künstlers Armand Schulthess aus dem nahen Onsernone sowie zur legendären Baronesse de Saint-Léger, der zeitweiligen Besitzerin der Brissago-Inseln, die mit dem „Paradiso su Terra“ den Reigen abschließt.
Man muss sich Zeit nehmen für diese materialsatte Dokumentation und Interpretation, umfassender und geistreicher wurde das Phänomen Monte Verità noch nie vorgestellt. „Die Brüste der Wahrheit“ ist oder sind Ausstellungskunst vom Besten.
♦ April-Okt. Mi-Sa 14-18 Uhr, So 10-13 und 14-18 Uhr. Eintritt 12 €.
Casa dei Russi (Russenhaus): Ein kleiner, luftiger Holz-Glas-Bau im dichten Wäldchen, der seinen Namen wohl den zahlreichen russischen Besuchern verdankt. Es ist das am besten erhaltene Exemplar der so genannten Licht-Luft-Bauten, architektonischer Ausdruck des Lebensgefühls in der einstigen Bohème-Kolonie auf dem „Berg der Wahrheit“.
Teehaus: Die einstige „Casa Loreley“ mutierte zu einem japanischen Teehaus mit Labor und Dokumentation über die Teeblätterverarbeitung. Man kann das als Hommage an die Gründer des Monte Verità und deren Gesundheitsphilosophie interpretieren. Die Teilnahme an der wöchentlichen, eineinhalbstündigen „Teezeremonie“ mit fachlicher Einführung in die japanische Teekultur ernüchtert dann mit happigen Eintrittspreisen. Gratis hingegen ist der Besuch des Teegartens mit seinem japanischen Pavillon, gleich neben dem Teehaus.
Casa Selma: Das „Haus der Vegetarier“ ist eine kleine Holzhütte mit zweieinhalb Räumen und Waschbecken demonstriert, wie bescheiden die ersten Siedler auf dem „Berg der Wahrheit“ lebten. Eine Mini-Diashow dokumentiert die vergangenen Zeiten.
♦ April-Okt. tägl. 9-19 Uhr. Eintritt frei.
Auf der Suche nach einer besseren Welt
So wurde ich zu den Rohköstlern gesteckt und mir eine „Lufthütte“ als Behausung zugewiesen. Von früh bis spät kaute ich nun Äpfel, Pflaumen, Bananen, Feigen, Wal-, Erd- und Kokosnüsse - es war schauderhaft, und ich fühlte meine Kräfte schwinden. [...] Da ging ich ins Dorf hinunter, setzte mich in eine solide Osteria, ließ mir ein Beefsteak geben, trank einen halben Liter Wein dazu und rauchte danach eine große, dicke Zigarre. Nie hat mir eine Mahlzeit so geschmeckt, nie mich eine so gekräftigt und dem Leben gewonnen.
So bilanzierte der deutsche Publizist und Anarchist Erich Mühsam seinen Aufenthalt auf dem „Berg der Wahrheit“, den er 1904 aufsuchte. Bei den Gründern der legendären Lebensgemeinschaft auf dem Asconeser Berg wurde gesunde Ernährung tatsächlich großgeschrieben. Henri Oedenkoven, Spross eines Großindustriellen aus Antwerpen, und Ida Hofmann, eine Münchener Pianistin, erwarben 1900 den Monte Monescia von Ascona, tauften ihn kurzentschlossen in „Monte Verità“ um und gründeten mit einer Handvoll Gleich- oder Ähnlichgesinnter eine „vegetabile Cooperative“. Das reformerische Projekt wurde schnell bekannt, und bald trafen Künstler und Intellektuelle oder einfach Individualisten, die ihre bürgerliche Existenz gegen eine libertäre Bohème eintauschen wollten, in Ascona ein, um mit Zurück-zur-Natur und anderen neuen Lebensformen zu experimentieren. Freikörperkultur und Ausdruckstanz standen hoch im Kurs, manche plädierten für sexuelle Freiheit, andere versanken in spirituellem Gedankengut, und gesundes Wohnen praktizierte man am besten in sogenannten Licht-Luft-Hütten. Weltverbesserer aller Schattierungen fanden sich auf dem Monte Verità ein. Die Idee von einem radikal anderen Leben war umso attraktiver, als Europa auf einen Krieg zusteuerte. Während man in Berlin die Kriegstrompete blies, lauschte die Bohème von Ascona den Klängen der Friedensschalmei.
Die Liste illustrer Zeitgenossen, die den Monte Verità für einen kürzeren oder längeren Aufenthalt aufsuchten, ist lang. Schriftsteller wie Gerhart Hauptmann, Klabund, Else Lasker-Schüler, Friedrich Glauser und allen voran Hermann Hesse, der das Leben auf dem Berg direkt in seine Erzählung „Demian“ einfließen ließ, waren Gäste, auch Maler wie Hans Arp, Sophie Täuber, Paul Klee und Marianne von Werefkin sowie Ausdruckstänzerinnen wie Isidora Duncan und Mary Wigman. Zu den Politikern zählten Lenin, Trotzki, Stresemann, Chamberlain und Konrad Adenauer, zu den Blaublütigen der belgische König Leopold. Der Psychoanalytiker C. G. Jung besuchte den Berg, der Soziologe Max Weber, der Philosoph Ernst Bloch ... alle im Zeitraum von 20 Jahren.
Das so viel Aufsehen erregende Projekt ging nach dem Ersten Weltkrieg zu Ende. Bereits 1917 - der oben zitierte Erich Mühsam hätte sich gefreut - wurde wieder Fleisch gegessen. Mit der wirtschaftlichen Rentabilität der Naturheilanstalt stand es nicht zum Besten, und schließlich verließ das Gründerpaar 1920 den Berg, um in Brasilien eine neue vegetarische Kolonie zu gründen.
Piscina: Im Schwimmbad, einst Juwel des Heydt’schen Hotelkomplexes, finden heute kulturelle Veranstaltungen statt - eine wunderbare Open-air-Bühne.
Elisarion „Chiaro nel Mondo dei Beati“: Seinen Namen verdankt der Bau Elisàr von Kupffer, einem deutschstämmigen Esten, dessen Wirken in die Zeit der ersten Siedler auf dem Monte Verità fiel. Er begründete den Klarismus, eine spirituelle Bewegung, die sich mit der Weltanschauung seines Zeitgenossen Rudolf Steiner vergleichen lässt. Daneben betätigte sich „Elisarion“, wie sich der umtriebige Mann nannte, auch als Dichter und Maler. In den 1920er Jahren zog er ins nahe Minusio, wo er für sein Rundgemälde „Chiaro nel Mondo dei Beati“ (Licht in der Welt der Seligen) ein eigenes Sanktuarium bauen ließ.
Der ruinöse Pavillon auf dem Monte Verità stammt aus dem Jahr 1987 und wurde eigens für eine Ausstellung von Elisarions Rundgemälde konzipiert. Ausstellungsmacher Harald Szeemann wollte damit die ideologische Verwandtschaft der utopistischen Kolonie mit dem Ideengut der Klaristen unterstreichen. Nach Jahren der Restaurierung soll das Elisarion 2020 wiedereröffnet werden.
Torre dell’Utopia: Wer der Beschilderung zum „Turm der Utopie“ folgt, findet am Ende des Wegs einen kleinen, aus grobem Stein gemauerten Rundturm, gekrönt von einem trafoähnlichen Häuschen mit Antenne. Bei der granitenen Wendeltreppe fehlen die untersten Stufen - kein Zutritt zu den utopischen Gefilden.
Losone
Das Dorf im Schatten Asconas wirkt auf den ersten Blick etwas zersiedelt: Losone ist gewachsen, und mittlerweile zählt man hier mehr Einwohner als im berühmten Nachbarort. Ein Dorfzentrum ist nicht auszumachen, weil Losone gleich drei Ortskerne besitzt.
Die drei Ortsteile San Lorenzo, San Rocco und San Giorgio (dieser mit einem kompakten Ortskern), jede mit eigener Pfarrkirche, sind längst zusammengewachsen.
Nicht zuletzt auch dazu beigetragen hat die touristische Entwicklung. Losone selbst ist zwar keine Destination des Fremdenverkehrs, aber der Quadratmeter ist hier billiger als in Ascona, man ist schnell in Locarno, im Hinterland lockt das Centovalli, und am Ortsrand findet man ein paar einladende Grotti.
Sehenswertes
Chiesa San Giorgio: Die Kirche des Ortsteils San Giorgio liegt am talseitigen Rand von Losone und zeigt eine rot-weiße Fassade. Im Inneren fällt erst der kühle Granitboden auf. Hinter dem Chor stößt man dann auf einen tiefer liegenden Chor mit noch gut erhaltenen Fresken. Es sind Relikte einer Vorgängerkirche, deren Fundamente man links des Altars unter den Glasplatten entdecken kann. Doch spiegelt das Glas dermaßen, dass man - wie der berühmte Narziss von Caravaggio - erst einmal sich selber sieht.
Chiesa San Rocco: Die kleine Kirche im Ortsteil San Rocco stammt aus dem 16. Jahrhundert, der dreibogige Portikus kam im 17. Jahrhundert dazu. Sie ist Rochus, dem Schutzheiligen gegen die Pest und andere Seuchen, gewidmet. Rochus soll in den Pestjahren 1576-1578 seine Hand über Losone gehalten haben. Heute gilt die Pest - wenigstens in Europa - als ausgestorben, und die Chiesa San Rocco wird für Gottesdienste nicht mehr genutzt.
Chiesa San Lorenzo: Die Kirche des Ortsteils San Lorenzo wurde mehrmals erweitert und im 18. Jahrhundert barock umgestaltet. Aus dieser Zeit datiert auch der auffällige Kreuzweg des Kirchenvorplatzes. Bei dessen Konzeption wurde das bereits bestehende Beinhaus kurzerhand als Station 3 in die Passionsgeschichte integriert.
Praktische Infos
PLZ 6616
Hin & weg Bus, problemlos mit FART-Bus Nr. 7 nach Locarno, stündlich mit FART Nr. 314 ebenfalls nach Locarno und in die andere Richtung nach Ronco sopra Ascona. Abfahrt bei der Post (gegenüber der Kirche San Lorenzo).
Übernachten San Giorgio, im Ortsteil San Giorgio. Bekannt ist das Haus vor allem für sein Restaurant (s. u.), verfügt aber auch über mehrere Zimmer. Ganzjährig geöffnet. Renovierte DZ mit Du/WC 150 CHF. Vicolo Bruglio 3, Tel. 091-7914800, www. san-giorgio-losone.ch.
Camping **** Melezza, auf halbem Weg nach Intragna, hinter der Industriezone „Zandone“. Von Locarno aus mit FART-Bus Nr. 7 erreichbar (Endstation Zandone). Ruhige Lage an der Melezza, die hier einige Flussbecken bildet. Ausreichend Schattenplätze oder man mietet sich einen der leicht futuristisch anmutenden halbrunden Mini-Bungalows aus Holz. Über 200 Stellplätze, Swimmingpool, Snackbar und gepflegte sanitäre Anlagen. Geöffnet April-Okt. Via Arbigo 88, Tel. 091-7916563, www.camping-melezza.com.
Riposo, einfaches, kleines Wiesengelände mit wenigen Schattenplätzen gegenüber den Kasernen am Ortsrand Richtung Intragna. Von Locarno aus mit FART-Bus Nr. 7 erreichbar (Haltestelle Caserma). 50 Stellplätze. Nur für Zelte, nicht für Wohnmobile. Sanitäre Anlagen okay, einladende Osteria mit Terrasse. Geöffnet April-Okt. Via Arbigo 19, Tel. 091-7921204, www.campingriposo.ch.
Essen & Trinken Dell’Enoteca, im Zentrum des Ortsteils San Giorgio. Das von Deutschschweizern bzw. Deutschen geführte Feinschmeckerlokal wird regelmäßig von Gault Millau ausgezeichnet. Hervorragend und teuer. So/Mo geschlossen. Contrada Maggiore 24, Tel. 091-7917817.
Bio/Regional Grottino Ticinese, bei der Kirche San Lorenzo. Das 2009 von Sandra und Claudio Zanoli, einem ebenso sympathischen wie dynamischen Paar, übernommene Grotto hat sich schnell zum Renner entwickelt. Wurst und Käse stammen selbstverständlich aus der Region, das Brot dazu kommt aus dem Maggiatal, die Nachspeisen sind hausgemacht. Ob Steinpilzrisotto oder Polenta mit Linsen und Luganeghe - das Grotto ist eine großartige Aufwertung der Tessiner Küche. Die Speisekarte ist im Tessiner Dialekt (mit deutscher Übersetzung) geschrieben. Mi geschlossen. Via S. Materno 10, Tel. 091-7913230.
San Giorgio, im gleichnamigen Hotel (s. o.). Wunderschönes Tessiner Haus mit großer, überdachter Terrasse, die an eine kleine Markthalle denken lässt. Regionale Küche zu vernünftigen Preisen. Gegrilltes vom Speckstein. Mo Ruhetag. Vicolo Bruglio 3, Tel. 091-7911525.
Grotto Raffael, am Rand des Ortsteils San Giorgio. Schattige Terrasse mit ein paar Steintischen sowie Holztische und -bänke, wo sich die Einheimischen treffen. Die in den Felsen gebaute Grotto-Küche präsentiert Grotto-Klassiker wie Risotto ai funghi und Polenta. Mit Kinderspielplatz. Mo Ruhetag. Vicolo Canaa, Tel. 091-7911529.
Coyote Pub, in San Rocco. Das frühere „Pub 93“ hat 2019 die Einrichtung aufgepeppt (modern style, geblieben ist der Kicker) und seinen Namen geändert. Aber weiterhin gilt: Die große Terrasse ist der ideale Platz, nicht nur für den ersten Kaffe (Mo-Fr ab 6 Uhr früh) oder für die schnelle Verköstigung mit Panini und Salat untertags, sondern vor allem für den abendlichen Apéro. Riesiges Cocktail-Angebot. Geöffnet bis 1 Uhr nachts (Fr/Sa bis 2 Uhr), stets gut besucht. Via Municipio 2A.
La Fabbrica, in San Rocco, an der Durchgangsstraße Richtung Locarno. Die „Fabrik“, eine ehemalige Möbelfabrik, beherbergt vieles: Musikschule, Tanzakademie, Bäckerei, Architektenstudio, Schreinerei, Kunstforum und eine Osteria. Letztere ist eher eine Birreria, wo man neben einer Palette englischer Biere auch Erdinger und Schneider Weizen bekommt. Im Sommer ist wenig los, auf Touristen ist man nicht eingestellt, da geht das Team lieber selber in die Ferien, mit Locarno und Ascone kann man ohnehin nicht konkurrieren. Anders sieht es von September bis Mai aus. Dann finden im großen Raum oft Konzerte statt, und Losones Jugend strömt herbei. Geöffnet Di-Sa, ab 17 Uhr. Via Locarno 43, Tel. 076-2494456.
Ronco sopra Ascona
Der Blick vom Garten hinter der Kirche auf den See hinunter ist einmalig, die Brissago-Inseln sind zum Greifen nah. Das Dörfchen, rund 150 m über dem Lago Maggiore gelegen, hat sich zu einer Topadresse gemausert.
Im Zentrum von Ronco: das Geburtshaus von Antonio Ciseri
Der Tourismus hat den Dorfcharakter etwas verändert. Im historischen Ortszentrum mit seinen engen Gassen haben sich manche Deutsche und Deutschschweizer eine Zweitwohnung eingerichtet. Und wer sich eine Ferienwohnung in Ronco leisten kann, leistet sich auch ein Auto, um dahin zu kommen. Folge: chronische Parkplatznot.
Sehenswertes
Chiesa San Martino: Die Dorfkirche zeigt ein Altarbild des Kirchenpatrons von Antonio Ciseri, dessen Geburtshaus gleich gegenüber der Kirche steht (siehe unten). Die Fresken hinter dem Taufbecken wiederum stammen von Richard Seewald (1889-1976). Der deutsche Maler und Illustrator verließ angesichts der zunehmend repressiven deutschen Kulturpolitik seine Heimat, kam 1931 nach Ronco und kehrte erst in den 1950er Jahren nach Deutschland zurück.
Casa Ciseri: Der im Haus geborene Antonio Ciseri (1821-1891) wanderte schon in jungen Jahren mit seinen Eltern nach Florenz aus und brachte es dort zu Erfolg - so sehr, dass er, konfrontiert mit den hohen eidgenössischen Steuerforderungen, die italienische Staatsbürgerschaft beantragte. Heute gehen Gutverdienende eher den umgekehrten Weg und flüchten sich unter die Schweizer Steuerhoheit.
Der kleine Palazzo mit Innenhof ist heute Sitz einer Kulturvereinigung, die gelegentlich Ausstellungen zeigt. Sollte er geöffnet sein (Mo-Fr 10-12 Uhr), lohnt der Besuch auch wegen der beiden Räume direkt hinter dem Eingang, die Kassettendecken dort wurden von zwei Brüdern Ciseris bemalt.
Sehenswertes in der Umgebung
Fontana Martina: Der Weiler, 2 km südwestlich von Ronco (Abzweig von der Straße nach Porto Ronco, am unteren Dorfausgang) machte in den 1920er Jahren kurzfristig Geschichte, als Fritz Jordi, ein Berner Buchdrucker, die damalige Ruinensiedlung für 18.000 Franken aufkaufte. Jordi machte sich mit Freunden daran, Fontana Martina wieder bewohnbar zu machen. Eine Zeitlang bestand hier im Ansatz eine Künstlerkolonie, der Maler und Grafiker Heinrich Vogeler engagierte sich ebenso wie der für seine Linolschnitte berühmte Clément Moreau, beide wie Jordi dem kommunistischen Gedankengut verpflichtet. 1932 wurde die Zeitschrift „Fontana Martina“ herausgegeben, die im folgenden Jahr jedoch schon eingestellt wurde. Heute präsentiert sich der Weiler als schmuckes Borgo, bewohnt von eher betuchten Leuten - der Berner Buchdrucker würde darüber staunen, was aus seiner Initiative geworden ist.
Porto Ronco: Für die meisten Touristen ist Porto Ronco kaum mehr als ein kleiner Hafen für die kürzeste Schiffsverbindung zu den Brissago-Inseln.
Unterhalb der Kirche von Ronco sopra Ascona führt von der Umgehungsstraße eine schier endlose Treppe, vorbei an Villen und Gärten, hinunter zum See. Hier liegt in traumhafter Lage die Casa Monte Tabor, die der vor den Nazis geflohene Erich Maria Remarque bis zu seinem Tode 1970 bewohnte. Der mit seinem Roman „Im Westen nichts Neues“ weltberühmt und reich gewordene Schriftsteller hat den Ruf Roncos als „Künstlerdorf“ endgültig gefestigt. Seit dem Tod der Witwe Remarques 1990, der in erster Ehe mit Charlie Chaplin verheirateten Schauspielerin Paulette Godard, wechselte die Villa mehrmals den Besitzer. Derzeit ist sie für 6,25 Millionen Franken zum Verkauf ausgeschrieben. So viel konnte die Gemeinde, die das Vorkaufsrecht hatte, nicht aufbringen und schon gar nicht der Verein, der sich zum Ziel setzte, die Villa zu einem lebendigen Kulturhaus und Begegnungszentrum zu machen. Ein neuer Besitzer könnte die Villa einfach abreißen, wird befürchtet.
Monti di Ronco: Die Siedlungen in den Bergen über Ronco - erreichbar über die Straße nach Arcegno, dann im Ortsteil Gruppaldo scharf links abzweigen - werden ganz einfach als „Monti di Ronco“ (Berge von Ronco) zusammengefasst. Bei sportlichen Mountainbikern ist die Gegend beliebt, Wanderer finden nach einem ziemlich mühsamen Aufstieg oben zahlreiche Möglichkeiten. Als Ganztagswanderung bietet sich eine Höhentour zum Bergdorf Rasa an, von dort führt eine Seilbahn auf die andere Talseite hinunter zum Bahnhof von Verdasio im Centovalli.
Praktische Infos
Hin & weg Bus, mehrmals tägl. mit FART-Bus Nr. 314 über Arcegno und Losone nach Locarno sowie mit dem Lokalbus Nr. 8 nach Porto Ronco und weiter nach Brissago.
Bio/Regional Ziegenkäserei Lorini, in den Monti di Calzo. Giocondo Lorini besuchte 1967 den allerersten Schweizer Ziegenkäsekurs und übernahm 1971 den elterlichen Bergbetrieb, der heute rund 80 Ziegen zählt. Seit seinem Tod 2017 führt Alessandra Lorini den Betrieb, von einem Arbeiter unterstützt, weiter. Die Lage ist paradiesisch (Blick auf den See), und der Käse, der vor Ort in verschiedenen Reifestadien verkauft wird, sucht seinesgleichen. Anfahrt: Von Gruppaldo 3,7 km die Bergstraße hoch, dann findet man rechts im Wald einen größeren Parkplatz; von dort sind es noch 5 Min. zu Fuß, ein Ziegenkopf weist den Weg. An einem Rehgehege vorbei gelangt man zur Ziegenkäserei am Ende des Weilers Calzo.
Übernachten *** Ronco, beim zentralen Parkplatz. Sehr schöne Bleibe in einem früheren Kloster aus dem 18. Jh. Das Haus wird mit den Geschwistern Guido und Nadia Casparais in der vierten Generation von derselben Familie geführt. Die schönsten Zimmer haben einen Balkon mit Seeblick. Sonst begnügt man sich mit dem Blick auf den Lago beim Abendessen im Panoramarestaurant. In der Vor- und Nachsaison ist die Küche allerdings nur Do-Sa geöffnet. Swimmingpool. DZ ab 200 CHF je nach Saison und Zimmerlage, inkl. Frühstücksbuffet. Geöffnet März-Okt. Piazza della Madonna 1, 6622 Ronco s/Ascona, Tel. 091-7915265, www.hotel-ronco.ch.
Chillen in bester Lage
Elisabetta, über dem Dorf an der Straße nach Arcegno gelegen, nach dem Friedhof an der rechten Straßenseite. Relativ einfache Zimmer, aber in schöner Lage. Terrassenrestaurant und Garten mit Swimmingpool und Seeblick. DZ ab 160 CHF, inkl. Frühstück. In der Regel wird ein Mindestaufenthalt von 2 Tagen verlangt. Geöffnet März-Nov. Via Livurcio 50, 6622 Ronco s/Ascona, Tel. 091-7919396, www.pensione-elisabetta.com.
Essen & Trinken Del Centro, an der Durchfahrtsstraße, oberhalb des zentralen Parkplatzes. Sehr populär, angenehmer, schattiger Garten (ohne Seeblick). Durchschnittsqualität zu Durchschnittspreisen, auch Pasta und Pizza. Via Livurcio 4, Tel. 091-7857568.
Grotto Lauro, außerhalb, im Nachbarort Arcegno, dort praktisch im Ortszentrum. Größeres Grotto mit schönem Garten, in dem es recht lebendig zugeht. Ado Siegel ist Koch, Maler und exprimentierfreudig: Tessiner und italienische Küche. Mo Ruhetag, im Winter auch Di. Via Ceu 3, 6618 Arcegno, Tel. 091-7914296.
Grotto La Risata, ebenfalls im Nachbarort Arcegno, am Ortsausgang Richtung Losone. Klein, aber in traumhaft schattiger Lage am Zusammenfluss zweier Bäche. Polenta, Risotto oder frische Forellen. Außerhalb der Saison Mo geschlossen. 6618 Arcegno, Tel. 079-6853666.
Mein Tipp Crodolo Palm & Beach, am Seeufer zwischen Porto Ronco und Brissago mit Blick auf die Brissago-Inseln. Hübsch gelegene Lounge mit kleiner Badewiese, Chaiselongues und Kinderspielplatz. Das Baden ist zwar offiziell verboten - angeblich wegen des nahen Elektrizitätswerks -, doch wird das Verbot nicht weiter beachtet. Drinks und kleine Speisekarte, manchmal abends Live-Musik (Jazz, Rock). Ein wunderbares Plätzchen! Geöffnet Mai bis Mitte Sept.. Via Cantonale 61, 6613 Porto Ronco, Tel. 091-7918405.
Grotto da Peo, hoch oben in den Bergen, seit 2014 von Peos Tochter Elisabetta geführt. Gegessen wird an Holztischen im gemütlichen Gewölbe oder im Garten mit Blick auf den See, das Maggiadelta und die Brissago-Inseln. Die hausgemachten Ravioli und Gnocchi schmecken ebenso wie die deftigen Fleischgerichte, die mit Kräutern aus dem eigenen Garten gewürzt sind. Geöffnet März -Okt., Do Ruhetag. Anfahrt: Auf fast 1000 m Höhe, von Gruppaldo 4,7 km die Bergstraße hochfahren, beim Schild „Da Peo“ die Treppe hochgehen. Falls die paar Parkplätze an der Straße besetzt sind, 200 m weiterfahren: In der Kurve hinter dem „Grotto La Ginestra“ gibt es mehrere Parkplätze. Monti di Ronco, Tel. 091-7917000.
Isole di Brissago
Vom Standpunkt des Botanikers aus gesehen sind die Brissago-Inseln vermutlich ein botanischer Park wie andere auch. Das Besondere ist ihre Lage. Obendrein hat der Garten eine besondere Geschichte, deren steinernes Überbleibsel der neoklassizistische Palazzo mit seinem Bootshaus ist.
Botanischer Garten im See
Die Brissago-Inseln setzen sich aus zwei Inseln zusammen: San Pancrazio, die Hauptinsel mit dem botanischen Garten, wo das Schiff anlegt, und Sant’ Apollinare, eine kleine, unzugängliche Insel, auf der die Natur sich selbst überlassen bleibt.
Die rund 1700 vertretenen Pflanzenarten des botanischen Gartens sind geografisch gruppiert, der Spaziergang ist ein Streifzug durch Kontinente und Länder, Wegweiser helfen bei der Orientierung, und ein Begleitblatt verrät die Blütezeiten einiger Pflanzen: in Australien die Kängurublume (Juni), in Kalifornien der Flanellstrauch (August), in Südafrika der goldene Zuckerbusch (Oktober). Und irgendwann kommt man beim „römischen Bad“ vorbei, wo die Heilpflanzen versammelt sind und man einen Blick bis Ascona hat. Nicht zu übersehen ist der neoklassizistische Palazzo, zu Zeiten seines Erbauers eine eher frivole Örtlichkeit (→ Kastentext „Als man Inseln noch kaufen konnte“), heute Café und Kongresszentrum.
♦ Überfahrt: Mehrmals tägl. 9-18 Uhr von Ascona, Porto Ronco und Brissago aus. Am kürzesten (1 km, 4 Min.) ist die Fahrt von Porto Roncohin/zurück 10 CHF, 6-16 J. 5 CHF. Geöffnet von der ersten Schiffsankunft bis zur letzten Schiffsabfahrt. Eintritt 8 CHF, 6-16 J. 2,50 CHF.
Als man Inseln noch kaufen konnte
Die Geschichte des Botanischen Gartens Brissago führt in eine Zeit zurück, in der man noch Inseln kaufen konnte, ohne ans Ende der Welt fahren zu müssen. Im Jahr 1885 erwarb Antoinette de Saint-Léger, eine begnadete Pianistin und zeitweise Liszt-Schülerin, die beiden verwilderten Inseln San Pancrazio und Sant’Apollinare und benannte sie sich selbst zu Ehren in „Isole Saint Léger“ um. Die Dame unsicherer väterlicherer Abkunft (Gerüchte sprechen von einer unehelichen Tochter des russischen Zaren Alexander II., der sich mit 13 beglaubigten Nachkommen zumindest als zeugungsfähig auswies) hatte sich zuvor in dritter Ehe den Adelstitel einer Baronin erheiratet. Der Gemahl, ein irischer Offizier namens Richard Fleming, durfte sich nicht nur Baron von Saint-Léger nennen, er war nebenbei auch steinreich und verstand einiges von der Pflanzenwelt. So konnte sich Antoinette ihre Träume vom Paradies auf Erden erfüllen. Viel guter Mist als Dünger und Samen aus aller Welt wurden auf die Insel geschafft: Der Grundstein für den heutigen botanischen Garten war gelegt.
Über zehn Jahre lang ging alles gut, man hielt ausgiebig Hof, illustre und weniger illustre Lebemänner aller Couleur stellten sich ein, die schöne Baronin zeigte sich von ihrer besten Seite, doch leider auch mit einem fatalen Hang zu finanziellen Spekulationen. Ob aufgrund ihrer Fehlinvestitionen in die transkaukasische Eisenbahn oder wegen ihrer erotischen Eskapaden, ist heute nicht mehr auszumachen. Jedenfalls verließ der reiche Fleming 1897 das Paradies und ließ Baronin Antoinette auf der Insel sitzen. Die machte erst einmal weiter mit dem fröhlichen Leben, empfing mit Vorliebe Künstler - der Maler Segantini schaute vorbei, James Joyce und auch Rilke - und spekulierte daneben munter weiter. Doch 1927 war ausgezockt, und Antoinette musste die Inseln verkaufen. Sie zog nach Ascona und schließlich nach Intragna, wo sie 1948 im begnadeten Alter von 92 Jahren als Sozialhilfeempfängerin in einem Altersheim starb.
Der Käufer und neue Besitzer der Isole di Brissago, Max Emden, hatte seine Millionen mit Warenhäusern gemacht, war am Berliner KaDeWe beteiligt, an Karstadt und anderen mehr. Emden war durchaus an der Parkanlage interessiert, er baute sie sogar wesentlich aus. Ansonsten sind von ihm zwei Vorlieben bekannt, eine für Kunst und eine für schöne Mädchen. Wenn man der Malerin Marianne von Werefkin Glauben schenken darf, so kaufte er zwar viel Kunst auf, aber ohne etwas davon zu verstehen. Und was die schönen Mädchen betrifft, so vergnügte der Millionär sich angeblich damit, ihnen zuzusehen, wenn sie nackt in seinen Swimmingpool sprangen, um nach Goldstücken zu suchen, die er zuvor hineingeworfen hatte. Schließlich aber geriet auch der frivole Lebemann, der auf der Insel den noch heute stehenden neoklassizistischen Palazzo errichten ließ, in Not. Er war jüdischer Herkunft, sein Vermögen in Deutschland wurde beschlagnahmt. Schon hatte er begonnen, seine noch rechtzeitig in die Schweiz geschafften oder vor Ort erworbenen Kunstwerke zu verkaufen, als er 1940 plötzlich starb.
Der Erbe, Emdens einziger Sohn, hatte sich vor den Nazis nach Chile abgesetzt und zeigte keinerlei Interesse an den Inseln. Schließlich verkaufte er sie 1949 an eine Interessengemeinschaft aus Kanton, Anliegergemeinden und Heimatschutzorganisationen, die 1950 den botanischen Garten der Öffentlichkeit zugänglich machte und heute mit einem geschickten Marketing dafür sorgt, dass die Besucher nicht ausbleiben.
Brissago
Schon fast Italien. Die letzte Gemeinde vor der Grenze zeigt einen malerischen Ortskern um die mittelalterliche Pfarreikirche Santi Pietro e Paolo. In den Gärten blühen Zitronen und Orangen, am Berghang ziehen sich die Villen hoch.
Zur Grenze hin häufen sich die Tankstellen, das Benzin ist in Italien wesentlich teurer als in der Schweiz. An der Durchgangsstraße herrscht viel Verkehr, und nicht selten kommt es zum abendlichen Pendlerstau. Über 2000 „Frontalieri“, wie die in der Schweiz arbeitenden und in Italien wohnenden Personen genannt werden, befinden sich dann auf dem Heimweg.
Davon merkt wenig, wer auf der Promenade südlich des Ortskerns spaziert. Irgendwann stößt man dort auf den ruhigen „Dialogo“: Ein Mühlrad lässt eine metallene Kugel gemächlich hin und herrollen. Die mobile Brunnenskulptur ist ein Werk des Malers und Bildhauers Benno Schulthess, der in der Deutschschweiz und in Brissago wohnt. Weiter südlich endet der Spaziergang dann etwas abrupt vor den Toren der ehemaligen Fabbrica Tabacchi Brissago, heute das Centro Dannemann und dem Tabakimpe-
rium Burger Söhne einverleibt. Hier wird die „Brissago“, die berühmte krumme Virginia-Zigarre, hergestellt.
Sehenswertes
Museo Ruggero Leoncavallo: Im Palazzo Branca-Baccalà, mit seiner Barockfassade das schönste Gebäude des Orts, sind drei Säle für Ruggero Leoncavallo (1857-1919) reserviert. Der in Neapel geborene Opernkomponist und Librettist ließ sich 1903 oberhalb der Kirche Madonna di Ponte eine Villa bauen (heute abgerissen) und wurde schon im Folgejahr Ehrenbürger von Brissago. 1916 verließ er den Ort wieder und starb 1919 in Montecatini Terme (Toscana). Erst 1989 entsprach man seinem Wunsch und überführte seine sterblichen Reste nach Brissago (→ Chiesa Madonna di Ponte).
Das Museum ist eher etwas für Spezialisten, ein Saal ist der Rekonstruktion seines Arbeitsraums, restaurierter Flügel inklusive, gewidmet.
♦ Mitte März bis Okt. Mi-Sa 10-12 und 16-18 Uhr. Eintritt 5 CHF.
Chiesa Santi Pietro e Paolo: Die Pfarreikirche von Brissago stammt aus dem 16. Jahrhundert und zeigt im Inneren außer einem schmucken holzgeschnitzten Orgelprospekt wenig Aufregendes. Besser als die Kirche selbst hat uns der schmale Vorplatz mit seinen vier eindrucksvollen Zypressen gefallen: Blick auf den See und einen kleinen Fischerhafen. Die Stele auf dem Platz wurde 1903 zum 100-jährigen Jubiläum des Tessins als vollwertiger Kanton der Eidgenossenschaft errichtet, eine zusätzliche Tafel aus dem Jahr 2003 verdoppelt das Jubiläum.
Brissago und seine Inseln
Gleich neben der Kirche steht das Cinema Arlecchino, ein Bau aus den 1950er Jahren und damit modern in der unmittelbaren Umgebung. Ein „Verein der Harlekin-Freunde“ setzt sich dafür ein, dass das früher von der Kirche betriebene Kino mit seinen 130 Sitzplätzen renoviert und als Kulturzentrum eröffnet wird.
Chiesa Madonna di Ponte: Die Kirche mit ihrem freistehenden Campanile, zwischen dem Schwimmbad und einer Garage eingeklemmt, stammt wie die Hauptkirche aus dem 16. Jahrhundert und wurde vom selben einheimischen Architekten geplant. Die Einflüsse der Renaissance schlagen hier eindeutig stärker durch, insbesondere im auffälligen achteckigen Kuppelbau über dem Chor mit seinen Säulen und dem aufgesetzten sechseckigen Türmchen; das Innere der Kirche birgt nichts Interessantes.
Unter dem kleinen Portikus gegenüber dem Eingang hat - gegen den See hin mit Ketten geschützt - der Opernkomponist Ruggero Leoncavallo mitsamt Gattin Berthe seine letzte Ruhe gefunden (→ Museo Ruggero Leoncavallo). Die prunkvolle Villa Myriam, die er etwas oberhalb der Kirche bauen ließ, wurde 1978 abgerissen.
Centro Dannemann: Die Fabbrica Tabacchi Brissago, Geburtsort der berühmten krummen Zigarre (→ Kastentext „Schlank und krumm“), wurde 1999 von der Dannemann-Gruppe übernommen, die ihrerseits dem Schweizer Tabakkonzern Burger Söhne gehört. Heute präsentiert sich die Fabrik, vor dem Ersten Weltkrieg mit 700 Angestellten größte Arbeitgeberin im Kanton, als „Dannemann Center“ in Anlehnung an ein ebensolches in Bahia/Brasilien. Zwar werden die berühmten Zigarren weiterhin hergestellt, allerdings geht dies maschinell zu, der Personalbestand ist seit langem reduziert, rund 60 Angestellte - größtenteils italienische Grenzgänger - arbeiten hier noch.
Auswärtige begnügen sich mit einem Besuch im Dannemann-Shop (Mo-Fr 10-17 Uhr). Führungen sind nur gruppenweise möglich, dann wird Ihnen eine Arbeiterin demonstrieren, wie die Krumme einst von Hand gerollt wurde. In der Hauptsache aber ist das Centro Dannemann heute eine Örtlichkeit mit Sälen, die für Gala-Abende, Hochzeiten und andere private Anlässe vermietet werden. Gelegentlich finden im „Dannemann-Grotto“, das mit seinen 210 m2 Fläche mit einem Tessiner Grotto recht wenig gemein hat, Veranstaltungen statt, die man hier „Events“ nennt. Auskunft bei der Touristinformation.
Praktische Infos
PLZ 6614
Information Lago Maggiore Tourist Office, an der Durchgangsstraße. Viel Material über die Umgebung und freundliche Auskünfte. Mitte März bis Mai und Okt. Mo-Fr 9-12/14-18 Uhr, Juni und Sept. Mo-Fr 9-12/14-18, Sa 9-12 Uhr; Juli/Aug. Mo-Sa 9-12/14-17 Uhr; Nov. bis Mitte März Di-Do 13.30-17, Fr 9-12 Uhr. Via Leoncavallo 25, Tel. 0848-091091, www.ascona-locarno.com.
Hin & weg Bus, mehrmals tägl. mit FART Nr. 316 nach Ascona und Locarno sowie mit dem Lokalbus Nr. 8 über Porto Ronco nach Ronco s/Ascona. Ebenfalls mehrmals täglich fährt eine italienische Buslinie über die Grenze und an der Küste entlang bis Pallanza bei Verbania.
Schlank und krumm - die Brissago
Kenner loben ihren würzigen Geschmack, Snobs rümpfen die Nase, sie finden die schlanke Krumme zu wenig aristokratisch, und Passivraucher schimpfen über ihren besonders beißenden Rauch. Seit 1847 wird in der Fabbrica Tabacchi Brissago der krumme Stängel hergestellt, dessen besonderer Geschmack sich der „Concia“ verdankt, der Beize, die das Deckblatt mit der Tabakeinlage verbindet. Das Rezept der Concia wird in Brissago so streng gehütet wie im amerikanischen Atlanta die berühmte Formel der originalen Coca Cola. Eine weitere Besonderheit der Brissago ist der Strohhalm, der in ihr steckt. Zieht man ihn heraus, so hat die dunkle Zigarre einen idealen Rauchkanal. Schließlich aber dient der Strohhalm auch dazu, die Zigarre in Brand zu setzen - eine Zeremonie, die jeder Brissago-Raucher kennt und deren Beschreibung der Schweizer Autor Friedrich Glauser schon 1936 in seinem Kriminalroman „Wachtmeister Studer“ beschrieb: „Umständlich setzte Studer den Strohhalm in Brand, den er aus der Brissago gezogen hatte, hielt die Flamme unter das Ende derselben, wartete bis der Rauch oben herausquoll und steckte sie dann in den Mund.“
Schiff, ein Dutzend Schiffe fahren nach Ascona und weiter nach Locarno, einige mit Zwischenhalt auf den Brissago-Inseln und wenige mit Abstechern ans andere Seeufer.
Baden Der Lido di Brissago liegt hinter dem Centro Dannemann am südlichen Ortsausgang. Gleich beim Eingang führt eine 75 m lange Rutsche für Kinder fast bis in den See. Strandbar und Liegewiese. Eintritt 4 CHF, Liegestuhl und Sonnenschirm kosten extra.
Galerie Galleria Amici dell’Arte, an der Durchgangsstraße, die Vitrine der lokalen Künstlerszene. Di-Fr 16-18.30, Sa 10-11.30 Uhr. Via Leoncavallo 15.
Übernachten *** Rivabella au Lac, an der Hauptstraße, aber davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Hinter dem Hotel gelangt man zwischen Palmen hindurch zu einem wunderschönen Garten und dahinter zum hoteleigenen Kiesstrand, der allerdings sehr schmal ist. DZ 157-205 CHF, inkl. Frühstück. Geöffnet März-Okt. Via Leoncavallo 43, Tel. 091-7931137, www.rivabellaaulac.ch.
Lido von Brissago
Bio/Regional **** Villa Caesar, fast am See, von der Landseite her ein Betonkomplex, erst von der Seeseite her sieht man die großzügigen Balkons. Gedeckter Speisesalon, Swimmingpool von Tischen und Liegestühlen gesäumt, Sauna und Fitnessraum. Das Hotel wurde für seine Nachhaltigkeitsleistung mit vier von fünf möglichen Steinböcken ausgezeichnet. (Das Steinbock-Label bewertet Umweltfreundlichkeit, Verwendung regionaler Produkte, Schaffung von Lehrstellen usw.) Nur Suiten, diese von unterschiedlicher Größe, teils mit See-, teils mit Gartenblick, in denen jeweils bis zu 4 Pers. übernachten können. DZ 180-480 CHF je nach Saison und Suitenkategorie. Geöffnet Mitte März bis Okt. Via Gabbietta 3, Tel. 091-7932766, www.brissago.sunstar.ch.
Essen & Trinken Graziella, beim kleinen Fischerhafen neben der Schiffsanlegestelle. Das alteingesessene Restaurant steht seit 2016 unter neuer Leitung. Auf den Tisch kommt eine regionale Küche. Risotto findet man stets auf der Karte, ebenso Eglifilets, Forellen nur gelegentlich. Di geschlossen. Via Lungolago 10, Tel. 079-5163588.
Canvetto Ticinese, im südlichen Ortsteil, auf der Höhe des Centro Dannemann, etwas oberhalb der Durchgangsstraße, ausgeschildert. Gute Tessiner Küche zu gehobenen Preisen auf einer sehr schönen Terrasse mit kleinem Garten darunter, wo Pingpong gespielt werden kann. Mo Ruhetag. Via Ovega 23, Tel. 091-7932996.
Was haben Sie entdeckt?
Haben Sie ein gemütliches Grotto entdeckt, eine freundliche Unterkunft oder den besten aller Badestrände? Wenn Sie Ergänzungen, Verbesserungen oder Tipps zum Buch haben, lassen Sie es uns bitte wissen!
Schreiben Sie an: Marcus X. Schmid, Stichwort „Lago Maggiore“
c/o Michael Müller Verlag GmbH | Gerberei 19, D - 91054 Erlangen
Gambarogno
Die Riviera del Gambarogno, wie der rund 10 km lange Schweizer Teil des Ostufers des Lago Maggiore genannt wird, ist weit weniger bekannt als das westliche Ufer mit den Tourismusmagneten Locarno und Ascona, und auch das Hinterland wird weniger besucht als die Täler des Locarnese.
Wie vielerorts im Tessin fusionierten auch im Gambarogno die Gemeinden, um sich mehr politisches Gewicht zu verschaffen. Seit 2010 sind sämtliche Orte am See sowie das Bergdorf Indemini Teil der Gemeinde Gambarogno.
Blick von der Bolle di Magadino auf den See
Viel Platz bleibt den Dörfern am See nicht. Die Berge fallen meist schroff ab, parallel zur Uferstraße führt eine Eisenbahnlinie über Luino (Italien) bis zum südlichen Ende des Sees und weiter ins östliche Piemont hinein. Derzeit rollen täglich 60 Güterzüge, meistens nachts, durchs Gambarogno, über ein Dutzend Personenzüge kommen hinzu. Die Regierung in Bern möchte die Kapazitäten erweitern und die Rangiergleise am Bahnhof von Magadino-Vira ausbauen, damit auch 700 Meter lange Züge durchfahren können. „Es ist doch absurd, die alte einspurige Strecke mit nur wenigen Modifikationen zu einer Hauptachse des Korridors Rotterdam-Genua machen zu wollen“, protestiert der Bürgermeister von Gambarogno und favorisiert einen Tunnel von Cadenazzo in der Magadino-Ebene bis Luino. Ein solches Projekt wurde bereits in den 1990er-Jahren verworfen und scheint auch heute chancenlos. Die Bewohner des Gambarogno haben das Nachsehen.
Im Gegensatz zum Westufer hält das Gambarogno jede Menge öffentlicher Zugänge zum See frei. Man findet also ausreichend Badegelegenheiten, meist kleine Kiesstrände. Zudem bieten sich Ausflüge ins Hinterland an - ein Abendessen auf einer der sonnigen Terrassen über den Dörfern Vira und San Nazzaro oder eine Wanderung zum Bergdorf Indemini.
Information Gambarogno Tourist Office, an der Seestraße in Vira. Juni und Sept./Okt. Mo-Fr 9-12 und 14-18, Sa 9-12 Uhr; Juli/Aug. Mo-Fr 9-12 und 14-18, Sa/So 9-12 und 15-17 Uhr. Via Cantonale 29, Tel. 0848-091091, www.ascona-locarno.com.
Hin & weg Bahn, die Riviera del Gambarogno liegt an der Linie Bellinzona-Luino, Züge im Zweistundentakt mit Halt in allen Dörfern am Seeufer.
Schiff, von März bis Okt. regelmäßig Fahrten von einem Hafen zum nächsten an der Riviera del Gambarogno entlang sowie von Magadino und San Nazzaro nach Locarno, von Gerra und San Nazzaro nach Ascona.
Piano di Magadino
Die Magadino-Ebene, die sich von Bellinzona bis zur Ticino-Mündung entlangzieht, ist für den Reisenden wenig interessant. Gemüseanbau, Supermärkte, Warendepots und Industrie machen sich das Gelände streitig, und auch der von Privatflugzeugen angesteuerte Flughafen von Locarno findet noch Platz. Einzig das Naturschutzgebiet der Ticino-Mündung, die Bolle di Magadino, rechtfertigen einen Halt. „Bolle“ ist der italienische Ausdruck für Blasen, und solche produziert das Sumpfgas (Methan) im Delta. Das Ökosystem ist ein Refugium für Flora und Fauna. Viele Vögel rasten hier noch einmal, um sich zu stärken, bevor sie den Flug über die Alpen nach Norden in Angriff nehmen.
Spaziergänge, auch Fahrradtouren (Motorräder sind verboten) sind nur auf den markierten Wegen gestattet. Insgesamt gibt es fünf Zugänge, einen zu den nördlichen Bolle (von Tenero aus), vier zu den südlichen Bolle. Wir empfehlen den Weg, der südlich des Ticino verläuft: Das Auto an der Brücke der Kantonsstraße stehen lassen und sich zu einem rund 40-minütigen Spaziergang bis zur Mündung aufmachen. Der Weg teilt sich später, ein Stück weit hat man die Wahl, im Wald zu spazieren oder in der Sonne am begradigten Ticino entlang. Er endet bei einem kleinen Aussichtsturm im Sumpfland.
Unterwegs informieren Schautafeln über die Naturgeschichte des Deltas und über alles, was hier kreucht, fleucht und wächst. Festes Schuhwerk ist empfohlen, auch bei Sonnenschein kann der Boden, vor allem im hinteren Teil, nass sein - und auch ein Insektenschutzmittel ist angebracht.
Magadino
Das erste Dorf am Ufer, am Rand des Piano di Magadino gelegen, ist eher ein Durchgangs- als ein Aufenthaltsort. Die Berge fallen hier steil ab. Bis ins 19. Jahrhundert war Magadino für den Warenverkehr eine wichtige Hafenstation. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie aber war es damit zu Ende, und der heutige Besucher gewinnt den Eindruck, Magadino hätte diesen Niedergang bis heute nicht verdaut. Als Ferienorte haben ihm Vira, San Nazzaro und Gerra längst den Rang abgelaufen. Immerhin: Mit dem Lido verfügt der Ort über eines der schönsten Freibäder an der Riviera.
Die nicht zu übersehende Chiesa San Carlo (19. Jh.) zeigt einen Chor, der vom deutschen Maler und Illustrator Richard Seewald (1889-1976) mit Fresken geschmückt wurde. Mitte Juli steht sie im Zentrum der viel beachteten Internationalen Orgelfestspiele. Zwei Wochen lang geben jeweils dienstags und freitags international bekannte Organisten ein Konzert.
Übernachten Favini, 20 unterschiedlich große Zimmer und ein Restaurant mit Terrasse, das Fisch wie auch Pizza serviert. DZ mit Du/WC 100-140 CHF. Ganzjährig geöffnet. Via Cantonale, 6573 Magadino, Tel. 091-7804200, www.hotelfavini.ch.
Vira
Trompe-l’œil in Magadino
Der erste richtige Ferienort an der Riviera del Gambarogno schließt sich praktisch nahtlos an Magadino an und ist das schönste Dorf am Tessiner Ostufer des Lago Maggiore. Das Leben spielt sich an der Durchgangsstraße ab. Oberhalb stehen stattliche Ferienhäuser, unterhalb liegt der kleine Ortskern mit Kirche und Bootsanlegestelle. Beim Gang durch die verwinkelten Gassen fallen zahlreiche Malereien an den Hausfassaden auf. Es sind Resultate einer Kunstaktion aus dem Jahr 1970. Über die künstlerische Qualität mag man streiten, das Unternehmen fand offensichtlich Anklang, und so wurde die Aktion 2010 wiederholt.
Von Vira führt ein kurvenreiches Sträßchen hoch zur Alpe di Neggia, die ein idealer Ausgangspunkt für mehrere Wanderungen ist (→ Wanderung 1).
Wanderung 1: Von der Alpe di Neggia nach Indemini
Durch den Wald ins abgelegenste Dorf des Gambarogno
Vira steinern
Vira grün
Übernachten *** Bellavista, an der Straße nach Indemini, 700 m vom Abzweig. Die Nummer eins an der Gambarogno-Riviera wird vom schweizerischen Automobilclub (TCS) geführt Wunderbarer Garten mit Blick auf den See hinunter, für Freizeitbetätigung sorgen ein großer Swimmingpool und ein Pingpongtisch, die verlorenen Bälle kullern den Abhang hinunter. Die Zimmer sind geräumig und komfortabel ausgestattet, alle mit Balkon oder Terrasse, die teureren mit Seeblick. DZ inkl. Frühstücksbuffet ab 200 CHF. Geöffnet Mitte März bis Nov. Strada d’indeman 18, 6574 Vira Gambarogno, Tel. 091-7951115, www.hotelbellavista.ch.
La Riva, am Ufer, in Richtung südwestliches Ortsende, direkt vor dem Camping Bellavista. Wird vor allem als Restaurant (s. u.) geschätzt. Speiseterrasse nach hinten und gleich darunter ein wunderschönes Gärtchen zum See mit Tischen, Stühlen und Liegestühlen. Nur fünf Zimmer. DZ inkl. Frühstück 120-150 CHF, die billigeren mit Du/WC auf Etage. Im Januar geschlossen. Via Cantonale 86, 6574 Vira Gambarogno, Tel. 091-7951141, www.ristorantelariva.ch.
Sargenti, im Ortszentrum, gleich nach dem Abzweig nach Indemini. Unten ist die Straßenbar mit Billard und Kicker, oben sind fünf renovierte Zimmer mit Du/WC. DZ 105-150 CHF. Ganzjährig geöffnet. Via Cantonale, 39, 6574 Vira Gambarogno, Tel. 091-7952062, www.hotelsargenti.ch.
Camping Bellavista, in Richtung südwestlicher Ortsrand. Der einzige Campingplatz an der Riviera del Gambarogno und mit 24 Stellplätzen der kleinste im ganzen Tessin. Wenig Schatten, dafür direkt am See. Sehr bescheiden, aber sehr freundliche Pächter. Geöffnet Mitte April bis Mitte Okt. Via Cantonale, 6574 Vira Gambarogno, Tel. 091-7951477, www.campingbellavista.ch.
Essen & Trinken Da Rodolfo, im Ortszentrum. Gourmetrestaurant in einem ehemaligen Klostergebäude. Letzteres vermutet zumindest Waldis Ratti, der schnauzbärtige Wirt, der für seine delikaten Fischgerichte weit über die Dorfgrenze hinaus bekannt ist. Keine große Karte, aber stets hervorragende Zubereitung. Spezialität des Hauses: Fritto Misto del Lago. Die Preise liegen verdienterweise über dem Durchschnitt. Hervorragendes Weinangebot. Geschlossen März-Okt. am Sonntagabend sowie Mo ganztags, Nov.-Febr. nur Sonntagabend geschl. Via Cantonale, Tel. 091-7951582.
La Riva, am südwestlichen Ortsende vor dem Camping Bellavista. Spezialität sind Fische aus dem Lago. Man isst hier sehr preiswert, was von den Campern nebenan geschätzt wird. Schöne Speiseterrasse nach hinten. Via Cantonale, Tel. 091-7951141.
La Fosanella, außerhalb, im Ortsteil Fosano (Straße nach Indemini, ca. 3 km vom Abzweig in Vira). Sehr schöne Terrasse mit Blick auf das See-Ende mit dem Maggiadelta am anderen Ufer. Die Küche genießt einen guten Ruf, auf der Karte stehen u. a. Fische aus dem See, Lammfilet, Kutteln auf Tessiner Art sowie die Spezialität des Hauses: Piccata mit Steinpilzrisotto. Gutes Angebot an Tessiner Weinen. Die Preise liegen insgesamt leicht über dem Durchschnitt. Mi und Sa geschlossen, Tel. 091-7951616.
Parco Botanico del Gambarogno
Einen botanischen Garten zu gründen hatte der Baumschulfachmann Otto Eisenhut nicht im Sinn, als er 1955 ein an einer Schlucht gelegenes Gelände zwischen Vairano und Piazzogna erwarb. Er wollte ganz einfach einen Gärtnereibetrieb führen. Seine erste Geschäftsidee bestand darin, amerikanische Kiefern zu pflanzen und sie als Weihnachtsbäume auf den Markt zu bringen. Er versuchte neue Kreuzungen und erst später - nach Kontakten mit ausländischen Fachleuten der Kamelien- und Magnolienzucht - begann er sein Feld auszuweiten. Zahlreiche Pflanzenarten fanden mit den Jahren im Gambarogno einen neuen Boden, und 1989 wurde das Gelände für das Publikum geöffnet. Heute besitzt der „Parco Botanico del Gambarogno“ die weltweit größte Magnoliensammlung, daneben nehmen auch die rund 600 Arten und Varietäten der Kamelie einen bevorzugten Platz ein. Azaleen, Zitrusfrüchte, Larix-Kiefern und viele weitere Arten begegnen dem Besucher beim Spaziergang durch das grüne Labyrinth. Unter Kennern ist der Garten ein Begriff und für Botaniker ein Muss. Parallel zum botanischen Garten wird im Gartenbauunternehmen „Vivaio Eisenhut“ weiterhin produktiv gearbeitet, gepropft und verkauft, rund 70 % der Produktion gehen in den Export, vor allem nach Deutschland, aber auch nach England. Otto Eisenhut hat die Direktion inzwischen an seinen Sohn abgegeben, der hier mit fünf Angestellten arbeitet, aber der Gründer schaut noch häufig vorbei, um nachzusehen, was aus seinem Lebenswerk geworden ist.
Ideale Besuchszeit ist März und April, wenn die Kamelien und Magnolien blühen, aber auch in den anderen Monaten sei der Besuch empfohlen.
♦ Anfahrt: Von San Nazzaro über Vairano nach Piazzogna, dort beim Ortsschild links der Beschilderung folgen. Geöffnet Frühling bis Herbst Mo-Sa 7.30-19 Uhr, So 8.30-19 Uhr; Winter Mo-Sa 10-17 Uhr. Eintritt 5 CHF.
San Nazzaro
Der Ferienort, der sich den Berghang hochzieht, ist bei Badeurlaubern geschätzt: öffentliches Strandbad mit Sprungbrett, Liegewiese, Umkleidekabinen und Toilette - alles gratis. Man findet die freundliche Einrichtung auf Höhe des Ortszentrums, in der Nähe der Anlegestelle der Lago-Maggiore-Kreuzer.
Essen & Trinken Alla Taverna, im oberen Ortsteil, von der Straße weg ausgeschildert. Kleines Grotto mit großer Terrasse und ausgezeichneter Küche. Gute Pasta, Fritto Misto del Lago, Polenta mit Wildschweinsalami oder für den dickeren Geldbeutel ein Degustationsmenü. Di Ruhetag (außer Mitte Juli bis Mitte Aug.). Tel. 091-7800012.
Vairano, bei der Kirche von Vairano, in den Hügeln über San Nazzaro. Ob Kaninchen mit Polenta, Frotto misto di pesce oder eine Minestrone ticinese (Gemüsesuppe) - die Osteria, Nachfolgerin des „Miralago“, hat sich in kürzester Zeit einen ausgezeichneten Ruf erobert. Das Panorama auf der Terrasse ist einzigartig und ein weiterer Grund, hierher zu kommen: Blick über den See nach Locarno, Ascona und das Maggiadelta, aber auch auf die Verzasca-Staumauer. Via Bellavista 1, Tel. 091-7941604.
Gerra
Gerra
Der letzte nennenswerte Uferort vor der Grenze liegt an einem kleinen Bachdelta. Im Ortsteil Riva, rechts der Mündung, so sagt der Volksmund, genießt man die Sonnenstrahlen am Morgen, in Scimiana, links der Mündung, die Sonnenstrahlen am Abend. In Letzterem lässt sich noch ein kleiner Ortskern ausmachen. Klein ist auch der öffentliche Kiesstrand (mit einem beliebten Strandlokal) links und rechts der Mündung des Dorfbachs. Groß in Gerra ist einzig der Anteil an Zweitwohnungsbauten.
Übernachten/Essen Dirinella, direkt vor der italienischen Grenze. Das Haus wurde 2013 komplett renoviert und bekam einen kräftigen roten Anstrich. Restaurant mit fünf sehr schönen, modern eingerichteten Gästezimmern mit Bad, nach hinten ein Gärtchen, zur Straße zwei Terrassen und auf der anderen Straßenseite eine kurze Treppe zum Kiesstrand, wo ein paar Boote dümpeln, aber dahinter ist der See frei. DZ 140 CHF, Frühstück (nach Wunsch groß oder klein) extra. Ganzjährig geöffnet. So/Mo geschlossen. Via Cantonale 13, Dirinella, 6577 Ranzo, Tel. 079-2075112, www.dirinella.ch.
Mein Tipp Al Pescatore, im Zentrum, unterhalb der Durchgangsstraße. Unauffälliges, sympathisches und familiär geführtes Fischrestaurant mit einer kleinen, traumhaften Terrasse, von der man auf den See und den kleinen Fischerhafen von Gerra blickt. Wenn dort nicht genug Fisch ankommt, was häufig der Fall ist, so kauft der Wirt auf dem Markt ein. Mo Ruhetag, Di abends geschl. Tel. 091-7942123.
Indemini
Gerra - ein Liegeplatz ist Gold wert
Von Vira aus führt eine kurvenreiche Straße hoch zur Passhöhe Alpe di Neggia und von da wieder hinunter nach Indemini. Das Bergdorf des Gambarogno liegt auf 979 m Höhe und ist die oberste Gemeinde der sonst italienischen Valle Veddasca. Die Straße wurde erst im Ersten Weltkrieg gebaut (auf der italienischen Seite sogar erst 1964), bis dahin war Indemini nur über Fußwege erreichbar, entweder vom italienischen oder vom schweizerischen Ufer des Lago Maggiore aus. Die abgeschiedene Lage an der Grenze machte das Dorf jahrzehntelang zum idealen Schmugglernest.
Heute ist das wohl eher harte als romantische Schmugglerleben passé, viele Menschen sind ausgewandert. Die Einwohnerzahl ist auf ein halbes Hundert geschrumpft, und sie läge noch niedriger, wenn nicht einige Deutschschweizer, vor allem Kunsthandwerker, sich hier niedergelassen hätten. Zur Hälfte ist Indemini heute deutschsprachig.
Das terrassenförmig an den Hang gebaute Dorf mit seinen engen Gassen und Treppen zeigt ein äußerst einheitliches Ortsbild. Das respektieren auch die neuen Bewohner, die sich mit Umsicht an die Restaurierung alter Steinhäuser machen und so dazu beitragen, dass das Ortsbild erhalten bleibt. Dass das Dorf auf neues Blut und Besucher angewiesen ist, weiß man auch in Indemini. Aber mehr als anderswo setzt man auf die Entwicklung eines sanften Tourismus.
Hin & weg Postauto: 4 x tägl. nach Vira und weiter bis Magadino.
Übernachten/Essen Indeminese, am oberen Ortsausgang. Das Haus war einmal ein Kuhstall mit Heuschober, aber das sieht man dem Ristorante nicht mehr an. Fausto Domenighetti, der Wirt, stammt aus dem Dorf und ist sozusagen ein kommunales Faktotum. Bis zur großen Gemeindefusion war er gleichzeitig Bürgermeister, Posthalter, Postautochauffeur - und eben Wirt. Dass er sich nebenbei auch noch um die kommunale Gruppenunterkunft, das „Ostello La Genziane“, kümmert, wundert da nicht mehr. Im „Indeminese“ steht er seiner Frau Orietta zur Seite, und zusammen sorgen die beiden für eine preiswerte Tessiner Küche - und da Italien gleich um die Ecke liegt, ist man auch für italienische Rezepte offen. Obendrein helfen die Wirtsleute auch bei der Zimmersuche. Nov.-März geschlossen. 6571 Indemini, Tel. 091-7951222.