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5 Shira Vor fünfzehn Jahren: Der Tag des Alef

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Mit dreizehn hatte Shira leidenschaftlich und heimlich geliebt und war wiedergeliebt worden. Sie wusste aber auch, dass dies etwas war, was alle verurteilten und schlechtmachten – alle außer Gadi und ihr.

Sie liebte nicht Gadi allein, nur ihn am glühendsten. Sie liebte auch ihre Großmutter Malkah und ihren großen, geschmeidigen braunen Kater Hermes. Hermes hatte zu ihr gehört, seit sie ihn als kleines Kätzchen in der Ödnis ausgesetzt gefunden hatte, wo er unweigerlich eingegangen wäre. Katzen waren nicht ans Überleben in der Ödnis angepasst. Er war wertvoll, denn die Stadt wurde von einer Mäuseplage heimgesucht. Mäusen und Mücken gefiel das Leben unter der Hülle. Er war für Shira kostbar, denn er liebte sie ohne Kritik, ohne Anspruch und ohne Ende. Malkahs Liebe war stark, aber rau, schrubbte sie sauber. Gadis Liebe trug Rosen und auch Dornen, wie die ausladende Kletterrose vor ihrem Schlafzimmerfenster, die sich an der Hofmauer bis zu ihr emporrankte.

Ihre Großmutter hatte sie aufgezogen, so war es bei den Frauen ihrer Familie Brauch. Malkah erzählte ihr, wenn eine Frau ein Kind bekam, so blieb es bei ihrer Stammlinie. Männer kamen und gingen, aber sie sollte sich einprägen, dass ihr erstes Kind ihrer Mutter und ihr gehörte, nie dem Vater. Malkah sagte, Liebe sei hauptsächlich Unsinn und Selbsthypnose, und Männer seien im Großen und Ganzen ein Gewinn bei der Arbeit und ein Genuss im Bett, aber ansonsten erwarte nicht viel. Von ihr erwartete Malkah viel. Sie war die Tochter der Stammlinie.

Shira wusste es besser. Mit dreizehn wusste sie viel mehr über die Liebe als Malkah. Malkah mochte sagen, Männer seien etwas Vorübergehendes, aber Gadi war es nicht. Gadi hatte zu ihr gehört, seit sie ihm in der zweiten Klasse begegnet war, als seine Familie nach Tikva zog. Gadi sagte, sie seien füreinander bestimmt. Andere Menschen irrten ihr ganzes Leben lang durch die Welt auf der Suche nach ihrem Zwilling, ihrem Geliebten, ihrem anderen Ich, das sie ergänzen und ihr tiefstes Verlangen stillen würde, doch Gadi und sie hatten einander so früh gefunden, dass sich niemand je zwischen sie schieben konnte. Dennoch war es nicht einfach, ihn so heftig zu lieben, wie sie es tat. Er war nicht einfach. Die Welt hielt sie für Kinder und weigerte sich, ihren Bund anzuerkennen – wurde er je sichtbar, waren sie in Schwierigkeiten. Nichts erlebten sie so intensiv wie die Zeiten, da sie sich bei den Händen fassten und in ihre eigene, private Welt stürzten. Sofort leuchteten die Farben. Sofort wurde die Helligkeit intensiver und die Dunkelheit lauerte finsterer und gruseliger und verlockender. Gefühle durchschauerten sie, süß und bitter wie die Pampelmusen, die jeden Winter mit dem Schiff aus South Carolina kamen.

»Komm, wir verreisen«, sagte Gadi immer zu ihr, und Shira antwortete: »Dann komm.«

Natürlich meinte er keine echten Reisen, obwohl sie vorhatten, um die ganze Welt zu fahren und unter dem Meer entlang und empor zu den Satellitenstädten. In Stimmies waren sie überall gewesen, aber Shira war eigensinnig: Was sie nicht in ihrem eigenen Körper getan hatte, das zählte nicht. In der Hinsicht war sie altmodisch, so hatte Malkah sie erzogen. Sie erkundeten nur ihre kleine Welt und gaukelten sich etwas vor.

Doch das Vorgaukeln zusammen mit Gadi war für Shira realer als die Schule oder die Stimmies oder ihre eigenen Gedanken. In der Schule wechselten sie kaum ein Wort, denn sie hatten eine Körpersprache entwickelt, rasche Zeichen und Blicke, zu schnell, als dass andere sie verstehen konnten. Seit Shira halbwegs der Kindheit entwachsen war, schützten sie ihre Freundschaft durch Heimlichkeit. Jungen hatten mit Jungen zu spielen und Mädchen mit Mädchen. Von ihr erwartete man, dass sie am engsten mit einem Geschöpf aus ihrer Klasse befreundet war, wie Hannah, die unaufhörlich kicherte, oder Zee, die alles, was sie oder ihre Freundinnen taten, haarklein ihrer Mutter erzählte, blöde Kuh. Niemand hatte je gesagt, Gadi und Shira dürften sich nicht nah sein, weil es verboten war, aber sie lernten, auf die Blicke der anderen Acht zu geben, ihre Witze, ihre Sprüche, ihre Neugier, klebrig und beschmutzend. Sogar die, die es gut meinten, taten ihren Bund als niedlich oder vorübergehend ab.

Jahrelang hatten sie nichts weiter verheimlicht, als dass sie gerne zusammen Karten spielten, Puzzles legten, sich Geschichten vorspielten von Heldentum und Rettung aus Gefahr. Es war wiederum nicht direkt verboten, fand aber auch keine Ermutigung, die verborgenen Ebenen der Stadt auszukundschaften, die alten, verlassenen Straßen, die leeren Häuser und Keller, die vergessenen Dachböden. Dort spielten sie sich ihre Dramen vor, ihre Träume, Geschichten aus den Stimmies. Jahrelang hatte Shira diesen magischen Kreis gehabt, in den beide sich einspinnen konnten, den Gadis Phantasie zum Leuchten brachte, ein Ort, an dem sie nie allein oder gelangweilt sein konnte. In dieser privaten Welt des Spiels, viel intensiver, viel wirklicher als die Wirklichkeit, war sie, was immer sie sich ersehnte. Furcht gehörte als eine Art Hintergrundgeräusch zum Heranwachsen. Beide konnten nicht in verlassenen Wohnstätten spielen, ohne daran zu denken, dass einmal viel mehr Menschen auf der Welt gewesen waren, zu viele, vor der Hungersnot, den Seuchen, den örtlich begrenzten Kriegen.

Beide hatten alte Schutzhäute, die sie in einem Schuppen verwahrten. An manchen Tagen rannten sie in die Ödnis hinaus, außerhalb der Hülle, die die tödlichen Sonnenstrahlen abhielt, um im Schutz der dünnen Schicht Hartgel unter dem Mostrichhimmel herumzulaufen. So wanderten sie oft zu der versunkenen Stadt mit ihren altmodischen hohen Gebäuden, wo die Flut durch Marmorhallen spülte und sich an zerborstenen Fahrstühlen brach und an Treppen, die hoch und höher führten. Alles Holz und Metall war schon vor Jahren geplündert worden. Ihre Streifzüge in die zerstörte Stadt waren verboten und gefährlich, denn sie wussten nie, wer oder was ihnen dort begegnen konnte: marodierende Banden, Organfledderer, denen es überhaupt nichts ausmachte, wenn der Körper, den sie fanden, sich noch bewegte. Shira liebte das Meer. Jahrelang hatten sie dort gebadet, trotz der Unterströmungen und der Haie, und nicht immer hatten sie im Wasser anstelle der Schutzhaut das Fett zum Schutz gegen die Sonnenstrahlung getragen. Sie genossen es, sich gemeinsam auszuziehen, heimlich, und dann in die warme Umarmung des Salzwassers zu gleiten. Shira schwamm gut, und die See stärkte und belebte sie. Im Wasser waren sie gleich stark. Oft erzählte sie Gadi, sie seien beide Kinder der See. Gadi gefiel die Idee, irgendjemandes Sohn zu sein, nur nicht Avrams. Gadi hatte das Gefühl, es seinem Vater nie recht machen zu können, ganz gleich, was er tat. Avram wollte einen Sohn mehr wie er selbst: einen mit der Neigung zur Wissenschaft, strebsam, gelehrsam, überragend auf einem eng begrenzten Gebiet. Je mehr Gadi er selbst war, desto mehr verzweifelte sein Vater an ihm. Gadi konnte Avram nur zufriedenstellen, indem er sich wie ein anderer verhielt, doch das ging auf Dauer nicht.

Heute, nach der Schule – sie hatten beide gerade mit der Oberschule begonnen, denn Gadi war vierzehn und Shira sieben Monate und zwei Tage jünger – erzählten sie ihre jeweiligen Ausreden. Shira sagte dem Haus, dass sie für eine Klassenarbeit in Geschichte mit Zee lernte. Bestimmt kam sie vor Malkah heim; falls jedoch nicht: Malkah, die Zees Familie nicht ausstehen konnte, würde niemals dort anrufen. Malkah arbeitete manchmal zu Hause und manchmal im Basisbüro. Die Computerbasen waren die Goldminen der Stadt, dort wurden die Systeme erschaffen, die der wichtigste Exportartikel waren. Malkah und Avram waren beide Basisaufseher, gehörten zu den geachtetsten Forschern (oder, wie Malkah lieber genannt wurde, Designern) auf ihrem Gebiet. Die Produkte und Systeme, die sie für verschiedene Multis entwickelten, waren das Fundament für die Unabhängigkeit der Stadt.

Manchmal, wenn Shira das Haus anlog, hatte sie das Gefühl, der Computer merke es. Wie die meisten Häuser hatte es eine weibliche Stimme und strahlte Wärme aus. In Shiras Vorstellung war es immer etwa zehn Jahre jünger als Malkah. Als sie klein war, noch sehr klein, hatte sie es für lebendig gehalten, und manchmal fiel es ihr immer noch schwer, das nicht zu tun, denn es wusste so viel von ihr und es äußerte unverblümt Meinungen und Urteile. Malkah hatte es über die Fähigkeiten der Hauscomputer all ihrer Bekannten hinaus erweitert. Shira wusste nicht, was Gadi seiner Mutter erzählte. Sara war bettlägerig, sie war an einem neu mutierten Virus erkrankt, der nicht behandelt werden konnte. Ihre Knochen lösten sich langsam auf. Sie lebte unter einem Medikamentenschleier, und Gadi kam bei ihr mit jeder lahmen Ausrede durch.

Avram, Gadis Vater, arbeitete im Labor und legte wie gewöhnlich einen Zwölf-Stunden-Tag ein. Weder Shira noch Gadi konnten sich erinnern, ob Avram schon so lange gearbeitet hatte, bevor seine Frau zu sterben begann, aber beides, Avrams lange Arbeitstage und Saras Krankheit, ging nun schon fünf Jahre.

Heute herrschte draußen außerhalb der Schutzhülle Sturm, die flachen Wogen der Bucht waren zu schlammigem Schaum aufgepeitscht und klatschten an den Strand. So gingen sie stattdessen an ihren Geheimplatz. Avrams Labor nahm das erste Stockwerk des Hauses ein, in dem Gadi wohnte – zusammen mit sechs anderen Familien im Erdgeschoss. Gadi sagte, das Haus sei ein Hotel gewesen, als die Stadt ein Badeort war. Es war breit, vierschrötig, aus gelben Ziegelsteinen unter einem roten Ziegeldach, das noch aus den Zeiten übrig war, als Wetter darauf herniederging. Quer über die ganze Vorderseite hatte einst eine Veranda zum Sitzen eingeladen, aber alles Holz war längst den Lumpensammlern zum Opfer gefallen, und jetzt hatte jede der zahlreichen Türen eine eigene, zusammengeschusterte Treppe zur Erde.

Sie schlichen die alte Feuertreppe hoch zum Obergeschoss mit den vielen kleinen, unbenutzten Räumen. »Stell dir die Dienstmädchen vor«, sagte Gadi. »Wie Sklaven.«

»Sie waren keine Sklaven.« Shira schaute ihn stirnrunzelnd an. Er mochte es schon immer, alles zu dramatisieren. »Sie wurden bezahlt.«

»Mit Papiergeld«, sagte Gadi streng. Er schob das Fenster hoch. Sie hatten es mit Seife eingerieben, damit es leichter aufging. Er kletterte leichtfüßig, gewandt hinein und hielt ihr die Hand hin. Gadi war in den letzten anderthalb Jahren rasch gewachsen; jetzt war er acht Zentimeter größer als Shira. Sie gab die Hoffnung auf, noch weiterzuwachsen. Sie fand sich damit ab, so klein zu bleiben wie Malkah. Malkah erzählte ihr, dass über Generationen alle größer wurden als ihre Eltern, aber jetzt nicht mehr. In Tikva aß man richtige Nahrungsmittel, aber die meisten Menschen aßen Bottichnahrung aus Algen und Hefen. Sie hatte das Zeug auf einer Schulfahrt probiert; es war abscheulich. Als sie daran würgten, hielt ihnen ihr Lehrer einen Vortrag über die zwei Milliarden Menschen, die in der Hungersnot umgekommen waren, als die Meere über die Reisfelder und Brotkörbe der Deltaländer wie Bangladesch und Ägypten stiegen, als die Großen Prärien verdorrten und in Staubstürmen davonflogen, die den Himmel verdunkelten und frühen Winter brachten, als die Wüsten Afrikas und die neue Wüste am Amazonas sich Monat um Monat ausbreiteten. Ohne Bottichnahrung war der größte Teil der Welt zum Hungertod verurteilt, wie die Zahllosen in den zwanziger und dreißiger Jahren.

Sie kletterten ins Treppenhaus und zogen die Schuhe aus, bevor sie den staubigen Flur entlangschlichen. »Wo gehen wir hin?«

»Ins blaue Zimmer.«

Es war das freundlichste der Zimmer und hatte immer noch Möbel. Die Wände zeigten das gleiche ausgeblichene Graubraun wie die anderen Zimmer, aber auf dem Fußboden lag ein blassblauer Teppich; auf dem Metallbett bot eine zerlumpte baumwollene Tagesdecke bescheidene Gemütlichkeit. Die Räume hier oben waren kaum groß genug für ein Einzel- oder Doppelbett, einen Schrank, einen Stuhl. Zu Hause konnte sie Gadi nie mit in ihr Zimmer hinaufnehmen, ebenso wenig, wie er sie in seins mitnehmen konnte. Als sie kleiner waren, hatten sie in ihren Zimmern zusammen gespielt, aber wenn sie jetzt die Tür zumachten, fragten ihre Familien nach dem Grund. Wie jedes andere Mädchen in Tikva hatte sie in der Pubertät ein Implantat bekommen zur Verhütung von Schwangerschaften, aber Jugendliche in ihrem Alter hatten sich einfach nicht für Sex zu interessieren. Natürlich taten sie es alle, auf ängstliche, alberne Art.

Gadi setzte sich im Lotussitz auf das Bett und sie setzte sich genauso ihm gegenüber. Das Licht vom Fenster verwandelte sein feines, lockiges Haar in einen Heiligenschein aus Flaum. »Was haben wir zu essen?«

Sie zog ein halbes Roggenbrot aus ihrer Tasche. »Graubrot aus der Bäckerei und das Übliche.« Telapia war eine der Lebensgrundlagen der Stadt und Teil von ihrem Makro – Fischzucht, Anbau von Gurken, Tomaten, Paprika, das geschlossene Selbstversorgungssystem unter der Hülle. Sie waren damit aufgewachsen, mindestens fünfmal in der Woche Fisch zu essen: immer den gleichen.

Gadi stöhnte, aber er griff zu. Er hatte ständig Hunger. Mahlzeiten in seinem Hause waren dem Zufall überlassen. Er aß ein paarmal in der Woche bei Malkah – irgendwie war seine Anwesenheit am Mittagstisch selbstverständlich, nichts Außergewöhnliches. Shira knabberte ein wenig, um ihm Gesellschaft zu leisten. Von unten kam das Vibrieren von Maschinen, ein hoher Summton, laute Stimmen, die dann leiser wurden. Das Haus war solide gebaut und gab ihnen genügend Ungestörtheit, wenn sie sich in Acht nahmen. Avram war in seinem Labor. Sie konnte sich vage daran erinnern, wie Sara im Labor mit ihm gearbeitet hatte. Jetzt hatte er einen jungen Assistenten, David.

Sie kuschelten sich aneinander, Gadi legte seinen langen Arm um sie, ihre Beine verknoteten sich unter der Steppdecke. »Rabbi Berger hatte keinen Grund, so mit dir zu reden«, sagte Gadi. »Du hattest recht, ihm gefiel nur nicht, wie du es gesagt hast.«

Sie zuckte die Achseln, drückte sich näher an ihn. »Er sagt, ich habe eine schlechte Einstellung.«

»Gut. Bleib dabei.«

»Er ist so knochig. Meinst du, er klappert, wenn er die Treppen runterrennt?«

»Bin ich zu mager?«

»Du bist überhaupt nicht zu irgendwas, Gadi.«

»Das sagst du jetzt. Glaubst du, wir werden mal wie andere Ehepaare? Ständig Krach und Sticheleien. Meine Eltern waren nicht so, soweit ich mich überhaupt erinnern kann, wie es war. Sie sprachen immer ihre eigene Sprache, in Höchstgeschwindigkeit. Sie arbeiteten den ganzen Tag zusammen, und abends redeten sie dann ohne Punkt und Komma, als hätten sie sich wochenlang nicht gesehen.«

Gadis Zuhause roch wie ein Krankenhaus. Es war unnatürlich still. Shira war eine fröhlichere und geschäftigere Atmosphäre gewohnt. Malkah glaubte an die leiblichen Genüsse: gutes Essen, hübsches Geschirr, Vorhänge an den Fenstern, bequeme, gesunde Sitzhaltung an den Computern, die Kontakte immer gereinigt, sterilisiert. »Wär das nicht schön, wenn wir in meinem Haus leben könnten?«

Gadi küsste sie leicht, streifte sie nur mit den Lippen. »Dein Haus ist der gute Ort meiner Träume. So war es schon immer.«

»Wegen des Innenhofs. Wie die Synagoge.« Ein ganzes Makro innerhalb der Mauern ihres Hauses, alles grün und blühend, wie das Paradies. »Wär das nicht schön, wenn wir den Mut hätten, jetzt da zu sein?«

»Eines Tages werden wir ihn haben. Wir ziehen uns völlig aus und liegen im Gras unter dem Pfirsichbaum. Du bist mein Pfirsich. Ich könnte dich verschlingen.«

Er küsste sie wieder, härter diesmal, ihre Lippen waren weich und feucht und gierig, sie schnappten und saugten, ihre Zungen schlangen sich umeinander. In letzter Zeit schufen ihre Körper einen eigenen hitzigen Raum. Jahrelang hatten sie sich in den Armen gehalten und manchmal geküsst, doch dieser Teil wurde stärker und mächtiger. Er schob ihren Pullover hoch, um ihre Brüste zu berühren. Sie wuchsen und er spielte gern damit. Sie fühlte sich dann wie geschmolzen, als ob das Gewicht sich in ihr nach unten verlagerte. Küssen war früher immer Teil der Phantasievorstellungen, Teil der Spiele, doch in letzter Zeit wurde es etwas Eigenes.

Er ließ von ihr ab und lehnte sich lächelnd zurück. »Mach die Augen zu, Shira. Ganz fest zu. Ich mache meine auch zu. Jetzt taste. Wir sind blind. Wir sind ohne Augen. Wir sind zwei blinde Geschöpfe, die sich begegnen, um einander zu erforschen. Und wir sprechen verschiedene Sprachen, also können wir nicht reden. Wir können uns nur berühren und Geräusche machen.«

Langsam, langsam erbaute sie sich seinen Körper aus der rötlichen Dunkelheit ihrer zusammengekniffenen Lider. Seine Hemdknöpfe fühlten sich riesengroß an. Der Verschluss an seiner Hose war stachlig und rau unter ihren tastenden Fingern. Sie brauchten Stunden, so kam es ihnen vor, um sich gegenseitig auszuziehen, bis sie zusammen glatt, heiß, nackt waren. Sie spürte sein Herz an ihrer Wange rasen. Heiß und kalt, lockig und glatt, fest und seidig, drahtig, metallisch. Sein Körper war eine weitläufige Stadt, sie füllte ihren Kopf.

Seine Hand glitt zwischen ihre Beine, berührte sie an der gleichen Stelle wie vor einer Woche, als sie im warmen, seichten Wasser der Bucht waren und den Haien zum Trotz schwammen, den Haien mit Flossen und den Menschenhaien, die nach Fleisch jagten. Trotzig schwammen sie ohne Schutzfett, nackt unter der giftigen Sonne und der giftigen Luft. Damals hatte sie ihn überrascht weggestoßen. Jetzt brannte sie und ihr Fleisch toste um ihn wie ein Feuer im Wind. Sie drückte sich an seine Hand. Er machte ihre Finger von seinem Penis los und ließ ihn an ihr entlanggleiten. Anfangs konnte er nicht hinein. Sie hatte Angst, aber sie konnte das Spiel nicht brechen, sie fragte nicht, was er tat, sie protestierte nicht. Nie brach sie das Spiel. Es war ein Bann. Es war das, worauf sie sich zubewegt hatten, das wussten sie beide.

Er stöhnte. Es tat beiden weh. Sie stießen ihre Körper ineinander in verbissener Konzentration. Schließlich schaffte er es, ziemlich weit einzudringen, aber dann schrie sie vor Schmerz auf und er erschlaffte in ihr. Er glitt hinaus. Beide lachten und hielten einander.

»Es ist nicht so leicht, wie es sich in den Stimmies anfühlt.«

Sie prustete abfällig. »Woher willst du das wissen? Deine Eltern haben deine verschlüsselt, genau wie Malkah meine.«

»Ich habe sie rückprogrammiert. Ich kann jeden Abdruck haben, den ich will.«

»Fühle ich so gut wie die Schauspielerinnen?«

Er lachte. »Nur du weißt, wie du fühlst. Ich wollte dir nicht wehtun.«

»Es tut nicht echt weh. Willst du es noch mal versuchen?«

Er war ungefähr halb eingedrungen und sie küssten sich leidenschaftlich, da schreckte sie ein lautes Geräusch auseinander. »Was ist das?«, fragte sie leise.

»Psst! Jemand auf dem Flur?« Er sprang auf und zog sich an. Nachdem sie angespannt gelauscht hatte – niemand schien oben zu sein, das war es nicht, was sie erschreckt hatte –, sprang sie aus dem Bett und griff sich ihre Sachen.

Dann hörten sie es wieder, jemand schrie unten. Ein lautes Krachen und dann, unverkennbar, das Geräusch einer verbotenen Laserwaffe. Gadi riss die Tür auf und lief zur Treppe, Versteck hin, Versteck her. Sie blieb nur stehen, um sich die Schuhe anzuziehen, dann jagte sie ihm nach, knöpfte sich im Laufen das Hemd zu und die Hose.

Niemand war auf dem Flur, als Gadi die Tür der Mansarde aufmachte. Während er zum Labor stürzte, nahm sie sich die Zeit, die Tür zu schließen. Sie wollte nicht, dass Avram dahinterkam, wie oft Gadi und sie das Dachgeschoss benutzten. Sollte sie ihm nachgehen oder einfach hinausschlüpfen? Dann hörte sie Gadi von unten schreien und rannte zu ihm. Ihr fiel wieder das Geräusch der Waffe ein. Sie rief seinen Namen und rannte schneller. Hier war es recht friedlich gewesen. Sie erinnerte sich, was sie in der Schule über den letzten hässlichen kleinen Krieg gelernt hatte, in dem fast ein Viertel der Stadtbewohner umgekommen war, bis endlich Cybernaut den miteinander Krieg führenden freien Städten Frieden aufgezwungen hatte. Mehrere dieser Städte versorgten Cybernaut mit Programmen, Schimären, Fisch, Algen und Medikamenten aus dem Meer. Die Multis bestanden auf Frieden.

Gadi war nicht im Vorraum, sondern schon weitergegangen. Avram arbeitete an einem Projekt für einen Multi, Olivacon. Anders als Malkah, die sich mit Fehlinformation beschäftigte, mit Pseudoprogrammen, abgefälschten Daten, dem Aufbau von Strukturen, die Basen durch Irreführung schützten und Schimären genannt wurden (ein Ausdruck, den Malkah selbst vor dreißig Jahren dafür geprägt hatte), arbeitete Avram an künstlicher Intelligenz. Er baute Verteidigungssysteme zur Abwehr von Einbrüchen in einen Multi oder eine Stadtbasis; die Konzerne beraubten sich ständig gegenseitig und Informationspiraten stahlen und verkauften Daten und Systeme. Der einfachste Weg, jemanden zu ermorden, war, ihn eingestöpselt zu erwischen und hirntot zu brennen. Was sie jedoch sah, als sie Gadis Stimme durch die nächsten beiden Räume in einen Teil des Labors folgte, den sie noch nie betreten hatte, war Avram, der sich über seinen Assistenten beugte. David lag zusammengekrümmt an der hinteren Wand. Noch jemand lag auf dem Boden, jemand, den sie noch nie gesehen hatte. David schien bewusstlos zu sein, obwohl seine Lider flatterten. Gadi beugte sich unschlüssig über seinen Vater, der David hielt und auf ihn einsprach. Eine Werkbank und ein Werkzeugständer waren umgestürzt und lagen inmitten wie wahnsinnig aufblinkender und summender Geräte.

Sie blieb bei dem Fremden stehen. Er war offensichtlich tot. Nein. Sie schaute fassungslos. Ein Teil des Kopfes war weggeschossen, aber sie sah kein Blut, kein Gehirn. Es war eine Maschine, ein Apparat. Es hatte zwei Einschüsse, einen durch den Körper im Bereich der menschlichen Brust und einen durch den Kopf. Eine milchige Flüssigkeit lief heraus, anstelle von Blut. Es schien halb Maschine zu sein und halb neu erschaffenes biologisches Gebilde.

David stöhnte und schlug die Augen auf. Jetzt erst bemerkte Avram Gadi und Shira. »Was macht ihr Kinder denn hier?«

»Wir hörten Schreie, Lasergeräusche«, sagte Gadi. »Und wer ist das?«

»Es ist ein Roboter«, sagte Shira. Sie war schockiert, denn Roboter waren immer ganz offensichtlich mechanische Apparate in Gestalt der Maschinen, die sie ersetzten. Künstliche Intelligenz war das Reich körperloser Computer, nicht das der Roboter, die überall niedere Arbeiten ausführten. Die Computerintelligenzen waren ungeheuer, aber Roboter besaßen nur genug Intelligenz, um für einfache Tätigkeiten programmiert werden zu können: Reinigung, Reparaturen, Bergbau, Fabrikation.

Avram ließ David an die Wand sinken und sprang auf, packte sie am Arm. Er tat ihr weh, aber sie hatte zu viel Angst, um sich zu beklagen. Avram hatte eine leuchtend weiße Haarmähne, seine blitzenden blauen Augen glitzerten wie Glasscherben. »Du hast das nicht gesehen.«

»Was ist hier los?«, sagte Gadi und trat auf seinen Vater zu. »Shira hat nichts getan. Wir haben die Waffe gehört. Wo hast du sie her?«

»Das geht euch beide nichts an. Euch geht gar nichts hier an. Das ist einfach nur ein erfolgloses Experiment. Wir vergessen es und Schluss.«

»Was ist passiert?«, rätselte Shira und versuchte wiederholt, ihren Arm loszureißen. Roboter reinigten die Straßen und die Häuser von denen, die sich welche leisten konnten, reparierten alles von Wasserleitungen bis zu Fahrzeugen, taten die gewöhnliche Schmutzarbeit. Mittelstandskinder wuchsen mit wenigstens einem Spielzeugroboter auf, und reiche Kinder hatten Roboter in allen möglichen Gestalten, um darauf zu reiten oder damit zu spielen, aber das hier war ein seltsamer, menschenartiger Roboter.

»Nichts«, sagte Avram. »Der hier kann nicht repariert werden.«

»Warum hast du ihn zerstört?«, fragte Gadi. »Wo hast du eine Waffe her?«

Nur Konzernsicherheitskräfte und die Ökopolizei hatten legale Waffen. Alle anderen mussten sich Waffen auf dem Schwarzmarkt beschaffen oder bei Raubzügen erbeuten.

»David ist gestürzt und hat sich verletzt. Es ist wichtiger, eine Rettungsmannschaft zu holen, als hier herumzustehen und zu schwatzen.« Aber was tat Avram? Er ließ sich von Gadi und Shira helfen, den Roboter auf einen Tisch zu legen, wo er rasch damit begann, ihn auseinanderzunehmen. Der Roboter war wesentlich schwerer als ein Mensch. Sie hatte noch nie einen in Menschengestalt gesehen. Es war illegal, sie so zu machen. Genauso illegal war es, Roboter mit menschenähnlicher Intelligenz zu erschaffen. Die obere Hälfte des Gesichts war zerstört, aber er hatte ein menschliches Kinn. Die Oberfläche fühlte sich wie Haut an, aber trockener. Er war tot. Nein, eine Maschine konnte nicht sterben. Maschinen gingen einfach kaputt.

Avram brach den linken Arm am Ellbogen ab und dann an der Schulter, tat das Gleiche mit dem rechten Arm. »Tut mir leid, dass es sich anhörte, als wäre ich böse auf dich, Shira, aber das ist sehr wichtig für mich.«

»Ich sage es auch niemandem.« Sie versuchte immer wieder, sich bei Avram beliebt zu machen. Manchmal hatte sie den Eindruck, er mochte sie, und manchmal schien er einfach durch sie hindurchzublicken. Manchmal versetzte ihn ihre bloße Anwesenheit in gereizten Zorn.

»Gadi, hol jetzt Hilfe. Sag ihnen, David ist von einer Leiter gestürzt und hat sich den Kopf angeschlagen. Shira, du solltest gehen. Malkah muss bald nach Hause kommen. Versprich mir, dass du ihr nichts davon erzählst.« Seine hellen Augen bohrten sich in ihre.

»Ich verspreche es. Ich sage kein Wort.«

Er fuhr herum und funkelte sie an. »Gut. Denn wenn ich höre, dass du das Malkah erzählt hast oder irgendjemand sonst, dann bekommst du Ärger mit mir. Ich werde dafür sorgen, dass du nichts mehr mit Gadi zu tun hast, und ich meine nichts. Ich werde ihn ins Internat schicken.« Avram führte sie zur Treppe.

Avram drohte immer damit, Gadi in ein strenges Internat zu stecken, das ihm Disziplin beibringen sollte. Shira nickte heftig zum Zeichen ihrer Zustimmung. Als Avram sie weiter anstarrte, sagte sie: »Ich sage zu keinem Menschen ein Wort, ich verspreche es. Ich verstehe das sowieso nicht.«

»Natürlich nicht … Sara! Was tust du denn da, wieso bist du nicht im Bett?«

Sie stand am Fuß der Treppe, dünn, mädchenhaft in ihrem blauen Morgenrock und den langen braunen Haaren, die über ihre Schultern fielen. »Ich hörte … Geschrei. Laserfeuer. Ich hatte Angst um dich.« Sie stolperte und Avram stürzte die Treppe hinunter, um sie in die Arme zu nehmen und in ihre Wohnung zu führen.

»Es war nichts, nichts«, sagte er. »Reg dich nicht auf.« Er schloss die Tür hinter sich.

Draußen auf der Straße sagte sie zu Gadi: »Avram hätte einen Arzt über den Com-con rufen können. Uns zu schicken ist Zeitverschwendung.«

»Er muss das Ding noch verstecken. Was für eine Art Roboter kann einen Menschen verletzen? Sie sind alle so programmiert, dass sie sich selbst zerstören, bevor sie jemand Schaden zufügen.« Gadi schüttelte den Kopf. »Da geht etwas sehr Merkwürdiges vor.«

»Wie konnte das Ding David verletzen? Vielleicht hat sich dein Vater mit David geprügelt?«

»Mit einem Lasergewehr?« Gadi rollte die Augen.

»Das macht keinen Sinn.«

»Muss es aber«, sagte Gadi. »Was Vater tut, macht immer Sinn, sogar, wenn er sich irrt. Er würde nie eine Prügelei vom Zaun brechen. Sag ja nichts Malkah.« Gadi blieb vor der Straße stehen, die zum Krankenhaus führte, und packte sie bei den Schultern. »Er schickt mich sonst weg, Shira!«

»Ich erzähle ihr kein Wort. Ich habe dem Haus gesagt, dass ich bei Zee bin. Malkah hasst es, wenn ich lüge – ich meine, wenn sie mich ertappt.«

Sie trennte sich von ihm an der Ecke und ging weiter zu ihrem Haus, am Ende des Blocks auf der anderen Seite einer alten Gasse. Sie hoffte, Malkah würde noch nicht zu Hause sein, damit sie Zeit hatte, über das nachzugrübeln, was eben geschehen war. Dann fiel ihr ein, dass sie keine Jungfrau mehr war, und einen Moment lang musste sie darüber lächeln, unschlüssig, während sie zögerte, sich auszuweisen. Es war keine große Sache, aber es war doch etwas, so wie ihre Barmizwa, beides Riten, zur Frau zu werden. Sie hatte nicht geblutet, aber sie war wund. Sie legte ihre Hand auf die Platte, die Tür ging auf und das Haus begrüßte sie: »Komm herein, Shira. Malkah ist noch nicht hier. Sie möchte, dass du aus der Kantine Abendbrot holst. Dann mach einen Salat aus dem Garten.«

Sie schloss die Tür, ohne zu antworten, aber anstatt in die Küche zu gehen, ging sie langsam in ihr Zimmer und schaute in den Spiegel. »Ich liebe Gadi«, sagte sie dem Spiegel, wie schon viele hundert Mal.

Das Haus, das wie gewöhnlich zuhörte, antwortete ihr. »Liebe ist wichtig, Shira, an ihrem Platz in einem ausgewogenen Leben, aber in deinem Alter ist die Liebe deiner Familie am wichtigsten. Du willst doch nicht Malkah verärgern, indem du versäumst, Abendbrot zu holen und den Salat zu machen.«

Jetzt gab ihr ein Computer Ratschläge über die Liebe: ein körperloser Computer, oder vielmehr einer, dessen Körper sie bewohnte, dessen Körper das Haus war. »Jetzt gehören wir einander mehr denn je«, sagte sie dem Spiegel, aber stumm, damit das Haus sie nicht um Erklärung bat, was sie damit meinte, jemand anderem zu gehören. Stattdessen fragte sie laut: »Warum gibt es ein weltweites Übereinkommen, dass Roboter Menschen nicht ähneln dürfen? Seit ich zur Schule gehe, höre ich das. Warum müssen Roboter einfältige Maschinen sein?«

»Als Roboter mit genügend künstlicher Intelligenz zur Ausführung komplizierter Aufgaben erschaffen wurden, erhob sich eine Oppositionsbewegung, Shira, etwa um 2040. Malkah hat mich belehrt, dass die Menschen die ersten humanoiden Roboter niedlich fanden, faszinierend, aber dann sehr rasch beängstigend. Krawalle entstanden und die Aufstände der Maschinenstürmer. Die Leute hatten Angst, dass die Maschinen sie ersetzen würden, nicht bei den gefährlichen Arbeiten, sondern bei den gut bezahlten und angenehmen Arbeiten. Roboter fielen Sabotageakten zum Opfer und vernichtende Unruhen brachen selbst in den Konzern-Enklaven aus –«

»Verstehe. Aber ich finde es albern.« Sie lächelte in den Spiegel.

»Menschen fürchten manchmal intelligente Maschinen, Shira, besonders Menschen, die nicht mit einem hochentwickelten Computer aufgewachsen sind. Oder sie haben nichts gegen stationäre Computer, aber haben Angst vor einem, der einen Körper hat und umherlaufen kann. Ich erachte solche Gesetze für wichtig, um den Menschen das Gefühl von Sicherheit zu geben.«

»Aber, Haus, was geschieht mit jemand, der gegen dieses Gesetz verstößt?«

»Das ist nicht direkt ein Gesetz, Shira, sondern ein Konzernübereinkommen mit mehr als Gesetzeskraft. Künstliche Intelligenz hohen Ranges ist auf das Netz und die Basen beschränkt, auf stationäre Computer wie mich. Mobile Roboter müssen auf den ersten Blick als Maschinen erkennbar sein und dürfen nur mit genügend Intelligenz für ihre mechanischen Aufgaben ausgestattet sein. Die Strafe ist sofortige Ächtung und Tod.«

»Tod?« Shira fuhr herum, sie musste an Avrams Gewehr denken. »Bist du sicher?« Das war eine törichte Frage an einen Computer. »Ich meine, Tod, ich kann es kaum glauben. Wer würde dich töten, wenn du einen illegalen Roboter baust, der sehr schlau ist und wie ein Mensch aussieht? Die Ökopolizei?«

»Das untersteht nicht ihrer Gerichtsbarkeit. Bei den Sicherheitstruppen der Multis arbeiten Berufsmörder, Shira. Es gibt auch hochbezahlte Freiberufler, die aus der Megalopolis operieren oder aus den küstennahen freien Städten. Steht diese Information in Zusammenhang mit deiner Schularbeit? Soll ich dir auf deinem Terminal eine Karte der küstennahen freien Städte abbilden, die Piraten- oder Auftragskillerenklaven sind? Ich bin programmiert mit den Einzelheiten der Konzernübereinkommen und der Geschichte der Cyberaufstände, falls du dich mit irgendwelchen Aspekten dieser Ereignisse beschäftigen möchtest.« Der Computer klang hoffnungsvoll. »Ich kann dir auch Unterricht in elementarer Roboterkunde erteilen.«

»Nicht nötig. Ich war nur neugierig«, sagte Shira und fragte sich, was das alles zu bedeuten hatte. »Das ist so etwas, was die Leute immer wieder sagen: Roboter können nicht wie Menschen gestaltet sein – und dann fragst du dich eines Tages, warum.«

»Wenn ich mobil wäre, könnte ich kochen und Botengänge für dich erledigen, doch jetzt verstehst du, warum das gänzlich unmöglich ist. Wird es nicht Zeit für dich, das Abendbrot aus der Kantine zu holen?«

Er, Sie und Es

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