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Gefiederte Radiologen und Kunstexperten

Tauben erfreuen sich bei vielen Menschen nicht gerade einer übermäßig großen Beliebtheit. Schließlich gelten die „Ratten der Lüfte“ doch als Schädlinge, die Krankheiten übertragen und, als wäre das nicht genug, auch unsere Häuserfassaden mit ihrem Kot verschmutzen und zerstören. Und für besonders intelligent hat man die ungeliebten Vögel lange Zeit auch nicht gehalten. Neuere Forschungen zeigen jedoch, dass genau das Gegenteil der Fall ist.

So weist beispielsweise eine Studie der amerikanischen Akademie der Wissenschaft nach, dass Tauben ein überragendes visuelles Langzeitgedächtnis besitzen. Die amerikanischen Wissenschaftler zeigten Tauben nacheinander zahlreiche Bilder mit unterschiedlichen Motiven und brachten ihnen bei, einen Schalter mit dem Schnabel zu betätigen, wenn sie ein Bild wiedererkannten. Alle Tauben konnten mindestens 800 Bilder wiedererkennen. Einige Tauben schafften es sogar auf bis zu 1200 Bilder – und das oft noch nach Monaten. Eine Leistung, die man einer Taube zuvor niemals zugetraut hätte und die Wissenschaftler der Universität von Iowa auf die Idee brachte, Tauben dazu auszubilden, auf histologischen Präparaten, sogenannten medizinischen „Gewebeschnitten“, bösartige Zellwucherungen, sprich Tumore, von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Eine nicht ganz einfache Aufgabe. Ein Pathologe braucht während seiner Ausbildung in der Regel Monate bis Jahre, um sich im Gewirr von diversen Farben und diversen Formen auf dem Objektträger zurechtzufinden und dann auch noch die richtige Diagnose zu stellen. Im Rahmen der Taubenausbildung zum Pathologen zeigten die Wissenschaftler den Vögeln in unregelmäßiger Reihenfolge Gewebeschnitte jeweils mit oder ohne Tumor. Die Tauben sollten jeden Schnitt dann durch das Antippen einer von zwei Tasten richtig zuordnen. War die Wahl richtig, gab es für die Tauben Futter als Belohnung. Nach und nach wurde die Schwierigkeit erhöht – die Tumore wurden in stärkerer Vergrößerung und auch mal in Schwarz-Weiß gezeigt. Später wurden den Tauben unbekannte Gewebeschnitte präsentiert und siehe da, auch hier konnten die Tauben mit 90-prozentiger Sicherheit gesundes Gewebe von Tumorgewebe unterscheiden. Die Tauben hatten also gelernt, ihre Erfahrungen zu generalisieren. Allerdings werden Tauben, trotz ihrer überragenden Diagnosefähigkeiten, in nächster Zeit wohl nicht in Arztpraxen oder Krankenhäusern menschliche Radiologen ersetzen, schon allein aus versicherungstechnischen Gründen nicht.

Offenbar können sich Tauben aus den genannten Gründen auch in der bildenden Kunst zurechtfinden – zumindest, wenn die Belohnung stimmt. Das haben Wissenschaftler der japanischen Keio-Universität herausgefunden. Die Forscher zeigten Labortauben auf einem Touchscreen in unregelmäßiger Reihenfolge jeweils vier Gemälde des Malers Vincent van Gogh und vier Gemälde des Malers Marc Chagall. Pickten die Tauben auf ein Gemälde von Van Gogh, gab es Futter als Belohnung. Pickten sie dagegen auf ein Gemälde von Chagall, gingen sie leer aus.

Und man glaubt es kaum, bereits nach neun Durchgängen hatten einige der Tauben gelernt, auch dann einen Van Gogh von einem Chagall zu unterscheiden, wenn sie das Gemälde noch nie zuvor gesehen hatten. Sie hatten also so etwas wie ein Gefühl für den Malstil der Künstler entwickelt. Nach einem Monat waren alle Tauben in der Lage, die Gemälde der beiden Künstler zu unterscheiden. Die Tauben schafften es sogar mit einer Trefferquote von über 90 Prozent, ein Van-Gogh-Gemälde zu identifizieren, wenn es zum Teil abgedeckt oder wenn am Bildschirm künstlich die Farbe verändert worden war.

Nach entsprechendem Training konnten die Tauben übrigens genauso gut Gemälde von Pablo Picasso von solchen von Claude Monet unterscheiden.

Eine tschechisch-amerikanische Studie jüngeren Datums hat eine mögliche Erklärung gefunden, warum Tauben und auch einige andere Vogelarten wesentlich intelligenter sind, als man bisher gedacht hat: Die Nervenzellen sind in den Gehirnen von einigen Vogelarten deutlich dichter „gepackt“ als bei Säugetieren. So sind die Gehirne einer Ratte und eines Stars etwa gleich schwer. Das Rattenhirn enthält jedoch nur 200 Millionen Neurone, während das Stargehirn es auf mehr als das Doppelte bringt.

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