Читать книгу Kochbuch: Mario Ohno - Die Einzimmertafel St. Amour - Mario Ohno - Страница 4
VORWORT
ОглавлениеEs ergab sich, dass ich dringend eine neue Wohnung suchte und Mario ebenso dringend einen Untermieter. Beides, meine Wohnungslosigkeit und Marios freies, winziges Stüblein im Stuttgarter Heugsteigviertel, hatte mit unglücklich verlaufenen Liebesgeschichten zu tun. So etwas verbindet.
Ich suchte aber auch einen Freund. Nicht für mich, sondern ich suchte einen Freund für Georg Dengler. Ich hatte die Figur des Privatermittlers und ehemaligen Zielfahnders beim Wiesbadener Bundeskriminalamt als Grübler angelegt. Das Leben und sein Beruf hatten ihm harte Schläge versetzt, von denen er sich nicht erholt hatte. Dengler denkt viel nach. Er ist ein ruhiger, nahezu verschlossener Typ. Nun brauchte ich eine Figur, die Denglers Gegenteil verkörpert. Die Idee war, dass beide Figuren Freunde sind, ihre Charaktere jedoch gegensätzlich angelegt, grüblerisch der eine, extrovertiert der andere. Logisch-rational war Dengler, also musste sein Freund künstlerisch-expressiv sein. Beide hatten erkennbare Stärken, aber auch ebenso deutliche Schwächen. Doch gemeinsam waren sie in jeder Hinsicht komplett. Ich schrieb einige Skizzen zu dem gesuchten Charakter; alle waren ungenügend und misslangen. Es war zum Verzweifeln.
Als die Not am größten war, fiel es mir endlich auf: Der Freund, mit dem ich Tür an Tür wohnte – er war genau der Charakter, den Dengler als Sidekick benötigte. Mario redete, dachte, handelte und lebte als Künstler. Er betrieb in seinem Wohnzimmer die legendäre Einzimmertafel St. Amour. Es war ganz einfach: Mein Freund musste Denglers Freund werden. Wozu sollte ich ihn verfremden? Ihm einen neuen Namen geben? Unsinn! Ich fragte ihn, ob ich ihn in meinem Roman auftreten lassen dürfe. Erkennbar, mit gleichem Namen, mit gleichem Aussehen, am gleichen Ort wohnend, als »lebende Figur« – so nannte ich das Konzept.